Herr Kassem betont, man müsse sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Er sei von mehreren Parteien auf dieses Thema angesprochen worden. Er sei aufgefordert worden, eine öffentliche Stellungnahme dazu abzugeben. Er habe sich in dieser Sache bisher bewusst zurückgehalten, denn es sei besser, das Thema intern im Gremium des Integrationsrates zu diskutieren.

 

Herr Gausmann berichtet über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in den letzten Monaten. Im Januar 2014 hatte Rheine 266 Personen im Leistungsbezug nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die aktuelle Zahl von heute belaufe sich auf 469 Personen. Hinzu kämen die syrischen Flüchtlinge aus dem Bereich des Bundeskontingentes. Sie bezögen keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern direkt nach dem SGB II, das seien z. Z. 53 Personen. Die Asylbewerber in Rheine kämen aus insgesamt 32 Nationen.

 

Der Innenminister des Landes NRW habe kürzlich die Ausländerbehörden aufgefordert, freie Unterkünfte zu melden. Derzeit gehe der Minister davon aus, dass monatlich mehr als 6000 Flüchtlinge einen Asylantrag in NRW stellen werden, wobei die Folgeantragsteller nicht berücksichtigt seien, weil diese Gruppe meist nicht über die zentralen Einrichtungen, sondern  automatisch dort zugewiesen würden, wo sie ihren Erstantrag gestellt hätten. Es gebe eine aktuelle Information des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, wonach man davon ausgehe, dass im Jahre 2015 mindestens 250 000 Erst- und 50 000 Folgeantragsteller kommen werden, das wären bundesweit  300 000 Antragsteller mehr aus dem Bereich  Asyl als im letzten Jahr. Es gebe eine Initiative des Städte- und Gemeindebundes, dass die Flüchtlinge aus dem Kosovo als Erstantragsteller nicht mehr den Kommunen zugewiesen würden, sondern ihre Anträge direkt aus den Übergangseinrichtungen des Landes heraus innerhalb von 14 Tagen bearbeitet und entschieden werden sollen.

 

Herr Gausmann erklärt weiterhin, Ziel müsse es sein, alle Flüchtlinge vernünftig unterzubringen, unabhängig von ihrer Nationalität. Er habe bereits in den vergangenen Sitzungen des Sozialausschusses und auch in der letzten Sitzung dieses Integrationsrates darauf hingewiesen, dass man mit dem Konzept der dezentralen Unterbringung möglicherweise an Grenzen stoße. Anfang Februar habe die Verwaltung deshalb den Rat der Stadt Rheine gebeten, zusätzlich 2 Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, um der Verpflichtung der menschenwürdigen Unterbringung gerecht zu werden. Der Rat habe einstimmig beschlossen, 2 mobile Wohneinheiten für je 40 Personen anzuschaffen. Der restliche Bedarf solle durch Anmietung oder Kauf zusätzlicher Häuser gedeckt werden. Primäre Aufgabe ist es lt. Ratsbeschluss, eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt Rheine weiter zu realisieren. Dennoch sei es unbedingt erforderlich, 2 mobile Wohneinheiten für je 40 Personen einzurichten, und zwar an Standorten, an denen sie in die Nachbarschaft eingebunden werden könnten und entsprechende Infrastrukturen vorhanden sind. Die Flüchtlinge sollten dort möglichst nur vorübergehend untergebracht werden und baldmöglichst in eigene Wohnungen umziehen können.

 

Herr Berardis schlägt vor, aufgrund des derzeitigen Engpasses bei der Unterbringung  vorübergehend möglichst auch auf Kasernengebäude zurückzugreifen.

 

Frau Leskow erkundigt sich, ob es bereits einen Sachstand gebe betr. der Verwendung der Kasernen. Herr Gausmann erklärt, nicht er sei für die Beurteilung des baulichen Zustandes von Kasernen zuständig, sondern die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben).

