Beratungsergebnis: Kenntnis genommen

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Herr Dr. Schulte-de Groot führt einleitend aus:

 

„Mit dem vorliegenden Bericht zur Entwicklung der Nitratbelastung in den Wassergewinnungsgebieten der EWR geben wir Ihnen auch unsere Sorge über den – auch langfristigen - Erhalt der sehr guten Trinkwasserqualität in Rheine zur Kenntnis.

Dem Thema widmen wir uns seit Jahrzehnten im Aufsichtsrat der Stadtwerke Rheine, wobei der Schwerpunkt unserer Bemühungen auf vorbeugende Maßnahmen zu Vermeidung der Grundwasserbelastung lag und liegt. So sind wir seit mehr als 25 Jahren führendes Mitglied in der Kooperation Landwirtschaft/Wasserwirtschaft. Aber wir wollen auch nicht verhehlen, dass uns eine gesetzliche Regelung zur Vermeidung von Belastungen des Grundwassers bei gleichzeitig effektiver Kontrolle als das geeignetste Mittel erscheint. Alle anderen vorbeugenden Maßnahmen durch den Trinkwasserversorger müssen auf zivilrechtlicher Basis abgeschlossen werden, was zum einen die Bereitschaft der anderen Seite und zum anderen nicht unerhebliche Entschädigungszahlungen voraussetzt.

Vorbeugende Maßnahmen sind dabei deutlich wirtschaftlicher, als im Nachhinein durch chemisch-technische Maßnahmen die Belastungen wieder aus dem Rohwasser zu entfernen, wie wir es seit 10 Jahren mit der Aktivkohlefilterung im Wasserwerk St. Arnold betreiben müssen.

Mit dem Bericht über die zunehmende Nitratbelastung in den Wassergewinnungsgebieten – und das ist auch ein vordringliches Anliegen des Aufsichtsrates - wollen wir sie über eine Problematik in Kenntnis setzen, die uns zunehmend Sorge bereitet. Sie können versichert sein, dass wir unseren vorbeugenden Maßnahmenkatalog ständig der sich verschärfenden Situation anpassen. Dies führt allerdings zu erhöhten Aufwendungen solange eine aus unserer Sicht angemessene gesetzliche Regelung fehlt.“

 

Herr Dr. Konietzko bedankt sich bei Herrn Dr. Schulte-de Groot für den ausführlichen Bericht und seine mündlichen Ausführungen. Er, Dr. Konietzko, habe daraus entnommen, dass die gute Qualität des Trinkwassers nach wie vor gewährleistet sei. Das Gesagte über präventive Maßnahmen sei für ihn nachvollziehbar, um frühzeitig auf eine schlechtere Qualität des Trinkwassers reagieren zu können. Der Aufwand zur Herstellung von qualitativ hochwertigem Trinkwasser werde künftig zunehmen, sodass mit  höheren Kosten zu rechnen sei.

 

Die bisherigen Wassergewinnungsgebiete würden unterschiedlich bewertet. Im Bereich des Münsterländer Kiessandzuges sei festzustellen, dass die gute fachliche Praxis der Landwirtschaft aufgrund des geringen Rückhaltevermögens der dortigen Böden zu einer höheren Nitratbelastung führe. Hier werde auch eine nachlassende Nitratabbaufähigkeit der Böden festgestellt. Herr Dr. Konietzko möchte wissen, was der Grund dafür sei.

 

Ein genereller Nitratabbau, wie er über Flächenfilter erfolge, führe zu einer Erhöhung der Schwermetalle. Das werfe bei ihm die Frage auf, ob das gesamte Trinkwasser in dieser Region über Aktivkohlefilteranlagen laufe.

 

Das Ziel der EWR, den natürlichen Nitratabbau in Böden möglichst lange zu erhalten, müsse unbedingt unterstützt werden. Die EWR fordert in Gebieten mit hoher landwirtschaftlicher Bewirtschaftung einen nachhaltigen Umgang mit den Nährstoffströmen und eine Reduzierung der organischen Stickstoffdüngung für den Grundwasserschutz. Für ihn stelle sich somit die Frage, ob es diesbezüglich Kooperationen zwischen der Landwirtschaft und der Wasserwirtschaft gebe.

