Betreff
Umsetzung Rahmenplan Innenstadt: A6 Gestaltung des Bernburgplatzes
Vorlage
412/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Bau- und Mobilitätsausschuss nimmt die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zu den Varianten Vorplanung Bernburgplatz zur Kenntnis und beschließt, dass die Variante 3 „Greenbeat“ in der dieser Vorlage als Anlage 3 beigefügten Fassung Grundlage der weiteren Planung und Entwicklung ist.

Die Verwaltung wird beauftragt, gemäß dieser Vorgabe eine Entwurfsplanung zu erstellen und dem Ausschuss zur Erörterung und weiteren Beschlussfassung vorzulegen.

 

 


Begründung:

 

A       Grundlagen und Hintergründe

 

Die „Gestaltung des Bernburgplatzes und des Grünbereiches sowie die Öffnung zur Ems“ ist eine Maßnahme im Handlungsfeld A „Besondere Orte in der Innenstadt“ des Rahmenplanes Innenstadt von 2014.

 

Da die mit dem Bereich verbundenen strukturellen Fragestellungen und sich daraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten und –grenzen in Rheine bereits seit Jahren kontrovers diskutiert wurden, wurde ausgehend vom Beschluss 2017 ein mehrstufiger Entwicklungsprozess auf den Weg gebracht, der mit Unterstützung eines externen Büros unter umfassender Einbindung von Öffentlichkeit und Fachleuten in einer Beschlussfassung im September 2019 mündete. Die Konsensvariante „Bernburgpark“ wurde als Grundlage der weiteren Planung und Entwicklung festgelegt (Vorlage Nr. 304/19).

 

Im März 2020 wurde das Büro GREENBOX, Köln, unter dieser Prämisse mit der Entwicklung einer Entwurfsplanung beauftragt. Unterstützt wird das Büro GREENBOX durch das Büro Reicher Haase Assoziierte, Dortmund, die hauptsächlich die Vorbereitung und Durchführung der Bürgerbeteiligungen bearbeiten.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurde gemeinsam mit den Büros ein alternatives Beteiligungskonzept erarbeitet, um die erste Stufe der Bürgerbeteiligung durchzuführen. Die Themenschwerpunkte lagen in den Bereichen „Begrünung“, „Mobiliar und Spielelemente“ sowie „Veranstaltungen“.

Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung und ihre Dokumentation sind gemäß Beschluss des Bauausschusses vom 17.09.2020 (Vorlage Nr. 327/29) Bestandteil des Inputs für den weiteren Entwicklungsprozess rund um den Bernburgpark.

 

B       Varianten der Vorplanung

 

Basierend auf der Option „Bernburgpark“ aus der Machbarkeitsstudie sowie unter Berücksichtigung der Anregungen der Bürgerinnen und Bürgerschaft hat das Büro GREENBOX verschiedene Varianten einer Vorplanung erarbeitet (siehe auch Anlage 1)

 

B.1      Konzept 01 „Stadtlichtung Grün“

 

Der Konzeptansatz STADTLICHTUNG GRÜN basiert auf der Zielsetzung einer naturnahen Gestaltung des Bernburgparks, die sich viele Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Beteiligung gewünscht haben. Durch den Erhalt der bestehenden Baumstrukturen sowie einer Ergänzung durch Neupflanzungen werden die Grünbereiche umsäumt und die Wegebeziehungen eindeutig abgegrenzt.

Er verfolgt den Ansatz einer Maximierung des Grünflächenanteils im künftigen Bernburgpark. Das Grundkonzept der Verkehrsführung als eines der Ergebnisse aus der Machbarkeitsstudie bleibt erhalten.

Insgesamt drei große Grünflächen rahmen den Transitraum zwischen Humboldtplatz und Dionysiusbrücke. Die größte dieser Grünflächen erhält einen Saum aus erhaltenen Bestandsgehölzen und ergänzenden Neupflanzungen.

Die Topographie des Ortes wird geschickt verwendet, um eine Treppenanlage aus in die Grünfläche eingelassenen Stufen wie selbstverständlich zu integrieren. Die Lichtung in der Mitte der Grünfläche ist bewusst von Möblierung und Spielgeräten freigehalten. Die Randbereiche unter den aufgeasteten Gehölzen bieten jedoch Raum für Spiel und Aufenthalt.

Übergangsbereiche mit Splittbelag zwischen Grün- und Verkehrsflächen sorgen für eine klare Aufteilung der Räume und Nutzungszonen. Es entstehen deutlich ablesbare Räume für den Aufenthalt und für den Durchgangsverkehr.

Der Höhenunterschied zwischen Emsufer und mittlerem Platzniveau wird über eine barrierefreie Rampenanlage überwunden, welche allerdings mehr als fließender Weg am Hang erlebbar wird.

 

B.2      Konzept 02 „Klima Oasen“

 

Dem Konzept der KLIMA OASEN im Bernburgpark liegt als Schwerpunkt eine den Zukunftsanforderungen einer klimagerechten (Innen-)Stadt entsprechende Gestaltung zugrunde.

