Betreff
Umsetzung Rahmenplan Innenstadt: A6 Gestaltung des Bernburgplatzes
Vorlage
284/22
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

I.                    Der Bau- und Mobilitätsausschuss beschließt die Umgestaltung des Bernburgplatzes gemäß der vorgestellten Entwurfsplanung.

 

II.                  Der Bau- und Mobilitätsausschuss beschließt die unter D. genannten Herstellungsmerkmale als Bauprogramm für den Ausbau ‚Bernburgplatz‘:

 

a.      Ausbau der Platzfläche als Verkehrsfläche aus Betonpflastersteinen und einer wassergebundenen Decke mit Unterbau mit Neugestaltung und Erweiterung der Grünflächen

b.      Pflanzung von Bäumen, Sträuchern und Stauben sowie Ansaat von Bienenweiden

c.      Verkehrsflächenentwässerung mit Anschluss an Rigolensysteme zur Bewässerung der Grünflächen

d.      Verkehrsflächenentwässerung mit Anschluss an den vorhandenen Mischwasserkanal

e.      Betriebsfertige, elektrische Beleuchtung

 

III.                Der Bau- und Mobilitätsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine folgendes zu beschließen:

 

                                I.            Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung, im September 2022 einen Förderantrag zum Förderprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ zu stellen.

                                II.          Der Rat der Stadt Rheine beschließt, dass die Maßnahme „Neugestaltung des Bernburgplatzes“ zur Förderung im Programm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ vorgesehen ist-

                              III.          Der Rat der Stadt Rheine beschließt, dass der kommunale Eigenanteil aus dem städtischen Haushalt erbracht wird.

 


Begründung:

 

A       Grundlagen und Hintergründe

Die „Gestaltung des Bernburgplatzes und des Grünbereiches sowie die Öffnung zur Ems“ ist eine Maßnahme im Handlungsfeld A „Besondere Orte in der Innenstadt“ des Rahmenplanes Innenstadt von 2014.

Da die mit dem Bereich verbundenen strukturellen Fragestellungen und sich daraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten und –grenzen in Rheine bereits seit Jahren kontrovers diskutiert wurden, wurde ausgehend vom Beschluss 2017 ein mehrstufiger Entwicklungsprozess auf den Weg gebracht, der mit Unterstützung eines externen Büros unter umfassender Einbindung von Öffentlichkeit und Fachleuten in einer Beschlussfassung im September 2019 mündete. Die Konsensvariante „Bernburgpark“ wurde als Grundlage der weiteren Planung und Entwicklung festgelegt (Vorlage Nr. 304/19).

Im März 2020 wurde das Büro GREENBOX, Köln, unter dieser Prämisse mit der Entwicklung einer Entwurfsplanung beauftragt. Unterstützt wird das Büro GREENBOX durch das Büro Reicher Haase Assoziierte, Dortmund, die hauptsächlich die Vorbereitung und Durchführung der Bürgerbeteiligungen bearbeiten.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurde gemeinsam mit den Büros ein alternatives Beteiligungskonzept erarbeitet, um die erste Stufe der Bürgerbeteiligung durchzuführen. Die Themenschwerpunkte lagen in den Bereichen „Begrünung“, „Mobiliar und Spielelemente“ sowie „Veranstaltungen“.

Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung und ihre Dokumentation sind gemäß Beschluss des Bauausschusses vom 17.09.2020 (Vorlage Nr. 327/20) Bestandteil des Inputs für den weiteren Entwicklungsprozess rund um den Bernburgpark.

B       Varianten der Vorplanung

Basierend auf der Option „Bernburgpark“ aus der Machbarkeitsstudie und unter Berücksichtigung der Anregungen der Bürgerinnen und Bürgern hat das Büro GREENBOX drei Varianten einer Vorplanung erarbeitet (siehe Vorlage Nr. 412/21).

Nach interner Prüfung wurde mit dem Beschluss des Bau- und Mobilitätsausschusses am 09.09.2021 die Variante 3 „Greenbeat“ als Grundlage für die weitere Entwurfsplanung beschlossen.

C       Konzept 03 „Greenbeat“

Das Konzept GREENBEAT (siehe Anlage 1) legt den Schwerpunkt auf eine Parkgestaltung mit Spiel- und Aufenthaltsangeboten, da diese Themen im Rahmen der Bürgerbeteiligung sehr häufig benannt wurden.

Dieses Konzept steht für den künftig grünen Herzschlag des Bernburgparks. Die markante Wegeführung überwindet mit großer Dynamik die gegebenen Höhenunterschiede und spielt mit sich öffnenden Räumen und Sichtbeziehungen. Basierend auch auf den Anregungen der Bürgerinnen und Bürger steht eine naturnahe Gestaltung im Vordergrund.