Herr Dr. Konietzko gibt zu bedenken, dass nach dem Nitratbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2012 ein Stickstoffüberschuss von 111 kg/ha im Jahre 1990 und im Jahre 2010 von 68 kg/ha landwirtschaftlicher Fläche ermittelt worden sei. Insofern hätte die Landwirtschaft mit einer 40 %igen Reduzierung der Stickstoffaufbringung schon einen Anteil erbracht, der aber noch nicht ausreichend sei. Insofern stelle sich für ihn die Frage, ob es auch andere Faktoren gebe, die sich verändert hätten, wie z. B. der zunehmende Bau von Biogasanlagen in den letzten Jahren, die eine intensivere Pflanzenproduktion mit einem vermehrten Gärrestesubstrat hervorgerufen hätten. Ob hierin allerdings eine Ursache für die Nitratbildung zu sehen sei, vermöge er nicht zu beurteilen. Ihm sei aber klar, dass das Problem vielfältiger und umfänglicher sei, sodass die Thematik gemeinsam mit den handelnden Akteuren besprochen werden müsse. Insofern werde die CDU die Beteiligten zu einem „Über-Eck-Gespräch“ einladen, um Informationen und Wissen zu binden für ein gemeinsames, zielorientiertes Vorgehen, denn Wasser sei das wichtigste Lebensmittel für die hier lebenden Menschen.

 

Der Leiter der Stadtwerke, Herr Woltering, erläutert, dass der Nitratabbau im Boden im Wesentlichen durch zwei hydrochemische Reaktionen hervorgerufen werde. Eine wesentliche Reaktion erfolge durch das im Boden befindliche Pyrit. Dieses löse sich allerdings in Verbindung mit Nitrat auf, sodass dadurch Eisen freigesetzt werde. Leider sei Pyrit endlich im Boden vorhanden. Es könne somit nicht wieder aufgebaut werden, sodass die Möglichkeit des Bodens, Nitrat abzubauen, begrenzt sei.

Die EWR führe seit Jahren Messungen des Grundwassers an verschiedenen Stellen durch. Die Entwicklung der Begleitparameter würden darauf hindeuten, dass sich die Pyritschicht im Boden bereits herabgesetzt habe.

 

Bezüglich der von Herrn Dr. Konietzko angesprochenen Kooperation zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft merkt Herr Woltering an, dass die EWR seit 25 Jahren eine solche Kooperation betreibe. Neben der örtlichen Kooperation stehe man auch im Bereich des Kreises Steinfurt mit den Behörden, den Vertretern der Landwirtschaft und den Vertretern der Wasserwirtschaft in Gesprächen, um gemeinsame Lösungen zu finden, wie in der Wassergewinnung das Nitrat zu reduzieren sei. Dabei werde auch versucht, die Interessen der Landwirtschaft und der Wasserwirtschaft im Einklang zu bringen. Natürlich handele es sich hierbei um konkurrierende Nutzungen. Ein wesentlicher Faktor sei dabei die Reduzierung der Düngung auf den Äckern. Es müsse sichergestellt werden, dass die Pflanzen den aufgebrachten Dünger vollständig aufnehmen könnten, damit er nicht ins Grundwasser abgeschwemmt werde.

 

Herr Roscher bedankt sich bei Herrn Dr. Schulte-de Groot und Herrn Woltering für den Bericht, der einem vor Augen geführt habe, welche schleichende Gefahr sich im Boden befinde. Dank gelte auch den Akteuren, die bemüht seien, die Interessen der Landwirtschaft mit denen der Wasserwirtschaft in Einklang zu bringen. Dieses werde aber nicht reichen, sodass er dafür appelliere, gesetzliche Regelungen mit Kontrollinhalten auf den Weg zu bringen.

 

Auch Herr Reiske bedankt sich bei den Vertretern der Stadtwerke und beim Bürgermeister, dass der Bericht über die Entwicklung der Nitratgehalte in den Wassergewinnungsgebieten der EWR in öffentlicher Ratssitzung behandelt werden könne, denn es gehe hierbei schließlich um ein lebensnotwendiges Gut. Für die GRÜNEN stehe fest, dass alles, was an Nitrat auf den Boden nicht aufgebracht werde, auch nicht durch großen Aufwand wieder herausgezogen werden müsse. Insofern stelle sich für ihn die Frage, welche Kosten auf die Stadtwerke zukommen würden, wenn die erforderlichen Flächen in den Wassergewinnungsgebieten angekauft würden. In jedem Fall müsse aber der Dialog mit der Landwirtschaft weitergeführt werden, damit die Qualität des Trinkwassers auf Dauer sichergestellt werden könne. Die GRÜNEN würden zu dieser Thematik am 2. Mai 2016 eine offene Veranstaltung durchführen, an der auch Herr Dr. Schulte-de Groot teilnehmen werde. In diesem Zusammenhang stellt er die Frage nach dem Sachstand des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezüglich des Verbotes des Einsatzes von Glyphosat auf öffentlichen Flächen.

 

Herr Dr. Schulte-de Groot erklärt, dass Kosten für den evtl. Ankauf von Flächen in den Wassergewinnungsgebieten bisher noch nicht ermittelt worden seien. Durch die stetige Preiserhöhung der landwirtschaftlichen Flächen in den letzten Jahren wäre sicherlich eine Vereinbarung mit den Landwirten, die Flächen aus der intensiven Nutzung herauszunehmen und einer externen Nutzung zuzuführen, die günstigere Lösung. Er gibt zu bedenken, dass auch diese Kosten über das Trinkwasser an den Verbraucher weitergegeben werden müssten. Im Übrigen könne man niemanden zwingen, mit den Stadtwerken in Verhandlungen zu treten, sodass die Landwirte ihre Böden so weiterbewirtschaften könnten wie die betrieblichen Belange es erfordern würden. Die einfachste und günstigste Lösung wäre natürlich eine gesetzliche Regelung, die für die Wasserversorgung kostenfrei wäre.

