Beratungsergebnis: einstimmig beschlossen

Tonbandfundstelle: I/A/220

 

Herr Dr. Janning trägt vor, dass in der Vorlage im Beschlussvorschlag zum Abwägungsbeschluss über die Eingabe des Herrn J. Gronotte die Rechtslage über die Zulässigkeit der Gartenbaubetriebsnutzung nicht ganz richtig dargestellt werde. Die notwendigen Textänderungen würden in die Niederschrift eingearbeitet. Richtig sei, dass die gemäß § 1 (6) BauNVO im WA-Gebiet die in § 4 (3) BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen – mit Ausnahme von Gartenbaubetrieben – unzulässig sein sollten. Daraus ergebe sich für die Gartenbaunutzung nicht eine allgemeine, sondern nur eine ausnahmsweise Zulässigkeit. Der im Bebauungsplangebiet befindliche Gartenbaubetrieb habe aber Bestandsschutz. Im Falle einer Umstrukturierung des Gartenbaubetriebes habe dieser einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den notwendigen Bauantrag. In diesem Fall sei davon auszugehen, dass kein Ermessensspielraum vorliege, so dass sich für den Gartenbaubetrieb ein Anspruch auf Genehmigung einer Umstrukturierung ergeben würde. Hilfsweise bestehe für diesen Gewerbebetrieb auch noch ein Anspruch aufgrund des sog. „dynamischer Bestandsschutzes“. Die Furcht, dass durch eine Überplanung des Gartenbaugeländes mit WA-Nutzung der Gartenbaubetrieb in seiner Entwicklung gehemmt werden könnte, sei somit unbegründet.

 

Herr Niehues macht deutlich, dass an dieser Stelle Ursache und Wirkung klar auseinandergehalten werden müssen. Das Änderungsverfahren sei zur Verhinderung der geplanten Lidl-Ansiedlung eingeleitet worden. Somit sei der Zwang zum Handeln der Stadt Rheine durch die Firma Gronotte selbst heraufbeschworen worden. Das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes könne zurzeit noch durch eine Rücknahme des Bauantrages gestoppt werden. Hervorzuheben sei ferner die Tatsache, dass sich am Bestandsschutz für den Gartenbaubetrieb und dessen weitere Entwicklung auch durch die Änderung des Bebauungsplanes nichts ändere. Zugleich sei bei einer Umnutzung der jetzigen Gartenbauflächen in Flächen für den Wohnungsbau sogar von einer Wertverbesserung auszugehen.

 

Herr Löcken erklärt für die SPD-Fraktion, dass diese den in den Beschlussvorschlägen zustimme.

 


Beschluss:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ der Stadt Rheine fasst folgende Beschlüsse:

 

I.     Beratung der Anregungen

 

1     Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB

 

1.1   Eingabe der Frau G. Huelmann, Alte Bahnhofstraße 23, 48432 Rheine

Stellungnahme vom 13. Januar 2006

 

        Abwägung- und Abwägungsbeschluss:

 

Frau Huelmann wendet sich gegen die im Plan festgesetzte maximale Geschossigkeit, jedoch ohne hierfür eine Begründung anzugeben.

 

In der 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79 wird entlang der Alten Bahnhofstraße die maximale 3-Geschossigkeit (mit der Einschränkung durch die GRZ 0,6 und GFZ 1,6, d. h., dass das 3. Geschoss kein Vollgeschoss sein darf) festgesetzt, wie sie innerhalb des Änderungs- und Ergänzungsbereiches sowie auch in der Umgebung bereits vorhanden ist.

 

Ebenso wird die maximale 2-Geschossigkeit im Bereich Dechant-Römer-Straße/Holländerstraße analog der Umgebungsbebauung festgesetzt.

 

Aus den vg. Gründen wird der Anregung bzw. dem „Widerspruch“ vonseiten der Frau Huelmann nicht gefolgt.

 

1.2   Eingabe des Herrn J. Gronotte, Dechant-Römer-Straße 29, 48432 Rheine

Stellungnahme vom 5. Januar 2006

 

Abwägung und Abwägungsbeschluss:

 

Herr Gronotte ist mit der 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79, Kennwort: „Johanneskirche“, nicht einverstanden, weil

 

a)    die von ihm beabsichtigte Ansiedlung eines Nahversorgungsmarktes

        verhindert werden soll,

b)    er „steuerliche Nachteile“ durch die Überplanung befürchtet,

c)     seine Gewerbefreiheit eingeschränkt sieht     und

d)    die Weiterführung der derzeitigen Nutzung als Gartenbaubetrieb infrage gestellt werde.

