Betreff
Interimslösung Stadtbibliothek
Vorlage
419/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

 

Der Planungs- und Baubegleitende Ausschuss Rathauszentrum beschließt den ehemaligen toom-Baumarkt als Übergangsstandort für die Stadtbibliothek zu nutzen.

 


Begründung:

 

2014 hat die Stadt Rheine den „Rahmenplan Innenstadt“ als integriertes Entwicklungs- und Handlungskonzept zur Stärkung und zukunftsfähigen Entwicklung der Innenstadt beschlossen. Eine zentrale Aufgabe des Rahmenplanes ist die Neuentwicklung und -gestaltung des Bereiches Rathauszentrum – ehemals Karstadt/Hertie – Staelscher Hof (Maßnahme B5-RHZ). Innerhalb dieses Gesamtprojektes wird zu diesem Zweck ein besonderer Schwerpunkt auf die folgenden miteinander verzahnten Teilmaßnahmen gelegt:

  • Multifunktionsbereich - Entwicklung eines multifunktionalen Veranstaltungsbereiches (inkl. Saal)
  • Modernisierung der Stadtbibliothek –Bibliothekkonzept 2025

 

Für eine zukunftsfähige inhaltliche Neuaufstellung der Stadtbibliothek wurden seitens des Gutachters fünf Leitlinien / Handlungsfelder entwickelt.

Die Stadtbibliothek als

 

  • Portal zu Lern- und Bildungschancen (lebenslanger Lernort)
  • Begegnungsraum der Stadtgesellschaft
  • Digitales Kompetenzzentrum
  • Ort der Integration und Teilhabe
  • Knoten im Netzwerk

 

wird zukünftig der wahrnehmbare Nutzungsschwerpunkt im Rathauszentrum II sein. Aus der Kombination mit den Angeboten des Multifunktionsbereichs entstehen Synergieeffekte im Sinne der Schaffung eines bürgernahes Kultur- und Kommunikationszentrums.

Dies sind die Kernaussagen zum Projekt Rathauszentrum II, die das Land NRW bewogen hat, das Projekt aus Mittel der Städtebauförderung zu unterstützen.

Damit die Bibliothek die so beschriebenen Aufgaben erfüllen und als Frequenzbringer in der Innenstadt wirken kann, muss die Bibliothek auch in der Umbauphase in vollem Umfang tätig bleiben. Die Bibliothek arbeitet mit Kindergärten und Schulen, mit berufsbildenden Schulen und der Europäischen Fachhochschule zusammen. Ehrenamtliche sind in die Leseförderung eingebunden.

 

Die Bibliothek ist eine viel genutzte Einrichtung, die mit ihren vielfältigen Angeboten ihren Beitrag zur kulturellen Entwicklung der Stadt leistet:

·         Über 10.000 Menschen sind Bibliotheksnutzer mit Bibliotheksausweis.

·         90 Menschen besuchen durchschnittlich pro Stunde die Bibliothek, um eines der Angebote der Bibliothek in Anspruch zu nehmen.

·         150 Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Leseförderung finden jährlich statt.

·         350.000 Medien werden pro Jahr aus einem Bestand von 90.000 Medien ausgeliehen.

·         90 Kooperationspartner und Sponsoren arbeiten mit der Stadtbibliothek zusammen.

 

Die Bibliothek bietet nur dann die besten Voraussetzungen, die zukünftigen Anforderungen zu erfüllen, wie sie im Antrag auf Städtefördermittel beschrieben sind, wenn sie in der Bauphase ihre Arbeit kontinuierlich weiterführt.

 

Im Laufe der Planungen für den Umbau des Rathauszentrums hat sich herausgestellt, dass es zu erheblich höheren Kosten kommen wird, wenn die Bibliothek in der Bauphase im Gebäude verbleibt. Innerhalb der Bauzeit wären mindestens drei „Umzüge“ nötig, um jeweils Platz für die Bauarbeiten zu schaffen. Der Zugang für die Bürgerinnen und Bürger wäre durch die Baustelle zu führen. Insgesamt wäre es zu einer Verlängerung und Verteuerung der Baumaßnahme gekommen. Die Belastungen der Innenstadt wären deutlich länger zu tragen, incl. der Kosten für das ausgelagerte Café.

Deshalb wurde eine Verlagerung der Bibliothek als sinnvoll erachtet und das städtische Gebäudemanagement mit der Suche nach einer passenden Immobilie beauftragt.