 

Frau Leskow ergänzt, die Standortverwaltung der Damloup-Kaserne sei erst im Vorjahr wieder an die BImA übergeben worden und müsse eigentlich in einem recht guten Zustand sein. Es gebe seit Ende 2014 die Richtlinie, dass die Grundstücke und Gebäude der BImA den Kommunen mietfrei überlassen werden müssten, wenn dort Flüchtlinge untergebracht würden. In diesem Rahmen möge geprüft werden, inwieweit sich die Damloup-Kaserne dafür eigne.

 

Herr Gausmann entgegnet, es gebe auch betr. der StOV und der Damloup-Kaserne Überlegungen, sie im Rahmen des Konversationsprozesses anderweitig zu nutzen, er sei jedoch betr. einer evtl. Nutzung von Kasernen der falsche Ansprechpartner.

 

Herr Gausmann erläutert, dass in der Verwaltung Mitarbeiter aus dem Bereich Gebäudemanagement zunächst in Zusammenarbeit mit der Fachstelle Migration alle angebotenen Häuser und Wohnungen besichtigen, um sicherzustellen, dass kein überteuerter Ankauf stattfindet.

 

Von Bedeutung bei der Unterbringung der Flüchtlinge seien auch Überlegungen zur Erreichbarkeit von Schulen und Kitas. Mit der Frage "Wie schaffen wir es, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund gut zu integrieren" solle sich der Integrationsrat möglichst in einer der nächsten Sitzungen beschäftigen. Im Grundschulbereich würden die Schüler dezentral beschult, außerdem gäbe es hier Unterstützungsleistungen durch ehrenamtlich tätige Personen. Im Sekundarschulbereich I gäbe es solche Initiativen bislang noch nicht. Allerdings gebe es schulrechtliche Regelungen zur Schulpflicht der Schüler der Sekundarstufe I. Derzeit würden diese Schüler bei nicht ausreichenden Sprachkenntnissen in der Overbergschule beschult.

 

Es gebe auch das Programm der interkulturellen Öffnung der Jugendhilfe in Verbindung mit dem Caritas-Verband. Evtl. könne man hier Verknüpfungen schaffen. Ausbildung und Übergang in den Beruf sei ein weiterer wichtiger Aspekt.

 

Herr Kassem bittet um Erklärung des Begriffs 'Konversionsprozess'. Herr Gausmann erläutert, man habe durch die Aufgabe der Bundeswehr in Rheine eine größere Menge Bundeswehrflächen zur Verfügung. Der Umwandlungsprozess dieser Immobilien, die früher im Besitz der Bundeswehr waren, in Wohn- und Industriegebiete oder zur Einrichtung einer Hochschule zur Verbesserung städtischer Strukturen werde als Konversionsprozess bezeichnet.

 

Herr Kassem stellt hinsichtlich der Anschaffung mobiler Wohneinheiten die Frage, inwieweit diese mit Akzeptanz durch die Bürger eingesetzt werden könnten. Evtl. sei auch mit Widerspruch seitens der Bürger zu rechnen. Könne es auch die Folge einer kurzsichtigen Planung sein, dass Rheine in diese Notsituation geraten sei oder beruhe diese Entwicklung nur auf den enormen Anstieg der Flüchtlingszahlen?  Man müsse dafür sorgen, dass alle Flüchtlinge in Rheine menschenwürdig untergebracht würden, dass ihre Privatsphäre nicht gestört werde z. B. durch Sammelküchen o. ä. und ihre Leiden durch die Art der Unterbringung nicht weiter verschlimmert würden. Diese menschenwürdige Unterbringung müsse auch im Einklang stehen mit einer Akzeptanz durch deutsche Nachbarn und mit Blick auf das Budget der Stadt Rheine. Mobile Wohneinheiten sollten auch deshalb nur als allerletzte Möglichkeit für die Unterbringung von Flüchtlingen infrage kommen.

 

 

Frau Dursun gibt zu bedenken, die Menschen in den mobilen Wohneinheiten würden isoliert leben. Kinder untereinander integrierten sich zwar recht schnell, aber durch eine evtl. ablehnende Haltung deutscher Eltern gegenüber Kindern aus mobilen Wohneinheiten könnten sich doch Probleme ergeben.

