Herr Wietkamp berichtet über die Bleiberechtsregelung des Innenminister NRW vom 11.12.2006 und wie die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 zum Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge umgesetzt wurden bzw. werden.

 

Die Bleiberechtsregelung des Innenministers ist  auch durch eine gesetzliche Altfallregelung ergänzt bzw. ersetzt worden. Das Aufenthaltsgesetz ist mit Wirkung vom 28.08.2007 geändert worden. Unter anderem wurden die Paragraphen 104a und 104b in das AufenthG eingefügt. Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Erlass vom 16.10.07 dazu Anwendungshinweise herausgegeben, die für die Ausländerbehörden bindend sind.

 

Die gesetzliche Altfallregelung unterscheidet sich zwar auf den ersten Blick nicht grundsätzlich von der Bleiberechtsregelung. Einen bedeutenden Unterschied gibt es aber:

 

Bei der Bleiberechtsregelung muss ein konkretes Arbeitsverhältnis nachgewiesen werden, so ist dies bei der Altfallregelung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht mehr notwendige Voraussetzung. Erfüllt also der Ausländer die Kriterien der Altfallregelung (6 bzw. 8 Jahre Aufenthalt am 01.07.2007, hinreichende Deutschkenntnisse, Schulbesuch der Kinder, keine Täuschung der ABH und keine Straftaten, die mehr als 50 bzw. 90 Tagessätze betragen) so erhält er eine Aufenthaltserlaubnis – wenn er die Passpflicht erfüllt –  bis zum 31.12.2009.

 

Die gesetzliche Altfallregelung sieht dann vor, dass der Ausländer nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Möglichkeit hat, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Er muss grundsätzlich bis zum 31.12.2009 der ABH nachweisen, dass er den Lebensunterhalt für sich und ggfls. seine Familienangehörigen aus dieser Erwerbstätigkeit sichern kann. Wenn dies der Fall ist,  wird die Aufenthaltserlaubnis um 2 Jahre verlängert. Ausnahmen von der Sicherung des Lebensunterhalts sind u. a. vorgesehen bei Auszubildenden und Familien mit Kindern.

Für die hier lebenden Flüchtlinge stellt sich die Situation wie folgt dar:

In Rheine haben bisher 310 Personen einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechts- bzw. Altfallregelung gestellt.

Für 156 Personen wurden die Anträge bislang schon positiv geprüft. 58 Personen erhielten aus diesem Personenkreis bereits eine Aufenthaltserlaubnis.

In den anderen Fällen ist derzeit wegen fehlender Passpapiere eine Entscheidung nicht möglich.

 

Bei der Prüfung der Anträge wurde festgestellt, dass  bei  134 Personen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechts-/Altfallregelung voraussichtlich nicht erfolgen kann, weil hier entweder die zeitlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, d. h. die letzte Einreise nach dem für die meisten Personen maßgeblichen Stichtag 01.07.2001 erfolgte, oder aber Ausschlussgründe vorliegen. Dies betrifft etwa 5 Prozent der Anträge.

 

Ausschlussgründe sind nach dem Wortlaut des Gesetzes

 

  • die Täuschung der Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände
    oder
  • das vorsätzliche Hinauszögern oder Behindern von behördlichen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung
    oder
  • der Bezug zu extremistischen oder terroristischen  Organisationen oder deren Unterstützung
    oder
  • die Verurteilung wegen Straftaten zu mehr als 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen, wenn es sich um Straftaten nach dem AufenthG bzw. AsylVfG handelt. 

 

Bei dem letztgenannten Ausschlussgrund gilt die Besonderheit, dass die Aufenthaltserlaubnis nach dem Wortlaut des Gesetzes und den Vorgaben des Innenministeriums der gesamten Familie zu versagen ist, die mit der Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, die die Straftaten begangen hat.

Der Ausschlussgrund der Straftaten ist  bei ca. 80% der voraussichtlich negativ zu entscheidenden Anträge der maßgebliche Grund für die negative Entscheidung. Die Einbeziehungsregelung für die Familienangehörigen führt aufgrund der besonderen Konstellation der Flüchtlingsfamilien in Rheine (viele Familien mit hoher Kinderanzahl) dazu, dass verhältnismäßig viele Personen von der negativen Entscheidung betroffen sind.

Die anderen 15 Prozent sind voraussichtlich aufgrund der beiden ersten Ausschlussgründe abzulehnen: Die Personen haben zumeist keine oder falsche Angaben im Passbeschaffungsverfahren gemacht und befinden sich nur aus diesem Grunde noch im Bundesgebiet, d. h. eine Rückführung konnte ausschließlich wegen der mangelnden Mitwirkung der Ausländer nicht durchgeführt werden.

 

In den nächsten Wochen werden weitere Aufenthaltserlaubnisse in den positiv entschiedenen Fällen erteilt werden können. Bei den negativ zu entscheidenden Fällen wird das Verwaltungsverfahren eingeleitet, d. h. die Personen bzw. im Regelfall deren Anwälte sind bereits oder werden über die beabsichtigte negative Entscheidung in Kenntnis gesetzt. Nach Ablauf der Anhörungsfrist werden dann die ablehnenden Bescheide verschickt. Wegen des Wegfalls des Widerspruchverfahrens erfolgt direkt ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht.

 

Da die meisten Personen, bei denen die Anträge wohl abzulehnen sein werden, der ethnischen Minderheit der Roma aus dem Kosovo angehören, sind diese nicht unmittelbar von Rückführungsmassnahmen betroffen. Aber auch bei den Personen, bei denen auch nach dem Willen des Innenministeriums aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet werden sollen, wenn keine Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechts-/Altfallregelung erteilt werden kann, ist gewährleistet, dass die Personen beim Verwaltungsgericht in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren effektiven Rechtsschutz erlangen können.

 

Herr Hoffmann fragt an, wie es mit der Reisefreiheit und Arbeitsaufnahme für Asylbewerber in einem anderen Bundesland bzw. in einem anderen EU-Land bestellt ist.

Herr Wietkamp erklärt hierzu, dass Personen mit Aufenthaltserlaubnissen uneingechränkte Bewegungsfreiheiten besitzen. Eine Arbeitserlaubnis im Ausland muss von den dort zuständigen Behörden genehmigt werden.