Beschlussvorschlag/Empfehlung:
1.
Der Bauausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine
folgenden Beschluss zu fassen:
Der Rat der Stadt Rheine beschließt, gemäß § 89 (1) 4 der Bauordnung für das
Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) die anliegende Satzung der Stadt
Rheine über die Ablösung der Herstellungspflicht und die Höhe der
Ablösebeträge, die statt der Herstellung eines Stellplatzes zu entrichten sind
(Stellplatzablösesatzung).
Die neue Satzung
übernimmt inhaltlich unverändert die Regelungen der bisherigen Satzung vom
01.10.1990 in der Fassung vom 23.06.2015 über die Höhe des Geldbetrages, der
nach § 51 (5) BauO NRW 2000 statt der Herstellung eines Stellplatzes entrichtet
wird (Stellplatzablösesatzung).
2.
Der Bauausschuss beschließt, die Verwaltung zu
beauftragen, eine Stellplatzsatzung gemäß § 48 (3) BauO NRW 2018 zu erarbeiten
und zum Beschluss vorzulegen.
Begründung:
Ausgangssituation
Die Pflicht zur Herstellung von Kfz- und Fahrradstellplätzen bei der
Errichtung oder Änderung baulicher Anlagen ist in der Landesbauordnung 2018
(BauO NRW 2018, GV. NRW. 2018 S. 421) in § 48 neu geregelt worden. Gem. § 48
(1) BauO NRW sind in Analogie der bisherigen Regelung (ehem. § 51 BauO NRW
2000) Stellplätze oder Garagen und Fahrradabstellplätze in ausreichender Zahl
und Größe und in geeigneter Beschaffenheit herzustellen (notwendige
Stellplätze), wenn Anlagen errichtet werden, bei denen ein Zu- und
Abfahrtsverkehr zu erwarten ist.
§ 48 (3) BauO NRW gestattet es den Städten und Gemeinden, die
Herstellungspflicht, die Anzahl von Stellplätzen, ihre Größe und Beschaffenheit
etc. in einer eigenen Satzung (Stellplatzsatzung) zu regeln. Auch die Ablösung
der Herstellungspflicht durch die Zahlung eines Geldbetrages an die Gemeinde
kann in dieser Satzung geregelt werden.
Von dieser Befugnis muss allerdings nicht zwingend Gebrauch gemacht
werden. Ohne eine eigene kommunale Satzung gilt in den Städten und Gemeinden in
NRW seit dem 01.01.2019 die in § 48 (1) BauO NRW 2018 geregelte gesetzliche
Stellplatzpflicht. An dem Grundsatz, dass bei der Errichtung von baulichen
Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze
geschaffen werden müssen, hat sich daher nichts geändert.
Für die gesetzlich geregelte Herstellungspflicht wird das zuständige Ministerium
in Kürze die gem. § 48 (2) BauO NRW 2018 vorgesehene Rechtsverordnung für die
Zahl der notwendigen Stellplätze und Näheres über Zahl, Größe und Lage von
Stellplätzen für Menschen mit Behinderungen herausgeben. Da die Stadt Rheine
bislang keine eigene Stellplatzsatzung erlassen hat, wird die Zahl der
notwendigen Stellplätze derzeit noch auf Basis der alten Rechtsverordnung
ermittelt.
Die bislang in § 51 (5) BauO NRW 2000 verankerte gesetzliche Möglichkeit
der Stellplatzablösung ist für den korrespondierenden § 48 der BauO NRW 2018
nicht mehr vorgesehen. Der § 48 (3) BauO NRW 2018 sieht, wie bereits
dargestellt, die Integration der Ablösung der Herstellungspflicht in einer
Stellplatzsatzung vor. Zudem wird auf der Basis der Satzungsbefugnis aus § 89
(1) Nr. 4 BauO NRW 2018 von Seiten des Ministeriums auch der Erlass einer
isolierten Ablösesatzung als möglicher Weg anerkannt.
Bestehende Stellplatzablösesatzungen sind wegen der Bezugnahme auf § 51
BauO NRW 2000 in den Fällen des § 48 BauO NRW 2018 mit Inkrafttreten des neuen
Rechts (seit dem 01.01.2019) somit nicht (mehr) anwendbar. Für die Stadt Rheine
bedeutet dies, dass die bestehende Stellplatzablösesatzung vom 01. Oktober 1990
in der Fassung vom 23.06.2015 derzeit nicht mehr anwendbar ist und bei der
Stadt Rheine zurzeit keine Ablösungen möglich sind.