Die Klima-Oasen basieren auf einem abwechslungsreich bespielbaren und flexibel auf verschiedene städtische Räume übertragbaren Konzept. Es liegt der Gedanke zugrunde, die sich stetig aufheizende Stadt durch verschiedene Eingriffe auf Mikroklima-Ebene effektiv und nachhaltig zu kühlen. Die Idee der Bürgerinnen und Bürger, durch Neupflanzungen von Bäumen verschattete Zonen herzustellen, wurde vom Planungsbüro aufgegriffen und weiter verfolgt. Entstanden ist ein Konzept, dass neben den Schattenspendern weitere Aspekte beinhaltet, die sich positiv auf das Stadtklima auswirken.

Klima Oasen spenden Schatten, befeuchten die Luft und sorgen durch Verdunstungskälte für Abkühlung. Ihre Kleinteiligkeit und die variable Dimensionierung erlauben es, in verschiedenen Anordnungen und mit unterschiedlicher Bespielung, Räume zu besetzen und aufzuwerten. Im Bernburgpark sind die Klima Oasen eingebettet in Grünflächen mit Bestandsgehölzen und Neupflanzungen. Dies maximiert den Grünanteil der Parkfläche und hält gleichzeitig am Grundgedanken der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie fest.

Die flexible Anordnung erlaubt es, die grundlegende Verkehrsführung beizubehalten und dennoch fließende Übergänge zwischen Aufenthalts- und Begegnungsraum sowie Grünflächen zu generieren.

Das Gefälle zwischen Bernburgplatz und Emsufer wird durch einen in den Hang eingebetteten Pfad überwunden. Auch hier findet sich das Motiv der Klima Oasen wieder. Es sind mehrere Routen möglich, wovon die längste durch geringe Steigungen und eingefügte Podeste barrierefrei ist.

 

B.3      Konzept 03 „Greenbeat“

 

Der GREENBEAT legt den Schwerpunkt auf eine Parkgestaltung mit Spiel- und Aufenthaltsangeboten, da diese Themen im Rahmen der Bürgerbeteiligung sehr häufig benannt wurden.

Dieses Konzept steht für den künftig grünen Herzschlag des Bernburgparks. Die markante Wegeführung überwindet mit großer Dynamik die gegebenen Höhenunterschiede und spielt mit sich öffnenden Räumen und Sichtbeziehungen.

Die Erhöhung des Grünanteils ist auch in diesem Konzept die dominierende Zielsetzung.

Eine großzügige, bepflanzte Pergola bietet schattige Plätze zum Verweilen. An ihrem Ende liegt ein kleiner “Platz im Platz”, welcher von einem kühlenden Wasserspiel geprägt ist. Die Grünflächen bieten sowohl Raum für Kinderspiel als auch für zurückgezogenes Verweilen auf in den Rasen eingelassenen Sitzstufen. Der gegebene Gehölzbestand wird in größtmöglichem Umfang erhalten und an den erforderlichen Stellen um Neupflanzungen ergänzt.

Auch im Zugang zum Emsufer spiegelt sich das Thema Leben und Erleben wieder. Über eine Hangrutsche vom seitlichen Bereich der Brücke kann der Weg auf spielerische und aufregende Weise abgekürzt werden.

 

 

C       Bürgerbeteiligung

 

Die drei Varianten der Vorplanung wurden am 29.10.2020 vom Bau- und Mobilitätsausschuss für eine weitere Bürgerbeteiligung freigegeben (394/20).

Eine öffentliche Bürgerwerkstatt als Präsenzveranstaltung war aufgrund der anhaltenden, Corona-Pandemie nach wie vor nicht umsetzbar. Aufgrund der guten Erfahrungen der Verwaltung in verschiedenen Verfahren und Prozessen des Rahmenplanes entschied die Verwaltung, eine weitere, im Schwerpunkt digitale Bürgerbeteiligung durchzuführen.

 

Die Bürgerbeteiligung startete mit einem digitalen Bürger-Workshop am 22. Juni 2021, der via Videokonferenz durchgeführt wurde. Der Workshop wurde moderiert vom Büro Reicher Haase Assoziierte, unterstützt durch das Planungsbüro GREENBOX, die ihre Planungen vorstellten, und Mitarbeiter der Verwaltung.

 

An dem Workshop nahmen ca. 25 Bürgerinnen und Bürger teil, die sich rege an der Diskussion um die Varianten beteiligten. Nach einem Impulsvortrag durch das Büro GREENBOX bestand die Möglichkeit, Rückfragen zu den Planungen zu stellen. Anschließend wurde das Plenum in zwei Kleingruppen aufgeteilt, in denen detaillierter über die einzelnen Varianten diskutiert wurde. Die Bürgerinnen und Bürger hatten dabei die Gelegenheit, sich für ihre favorisierte Variante auszusprechen. 

