Beschlussvorschläge/Empfehlungen:
1.
Der Betriebsausschuss nimmt die
Ausführungen zum Starkregen zur Kenntnis.
2.
Der Betriebsausschuss
beschließt die Veröffentlichung der Risiko- und Gefahrenkarten für das
Stadtgebiet Rheine im Internet.
Begründungen:
1. Einführung
Definition
der Begriffe:
·
Hochwasser in Bächen und Flüssen, z. B. „Ems“:
Überschwemmung.
·
Überlastung der öffentlichen und privaten
Abwasseranlagen:
Rückstau und Überstau Kanalnetz.
·
Über Gelände anstehendes Oberflächenwasser: Überflutung.
1.
Historie Starkregenereignisse in Rheine und deren Bewertung
|
Liter pro m² in |
|
||
Üblicher
Landregen |
ca 0,5 |
1 |
Stunde |
|
Dauerregen |
> 50 |
24 |
Stunden |
|
Starkregen |
>
20 |
1 |
Stunde |
|
Rheine
am 14.07.2021 |
ca. 40 |
0,5 |
Stunden |
|
Rheine
am 23.06.2016 |
ca. 80 |
1 |
Stunde |
|
Rheine
am 20.06.2013 |
ca. 30 |
1 |
Stunde |
|
Rheine
am 26.08.2010 |
ca. 145 |
24 |
Stunden |
|
Rheine
am 26.07.2006 |
ca. 24 |
0,5 |
Stunden |
|
Rheine
am 30.07.2005 |
ca. 56 |
0,5 |
Stunden |
|
Bewertung
der Ereignisse (Menge):
Die Regenereignisse am 26.08.2010, 23.06.2016 und
14.07.2021 lagen mehr als viermal höher als die Grenze eines Starkregens.
Einordnung der Regenereignisse und die
„Aufgabenverteilung“ zum Schutz:
3.
Auswirkungen des
Starkregens am 14.07.2021
·
Vielfach
eingestaute und überflutete Bereiche in Rheine.
·
Private und
öffentliche Kanäle sowie Sinkkästen und Beckenanlagen waren überlastet.
·
Sinkkästen
(Straßenabläufe) waren überfordert.
Ø Entwässerung ohne Anlagenausfälle
(Pumpwerke usw.).
Trotzdem: „Großalarm“ in der
Stadtentwässerung – „alle Mann raus…“
4.
Maßnahmen
Privater zur Beherrschung von Starkregenereignissen
4.1 Pflicht zum Rückstauschutz
Neben statischen Regelwerken
für die Gebäudestandfestigkeit bestehen hinsichtlich der Entwässerung zu
beachtende DIN-Normen. Gemäß aktueller Entwässerungssatzung besteht zudem
explizit die Pflicht der Eigentümer*innen, sich gegen Rückstau aus öffentlichem
und privatem Abwassernetz, z. B. durch eine Rückstauklappe, zu schützen. Es
gibt keinen Bestandschutz, d. h., eine Nachrüstung ist ggf. Pflicht.
4.2 Beachtung
der Rückstauebene
Für Bauvorhaben erstellt TBR
eine Erschließungsbestätigung. Darin wird die Rückstauebene (das ist i.
d. Regel die spätere Straßenoberfläche) angegeben.
Ziel: Schutz gegen Rückstau aus dem öffentlichen Kanalnetz und gegen
Überflutung infolge Starkregen. Unterhalb der Ebene
liegende Räume würden bei fehlendem Schutz überflutet.
4.3 Durchführung
einer Überflutungsbetrachtung
Neben der DIN EN 752 - Entwässerungssysteme außerhalb von
Gebäuden – Kanalmanagement- wurde die DIN 1986 -Entwässerungsanlagen für
Gebäude und Grundstücke- im Jahr 2018 überarbeitet. Demnach ist bei
Grundstücken, die mehr als 800 m2 versiegelte Grundstücksfläche
besitzen, eine Überflutungsbetrachtung Pflicht. Private müssen das
Gesamtgrundstück entwässerungsseitige betrachten und z. B. Gebäude so anlegen,
dass auch oberflächig kein Wasser ins Gebäude eindringt. Die Vorgabe wird im
Zuge der Erschließungsbestätigungen von der TBR überprüft.