 

Die wichtigsten Parameter bei der Suche waren technischer und finanzieller Art:

 

1. Lastaufnahme Decken

·         Nutzlast 6 KN/m² (zum Vergleich: Verkaufsflächen bis 50 qm: 2 KN/qm)

 

2. Raummaße, Grundriss, Lage

·         Flächenbedarf: -ca. 1.500 qm incl. Büros und Nebenflächen

·         lichte Raumhöhe bei 100 - 2 000 m²: 3,00 m

·         Grundfläche möglichst ohne Trennwände

·         bei mehreren Geschossen interne Verbindung

·         barrierefreie Gestaltung/Ausstattung

·         abgetrennt: Büroraum für 10 MA, Teeküche/Pausenraum, Toiletten

·         Nutzertoiletten außerhalb der Freihandzone

·         möglichst zentrale, gut zu erreichende Lage

 

3. Finanzieller Aufwand

 

·         Möglichst geringe Miet- und Nebenkosten

·         Möglichst geringer Aufwand für die Herrichtung für Bibliothekszwecke

·         Möglichst geringer Aufwand für Geschäftskosten

 

Mit diesen Vorgaben hat sich das Gebäudemanagement der Stadt auf die Suche gemacht.

 

Hier wurden der ehemalige toom-Baumarkt, eine ca. 1.000 m² große Fläche im Environ-Gebäude sowie das 1. OG des ehemaligen MediaMarktes näher betrachtet.

 

Die Prüfung der Objekte ergab, dass der ehemalige toom-Baumarkt an der Osnabrücker Straße die Kriterien sehr gut erfüllt. Die Infrastruktur des Gebäudes ist vollständig in Takt, so dass mit geringem Aufwand für die Inbetriebnahme zu rechnen ist. Im Erdgeschoss befindet sich eine ausreichend große Fläche, auf der der gesamte Publikumsbereich dargestellt werden kann. Barrierefreiheit und Brandschutzfragen stellen keine Hindernisse dar, Besuchertoiletten sind vorhanden und funktionsfähig. Es können die bestehenden Büros im 1. OG der Immobilie genutzt werden. Diese sind nicht zufriedenstellend, können aber für die Zeit des Übergangs in Kauf genommen werden. Technische Anlagen werden, so weit möglich, stillgelegt. (Rolltreppe u. ä.)

 

Eine Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe der Immobilie erleichtert die Zugänglichkeit, Parkmöglichkeiten für Fahrräder und PKW sind vorhanden.

Die Stadtbibliothek sieht hier die Möglichkeit, alle bisherigen Dienstleistungen anbieten zu können.

 

Die Flächen im Environ-Gebäude und im 1. OG des ehemaligen MediaMarktes schieden aufgrund zu geringer Flächen und deutlich höherer Mietforderungen aus.

 

Alternativen:

 

In der Sitzung vom 30.6.2021 wurde der Auftrag erteilt, drei Alternativlösungen zu betrachten vor dem Hintergrund, den Aufwand für die Auslagerung der Bibliothek zu minimieren.

 

Ein vom Planungs- und Baubegleitenden Ausschuss unterbreiteter Vorschlag, in den Räumlichkeiten des Josef-Winkler-Zentrums eine Ausgabestelle für Leihgaben zu verorten und/oder dort das Mobiliar und die Leihgaben der Stadtbibliothek einzulagern, kann nicht umgesetzt werden. Sobald die VHS wieder mit Präsenzangeboten starten kann, werden auch durch die Coronakrise abgesagte Veranstaltungen nachgeholt. Dementsprechend sind dann alle Räumlichkeiten im Josef-Winkler-Zentrum in Gebrauch und können nicht für andere Zwecke zur Verfügung gestellt werden.

 

Folgende Kosten können betrachtet werden:

 

·         Mietkosten

·         Nebenkosten

·         Geschäftskosten

 

Den Kosten am Interimsstandort sind Minderausgaben für den derzeitigen Standort gegenüber zu stellen. Für den Bereich der Stadtbibliothek entfallen pro Jahr für Strom, Heizung und Wasser/Abwasser rd. 60.000 € sowie für Reinigung rd. 31.000 €. Dieser Aufwand entfällt am Rathauszentrum für die Dauer von 18 Monaten, mithin insgesamt rd. 136.500 €.

 

Umzugskosten fallen in allen Varianten an. Hier ist durch eine Ausschreibung sicherzustellen, dass das günstigste Angebot gefunden wird. Bei der Betrachtung der Szenarien werden diese Kosten nicht einbezogen.

 

Personalkosten fallen in allen Varianten in gleicher Höhe an, da nach Rücksprache mit der Personalverwaltung die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht gegeben sind.