Die Erhöhung des Grünanteils ist in diesem Konzept die dominierende Zielsetzung.

Eine großzügige, bepflanzte Pergola bietet schattige Plätze zum Verweilen. An ihrem Ende liegt ein kleiner “Platz im Platz”, der sowohl durch ein Fontänenfeld als auch einen Trinkwasserspender als Aufenthaltsort dient. Die Grünflächen bieten sowohl Raum für barrierearme Spielflächen für Kinder als auch für Erholung in mehreren, teils auch verschatteten Bereichen mit Sitzmöglichkeiten. Der gegebene Gehölzbestand wird in größtmöglichem Umfang erhalten und an den erforderlichen Stellen um Neupflanzungen ergänzt, sodass weiterhin ver-schattete Bereiche mit einer hohen Aufenthaltsqualität entstehen. Die neu zu pflanzenden Gehölze spenden Schatten, befeuchten die Luft und sorgen durch Verdunstungskälte für Abkühlung im Stadtraum.

Auch im Zugang zum Emsufer spiegelt sich das Thema ‚Leben und Erleben‘ wieder. Über eine Hangrutsche vom seitlichen Bereich der Dionysiusbrücke kann der Weg auf spielerische und aufregende Weise abgekürzt werden. Die Hangrutsche endet in einer kleinen Spielfläche, die in die Rampenlage integriert wird.

Durch die Auswahl der Spielgeräte werden verschiedene Alters- und Nutzergruppen angesprochen. Die Spielgeräte sollen in verschiedenen Altersstufen nutzbar und auch inklusiv bzw. barrierefrei sein. Die in der Entwurfsplanung dargestellten Spielgeräte werden in der Detailplanung abschließend mit den zuständigen Stellen (Grünplanung und Jugendamt) abgestimmt und ggf. noch verändert.

Durch den barrierefreien, serpentinenartigen Zugang zum Timmermanufer ist die Ems zukünftig auch barrierearm zugänglich. Die Wege werden durch Grünflächen sowie Baum- und Strauchpflanzungen ergänzt, um einen möglichst naturnahen Weg herzustellen.

Das anfallende Oberflächenwasser wird über unterirdische Versickerungsmodule entwässert, was zur Entlastung des Kanalnetzes führt und positive Wirkung auf den natürlichen Wasserkreislauf hat.

Der Planungs- und Umsetzungsprozess zum Bernburgplatz soll sowohl im Hinblick auf das Vorgehen als auch auf die Inhalte – insbesondere mehr Grün, Berücksichtigung der klimaschutz- und klimafolgenanpassungsbezogenen Zielsetzungen – stilbildend für die zukünftige Gestaltung von (Innen-) Stadtplätzen in Rheine sein.

D       Herstellungsmerkmale

Die für das Bauprogramm vorgeschlagenen Materialvarianten und –ausführungen sind in dem Materialkatalog, der durch das Planungsbüro erarbeitet wurde (siehe Anlage 2) ausführlich dargestellt. Er basiert auf dem am 26.11.2016 (Vorlage 382/16) beschlossenen Gestaltungskatalog (Maßnahme C1 des Rahmenplanes) und schreibt diesen standortadäquat fort.

An dieser Stelle wird kurz auf die einzelnen Materialien und die Umsetzung eingegangen:

1          Ausbau der Platzfläche als Verkehrsfläche mit Neugestaltung und Erweiterung der Grünflächen

Die Verkehrsflächen werden weitestgehend mit einem Betonsteinpflaster aus Recyclingmaterial (Ökopflaster) befestigt. Diese orientieren sich an den in den Gestaltungszielsetzungen festgelegten Oberflächenmaterialien. Für die Hauptflächen werden Pflastersteine in grau-granit verwendet, für die Nebenflächen wird anthrazit-farbendes Pflaster verwendet. Diese Pflasterung ist ebenso für die Feuerwehrzufahrt vorgesehen.

Für die Rampenanlage wird ein kleinformatiges Betonsteinpflaster verwendet.

Innerhalb der Grünfläche wird die Wegeverbindung unterhalb der Pergola mit einer wassergebundenen Decke aus einem hellen Mineralgemisch angelegt.

Die erforderlichen Radien am Timmermanufer und an der Bültstiege werden mit Rasenlinern angelegt. Diese werden mit einer Rasenansaat (Gebrauchsrasen, 20g/m²) bepflanzt.