Parallel wurde eine Online-Befragung gestartet. Die Bürgerinnen und Bürger konnten sich bis zum 16. Juli 2021 über einen Fragebogen, der sowohl online als auch analog ausgefüllt werden konnte, beteiligen und ihre Anregungen zu den drei Varianten äußern. An der Befragung nahmen insgesamt sechzig Bürgerinnen und Bürger teil.

 

Die Ergebnisse dieses Beteiligungsschrittes sind dieser Vorlage als Anlage 2 beigefügt. Folgende Aspekte sind hervorzuheben:

Bei der Neugestaltung des Bernburgplatzes ist den Bürgerinnen und Bürgern ein hoher Grünanteil am wichtigsten. Häufig genannt wurden außerdem ein barrierefreier Zugang und der Bezug zur Ems, der Erhalt der vorhandenen Baumstrukturen.

 

Die Variante 1 wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr kritisch angesehen, v.a. die fehlenden Spielmöglichkeiten und die ungenutzte Fläche der grünen Lichtung. Die Variante 2 wird aufgrund des hohen Grünanteils, der Kombination von Aufenthalt, Wasser und Spiel und der Verknüpfung von Bewegungs- und Aufenthaltsflächen positiv bewertet. Negativ dargestellt werden die Wegeführung sowie die Umsetzung des barrierefreien Zugangs. Die Variante 3 wird ebenfalls positiv bewertet. Neben der Hangrutsche wird auch die Pergola positiv hervorgehoben. Jedoch werden zu dieser auch Optimierungsvorschläge gegeben. Insgesamt werden die zweite und die dritte Variante von der Bürgerschaft ähnlich positiv bewertet.

 

D       Prüfung durch die Verwaltung / Beschlussvorschlag

In enger Abstimmung mit dem Planungsbüro hat die Verwaltung daraufhin die beiden von den Bürgerinnen und Bürgern favorisierten Varianten nochmals im Hinblick auf ihre jeweiligen Stärken (und Schwächen) geprüft. Beide Varianten erscheinen zielführend und umsetzbar und könnten, was einzelne Elemente und Details betrifft, im Zuge einer Entwurfsplanung weiter optimiert werden.

Im Ergebnis empfiehlt die Verwaltung aufgrund der Aspekte Wegeführung, Klarheit beim barrierefreien Zugang und dauerhafte Unterhaltung der Flächen die Variante 3 „Greenbeat“ als Grundlage für die Entwurfsplanung. Hier wird der durchfahrende Radverkehr über die Dionysiusbrücke durch die Wegeführung über den Bernburgplatz leicht ausgebremst, sodass im Aufenthaltsbereich keine Gefahren für Nutzerinnen und Nutzer entstehen. Die Pergola als hervorzuhebendes Element schafft dem Bernburgplatz eine neue Parkstruktur und gliedert diesen neu. Die Hangrutsche wird, v.a. in der Bürgerschaft, als ‚Highlight‘ gesehen.

Das Büro hat auf Grundlage der Vorzugsvariante eine erste Kostenschätzung (siehe Anlage 4) erstellt. Diese liegt bei ca. 1.788.900 EUR. Aufgrund der in den Varianten 1 und 2 vornehmlich runden und organisch geformten Elemente ist bei diesen technisch bedingt mit leicht erhöhten Kosten zu rechnen. Die Mehrkosten werden seitens des Büros auf 5 – 7 % geschätzt.

 

E         Weiteres Vorgehen / Unterstützung mit Fördermitteln

Die Finanzierung der Maßnahme wird – nach der Überarbeitung des Rahmenplans – nicht mehr durch die Städtebauförderung, sondern über das Förderprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ gefördert. Die im März eingereichte Projektskizze wurde bewilligt und eine Förderung in Höhe von 1,5 Mio. EUR zugesagt. Der Förderantrag hierfür ist voraussichtlich noch im Jahr 2021 zu stellen. Hierfür ist eine Entwurfsplanung mit Kostenberechnung zu erstellen.
Sobald der Variantenbeschluss der Vorentwurfsplanung vorliegt, wird außerdem die Änderung des bestehenden Bebauungsplanes für die Flächen des Bernburgplatzes eingeleitet. Gemäß dem Beschluss vom September 2019 wird der von der Entwicklung des Bernburgplatzes abgegrenzte Bereich um das Grundstück Bültstiege 15 nicht Bestandteil des Bebauungsplanes, sondern in einem eigenen Verfahren behandelt.

 

F       Auswirkungen auf die Belange des kommunalen Klimaschutzes

Die drei vorgestellten Konzepte wirken sich durch die Entsiegelung der Flächen sowie durch die Aufwertung der vorhandenen Grünflächen und –strukturen positiv auf den kommunalen Klimaschutz und das Mikroklima im Bereich Stadthalle aus.

 


Anlagen:

 

Anlage 1:        Varianten Vorplanung

Anlage 2:        Ergebnisse 2. Bürgerbeteiligung

Anlage 3:        Vorzugsvariante „Greenbeat“ gemäß Beschlussempfehlung

Anlage 4:        Kostenschätzung zur Vorzugsvariante