 

Inhalt und Ziele der Bebauungsplanänderung und Ergänzung:

 

Mit der 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79, Kennwort: „Johanneskirche“, der Stadt Rheine soll dieser um das Dreieck, welches durch die Holländerstraße/Alte Bahnhofstraße/Dechant-Römer-Straße begrenzt wird, ergänzt werden, um die städtebauliche Entwicklung und Ordnung in diesem Bereich sicherzustellen.

 

Herr Gronotte beabsichtigt als Eigentümer des Areals westlich der Holländerstraße, welches derzeit noch mit Gewächshäusern bzw. Betriebsgebäuden eines Gartenbaubetriebes belegt ist, hier einen Lid l- Lebensmitteldiscountmarkt unterhalb der Großflächigkeitsschwelle zu errichten.

 

Ein zusätzlicher Lebensmitteldiscountmarkt wird zu einem Überbesatz im Mesumer Lebensmitteleinzelhandel führen, insbesondere wird befürchtet, dass dadurch die Existenz des Lebensmittelsupermarktes an der Alten Bahnhofstraße, die die Haupteinkaufsachse in Mesum bildet, gefährdet wird. Insofern sollen derartige Vorhaben außerhalb des Hauptgeschäftsbereiches entlang dieser Haupteinkaufsachse unzulässig sein, da davon schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich des Stadtteils Mesum zu erwarten sind.

 

Nach Art der Nutzung wird das Areal westlich der Holländerstraße als allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt, wobei ein Gartenbaubetrieb ausnahmsweise zulässig bleibt (siehe Festsetzung Nr. 2), um den bestehenden Betrieb abzusichern und ihm auch situationsgerechte Umstellungen und Erweiterungen genehmigen zu können.

 

Einzelhandelsläden auf diesem Areal sollen nur ausnahmsweise zulässig sein. (siehe Festsetzung Nr. 3).

 

Zu a): Es ist richtig, dass mit dieser 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79 die geplante Ansiedlung eines Nahversorgungsmarktes verhindert werden soll.

 

Der hier in Rede stehende Bereich westlich der Holländerstraße liegt außerhalb des im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt definierten zentralen Versorgungsbereiches für den Stadtteil Mesum. Durch die geplante Ansiedlung des Lidl-Discountmarktes wird dieses Stadtteilzentrum entlang der Alten Bahnhofstraße gefährdet. Eine derartige Discountmarktansiedlung wird insbesondere die Aufgabe des an der Alten Bahnhofstraße ansässigen Edeka-Lebensmittel-Supermarktes zur Folge haben. Dieser Markt ist der einzige Lebensmittel-Vollsortimenter in dem abgegrenzten Stadtteilzentrum und erfüllt wichtige Frequenzbringerfunktionen für die an der Alten Bahnhofstraße befindlichen sonstigen Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe. Die beabsichtigte Lidl-Markt-Ansiedlung ist somit als zentrenschädlich einzustufen.

 

Da nicht auszuschließen ist, dass die Rechtsprechung einen derartigen Lebensmittel-Discount-Markt als einen der Versorgung des Gebiets dienenden Laden im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 Baunutzungsverordnung ansieht, sollen Einzelhandelsbetriebe gemäß § 1 Abs. 9 Baunutzungsverordnung nur ausnahmsweise zulässig sein. Im Wege der Ermessensausübung wird dann differenziert werden können zwischen Einzelhandelsläden, die dem Stadtteilzentrum Mesum nicht gefährlich werden können einerseits und Betrieben, wie z. B. der hier anstehende Lebensmittel-Discount-Markt, die schädigende Auswirkungen erwarten lassen. Ein genereller Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben ist nicht erforderlich und wäre daher unverhältnismäßig.

 

Zu b): Es werden  „steuerliche Nachteile“ befürchtet, die allerdings nicht im Einzelnen konkretisiert werden. Diese Befürchtung ist jedoch schon vom Grundansatz her unbegründet.

 

So lange der Eigentümer den Gartenbaubetrieb betreibt, verbleibt das Grundstück auch im Betriebsvermögen. Eine Überplanung des Bereiches als allgemeines Wohngebiet ändert daran nichts, zumal der Gartenbaubetrieb ausnahmsweise zulässig bleibt. Wenn der Eigentümer seinen Gartenbaubetrieb fortsetzen will, hat er auch einen Anspruch auf Genehmigung notwendiger Umstrukturierungen und Erweiterungen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich dieser Anspruch bereits aus einer „Ermessensreduzierung auf Null“ ergibt, oder aus Bestandschutzaspekten, weil hier im Wege des „dynamischen“ Bestandschutzes eine situationsgerechte Änderung oder Erweiterung des Betriebes zulässig ist. Entscheidend ist somit im vorliegenden Fall die tatsächliche Nutzung des Grundstückes für einen Gartenbaubetrieb und nicht eine andere im allgemeinen Wohngebiet planungsrechtlich mögliche Nutzung.