Im Bereich der Hauptverkehrsfläche erfolgt die Führung seheingeschränkter Personen mithilfe der in der Innenstadt bereits verwendeten Noppen- und Rippenplatten. Das taktile Leitsystem ist mit Vertretern des Beirates für Menschen mit Behinderung abgestimmt worden.

2          Pflanzung von Bäumen, Sträuchern und Stauden sowie Ansaat von Bienenweiden

Der Entwurf sieht Neuanpflanzungen vom Bäumen im gesamten Plangebiet vor. Als Ersatz für einen Teil der Bestandsbäume, die im Zuge der Verkehrsflächenherstellung gerodet werden müssen, werden folgende Gehölze vorgeschlagen:

 

-        Amelanchier lamarckii

-        Ginkgo biloba

-        Gleditsia triacanthos ‚Sunburst‘

-        Sorbus intermedia ‚Brouwers‘

-        Tilia cordata

Hierbei handelt es sich um standortgerechte und stadtklimaverträgliche Gehölze, die gezielt auf die Robustheit gegen Trockenheit und deren Pflegeaufwand geprüft wurden. In den letzten Jahren haben die Trockenzeiten besonders den Neuanpflanzungen zugesetzt, sodass eine Entwicklungspflege kaum möglich war (siehe Anlage 3).

3          Verkehrsflächenentwässerung mit Anschluss an Rigolensysteme zur Bewässerung der Grünflächen

Das anfallende Oberflächenwasser wird über unterirdische Versickerungsmodule entwässert, was zur Entlastung des Kanalnetzes führt und eine positive Auswirkung auf den natürlichen Wasserkreislauf hat. Für die Versickerung und Rückhaltung von Regenwasser werden Versickerungsmodule verbaut, welche für eine geringere Einleitung von Regenwasser in den Kanal sorgen. Diese sind außerdem langlebiger im Vergleich zu Rigolen mit Kies und Filterfliesummantelung. Geplante Zisternen ermöglichen dann eine automatisierte Grünflächenbewässerung, um dem Unterhaltungsaufwand in trockenen Monaten entgegenzuwirken. (siehe Anlage 4)

Die anfallenden Niederschlagsmengen werden oberirdisch gesammelt und über Pflasterrinnen am Wegesrand in die Versickerungsmodule weitergeleitet. Zur Vorbereitung der Entwässerung werden Rohrgräben und Suchgräben verbaut. Der verdichtungsfähige Füllboden sorgt durch den verringerten Porenraum für eine größere Tragfähigkeit. Für die Gewährleistung der Kontroll- und Reinigungsarbeiten und die Bewerkstelligung der Reparaturen, Renovierungen oder Sanierungen werden Revisionsschächte gebaut. Erhaltung bestehender Schächte und Entwässerungsleitungen erfolgen durch die Schachtregulierung, den Anschluss an Bestand, der Kanaluntersuchung und der Regulierung der Schieberkappen.

4          Verkehrsflächenentwässerung mit Anschluss an den vorhandenen Mischwasserkanal

Da nicht das gesamte anfallende Oberflächenwasser in den geplanten Rigolen versickern kann, ist es erforderlich, zusätzlich Anschlüsse an den vorhandenen Mischwasserkanal herzustellen.

5          Betriebsfertige, elektrische Beleuchtung

Es ist vorgesehen auf dem Bernburgplatz LED-Leuchten gemäß Gestaltungszielsetzungen einzusetzen. Neben den Mastleuchten, die in der gesamten Fläche aufgestellt werden, sind auch Pollerleuchten vorgesehen. Diese werden innerhalb der Rampenanlage eingeplant.

Während die Mastleuchten mit einer Lichtpunkthöhe von ca. 4 m geplant sind, erhalten die Pollerleuchten eine Lichtpunkthöhe von ca. 1 m.

E       Unterstützung mit Fördermitteln

Die Finanzierung der Maßnahme wird – nach der Überarbeitung des Rahmenplans – nicht mehr durch die Städtebauförderung, sondern über das Förderprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ gefördert. Die im März 2021 eingereichte Projektskizze wurde bewilligt und der Stadt Rheine eine Förderung in Höhe von 1,5 Mio. € zugesagt. Der Förderantrag hierfür befindet sich derzeit in Bearbeitung und wird voraussichtlich im September 2022 gestellt. Ein Bewilligungsbescheid für das Förderprogramm kann erst dann erstellt werden, nachdem die Stadt Rheine dem Fördermittelgeber den politischen Beschluss und damit die Gesamtfinanzierung als gesichert nachweist. Diese Beschlussvorlage wird dem Rat der Stadt Rheine in der Sitzung am 27. September vorgelegt.

