Betreff
Starkregenprävention
Vorlage
431/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschläge/Empfehlungen:

1.             Der Betriebsausschuss nimmt die Ausführungen zum Starkregen zur Kenntnis.

2.       Der Betriebsausschuss beschließt die Veröffentlichung der Risiko- und Gefahrenkarten für das Stadtgebiet Rheine im Internet.

 


Begründungen:

 

Textfeld:  1.    Einführung

           
Definition der Begriffe:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

·         Hochwasser in Bächen und Flüssen, z. B. „Ems“: Überschwemmung.

·         Überlastung der öffentlichen und privaten Abwasseranlagen:
Rückstau und Überstau Kanalnetz.

·         Über Gelände anstehendes Oberflächenwasser: Überflutung.

 

1.        Historie Starkregenereignisse in Rheine und deren Bewertung

 

           Liter pro m² in

 

Üblicher Landregen

ca    0,5

1

Stunde

Dauerregen

  >       50

24

Stunden

Starkregen

>       20

1

Stunde

Rheine am 14.07.2021

  ca.    40

0,5

Stunden

Rheine am 23.06.2016

ca.    80

1

Stunde

Rheine am 20.06.2013

  ca.    30

1

Stunde

Rheine am 26.08.2010

  ca.  145

24

Stunden

Rheine am 26.07.2006

  ca.    24

0,5

Stunden

Rheine am 30.07.2005

  ca.    56

0,5

Stunden

Bewertung der Ereignisse (Menge):

Textfeld:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Regenereignisse am 26.08.2010, 23.06.2016 und 14.07.2021 lagen mehr als viermal höher als die Grenze eines Starkregens.

          Einordnung der Regenereignisse und die „Aufgabenverteilung“ zum Schutz:

Textfeld:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3.        Auswirkungen des Starkregens am 14.07.2021

·               Vielfach eingestaute und überflutete Bereiche in Rheine.

·               Private und öffentliche Kanäle sowie Sinkkästen und Beckenanlagen waren überlastet.

·               Sinkkästen (Straßenabläufe) waren überfordert.

Ø   Entwässerung ohne Anlagenausfälle (Pumpwerke usw.).
          Trotzdem: „Großalarm“ in der Stadtentwässerung – „alle Mann raus…“

 

4.        Maßnahmen Privater zur Beherrschung von Starkregenereignissen

4.1          Pflicht zum Rückstauschutz

                   Neben statischen Regelwerken für die Gebäudestandfestigkeit bestehen hinsichtlich der Entwässerung zu beachtende DIN-Normen. Gemäß aktueller Entwässerungssatzung besteht zudem explizit die Pflicht der Eigentümer*innen, sich gegen Rückstau aus öffentlichem und privatem Abwassernetz, z. B. durch eine Rückstauklappe, zu schützen. Es gibt keinen Bestandschutz, d. h., eine Nachrüstung ist ggf. Pflicht.

4.2          Beachtung der Rückstauebene

                   Für Bauvorhaben erstellt TBR eine Erschließungsbestätigung. Darin wird die Rückstauebene (das ist i. d. Regel die spätere Straßenoberfläche) angegeben. Ziel: Schutz gegen Rückstau aus dem öffentlichen Kanalnetz und gegen Überflutung infolge Starkregen. Unterhalb der Ebene liegende Räume würden bei fehlendem Schutz überflutet.

4.3          Durchführung einer Überflutungsbetrachtung

                            Neben der DIN EN 752 - Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement- wurde die DIN 1986 -Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke- im Jahr 2018 überarbeitet. Demnach ist bei Grundstücken, die mehr als 800 m2 versiegelte Grundstücksfläche besitzen, eine Überflutungsbetrachtung Pflicht. Private müssen das Gesamtgrundstück entwässerungsseitige betrachten und z. B. Gebäude so anlegen, dass auch oberflächig kein Wasser ins Gebäude eindringt. Die Vorgabe wird im Zuge der Erschließungsbestätigungen von der TBR überprüft.

