Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Rat zieht die
Angelegenheit an sich (Kulturausschuss).
Der Rat nimmt die
Ausführungen zum bisherigen Entwicklungsprozess der Jugendkunstschule zur
Kenntnis und beauftragt die Verwaltung zur weiteren Berichterstattung in den
folgenden Kulturausschusssitzungen.
Begründung:
Mit Erscheinen des
zweiten Programmflyers ist die Jugendkunstschule in der Rheiner Bevölkerung
angekommen. Dies wird bereits durch die Vielzahl der eingegangenen Anmeldungen
und telefonischen Rückfragen beim Kulturservice und den für die Kursangebote
verantwortlichen Kooperationspartnern deutlich.
Der Bedarf für
eine künstlerisch, kreative Kulturinstitution für junge Menschen in Rheine ist
vorhanden. Nun gilt es, diese Erprobungsphase in eine feste Einrichtung zu
überführen.
Um dieses erfolgreich
zu gestalten, wurden entsprechend der Beschlüsse in der letzten Sitzung des
Kulturausschusses, die Stellen für eine/n künstlerisch-pädagogische/n
Mitarbeiter/in (m/w/d) sowie eine Verwaltungskraft als Unterstützung
ausgeschrieben.
Die Bewerbungsfrist
für beide Stellen läuft bis zum 31. März 2020. Anschließend erfolgt zeitnah das
Personalauswahlverfahren, um die Stellen schnellstmöglich zu besetzen.
Dies ist vor dem
Hintergrund möglicher Zuschüsse erforderlich, um die für NRW vereinbarten Ziele
und Mindeststandards von Jugendkunstschulen zu erfüllen und die zusätzlichen
Verwaltungsaufgaben zu übernehmen, die durch die verschiedenen Angebotsfelder
der Jugendkunstschule auf den Kulturservice zukommen.
Über die Erfüllung
dieser Mindeststandards muss die Stadt Rheine als Optionskommune für eine
Jugendkunstschule jährlich in Form eines Wirksamkeitsdialogs gegenüber der
Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische Dienste/Jugendkunstschulen (LKD)
berichten.
Jugendkunstschulen
sind Schulen der Wahrnehmung und des Denkens. Sie schärfen die Sinne und den
Verstand und öffnen den Zugang zur Welt. Hierzu leisten die derzeitigen
Angebote der Kulturwerkstatt und die Projekte des Kulturrucksacks bereits jetzt
ihren Beitrag. Sie bilden somit aktuell unter Federführung des Kulturservices
das Fundament der Jugendkunstschule. Ein weiteres Element der
Jugendkunstschularbeit ist es, Kindern zu ermöglichen, sich auf altersgerechte
Weise mit den verschiedenen Facetten des Lebens zu befassen. Sie sollen dabei
selbst bestimmen, wie tief sie sich auf die Inhalte einlassen. Sie haben die
Möglichkeit, sich zu freuen, sie können sich ärgern oder aber mit den
Künstlerinnen und Künstlern streiten. Auf diese Weise können Kinder erleben,
was sie das ganze Leben begleiten wird: schwierige Situationen durch eigenes
Handeln überwinden lernen. Dies erleben sie nicht allein, sondern in der Gruppe
mit Gleichaltrigen, Eltern, Großeltern und den Darstellerinnen und Darsteller
im selben Raum. Mit diesem Ansatz wird nach einer im Januar diesen Jahres
begonnenen Übergangsphase, ab Sommer 2020, auch die Verantwortung für die
Kindermatinee vom Jugendamt (Abteilung Kinder- und Jugendarbeit) zum
Kulturservice übertragen und somit ein weiterer Baustein in die
Jugendkunstschule eingefügt.
Ein wichtiges
Element der Jugendkunstschularbeit ist die Kooperation und Vernetzung mit
anderen Jugend-, Bildungs-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, insbesondere mit
Schulen und Kindergärten.
Bereits jetzt
werden in einer vom Kulturservice koordinierten gemeinsamen Arbeitsgruppe,
bestehend aus dem Jugendamt, dem Jugend- und Familiendienst, dem
Falkenhofmuseum der Familienbildungsstätte, dem Jugendzentrum Jakobi, dem
Stadtjugendring, dem Kloster Bentlage, der Jugendkunstschule PinkPop Ibbenbüren
und dem Projektlabor Berufskolleg Rheine Angebote besprochen, entwickelt,
abgestimmt und in Kooperation umgesetzt.
Weitere
interessierte Träger sind jederzeit willkommen. Darüber hinaus gibt es Anfragen
von pädagogischen Einrichtungen, die
Angebote der Jugendkunstschule für ihr Klientel nutzen möchten. Die
Koordination dieser Runde wird neben der Entwicklung von eigenen Angeboten und
des Profils der Jugendkunstschule Rheine eine der wichtigen Aufgaben für
die/den künstlerisch-pädagogische/n Mitarbeiter/in sein.
Jugendkunstschulen
verfügen über eigene Räume mit fachspezifischer Ausstattung und
teilnehmerorientierter Größe. Die Stadt hat derzeit ehemalige Werkstatträume in
der Straße Hohle Stiege angemietet. Hierbei handelt es sich um ein Provisorium,
das immer wieder kreative Lösungen bei
den unterschiedlichen Nutzungen, von Malatelier über Kreativwerkstatt bis
Tanzwerkstatt erfordert.