Das Förderprogramm unterstützt im Hinblick auf den Klimawandel innovative Maßnahmen. Nach einem Koordinierungsgespräch mit dem Fördermittelgeber wurden weitere nachhaltige und klimaschutzanpassende Teilmaßnahmen in das Projekt integriert. Diese sollen nicht nur in der Umgestaltung des Bernburgplatzes Anwendung finden, sondern auch als innovative Beispiele für kommende Tiefbau- und Freiraummaßnahmen innerhalb der Stadt Rheine, aber auch für andere Kommunen dienen.

F        Finanzierung

Das Büro hat zur Entwurfsplanung eine Kostenberechnung (siehe Anlage 4) für die Umsetzung der Variante erstellt.

Die Gesamtkosten der Baumaßnahme belaufen sich auf 2.071.202,15 € brutto. Der Fördermittelgeber hat für das Projekt eine Förderung in Höhe von 1.500.000,00 € zugesagt.

Eine Baupreissteigerung ist in der aktuellen Kostenberechnung nur in so weit berücksichtigt, dass die der Kostenberechnung zugrunde liegenden Werte aktuelle Entwicklungen berücksichtigen. Ein pauschaler Aufschlag ist aus fördertechnischen Gründen nicht zulässig. Aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen können weitere preisliche Veränderungen zzt. nicht ausgeschlossen werden.

Da die Gesamtsumme deutlich über der maximalen Fördersumme liegt, wurden nach Rücksprache mit dem Fördermittelgeber einzelne Kostenbereiche (Fontänenfeld, Feuerwehrzufahrt sowie Mobiliar und Spielelemente) aus der Förderung herausgenommen und –gerechnet.

Die Kosten sind in der Kostenberechnung (siehe Anlage 5) näher erläutert.

Die Mittel für die Umsetzung der Maßnahme sind im städtischen Haushalt im Projekt 5501-100 veranschlagt. Die Aufwendungen für die künftige Unterhaltung werden sich nach derzeitiger Schätzung inkl. der Abschreibungen auf rund 23.000 € pro Jahr belaufen. Die derzeitigen Kosten liegen bei ca. 10.600 € pro Jahr.

 

G       Weiteres Vorgehen

Parallel zur Freiraumplanung wurde die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 353 „Bernburgplatz“ für die Flächen des Bernburgplatzes eingeleitet. Im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz am 31. August 2022 wurde der Beschluss über die Offenlage des Bebauungsplanes gefasst. Die Entwurfsplanung der Freiraumplanung wird dem Bebauungsplan als Anlage beigefügt und parallel zur Offenlage gemäß § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB öffentlich ausgelegt.

Gemäß dem Beschluss vom September 2019 ist der von der Entwicklung des Bernburgplatzes abgegrenzte Bereich um das Grundstück Bültstiege 15 nicht Bestandteil des Bebauungsplanes, sondern wird in einem eigenen Verfahren behandelt.

Mit der Einreichung des Förderantrages und dem Beschluss zur Entwurfsplanung ist im Anschluss die Leistungsphase 4 – Genehmigungsplanung – umzusetzen. Um die Vorgaben des Förderprogrammes einzuhalten und umzusetzen, wird eine interne Projektsteuerung eingesetzt, die zusammen mit den Produkten Mobilitäts- und Verkehrsplanung sowie Umwelt, Grün und Klimaschutz die Umsetzung der Planung betreut.

H       Auswirkungen auf die Belange des kommunalen Klimaschutzes

Durch die Umbaumaßnahmen und vor allem den barrierefreien Zugang sind Bestandsgehölze zu roden. Diese werden in der Umgestaltung durch Neupflanzungen ersetzt, sodass nach Umsetzung der Maßnahme mindestens die gleiche Anzahl an Gehölzen besteht.

Des Weiteren wird durch die Entsiegelungsmaßnahmen eine größere Grünfläche und durch Pflanzungen weitere verschattete Plätze  hergestellt. Durch das integrierte Wasserspiel wird am Bernburgplatz eine Verdunstungskühle entstehen, die sich positiv auf das Mikroklima auswirkt.

Aufgrund der Spezialisierung des Förderprogrammes sind weitere, kleinteilige Maßnahmen umzusetzen. Daher wirkt sich die Umgestaltung und Aufwertung des Bernburgplatzes positiv auf den kommunalen Klimaschutz und das Mikroklima im Bereich der Stadthalle aus.

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1:        Entwurfsplanung

Anlage 2:        Materialkatalog

Anlage 3:        Pflanzkatalog

Anlage 4:        Entwässerungsplanung

Anlage 5:        Kostenberechnung