5.
Maßnahmen
der TBR zur Beherrschung von Starkregenereignissen
5.1 Einführung
Beratungsangebot vor Ort
Die
TBR-Entwässerungsabteilung Kundenservice & Internes Aufgabenmanagement
bietet seit 2016 Vor-Ort-Beratungen an, damit Eigentümer/innen sich zunächst
selbst mit dem Thema beschäftigen. Wohingegen die Anzahl der Beratungstermine
nach den Starkregen zunächst hochschnellte (Juni 2016: 74 Gespräche im Monat)
pendelte sich die Zahl der Anmeldungen nach geraumer Zeit wieder auf max. 2 Gespräche pro
Monat ein. In 2020 waren es lediglich insgesamt 10 Gespräche. Die sogenannte „Starkregendemenz“ setzt bereits nach kurzer Zeit ein. Nach dem
Starkregen im Juli 2021 stieg die Anzahl bis heute auf 25 Gespräche. Dies
Anzahl spiegelt offensichtlich nicht die Zahl der Betroffenen wider.
5.2 TBR-Internetseite (s. https://tbrheine.de/kanal/starkregen)
Hier
wird neben allgemeinen Informationen zum Starkregen umfassend zum Schutz beraten.
Downloads
z. B.:
Flyer
zum Schutz vor Starkregen und Hochwasserfolgen:
https://tbrheine.de/images/downloads/entwaesserung/20210506_Flyer_Bauvorsorge_Rheine_161020.pdf;
Rückstauhandbuch:
https://tbrheine.de/images/downloads/entwaesserung/könn20210506_Rueckstau-Handbuch.pdf
5.3 Bürgerveranstaltungen zum Thema Schutz
vor Starkregen
Wir informierten in 2017/18
in den Stadtteilbeiratssitzungen interessierte Bürger/innen zum Thema
Starkregenvorsorge. Es ist
beabsichtigt, auch jetzt wieder an die Stadtteilbeiräte heranzutreten.
5.4 Informationsveranstaltung Architekten,
Bauträger und Tiefbaufirmen
2013 hat TBR 93 im
Stadtgebiet tätige Architekten, Bauträger und Tiefbaufirmen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Ziel: Information über
notwendige private Maßnahmen zum Schutz
vor Überflutungen. Leider gab es nur mäßiges Interesse (31 Teilnehmer, davon 8
Architekten). Das Angebot soll in 2022 ggf. wiederholt werden.
5.5 Neuberechnung Zentralabwasserplan mit
Überstaubetrachtung
Das gesamte Abwassernetz in
Rheine wurde in 2017 nach neuesten gesetzlichen Vorgaben und auf Basis
aktueller Regenereignisse hydraulisch neu berechnet.
U. a. sind aktuell befestigte Flächen und Flächenentwicklungen
(Bauerwartungsland) eine Berechnungsgrundlage. Erstmalig wurde auch eine
Überstaubetrachtung durchgeführt, d. h. es wurde lokalisiert, wo rechnerisch
ggf. Abwasser aus dem Kanaldeckel tritt bzw. auch wieder hineinläuft. Ergebnis:
Eine sehr realistische Kanalnetzbetrachtung. Schwachpunkte werden auf Basis
aktualisierter Bemessungsregeln aufdeckt.
5.6 Integralen
Entwässerungsplanung
Erschließungsgebiete werden
hinsichtlich deren Entwässerung „integral“
geplant. Solche integralen Entwässerungsplanungen (Entwässerung,
Straßenbau und Stadtplanung) haben das Ziel, Überstauungen der
Straßenoberfläche durch gezielte Straßenführung oder Flutmulden zwischen den
Grundstücken, in Flächen zu leiten, wo sich das Oberflächenwasser schadlos
ausbreiten kann.