Langfristig ist
eine größere Lösung für die Jugendkunstschule notwendig. Gleiches gilt auch für
das Projektlabor Berufskolleg Rheine. In NRW gibt es ca. 120
Jugendkunstschulen, Makerspaces und FabLabs. Alle diese Einrichtungen arbeiten
bestenfalls vernetzt mit ihresgleichen. Die in Rheine geplante Verbindung der
kreativen Potenziale von Makern und Künstlern ist dagegen einzigartig in NRW.
So können Menschen
zu einem offenen, freien und unkonventionellen Denken angeregt werden.
Interdisziplinär werden Ideen aus vielen Perspektiven entwickelt und
reflektiert, Lösungsansätze werden ohne Schubladendenken spartenübergreifend
gefunden. Dieser Ansatz wurde unter der Überschrift „ART and TEC Station“ im
Rahmen der ersten Förderstufe der Landesprogramms „Dritte Orte“
weiterentwickelt.
Ziel ist es dabei,
Räume in zentraler Lage der Innenstadt/des Bahnhofsumfeldes künstlerisch,
kreativ und technisch zu nutzen. Ein entsprechendes Nutzungskonzept wird
derzeit erarbeitet. In dieses Konzept fließen die Erkenntnisse aus den Kinder-
und Jugendforen des letzten Jahres, der Bürgerwerkstatt am 8. Januar 2020 sowie
Erfahrungen aus dem im Mai geplantem KulturCamp Bentlage 2020 ein. Nach
Fertigstellung dieses Konzeptes sowie eines entsprechenden politischen
Beschlusses kann sich die Stadt in diesem Sommer auf die zweite Förderstufe von
„Dritte Orte“ bewerben. Sollte diese Bewerbung erfolgreich sein, stünden für die
Umsetzung des Konzeptes ab 2021 maximal 450.000 € Landesmittel, verteilt auf
drei Jahre, zur Verfügung.
Jugendkunstschulen
verfügen über ein eigenes Budget. Dies hat der Kulturausschuss bereits dadurch
deutlich gemacht, dass im Haushaltsplan der Stadt für die Jahre 2020 f. jeweils
ein Betrag von 17.000 € für die Arbeit bereitgestellt wurde.
Die Stadt ist seit
dem 1. Januar 2020 Mitglied der LKD. Als Dachverband der Jugendkunstschulen
verwaltet die LKD die Mittel für Jugendkunstschulen aus den verschiedenen
Förderprogrammen des Landes und gibt diese an ihre Mitglieder weiter. Für
Rheine sind dies aktuell die Optionsförderung (Fördermittel in der
Gründungsphase) sowie die Projektmittel für Angebote mit jugendlichen
Geflüchteten.
Auch die bisher
beim Jugendamt veranschlagten Mittel für die Kindermatinee sowie die Zuweisung
aus dem Landesprogramm Kulturrucksack werden zukünftig in der Jugendkunstschule
abgewickelt. Neben diesen öffentlichen Zuweisungen finanzieren sich
Jugendkunstschulen auch über Teilnehmerbeiträge. Hierzu sollte es spätestens im
zweiten Halbjahr 2020 auch für die Jugendkunstschule Rheine eine Entscheidung
geben. Es ist zu beachten, dass Jugendkunstschulen zur Verwirklichung ihrer
Ziele insbesondere die nachfolgenden Angebote machen:
- interkulturelle Angebote / Angebote für Kinder und Jugendliche mit
Migrationshintergrund
- geschlechterspezifische Angebote
- integrierte Angebote für behinderte und nicht-behinderte Kinder und
Jugendliche
- Angebote in regional benachteiligten Gebieten
- Angebote für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche
- Kooperationen mit Schulen, Kindertageseinrichtungen u.a.
Dies bedeutet,
dass die Angebote nicht kostenlos sein müssen, aber auch nicht so teuer sein
dürfen, dass nicht jeder die Angebote in Anspruch nehmen kann.
Daneben gilt die
Festlegung, dass Angebotsstunden in Jugendkunstschulen grundsätzlich 60 Minuten
umfassen.
Jugendkunstschulen
verfügen über eine Organisationsstruktur. Zu dieser Organisationsstruktur
gehört neben der räumlichen, sächlichen und finanziellen Ausstattung auch die
Entscheidung, in welcher Rechtsform und Trägerschaft die Jugendkunstschule
Rheine zukünftig agieren soll. Jugendkunstschulen gibt es in NRW in
unterschiedlichen Rechtsformen und Trägerschaften. Die beiden häufigsten Träger
einer Jugendkunstschule sind dabei der eingetragene Verein und die Kommune.
Welches Modell langfristig und nachhaltig in Rheine realisiert wird, muss noch
entschieden werden. Hierbei gilt es die Interessen der Kooperationspartner
sowie des Kreises Steinfurt als Träger des Berufskollegs und damit auch Träger
des Projektlabors zu berücksichtigen. Dies erfordert in der nächsten Zeit eine
Vielzahl von Gesprächen mit allen Beteiligten. In diesem Zusammenhang hat die
NRW-Bank ihre Bereitschaft erklärt, die Stadt bei einem Vergleich der
verschiedenen Träger- und Rechtsformen zu unterstützen. Ziel muss es sein, eine
Trägerschaft zu finden, in der sich alle Beteiligten angemessen berücksichtigt
finden.