Vorschlag zum weiteren
Vorgehen
Stellplatzsatzung:
Eine kommunale
Stellplatzsatzung bietet gegenüber den pauschalierenden Vorgaben in der
landesweit geltenden Rechtsverordnung „Richtzahlen für den Stellplatzbedarf“
deutliche Vorteile, da die Kommunen gem. § 48 (3) BauO NRW 2018 unter
Berücksichtigung ihrer örtlichen Verkehrsverhältnisse festlegen können, ob und
in welchem Umfang und in welcher Beschaffenheit bei der Errichtung oder
Änderung baulicher Anlagen geeignete Garagen oder Stellplätze für Kfz und
Fahrradabstellplätze errichtet werden müssen, um den Erfordernissen des
ruhenden Verkehrs zu genügen. Die Kommunen können insoweit durch Satzung regeln
·
die Herstellungspflicht bei der Errichtung der Anlagen,
·
die Herstellungspflicht des Mehrbedarfs bei
Änderungen oder Nutzungsänderungen der Anlagen,
·
die Beschränkung der Herstellungspflicht auf genau
begrenzte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Fälle,
·
den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die
Herstellung von notwendigen Garagen oder Stellplätzen, soweit der
Stellplatzbedarf
-
durch besondere Maßnahmen verringert wird oder
-
durch nachträglichen Ausbau von Dach- und
Kellergeschossen oder durch Aufstockung entsteht,
·
die Einschränkung oder Untersagung der Herstellung
von notwendigen oder nicht notwendigen Garagen oder Stellplätzen, soweit Gründe
des Verkehrs oder städtebauliche Gründe dies erfordern,
·
die Verbindlichkeit bestimmter Konstruktionen von
notwendigen und nicht notwendigen Garagen oder Stellplätzen,
·
dass bei der Errichtung von Anlagen, ggf. unter
Berücksichtigung einer Quote, notwendige Stellplätze mit einer Vorbereitung der
Stromleitung für die Ladung von Elektrofahrzeugen versehen werden sowie
·
die Ablösung der Herstellungspflicht in den Fällen
der Nummer 1 bis 3 durch Zahlung eines in der Satzung
festzulegenden Geldbetrags an die Gemeinde.
Der Gesetzgeber normiert damit keine zwingende Pflicht zur Aufstellung
unterschiedlicher Stellplatzzahlen für einzelne Nutzungen, sondern will den
Gemeinden Kriterien, die eine sachgerechte Differenzierung erlauben, an die
Hand geben. Gleichwohl empfiehlt es sich, im Regelfall bei der Stellplatzzahl
eine Differenzierung anhand der angegebenen Kriterien vorzunehmen. Dies erfolgt
aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der verlangt, dass die Pflicht zur
Herstellung von Stellplätzen für den Bauherrn zumutbar sein muss. Die
Zumutbarkeit wiederum hängt von der geplanten Nutzung des Grundstücks und dem
dadurch verursachten Stellplatzbedarf ab. Im Regelfall wird auch Art. 3 (1) GG
eine differenzierende Festsetzung verlangen.
Neben der Chance, auf die Verhältnisse der Stadt Rheine angepasste
Regelungen zur Herstellungspflicht von Stellplätzen etc. inclusive sinnvoller
Einzelfallregelungen festzulegen, bietet eine kommunale Stellplatzsatzung den
Vorteil, dass die Stadt eine Stellplatzsatzung auch als Instrument für das
kommunale Parkraummanagement und als Steuerungsinstrument für das
Mobilitätsverhalten (Bestand und Nutzungshäufigkeit Pkw, Radverkehrsförderung,
…) nutzen kann. Des Weiteren schafft eine kommunale Stellplatzsatzung
Planungssicherheit bei Investitionsvorhaben für Bauherren und Architekten. Vor
dem Hintergrund der dargestellten Vorteile wird daher empfohlen, eine
Stellplatzsatzung für die Stadt Rheine aufzustellen und zu erlassen.
Die Erarbeitung und Einführung einer Stellplatzsatzung bedarf allerdings
umfangreicher Voruntersuchungen und ist mit einem erheblichen Zeitaufwand
verbunden. Es wird davon ausgegangen, dass im IV. Quartal 2019 ein Entwurf für
eine Stellplatzsatzung vorgelegt werden kann.
Stellplatzablösesatzung:
Damit in der Stadt Rheine kurzfristig wieder die Möglichkeit zur
Ablösung der Herstellungspflicht durch die Zahlung eines Geldbetrages besteht
und Bauvorhaben nicht an der Unmöglichkeit des Nachweises der erforderlichen
Pkw-Stellplätze scheitern müssen, wird vorgeschlagen, eine isolierte
Stellplatzablösesatzung auf der Basis der bisherigen Stellplatzablösesatzung
vom 01.10.1990 in der Fassung vom 23.06.2015 zu erlassen. Die entsprechende
Satzungsbefugnis lässt sich aus § 89 (1) Nr. 4 BauO NRW 2018 herleiten.
Im Zuge der Erarbeitung der Stellplatzsatzung kann dann überlegt werden,
ob und in welchem Rahmen die Stellplatzablösesatzung angepasst und überarbeitet
werden soll und ob es bei einer isolierten Stellplatzablösesatzung bleiben soll
oder ob die Stellplatzablösung in die Stellplatzsatzung integriert werden soll.
Die Gebietszonen und die Festlegung der Beträge sind seit dem 23.06.2015
nicht verändert worden. Es erscheint sinnvoll, diese parallel zur Erarbeitung der
Stellplatzsatzung zu überprüfen und ggf. zu diskutieren. Die Ergebnisse könnten
als Grundlage für eine Satzungsänderung voraussichtlich bis zum IV. Quartal
2019 vorgelegt werden.
Anlagen
·
Satzung der Stadt Rheine über die Festlegung der Gebietszonen und der
Höhe des Geldbetrags nach § 89 (1) Satz 4 der Bauordnung des Landes
Nordrhein-Westfalen (Stellplatzablösesatzung) vom 21.05.2019