Betreff
Herrichtung und Ausweisung einer öffentlichen Hundewiese im Stadtgebiet Rheine auf Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Vorlage
243/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Antragsteller:

Die Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN beantragen mit Schreiben vom 19. Januar 2020 eine öffentliche Hundewiese im Stadtgebiet herzurichten und auszuweisen.

 

Verwaltung:

Der Haupt,- Digital- und Finanzausschuss der Stadt Rheine beschließt, dem Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN sowie dem mündlichen Antrag des Ratsmitglieds Roscher nicht zu entsprechen und auf die Ausweisung einer separaten Hundeauslauffläche zu verzichten.

 


Begründung:

Antragsteller:

Hier wird auf den als Anlage beigefügten Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 19. Januar 2020 verwiesen.

 

Verwaltung:

In den vergangenen Jahren gab es einzelne Anfragen zur Ausweisung von Hundeauslaufflächen im Stadtgebiet. So fragte die SPD-Fraktion 2014 nach der Möglichkeit, einen Hundewald auf Waldflächen einzurichten, die im Eigentum der Stadt Rheine stehen. In der Antwort des Fachbereichs 4 Finanzen, Wohn- und Grundstücksmanagement wurde damals detailliert dargestellt, dass eine solche Errichtung immer mit kostenintensiven Herstellungs- und Unterhaltungsaufwendungen verbunden ist und zusätzlich auch die Kosten für die Verkehrssicherungspflichten zu berücksichtigen sind. Ebenso wurde beispielhaft an ausgewählten Flächen (Waldfläche im rückwärtigen Bereich des Walshagenparks, Freifläche im südlichen Bereich des Stadtparks, städtisches Grundstück an der Hessenschanze) aufgeführt, dass gegebenenfalls auch die notwendige Beteiligung anderer Behörden (z.B. Untere Landschaftsbehörde, Untere Jagdbehörde) ebenso zu prüfen ist wie beispielsweise Ausgleichs- und Kompensationspflichten, die durch die Nutzung und Einzäunung einer Fläche ausgelöst werden können.

 

 

I.                    Rechtslage nach Landeshundegesetz

 

Das Landeshundegesetz Nordrhein-Westfalen (LHundG NRW) unterscheidet drei Fallkonstellationen hinsichtlich der Anleinpflicht für Hunde:

 

1.    Alle Hunde müssen angeleint sein in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und anderen innerörtlichen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr. Das Gleiche gilt für die der Allgemeinheit zugänglichen, umfriedeten Park-, Garten- und Grünanlagen einschließlich Kinderspielplätzen mit Ausnahme besonders ausgewiesener Hundeauslaufbereiche (§ 2 Abs. 2 LHundG NRW).

 

Durch § 5 Abs. 2 der ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Rheine wird diese Anleinpflicht allgemein erweitert auf Verkehrsflächen und Anlagen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile.

 

2.    Große Hunde (Widerristhöhe mindestens 40 cm oder Gewicht von mindestens 20 kg) sind außerhalb eines befriedeten Besitztums innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen angeleint zu führen (§ 11 Abs. 6 LHundG NRW).

 

3.    Gefährliche Hunde sind außerhalb eines befriedeten Besitztums anzuleinen. Das gilt nicht innerhalb besonders ausgewiesener Hundeauslaufbereiche - den Hunden ist aber ein das Beißen verhindernder Maulkorb oder eine gleich wirkungsvolle Vorrichtung anzulegen (§ 5 Abs. 2 LHundG NRW).

Das bedeutet, dass gefährliche Hunde im Gegensatz zu lediglich großen Hunden nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile anzuleinen sind.

 

 

II.      Planungsrechtliche Zulässigkeit

 

1.      Zulässigkeit in Bebauungsplänen

 

Innerhalb der Wohngebiete sind „Hundeauslaufplätze" wegen den von ihnen ausgehenden Belästigungen insbesondere durch Hundegebell und Parkplatzlärm planungs- und immissionsschutzrechtlich nicht zulässig. Sie entsprechen nicht der Gebietscharakteristik und sind dem­nach auch nicht als allgemein zulässige Nutzung aufgeführt.

 

Auch innerhalb der Gewerbegebiete sind per Bebauungsplan festgesetzte Bauflächen als „Hundewiese" nicht geeignet. Die Inanspruchnahme von wertvollen Betriebsflächenpotenzialen ist insbesondere wegen der Unter- bzw. Mindernutzung nicht vertretbar. Die im Regionalplan als Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche dargestellten Flächen werden von der Bezirksregierung exakt bilanziert und ausgewiesen.

 

 

2.      Zulässigkeit im Innenbereich

 

Die Überprüfung der Zulässigkeit in anderen Siedlungsbereichen der Stadt richtet sich nach dem planungsrechtlichen Innenbereich im Sinne des § 34 Baugesetzbuch. Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, also dem Innenbereich, sind Hundeauslaufflächen wegen der immissionsschutzrechtlichen Problematik und unter dem Aspekt der Wahrung gesunder Arbeits- und Wohnverhältnisse nicht zulässig. Außerdem erfüllen sie in der Regel nicht das Erfordernis, sich mit ihrer spezifischen Eigenart in die der näheren Umgebung einzufügen.