Hier stellt sich die Frage, welche Tätigkeiten die Mitarbeiter/nnen der Stadtbibliothek für andere Einsatzbereiche erbringen können. Neben einer je nach Tätigkeit notwendigen mehrwöchigen bis mehrmonatigen Einarbeitungszeiten ist hierbei auch das Arbeitsergebnis (z. B. Anzahl bearbeiteter Anträge) zu betrachten.

Die größte Arbeitsproduktivität wird sicherlich in Szenario 3 (vollumfänglicher Ersatzstandort der Stadtbibliothek) gegeben sein.

 

Szenario 1:  Die Bibliothek wird geschlossen, die Medien werden für die Dauer des Umbaus eingelagert.

 

Szenario 2: Ein Ladenlokal in der Innenstadt wird für den gängigsten Bestand genutzt und eine Medienausleihe realisiert. Andere Medien werden gelagert und auf Nachfrage zur Ausleihe bereitgestellt. Veranstaltungen können hier nicht durchgeführt werden. Sie sind ggf. in andere Räumlichkeiten zu verlagern.

 

Szenario 3: Die Bibliothek wird vollumfänglich mit allen Funktionen an einem geeigneten Standort untergebracht.

 

 

 

Ergebnis:

 

Szenario 1: Aus Sicht der Verwaltung kommt Szenario 1 aufgrund der bereits oben aufgeführten Gründe nicht in Betracht. Die Stadtbibliothek versteht sich als etabliertes Angebot für die Bürgerinnen und Bürger sowie der sonstigen Kooperationspartner.

 

15 Mitarbeiter/nnen der Stadtbibliothek müssen bei einer Schließung der Bibliothek mit Arbeitsplätzen versorgt werden. Hierzu sind Büroräume in einer Größe von rd. 320 m² möglichst zentral anzumieten. Weiterhin muss das gesamte Inventar der Stadtbibliothek in einem belüfteten und beheizten Lager mit einer Größe von ca. 600 m² eingelagert werden.

 

Kosten Büroflächen (Basis: aktuelle Kosten aus der Anmietung von Büroflächen):

-          Miete: 320 m² x 8,- € x18 Monate =                                                        46.080 €

-          Nebenkosten: 944 € x 18 Monate =                                                       16.992 €

-          Verbrauchskosten: 330 € x 18 Monate =                                                            5.940 €

-          Reinigung: 225 € x 18 Monate =                                                                           4.050 €

 

Kosten Einlagerung (Basis: Grundstücksmarktbericht der Stadt Rheine):

-          Miete / Nebenkosten: 600 m² x 4 € x18 Monate = 43.200 € zzgl. MwSt. =          51.400 €

-          Verbrauchskosten (geschätzt, abhängig von Beschaffenheit des Lagers): 5.400 €

 

Gesamtkosten: rd. 130.000 €

 

Personalkosten fallen in voller Höhe an, unabhängig von der Tätigkeit und der Produktivität der Mitarbeiter/nnen.

 

Die Stadtbibliothek erwirtschaftet jährlich einen Betrag in Höhe von rd. 100.000 € aus Benutzungsgebühren. Bei einer Schließung würden hier voraussichtlich erhebliche Mindereinnahmen entstehen.

 

Szenario 2: Ist als Interimslösung für die Stadtbibliothek vorstellbar. Sinnvoll wäre es, ein Ladenlokal zu mieten. Die Vorteile der zentralen Lage in der Innenstadt sind nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist bei dieser Lösung davon auszugehen, dass Verträge mit mindestens drei Parteien zu schließen sind: für die/das Ladenlokal/e, für Magazinfläche, für Bürofläche. Die Geschäftskosten für Wege- und Transportkosten kommen hinzu.

 

Ein innerstädtisches Ladenlokal in der Größe von rd. 300 m² (Ausgebestellen, 1 bis 2 Büroräume, Lagerflächen, Besucher/innen- und Mitarbeiter/innen-WC, Sozialraum) ist hierfür anzumieten. Dort können 3 bis 4 der 15 Mitarbeiter/innen beschäftigt werden. Weiterhin ist eine Lagerfläche in der Größe von ca. 700 m² Nutzfläche zuzüglich Sozialraum und WCs anzumieten. Der erhöhte Flächenbedarf gegenüber der Einlagerung in Szenario 1 ist darauf zurückführen, dass dort ebenfalls 3 Mitarbeiter/innen tätig sind, die die Leihgaben zusammenstellen und zurückgegebene Leihgaben wieder einräumen. Hierzu müssen begehbare Gänge zwischen den Regalen freigehalten werden, was die Fläche erhöht. Weiterhin ist ein/e Mitarbeiter/in abzustellen, der/die die Leihgaben zwischen dem Lager und der Ausgabestelle mit einem zu beschaffenden KFZ befördert. Für die verbleibenden 7 bis 8 Mitarbeiter/innen der Stadtbibliothek sind Büroarbeitsplätze im Rahmen einer Anmietung zur Verfüg zu stellen.