 

5.        Maßnahmen der TBR zur Beherrschung von Starkregenereignissen

5.1          Einführung Beratungsangebot vor Ort

                   Die TBR-Entwässerungsabteilung Kundenservice & Internes Aufgabenmanagement bietet seit 2016 Vor-Ort-Beratungen an, damit Eigentümer/innen sich zunächst selbst mit dem Thema beschäftigen. Wohingegen die Anzahl der Beratungstermine nach den Starkregen zunächst hochschnellte (Juni 2016: 74 Gespräche im Monat) pendelte sich die Zahl der Anmeldungen nach geraumer Zeit wieder auf max. 2 Gespräche pro Monat ein. In 2020 waren es lediglich insgesamt 10 Gespräche. Die sogenannte „Starkregendemenz“ setzt bereits nach kurzer Zeit ein. Nach dem Starkregen im Juli 2021 stieg die Anzahl bis heute auf 25 Gespräche. Dies Anzahl spiegelt offensichtlich nicht die Zahl der Betroffenen wider.

5.2          TBR-Internetseite (s. https://tbrheine.de/kanal/starkregen)

                   Hier wird neben allgemeinen Informationen zum Starkregen umfassend zum  Schutz beraten.

                   Downloads z. B.:

                   Flyer zum Schutz vor Starkregen und Hochwasserfolgen:

            https://tbrheine.de/images/downloads/entwaesserung/20210506_Flyer_Bauvorsorge_Rheine_161020.pdf;

            Rückstauhandbuch:

https://tbrheine.de/images/downloads/entwaesserung/könn20210506_Rueckstau-Handbuch.pdf

 

5.3          Bürgerveranstaltungen zum Thema Schutz vor Starkregen

                   Wir informierten in 2017/18 in den Stadtteilbeiratssitzungen interessierte Bürger/innen zum Thema Starkregenvorsorge. Es ist beabsichtigt, auch jetzt wieder an die Stadtteilbeiräte heranzutreten.

5.4          Informationsveranstaltung Architekten, Bauträger und Tiefbaufirmen

                   2013 hat TBR 93 im Stadtgebiet tätige Architekten, Bauträger und Tiefbaufirmen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Ziel: Information über notwendige private Maßnahmen zum Schutz vor Überflutungen. Leider gab es nur mäßiges Interesse (31 Teilnehmer, davon 8 Architekten). Das Angebot soll in 2022 ggf. wiederholt werden.

5.5          Neuberechnung Zentralabwasserplan mit Überstaubetrachtung

                   Das gesamte Abwassernetz in Rheine wurde in 2017 nach neuesten gesetzlichen Vorgaben und auf Basis aktueller Regenereignisse hydraulisch neu berechnet.
U. a. sind aktuell befestigte Flächen und Flächenentwicklungen (Bauerwartungsland) eine Berechnungsgrundlage. Erstmalig wurde auch eine Überstaubetrachtung durchgeführt, d. h. es wurde lokalisiert, wo rechnerisch ggf. Abwasser aus dem Kanaldeckel tritt bzw. auch wieder hineinläuft. Ergebnis: Eine sehr realistische Kanalnetzbetrachtung. Schwachpunkte werden auf Basis aktualisierter Bemessungsregeln aufdeckt.

5.6          Integralen Entwässerungsplanung

                   Erschließungsgebiete werden hinsichtlich deren Entwässerung „integral“ geplant. Solche integralen Entwässerungsplanungen (Entwässerung, Straßenbau und Stadtplanung) haben das Ziel, Überstauungen der Straßenoberfläche durch gezielte Straßenführung oder Flutmulden zwischen den Grundstücken, in Flächen zu leiten, wo sich das Oberflächenwasser schadlos ausbreiten kann.