 

 

3.      Zulässigkeit im Außenbereich

Entsprechend den städtebaulichen Leitvorstellungen soll der Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB von baulichen Anlagen freigehalten werden, soweit diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich bzw. Landschaftsraum gehören. Diesbezüglich wären zwei Möglichkeiten der Zulassung von „Hundewiesen" zu prüfen:

3.1 Zulassung als privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB („wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung")

 

Hierfür muss der Schwerpunkt auf Hundezucht, -haltung, -pension oder auf Hundeübung, -ausbildung liegen, nicht aber auf lediglich freizeitbezogenen Hundeauslauf.

Der Kommentar zum Baugesetzbuch (Söfker, 11/2015) führt hierzu aus:

 

„Ein Hundesportplatz ist nicht privilegiert, wenn er der Erholung und Freitzeitgestaltung eines bestimmten Personenkreises dient ... Der „Auslaufplatz” bietet den Hundehaltern die Möglichkeit, ihre Hunde ohne Leine und Maulkorb frei laufen zu lassen. Dieser erfüllt nicht die Voraussetzungen der Nr. 4, ist also diesbezüglich nicht zulässig!".

3.2 Zulassung als sonstiges" Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB („öffentliche Belange nicht beeinträchtigt").

 

Denkbar wäre eine Genehmigungsmöglichkeit im Außenbereich, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden und die Erschließung gesichert ist. Hier eröffnet die Darstellung als „Freizeit- und Naherholungsbereich" im Flächennutzungsplan eine Zulässigkeitsvoraussetzung mit weiterer Prüfung anderer öffentlicher Belange, die je nach Örtlichkeit, Abstand zu Wohngebieten, vorherrschender Windrichtung und Nutzungsintensität ggfls. auch Lärmschutzmaßnahmen erforderlich machen können.

 

 

III.    Wirtschaftliche Erfordernisse

 

     Neben den planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bereitstellung einer öffentlichen Hundewiese sind neben eventuellen Lärmschutzmaßnahmen auch nachfolgende Begleitgrößen je nach Lage des Einzelfalls zu berücksichtigen, die anhand folgender Fallkonstellationen beispielhaft aufgezeigt werden:

 

1.                      Vorhandene städtische Fläche

 

Die Nutzung einer vorhandenen städtischen Fläche setzt voraus, dass es sich um ein Areal in der Größenordnung von mindestens 5.000m² handelt, das einer Mehrzahl von Hunden gleichzeitig ausreichend Platz zum Spielen und Laufen gibt. Diese Fläche darf nicht verpachtet oder für eine anderweitige Nutzung (z.B. Wohnbebauung o. ä.) vorgesehen sein. Derzeit ist der Verwaltung keine geeignete Brachfläche bekannt.

 

1.1         Einzuplanende Herrichtungskosten:

 

-          Bei einer Fläche im Außenbereich besteht immer auch die Möglichkeit der Begegnung mit Wildtieren. Um ein unkontrolliertes Entweichen der Hunde zu verhindern ist eine Einzäunung erforderlich, die eine Höhe von mindestens 1,80 Metern und Tore haben muss. Wünschenswert sind selbstschließende Tore mit Schleusencharakter, um ein Entweichen spielender Hunde aus der Anlage bei der Begrüßung von Neuankömmlingen zu verhindern.

 

Beispielhaft für ein Grundstück von 5.000 m² Größe wurden die Kosten für eine Einfriedung mit einem Stabgitterzaum mit einer Höhe von 1,80 m, einem hierzu passenden einflügeligen Tor gleicher Höhe von 1 m Breite und einem doppelflügeligen Tor gleicher Höhe und einer Gesamtbreite von etwa 2,50 m für das Befahren mit einem Unterhaltungsfahrzeug ermittelt.

Nicht berücksichtigt wurde bei der Preisabschätzung die sinnvolle Selbstschließung der Tore und der Schleusencharakter.

Eine aktuelle Preisabfrage ergab für diese Einfriedung Kosten i.H.v. 38.000 €.

 

-          Herrichtung eines PKW-Parkplatzes für Hundehalter, da zu erwarten ist, dass die Hundebesitzer nicht nur aus der unmittelbaren Umgebung, sondern auch aus anderen Stadtteilen kommen könnten und ein „Zuparken“ der schmalen Straßen und Wirtschaftswegen im Außenbereich vermieden werden soll.

Seitens der TBR wird der Herstellungsaufwand auf etwa 13.000 € geschätzt.

 

-          Herstellungskosten für Einrichtungsgegenstände (z. B. Unterstand, Sitzbank, Abfalleimer, Röhren zum Durchlaufen); Seitens der TBR wird auch dieser Herstellungsaufwand auf etwa 13.000 € geschätzt.

