Beratungsergebnis: einstimmig beschlossen

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Frau Stock informiert anhand der als Anlage 1 der Niederschrift beigefügten PowerPoint-Präsentation ausführlich über alternative Strategien für eine nachhaltige Finanzierung der Pensionsverpflichtungen der Stadt Rheine.

 

Herr Bonk erläutert, dass er von den Darstellungen überzeugt sei. Es gebe jedoch noch einige Fragen:

 

1)    Gebe es Vergleiche mit anderen Kommunen, die bereits nach diesem Prinzip arbeiten?

2)    Bei Versicherungen bestehe die Gefahr, dass sie abgewertet werden oder Konkurs anmelden. Wie hoch sei das Risiko?

3)    Wenn Beiträge und Aktivwert nicht kongruent seien, belaste es den Ergebnishaushalt. Wie hoch sei das Risiko, dass es keine Kongruenz zwischen Beiträgen und Aktivwert gebe?

4)    In der Anfangsphase werde der Ergebnishaushalt stärker belastet, als es bei der Zahlung in die Versorgungskasse sei. Sei das aufgrund der Haushaltslage verkraftbar?

 

Frau Stock informiert, dass durch das Kommunalbüro derzeit etwa 30 bis 40 Kreise, Kommunen und Anstalten des öffentlichen Rechts beraten werden. Bei der Pilotkommune, Monheim am Rhein, die sogar Nothaushaltskommune sei, seien alle Beamten über eine Rückdeckungsversicherung rückversichert worden. Dies sei auch landesweit in der Presse veröffentlicht worden. Vor Einführung des NKF habe es keine Veranlassung gegeben, sich mit dem Thema zu beschäftigen, daher sei das Thema neu. Frau Stock informiert weiter, dass es in der Bundesrepublik Deutschland das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz gebe. Hier bestehe die Pflicht für den Versicherer, der eine Konzession zum Betrieb einer Lebens- und Rentenversicherung haben möchte, sich dem Protektor Deutscher Lebensversicherungen anzuschließen. Weiterhin müssen alle Versicherer in Deutschland einen Stresstest bestehen, der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht durchgeführt werde. Zusätzlich gebe es das Rating der Versicherungsunternehmen. Etwa 10 Versicherungsunternehmen in Deutschland entsprechen den Vorraussetzungen, die vom Kommunalbüro gefordert werden. Frau Stock merkt an, dass bei Todesfallleistungen nach Pensionseintritt das vorhandene Gesamtkapital an den Versicherungsnehmer, die Stadt, abzüglich der bis dahin ausgezahlten Pension zurückgezahlt werde. Frau Stock informiert, dass mit zunehmendem Alter ein Überschuss entstehe. Es werde keine Belastungen im Ergebnishaushalt geben. Insofern sei der Haushaltsausgleich dadurch nicht gefährdet.

 

Herr Lütkemeier macht deutlich, dass, wenn in den entsprechenden Jahren keine ausreichende Liquidität zur Verfügung stehe, zusätzliche Zinsaufwendungen für die Aufnahme von Krediten für die Liquiditätssicherung entstehen werden. Die Liquiditätslage werde dadurch eindeutig verschlechtert. Aber es habe nur marginale Auswirkungen auf den Ergebnisplan.

 

Herr Roscher merkt an, dass deutlich werde, dass Handlungsbedarf bestehe. Versicherungen wollen auch Gewinn machen. Es gebe auch Geschäfte, die sehr risikoreich seien. Fraglich sei, ob man den Versicherungen im Rahmen eines Vertrages auch Beschränkungen auflegen könne.

 

Frau Stock informiert, dass bei dem Model, welches mit den Pilotkommunen erarbeitet worden sei, die Gewinnmargen für den Versicherer sehr klein seien. Für einen Versicherer sei dieser Bereich allerdings sehr interessant, weil der Versicherungsnehmer sehr dauerhaft ohne Schwankungen Vertragspartner sei. Außerdem gebe es für den Versicherer ein Kontingent, mit dem er planen könne. Aufgrund der hohen Diversifizierung der Versicherungsunternehmen gebe es hier auch für den Versicherer die Möglichkeit, seine Geldanlagen sehr breit gestreut zu tätigen. Es gebe aber eine sehr strenge Vorschrift im Bezug auf Lebens- und Rentenversicherungen. Der § 54 Versicherungsaufsichtsgesetz schreibt ganz genau die Anteile vor, wie die Versicherer ihre Geldanlagen anlegen können. Es gebe eine Beschränkung auf risikoreiche Aktienpapiere von 35 %.

 

Herr Niehues entgegnet, dass Beamte für die Kommunen eine sehr teure Investition seien. Darüber gebe es genügend Stellungnahmen. Die Verbeamtung vieler Arbeitsgruppen sei ein großes Problem für die Gesellschaft. Es sei fraglich, warum die kleinen Kommunen mit der Problemlösung anfangen. Die Probleme seien für Bund und Länder möglicherweise noch größer. Fraglich sei außerdem, ob diese Einzelfalllösung für Rheine auf Dauer der richtige Weg sei und was der Städte- und Gemeindebund zu diesen Lösungen sage. Wie lange binde sich die Stadt Rheine an dieses System, und könne man umschalten, wenn es eventuell bessere Lösungsmöglichkeiten gebe?.

 

Herr Wilp fragt an, wie die Situation aussehe, wenn ein Beamter vorzeitig in Pension gehe.