Erstmalig angewandt:
Neubaugebiet Sandmanns Hof, Gellendorf, im Jahr 2012; es folgte die
Eschendorfer Aue etc. Bei der Damloup-Kaserne wird der nächste Schritt gemacht:
Bau einer „Schwammstadt“, dabei soll möglichst viel Niederschlagswasser im
Gebiet verbleiben. Das Niederschlagswasser soll über oberirdische Mulden und
Rinnen zur Speicherung, Versickerung und Verdunstung in angelegte
Flächenvertiefungen abgeführt werden.
Integrale
Entwässerungsplanungen in Bestandsgebieten sind schwer umzusetzen, da z. B. bei
Verkehrsflächen deren Gefälle oder die Neigung gar nicht oder nur mit sehr
großem Aufwand verändert werden können. Zudem bestehen oft keine angrenzenden
Flächen, auf die das Oberflächenwasser schadlos geleitet werden kann.
5.7
Überflutungsbetrachtung
5.7.1 Evaluierung von Hotspots
Die TBR beauftragte im Frühjahr
2016 eine Überblutungsbetrachtung
mit vom Kreis Steinfurt bereitgestellten Vermessungsdaten (Genauigkeit ± 15 cm)
der gesamten Oberfläche in Rheine. Ziel: Feststellung, wo das Regenwasser bei
Starkniederschlag hinläuft, welches aus dem Abwasserkanal austritt oder
aufgrund von Kanalüberlastungen erst gar nicht dort eintritt.
Ergebnis: 9 ´Hotsports´, wo
es bei Starkregen zu Überflutungen kommen kann.
Zur weiteren Hotspotbetrachtung waren genauere
Messdaten erforderlich. Dazu wurden in 2017/18 alle öffentlichen
Verkehrsflächen im Zuge der Straßenzustandserfassung mit einer Genauigkeit von
± 3 cm per Laserscan vermessen. Diese Daten waren Grundlage der weiteren
Hotspotanalyse u.a. im Bereich Dutum-Dorenkamp-Bahnhofstraße. In diesem Bereich
wurde ein Planungsauftrag zur Beseitigung der Probleme einschließlich der
Überflutung der Bahnüberführung erteilt.
Das Ergebnis wird Herr Dr. Rohlfing,
Planungsgemeinschaft PFI. Hannover, in der Sitzung vorstellen und Fragen zum
Thema beantworten.
5.7.2 Erstellen und veröffentlichen von
Risiko- und Gefahrenkarten
Auf Basis der
Überflutungsbetrachtung werden Risiko- und Gefahrenkarten erstellt. Die
Ergebnisse sollen den Bürger*innen in Rheine aufzeigen, ob ihr Eigentum ggf.
durch Überschwemmung gefährdet ist. Dazu werden derzeit von der
Planungsgemeinschaft PFI Risiko- und Gefahrenkartenkarten erstellt. Die Karten
sollen potentiell gefährdeten Eigentümern für Selbstschutzmaßnahmen zur
Verfügung gestellt werden.
Rechtliche
Würdigung zur Veröffentlichung der Risiko- und Gefahrenkartenkarten
Die
Veröffentlichung von Risiko- und Gefahrenkarten ist vor dem Hintergrund des Informationsrechtrechts vs.
Datenschutz genau zu betrachten. Dazu
wurde die KommunalAgentur NRW befragt; eine rechtliche Stellungnahme liegt uns
vor:
Es besteht die Empfehlung, jedoch
keine grundsätzliche Verpflichtung einer Kommune zur Durchführung einer
Überflutungsbetrachtung bzw. zur Anfertigung von Risiko- und Gefahrenkarten und
diese im Internet zu veröffentlichen. Entscheidet sich eine Kommune, die Karten
(im Internet) zu veröffentlichen, so ist diese Veröffentlichung mit dem
Datenschutz vereinbar, wenn ein öffentliches Interesse besteht und die
datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, z. B. hinsichtlich Auflösung und
Maßstab der veröffentlichten Karten eingehalten werden.
Die
TBR beabsichtigt die Veröffentlichung der Risiko- und Gefahrenkarten. Die
empfohlenen datenschutzrechtlichen Vorgaben werden dabei eingehalten.