 

-          Für den Ausgleich bei einer Einrichtung einer Hundewiese im Außenbereich fallen Ausgleichsmaßnahmen je nach Fläche in Höhe von ca. 8.000 bis 25.000 € an. Dazu kommen voraussichtlich Kosten für ein Schallschutzgutachten in Höhe von 3.000 bis 4.000 €.

 

 

In Summe beläuft sich der gesamte Herstellungsaufwand (ohne Grunderwerb und Folgekosten) für eine Beispielfläche von etwa 5.000 m² auf bis zu 93.000 €.

 

1.2         Einzuplanende Unterhaltungskosten:

 

Neben den Herstellungskosten entstehen jährlich auch Kosten z.B. für

 

-          die extensive Unterhaltung der Fläche (Mahd, Verfüllen von Löchern usw.),

-          Einzäunung und Toranlagen (zuzüglich Vandalismusschäden),

-          Unterhaltung des PKW-Parkplatzes, Bänke, Unterstand,

-          Materialkosten (Hundekotbeutel),

-          Entleerung der Abfallbehälter (zweimal wöchentlich),

-          Personalkostenaufwand der TBR für Verkehrssicherungspflichten.

             

            Geschätzte jährliche Unterhaltungskosten: 6.100 € zzgl. jährlicher Steigerung.

 

 

2.           Ankauf bzw. Anmietung einer zu nutzenden Privatfläche

 

Neben den Kaufpreisen bzw. den hiermit einhergehenden Anmietungskosten für die Auslauffläche und den Parkplatz fallen auch bei Ankauf bzw. Anmietung ebenfalls die zuvor unter III Ziffer 1.1 und 1.2 aufgeführten Kostenarten zusätzlich an.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass für das Vorhaben „Hundewiese“ keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und die Finanzierungen eines eventuellen Ankaufs oder Anmietungen einer Auslauffläche und eines Parkplatzes ungeklärt sind. Das Gleiche gilt auch für die erforderlichen Herstellungskosten (Umzäunung, Toranlage, PKW-Parkplatz) und ebenso für die regelmäßig anfallenden Unterhaltungskosten.

 

 

3.           Mitnutzung der vorhandenen Fläche eines örtlichen Hundesportvereins unter finanzieller Beteiligung der Stadt

 

              Eine 2020 durchgeführte Anfrage bei den nachstehend aufgeführten Hundevereinen verlief ergebnislos, weil sie auch gegen finanzielle Beteiligung der Stadt ihre Auslaufflächen für die Allgemeinnutzung nicht zur Verfügung stellen wollen:

             

-          Schäferhundeverein Ortsgruppe Hauenhorst-Rheine, Hessenweg 261,

-          Boxer-Klub Rheine e.V., Georg-Elsner-Ring 50,

-          MV Rheine-Altenrheine 1936 e.V., Franz-Bernhar-Straße 80,

-          Polizeihundeverein Rheine-Schotthock, Bonifatiusstraße 404,

-          Tierpension Köhler, Borsigstraße 11,

-          Tierpension Waldblick, Surenburgstraße 450,

-          Hundetreff Rheine, Torvarstraße 58,

-          Rheine Agility Friends, Alter Schulweg,

-          Hundeübungsplatz (Polizeihunde) Zum Hellschlag 31.

 

            Insbesondere rechnen die Befragten damit, dass Nichtvereinsmitglieder die Fäkalien ihrer Hunde nicht entfernen werden würden.

Die Vereine erklärten auch, dass es sich bei ihren Flächen um Trainingsplätze des Hundesports handele, die nur für Vereinsmitglieder vorgehalten und gepflegt werden, damit diese jederzeit ungestört mit ihren Tieren trainieren können ohne sich den Platz mit Außenstehenden teilen zu müssen.

 

 

IV.    Fazit

 

Die Herrichtung und Ausweisung einer öffentlichen Hundewiese im Stadtgebiet ist planungsrechtlich nur eingeschränkt und nur im Außenbereich möglich.

 

Zu bedenken ist immer, dass neben einem erheblichen einmaligen Finanzaufwand für die Herrichtung der Örtlichkeit und ggfls. den Ankauf von Auslauffläche und Parkplatz, auch dauerhaft jährlich wiederkehrende, finanzielle Unterhaltungsaufwendungen und Mietzahlungen entstehen würden.

 

Hierfür stehen keine Haushaltsmittel bereit. Die mittelfristige Haushaltsplanung sieht für die kommenden Jahre Defizite vor. Die Verwaltung lehnt daher zum jetzigen Zeitpunkt zusätzliche freiwillige Leistungen für eine Hundewiese als Daueraufgabe ab.

 

Berücksichtigt werden muss auch, wie ggfls. mit den aufkommenden Wünschen anderer Interessengruppen nach Förderung, Unterstützung und Bereitstellen von Ressourcen für ihre Hobbys (z.B. Reiter) umgegangen werden soll.

 

 

V.      Klimafolgen

 

Durch die Einrichtung einer Hundewiese würde ein zusätzlicher Freizeitverkehr ausgelöst.

 


Anlage:

 

Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 19.01.2020