 

Frau Stock erläutert, dass ein Versicherungsvertrag oder ein Fond langfristig ausgelegt sei. Das bedeute aber nicht, dass man auf ewig daran gebunden sei. Jede Versicherung könne jeder Zeit zurückgekauft werden. Wenn eine Gesamtkündigung ausgesprochen werde, würde der Versicherer seine Verwaltungskosten und die Vorfälligkeitsgebühren geltend machen. Es sei sogar möglich, einen Versicherungsvertrag zu beleihen. Frau Stock informiert, dass, wenn beispielsweise die Pensionsniveaus aufgrund einer Gesetzesänderung abgesenkt werden würden, diese auch berücksichtigt werden müssten. In der Ausschreibung werde angegeben, dass alle Veränderungen aufgrund gesetzlicher Anforderungen oder aufgrund von Veränderungen in der Person des Betroffenen berücksichtigungsfähig sein müssen.

Frau Stock macht deutlich, dass der Städte- und Gemeindebund die Studie aktiv begleitet habe. Pensionsrückstellungen seien eine Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung. Frau Stock hält fest, dass die, die als erste ihre Probleme erkennen, Maßnahmen zur Gegensteuerung ergreifen. Kommunen haben immer das eigene Schicksal in die Hand genommen und gehen mit gutem Beispiel voran.

Frau Stock informiert, dass das Büro für Kommunalberatung mit einem vereidigten sachverständigen Finanzmathematiker zusammenarbeite. Es werde schnell behauptet, dass Beamte teurer seien als Angestellte. Frau Stock vergleicht daraufhin mithilfe einer beispielhaften Berechnung (Anlage 2 der Niederschrift) in Form einer Excel-Tabelle die Kosten eines Beamten und die Kosten eines tariflich Beschäftigten.

 

Als Beispiel wurde ein junger Mann, der mit 22 Jahren mit A 9 seinen Dienst beginnt, gewählt. Der Mann heiratet im Alter von 30 Jahren und bekommt mit 33 das erste Kind und mit 36 das zweite Kind. Entsprechend ändern sich bei dem Mann die Steuerklassen. Im Beispielfall wird der junge Mann während seiner Laufbahn 6 Wochen krank. Er beendet seine Berufstätigkeit im gehobenen Dienst in der Besoldungsgruppe A 13 in der letzten Dienstaltersstufe. Die Beihilfe sei ebenfalls jedes Jahr während der aktiven Dienstzeit in der Berechnung enthalten. Die Gesamtkosten für den Arbeitgeber belaufen sich dann auf 5,2 Mio. €. Hinzu kommen dann die Rentenbarwerte in Höhe von 668.000,00 € für die Zeit nach Eintritt in die Pension und der Beihilfebarwert für die Pensionszeit. Dieser sei auf Basis von Kopfpauschalen zu berechnen. Insgesamt ergebe sich dann ein Endwert von Kosten für den Arbeitgeber in Höhe von 5,9 Mio. €. Aus Arbeitnehmersicht ergebe sich ein Gesamtwert von 4,5 Mio. €. Der Arbeitnehmer müsse warten, wenn er befördert werde, bis er die entsprechende Besoldung erhalte. Er habe eine Wartezeit von mindestens einem Jahr. Einem Angestellten werden sofort die Bezüge zugewiesen, die diese Stelle beinhalte.

 

Bei dem Angestellten mit gleicher Biografie, ebenfalls mit den unterschiedlichen Steuerklassen, habe man die vermögenswirksame Leistungen und die Jahressonderzahlungen, die deutlich höher seien als beim Beamten, einkalkuliert. Als Arbeitgeberaufwand einschließlich der gesamten Abgaben die für Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, ZVK-Umlage und Sanierungsgeld zu zahlen seien, ergebe sich ein Endwert von 7,08 Mio. €. Letztendlich also über 1 Mio. € höhere Kosten. Aus Arbeitnehmersicht ergebe sich ein Gesamtwert von 4,1 Mio. €.

Hinweisen müsse man aber an dieser Stelle darauf, dass man in diesem Beispielfall nur mit einem Störfall von 6 Wochen gerechnet habe. Ein Unterschied ergebe sich, wenn ein Beamter länger als 6 Wochen krank sei. Dann bekomme er eine laufende Lohnfortzahlung, bis die Dienstunfähigkeit festgestellt werde. Bei einem tariflich Beschäftigten sei die Lohnfortzahlung nach 6 Wochen beendet. Aber auch diese Tatsache würde voraussichtlich die 1 Mio. € Unterschied kaum vollständig verzehren. Fazit sei folglich, dass bei einem typischen Verlauf unter Berücksichtigung der Sonderfaktoren die Kosten für Beamten und tariflich Beschäftigte fast identisch seien.

 

Frau Dr. Kordfelder schlägt vor, die Fraktionsvorsitzenden zur Auswahl und Bewertung der Kriterien für die Ausschreibung einzubeziehen. Die Ausschreibung würde dann durchgeführt und die Vergabe würde anschließend dem Haupt- und Finanzausschuss vorgelegt werden.


Beschluss:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, dass

 

1.  zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung zukünftiger Pensionslasten für die aktiven Beamtinnen und Beamten der Stadt Rheine ab Jahrgang 1957 und alle später geborenen sowie für sämtliche nachrückenden Beamtinnen und Beamten (Neueintritte) die hierfür notwendigen Finanzmittel beginnend mit dem 1. Januar 2012 in einer Renten-/ Lebensversicherung angelegt werden.

 

2.  der bisher zu diesem Zweck aufgelegte Versorgungsfonds nicht weiter aufgefüllt wird und zur Abdeckung auftretender Spitzen bei Versorgungsaufwendungen für Beamtinnen und Beamte älterer Jahrgänge erhalten bleibt. Künftige Erträge sollen bis auf weiteres thesauriert werden.

 

Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, die Bürgermeisterin zu beauftragen, entsprechend der vergaberechtlichen Vorschriften eine europaweite Ausschreibung vorzubereiten und durchzuführen.


Abstimmungsergebnis:           einstimmig