                   Erstmalig angewandt: Neubaugebiet Sandmanns Hof, Gellendorf, im Jahr 2012; es folgte die Eschendorfer Aue etc. Bei der Damloup-Kaserne wird der nächste Schritt gemacht: Bau einer „Schwammstadt“, dabei soll möglichst viel Niederschlagswasser im Gebiet verbleiben. Das Niederschlagswasser soll über oberirdische Mulden und Rinnen zur Speicherung, Versickerung und Verdunstung in angelegte Flächenvertiefungen abgeführt werden.

                   Integrale Entwässerungsplanungen in Bestandsgebieten sind schwer umzusetzen, da z. B. bei Verkehrsflächen deren Gefälle oder die Neigung gar nicht oder nur mit sehr großem Aufwand verändert werden können. Zudem bestehen oft keine angrenzenden Flächen, auf die das Oberflächenwasser schadlos geleitet werden kann.

5.7                  Überflutungsbetrachtung

5.7.1       Evaluierung von Hotspots

              Die TBR beauftragte im Frühjahr 2016 eine Überblutungsbetrachtung mit vom Kreis Steinfurt bereitgestellten Vermessungsdaten (Genauigkeit ± 15 cm) der gesamten Oberfläche in Rheine. Ziel: Feststellung, wo das Regenwasser bei Starkniederschlag hinläuft, welches aus dem Abwasserkanal austritt oder aufgrund von Kanalüberlastungen erst gar nicht dort eintritt.

              Ergebnis: 9 ´Hotsports´, wo es bei Starkregen zu Überflutungen kommen kann.

Zur weiteren Hotspotbetrachtung waren genauere Messdaten erforderlich. Dazu wurden in 2017/18 alle öffentlichen Verkehrsflächen im Zuge der Straßenzustandserfassung mit einer Genauigkeit von ± 3 cm per Laserscan vermessen. Diese Daten waren Grundlage der weiteren Hotspotanalyse u.a. im Bereich Dutum-Dorenkamp-Bahnhofstraße. In diesem Bereich wurde ein Planungsauftrag zur Beseitigung der Probleme einschließlich der Überflutung der Bahnüberführung erteilt.

Das Ergebnis wird Herr Dr. Rohlfing, Planungsgemeinschaft PFI. Hannover, in der Sitzung vorstellen und Fragen zum Thema beantworten.

5.7.2       Erstellen und veröffentlichen von Risiko- und Gefahrenkarten

              Auf Basis der Überflutungsbetrachtung werden Risiko- und Gefahrenkarten erstellt. Die Ergebnisse sollen den Bürger*innen in Rheine aufzeigen, ob ihr Eigentum ggf. durch Überschwemmung gefährdet ist. Dazu werden derzeit von der Planungsgemeinschaft PFI Risiko- und Gefahrenkartenkarten erstellt. Die Karten sollen potentiell gefährdeten Eigentümern für Selbstschutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden.

           Rechtliche Würdigung zur Veröffentlichung der Risiko- und Gefahrenkartenkarten

              Die Veröffentlichung von Risiko- und Gefahrenkarten ist vor dem Hintergrund des Informationsrechtrechts vs. Datenschutz genau zu betrachten. Dazu wurde die KommunalAgentur NRW befragt; eine rechtliche Stellungnahme liegt uns vor:

              Es besteht die Empfehlung, jedoch keine grundsätzliche Verpflichtung einer Kommune zur Durchführung einer Überflutungsbetrachtung bzw. zur Anfertigung von Risiko- und Gefahrenkarten und diese im Internet zu veröffentlichen. Entscheidet sich eine Kommune, die Karten (im Internet) zu veröffentlichen, so ist diese Veröffentlichung mit dem Datenschutz vereinbar, wenn ein öffentliches Interesse besteht und die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, z. B. hinsichtlich Auflösung und Maßstab der veröffentlichten Karten eingehalten werden.

              Die TBR beabsichtigt die Veröffentlichung der Risiko- und Gefahrenkarten. Die empfohlenen datenschutzrechtlichen Vorgaben werden dabei eingehalten.