 

Kosten Ladenlokal (Basis: Geschäftsmietenerhebung 2019 der EWG):

-          Miete: 300 m² x 12 € x18 Monate = 64.800 €, zzgl. MwSt. =            77.112 €

-          Nebenkosten: 500 € x 18 Monate = 16.992 € zzgl. MwSt. =             20.220 €

-          Verbrauchskosten: 400 € x 18 Monate =                                                 7.200 €

-          Reinigung: 200 € x 18 Monate =                                                               4.600 €

-          Herrichtung und Rückbau nach Nutzung (geschätzt):                        40.000 €

 

Kosten Einlagerung (Basis: Grundstücksmarktbericht der Stadt Rheine):

-          Miete / Nebenkosten: 700 m² x 4 € x 18 Monate = 50.400 € zzgl. MwSt. = 59.976 €

-          Miete/Nebenkosten für Büro, Sozialraum, WCs (ca. 80 m²):

80 m² x 7 € x18 Monate = 10.080 € zzgl. MwSt. =                                       11.995 €

-          Verbrauchskosten (geschätzt, abhängig von Beschaffenheit):                  10.000 €

-          Reinigung: 250 € x 18 Monat =                                                                        4.500 €

 

Kosten Büroflächen (aktuelle Kosten aus der Anmietung von Büroflächen):

-          Miete:            160 m² x 8 € x 18 Monate =                                             23.040 €

-          Nebenkosten:          472 € x 18 Monate  =                                              8.496 €

-          Verbrauchskosten: 165 € x 18 Monate  =                                              2.970 €

-          Reinigung:                160 € 18 Monate      =                                              2.880 €

 

Bereitstellung KFZ (Leasing, Versicherung, Benzin): ca. 250 € x 18 Monat =          4.500 €

 

Gesamtkosten: rd. 277.500 €

 

Personalkosten fallen in voller Höhe an, unabhängig von der Tätigkeit und der Produktivität der Mitarbeiter/innen.

 

Die Stadtbibliothek erwirtschaftet jährlich einen Betrag in Höhe von rd. 100.000 € pro Jahr aus Benutzungsgebühren. Bei diesem Szenario ist zumindest fraglich, ob Benutzungsgebühren in dieser Höhe weiterhin erzielt werden können.

 

 

Szenario 3: Nutzung des ehemaligen toom-Baumarktes als voll umfänglichen Interimsstandort der Stadtbibliothek.

 

Für eine Nutzung des toom-Baumarktes fallen Kosten in Höhe von 485.460 € für die Herrichtung und den Betrieb der Interimsbibliothek an.

 

Gesamtkosten: 485.460 €

 

Der Vorteil dieser Lösung liegt insbesondere darin, dass das Bibliotheksangebot mit den etablierten Veranstaltungsformaten in den Räumlichkeiten angeboten werden kann. Die Mitarbeiter/nnen der Stadtbibliothek können adäquat eingesetzt werden.

 

Weiterhin wird das gesamte Erdgeschoss des Baumarktes angemietet, da eine Trennung der technischen Anlagen nicht erfolgen kann. Da die Stadtbibliothek nicht die gesamten Erdgeschossflächen benötigt, stehen der Stadt hier noch Flächen, die für eventuelle Einlagerungen im Rahmen der Umbauphase Rathauszentrum benötigt werden, zur Verfügung.

 

 

Fazit:

Unter Betrachtung des Nutzens für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Rheine sowie für die sonstigen Kooperationspartner für eine voll umfänglich zur Verfügung stehenden Bibliothek und den damit verbundenen Benutzungsgebühren sowie des adäquaten und produktiven Einsatzes der Mitarbeiter/innen der Stadtbibliothek, sind die Mehrkosten für die Auslagerung der Stadtbibliothek in den ehemaligen toom-Baumarkt gegenüber den Szenarien 2 und 3 aus Sicht der Verwaltung gerechtfertigt.

 


Anlage:

 

Entwurfsplanung Interimsbibliothek Erdgeschoss