 

Herr Gausmann nimmt wie folgt Stellung zu den angesprochenen Punkten:

 

Die Notsituation sei entstanden, da die Stadt überrascht worden sei durch den plötzlichen Anstieg der Asylbewerberzahlen. Diese seien bis 2012 deutlich zurückgegangen, dann habe es einen leichten Anstieg in 2013 gegeben, den man aber durch die Anmietung von Wohnraum habe kompensieren können. Dass die Zahlen in 2014 derart anstiegen, z. B. durch die Entwicklung in Syrien, war von der Verwaltung nicht erkennbar. Es habe also keine Planungsfehler gegeben. Er halte es auch weiterhin für richtig, auf weitere Zuwanderungen mit der Anmietung zusätzlichen Wohnraums zu reagieren. Es sei jedoch nicht abzusehen, ob dieses Konzept auch in Zukunft ausreiche. Man habe z. Z. 80 Standorte, wodurch inzwischen auch der freie Wohnungsmarkt ausgehöhlt worden sei.

 

Man werde nach derzeitigem Kenntnisstand frühestens nach den Sommerferien über eine zusätzliche mobile Wohnanlage verfügen können, da die Ausschreibung europaweit erfolgen müsse und die Lieferzeiten ungewiss seien. Deshalb müsse jetzt entschieden werden, ob eine Ausschreibung für eine solche Anlage erfolge, damit in ca. 6 Monaten eine Lösung präsentiert werden könne. Sobald die Ausschreibungsergebnisse vorlägen, könne erst nach deren Prüfung eine Bestellung erfolgen.

 

Herr Kassem stellt die Frage, nach der vorgesehenen Nutzungszeit dieser mobilen Wohneinheit.

 

Herr Gausmann antwortet, es sei auch in Zukunft keine Reduzierung der Zuwanderung erkennbar, deshalb sei eine Nutzung mobiler Wohneinheiten wahrscheinlich langfristig erforderlich. Er betont, diese neuen Wohneinheiten seien allerdings besser ausgestattet als die bisher genutzten. Wenn man als Ergebnis des Runden Tisches evtl. viele weitere Wohnraumangengebote erhalte, benötige man evtl. keine mobilen Einheiten. Aber eine solche Entwicklung sei sehr unwahrscheinlich.

 

Herr Mau erklärt, er habe aufgrund der bisherigen Diskussion den Eindruck, dass niemand eine Anschaffung mobiler Wohneinheiten anstrebe. Deshalb solle man diese Maßnahme nur als allerletztes Mittel vorsehe. Er schlage vor, dass die Bürgermeisterin in einer Presseerklärung in Form eines offenen Aufrufs an die Bevölkerung von Rheine die Situation schildere und die Bürger dazu auffordere, verfügbaren Wohnraum der Stadt anzubieten.

 

Herr Gausmann erläutert, man beabsichtige, mit den beiden großen Kirchen, den Moscheegemeinden und der Stadt einen entsprechenden Aufruf zu entwickeln.

 

Nach weiterer kurzer Diskussion wird folgender Beschluss gefasst:

 


1.   Der Integrationsrat begrüßt und unterstützt das dezentrale Unterbringungskonzept der Stadt Rheine.

 

2.   Der Integrationsrat begrüßt den Erwerb von Immobilien auf dem freien Wohnungsmarkt.

 

3.   Der Integrationsrat bittet die Verwaltung, nur als letzte Möglichkeit die Anschaffung mobiler Wohneinheiten in Betracht zu ziehen und dabei weiterhin auf eine menschenwürdige Unterbringung zu achten.

 

4.   Die Stadtverwaltung Rheine wird gebeten, die weitere Entwicklung hinsichtlich der Zuwanderung zu beobachten und auch zukünftig vorausschauend geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

 

5.   Der Integrationsrat begrüßt die Einrichtung eines Runden Tisches.