 

Frau Karasch merkt ergänzend an, dass der Antrag der GRÜNEN auf Einsatzverbot von Glyphosat kurz nach Einbringung im Verwaltungsrat der TBR beraten worden sei. Die Entscheidung hierüber sei zurückgestellt worden, weil die Entscheidung hierüber auf Bundesebene zunächst abgewartet werden sollte. Es sei beabsichtigt, in der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates am 2. Juni 2016 einen aktuellen Sachstandsbericht zum Antrag der GRÜNEN zu geben.

 

Herr Ortel stellt fest, dass aufgrund des heutigen Berichtes über die Entwicklung des Nitratgehaltes im Trinkwasser die Gefahr zwar erkannt aber nicht gebannt sei. Er sehe diesbezüglich nicht nur Kosten auf die Stadtwerke zukommen, sondern auch die Frage nach den Verursachern. Fest stehe, dass das, was durch chemische Prozesse im Grundwasser ankomme, nicht vom Himmel falle, sondern von Menschenhand verursacht sei. Wenn man die Verursacher benenne, wisse man auch um seine Gesprächspartner. Für ihn, Ortel, genieße der Schutz des Lebensgutes Wasser höchste Priorität. Insofern seien die Stadtwerke gut beraten, die Prävention – soweit das mit technischen Mitteln möglich sei – zu betreiben, ohne die Ursachenbekämpfung hintenanzustellen.

 

Auch Herr Mau warnt vor der Gefährdung des Trinkwassers, wenn es dazu nicht schon zu spät sei, denn niemand wisse, wann die Pyritschichten im Boden aufgebraucht seien. Schon jetzt gebe es im Kreis Wassergewinnungsgebiete, in denen die Nitratwerte zu hoch seien. Durch Nitrat im Trinkwasser steige nachweislich die Krebsrate. Auch der Einsatz von Glyphosat auf den Äckern sei krebserregend. Hinzu kämen die Medikamentenrückstände im Trinkwasser, weil insbesondere in der Geflügelhaltung verstärkt Antibiotika eingesetzt werde und auch die Geflügelgülle auf die Böden ausgetragen werde. Dadurch würden nicht nur das Grundwasser, sondern auch die Flüsse und Bäche in Mitleidenschaft gezogen, weil die landwirtschaftlichen Flächen unmittelbar bis an diese Gewässer bewirtschaftet würden. Daher müsse dringend ein Maßnahmenkatalog erstellt werden, wonach keine Großställe mehr genehmigt werden dürften. Auch der Gülletourismus sei zu untersagen. Ferner sollte der Kreis Steinfurt aufgefordert werden, seine Aufsichtsfunktion stärker wahrzunehmen, indem er häufiger das Aufbringen von Gülle auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen überprüfe.

 

Frau Floyd-Wenke vertritt die Auffassung, dass es bei einem derart besorgniserregenden Bericht erlaubt sein müsse, die Verursacher zu benennen, um mit ihnen in einen Dialog zu treten. Wenn dieser Dialog schon seit 25 Jahren Bestand habe, seien die Ergebnisse aber nicht zufriedenstellend. Insofern gebe sie Herrn Mau Recht, dass hier nur noch über einen Maßnahmenkatalog Abhilfe geschaffen werden könne, der ungeachtet der Interessenlage auch umgesetzt werden müsse. Insofern wünsche sie sich, dass in dem nächsten Bericht die Ergebnisse des Dialogs und die Stellungnahmen der Landwirtschaft mit aufgenommen würden.

 

Herr Brunsch erinnert daran, dass der vorliegende Bericht auch schon im Aufsichtsrat der EWR ausgiebig diskutiert worden sei. Es gebe auch Erkenntnisse, wonach der Nitratwert sich in den letzten Jahren reduziert habe. Insofern sollte man gemeinsam mit den Verursachern zu einer weiteren Verbesserung dieser Werte kommen.

 

Herr Dr. Lüttmann stellt abschließend aufgrund der Diskussion fest, dass es bezüglich der Nitratbelastung im Grundwasser Handlungsbedarf gebe. Auch wenn die kommunalen Möglichkeiten begrenzt seien, sollte die Thematik doch öffentlich beraten und diskutiert werden, damit es zu Regelungen komme, wie z. B. zur Novellierung der Düngeverordnung durch das Bundeswirtschaftsministerium.


Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Rheine nimmt den Bericht zur Entwicklung der Nitratgehalte in den Wassergewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH zur Kenntnis.