 

Wenn der Bauantrag für den Lebensmitteldiscount-Markt bestandskräftig abgelehnt wird, bleibt das Areal des Eigentümers weiterhin im Betriebsvermögen, wenn er seinen Gartenbaubetrieb weiter führen will.

 

 

Zu c): Es wird befürchtet, dass die „Gewerbefreiheit“, die durch die Beurteilung nach § 34 BauGB vorliegt, durch die Überplanung eingeschränkt wird.

 

Der Bereich westlich der Holländerstraße befindet sich derzeit außerhalb des Bebauungsplanes Nr. M 79 im unbeplanten Innenbereich. Somit sind geplante Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen. Die beabsichtigte Ansiedlung eines Nahversorgungsmarktes ist jedoch nach § 34 (3) BauGB auch bereits heute als unzulässig einzustufen.

 

Ein derartiges Vorhaben fügt sich zwar von der Art der Nutzung her in die Eigenart seiner Umgebung ein, es lässt aber schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich, nämlich auf den Hauptgeschäftsbereich des Stadtteilzentrums Mesum, erwarten. Es ist deshalb davon auszugehen, dass insbesondere der an der Alten Bahnhofstraße existierende Lebensmittelsupermarkt, der dort Frequenzbringerfunktion auch für andere Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe in diesem Bereich erfüllt, nach der Ansiedlung eines derartigen Lidl-Discountmarktes schließen wird. Diese Schließung wird sich negativ auf andere Betriebe an der Alten Bahnhofstraße mit der Folge auswirken, dass der derzeitige Hauptgeschäftsbereich insgesamt gefährdet wird.

 

Diese Auswirkungen eines solchen zusätzlichen Discountmarktes sind innerhalb der Arbeiten für die Aktualisierung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes sehr sorgfältig gutachterlich vom Büro Junker und Kruse abgeschätzt worden. Diese gutachterliche Einschätzung hat sich der Rat der Stadt zu Eigen gemacht und den hier in Rede stehenden Vorhabenstandort nicht in den zentralen Versorgungsbereich des Stadtteils Mesum einbezogen. Das Vorhaben liegt also somit außerhalb des (im vom Rat am 8. November 2005 einstimmig verabschiedeten Einzelhandels- und Zentrenkonzept ausgewiesenen) zentralen Versorgungsbereiches von Mesum.

 

Da aus den vg. Gründen bereits heute nach § 34 (3) BauGB die Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters als unzulässig eingestuft werden muss, kann hieraus eine Einschränkung der Gewerbefreiheit durch die 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes nicht abgeleitet werden, da die Gewerbefreiheit nur im Rahmen der Gesetze, hier des BauGB, besteht.

Aber selbst wenn der § 34 Abs. 3 BauGB dem Discount-Markt-Vorhaben nicht entgegenstehen sollte, ist die hier anstehende Abwehrplanung aufgrund der speziellen städtebaulichen Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 5 und 9 Baunutzungsverordnung zulässig. Eine gesetzmäßige Planung kann die Gewerbefreiheit nicht unzulässig einschränken.

 

Zu d): Nach Art der Nutzung wird das Areal westlich der Holländerstraße als allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt, wobei der Gartenbaubetrieb weiterhin zulässig bleibt (siehe Festsetzung Nr. 2). Damit werden weder die Weiterführung der derzeitigen Nutzung als Gartenbaubetrieb noch eine situationsgerechte Änderung und Erweiterung des Betriebes auf dieser Fläche infrage gestellt.

 

 

1.3   Es wird festgestellt, dass keine weiteren Anregungen vonseiten der Öffentlichkeit vorgetragen wurden.

 

 

2     Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB

 

2.1   Es wird festgestellt, dass vonseiten der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange keine Anregungen vorgetragen wurden.

 

 

II.   Offenlegungsbeschluss

 

Gemäß § 13 Abs. 2 bzw. § 3 Abs. 2 BauGB ist der Entwurf der 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79, Kennwort: "Johanneskirche“, der Stadt Rheine nebst beigefügter Begründung öffentlich auszulegen.

 

Der räumliche Geltungsbereich der 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes liegt in einem Bereich, der durch die Alte Bahnhofstraße, die Holländerstraße und die Dechant-Römer-Straße begrenzt wird.

 

Der räumliche Geltungsbereich ist in einem Übersichtsplan sowie im Bebauungsplanentwurf geometrisch eindeutig festgelegt.

 


Abstimmungsergebnis:           einstimmig