II – 0:50:55

 

Herr Roscher erläutert den Antrag der SPD-Fraktion und erklärt, dass seine Fraktion mit dem 2-stufigen Beschlussvorschlag einverstanden sei.

 

Herr Niehues hält die Vorlage nicht für schlüssig, denn ein Teil der Vorlage sei mit dem Beschlussvorschlag nicht konform. Wahrscheinlich habe jemand die Vorlage erstellt und jemand anderes den Beschlussvorschlag geändert.

Der Beschlussvorschlag sei auch nicht 2-stufig, wie von Herrn Roscher festgestellt, sondern alternativ.

 

Ferner stellt Herr Niehues fest, dass vieles noch unklar sei. So wisse man noch nicht, wie der RP sich in dieser Angelegenheit verhalten werde. Insofern wäre es doch zweckmäßig, zunächst das Gespräch mit dem RP abzuwarten.

Ferner gebe es 2 gegensätzliche Rechtspositionen zwischen den Rechtsvertretern der Stadt und des Kreises. Entscheidend sei, welche Rechtsauffassung der Regierungspräsident teile. Was sei denn, wenn der Auslöser für den geplanten Trägerwechsel, nämlich die unterschiedliche Förderhöhe, im nächsten Jahr korrigiert werde. Dann habe der Kreis wahrscheinlich überhaupt kein Interesse mehr, die Berufskollegs zu übernehmen. Wenn dann die Förderhöhe für Kreis und Stadt wieder gleichwertig sei, stelle sich zumindest für die CDU-Fraktion die Frage, ob die Stadt dann noch die Motivation habe, die Berufskollegs abzugeben.

Die CDU-Fraktion gehe davon aus, dass ein Wechsel in der Trägerschaft nicht nur einen Schilderwechsel zur Folge haben werde; es würden damit auch grundsätzliche Änderungen einhergehen, denn der Kreis sehe doch die Strukturveränderungen, die sich durch die Berufskollegs für Rheine positiv und für andere Kreisschulen negativ ausgewirkt hätten. Da liege die Vermutung doch sehr nahe, dass nach einem Trägerwechsel bestimmte Entwicklungen von Rheine auf andere Kreisschulen verlagert würden, insbesondere dann, wenn dort auch noch freie Kapazitäten vorhanden seien.

 

Herr Niehues empfiehlt im Falle eines Trägerwechsels, auch einmal die Konsequenzen für die Schüler zu berücksichtigen und für die Wirtschaft in dieser Region. Er erinnert in diesem Zusammenhang an die Diskussion bezüglich der Mathias-Fachhochschule, die sich mit dem Berufskolleg auf eine Lösung verständigt habe, die aber seitens des Kreises sehr wohlwollend mit kritischen Tönen begleitet worden sei.

Herr Niehues richtet an die SPD-Fraktion die Frage, wie sich dieses Verhältnis weiterentwickeln würde, wenn der Kreis die Trägerschaft der Berufskollegs übertragen bekäme. Er, Niehues, glaube, dass für den Fall, wenn der Kreis die Berufskollegs übernehme, die Stadt Rheine dieses nicht verhindern könne. Wenn dieser Fall eintrete, dann könne aus Sicht der CDU-Fraktion nur der Beschlussvorschlag zu Ziffer 1 zum Tragen kommen.

 

Da es aber noch eine ganze Menge offener Fragen gebe, stellt Herr Niehues für die CDU-Fraktion den Antrag, in der heutigen Sitzung nur Punkt 2 des Beschlussvorschlages zu beschließen und Ziffer 1 zurückzustellen. Erst wenn das Gespräch mit dem Regierungspräsidenten geführt worden und die juristische Beurteilung geklärt sei, müsse man ggf. erneut über Punkt 1 des Beschlussvorschlages sprechen.

Er bittet die Verwaltung, bis zu den Sommerferien einen Gesprächstermin mit dem Regierungspräsidenten, dem Landrat und der Bürgermeisterin zu vereinbaren und danach die Angelegenheit dem Rat erneut zur Entscheidung vorzulegen.

 

Frau Dr. Kordfelder merkt an, dass sie die Fraktionen in dieser Angelegenheit immer auf dem Laufenden gehalten habe. Insofern erinnere sie erneut daran, dass der Landrat schon seit etlichen Wochen die Aufgabe übernommen habe, das Gespräch beim Regierungspräsidenten zu organisieren. Leider sei dieses bisher ohne Erfolg gewesen, sodass man weiterhin auf den gemeinsamen Termin warten müsse.

 

Zur Vorlage erklärt Frau Dr. Kordfelder, dass die Verwaltung davon ausgehe, dass der Wechsel der Trägerschaft der städtischen Berufskollegs per Gesetz de facto schon stattgefunden habe, sodass der Kreis schon Träger der Berufskollegs sei. Deshalb sei es doch nur konsequent, den Beschluss lt. Vorlage zu fassen. Insofern müsse beim RP auch nicht mehr über eine Zwischenlösung verhandelt werden.

 

Herr Roscher bezieht sich auf die Ausführungen von Herrn Niehues und erklärt, wer dem Kreis Steinfurt unterstelle, beim Wirtschaftsstandort Rheine, bei der Bevölkerungszahl oder bei der verkehrlichen Anbindung für Schüler bewusst Entscheidungen zu treffen, die gegen die Berufskollegs in Rheine gerichtet seien, der unterstelle dem Kreis bewusstes schädliches Verhalten.

Die SPD-Fraktion distanziere sich von derartigen Vorwürfen.

 

Weiter stellt Herr Roscher fest, dass der Kreis schon per Gesetz Träger der Berufskollegs in Rheine sei. Wenn die Stadt Rheine und der Kreis Steinfurt sich jetzt einigen würden, dann könne der Regierungspräsident keine andere Auffassung vertreten. Insofern stehe die SPD-Fraktion auch zum vorliegenden Beschlussvorschlag.

 

Mit Blick auf das neue Schuljahr fordert Herr Holtel für die FDP-Fraktion, rechtzeitig vor dem 1. Oktober d. J. Klarheit in der Trägerschaft über die Berufskollegs zu schaffen. Daher sollte das angestrebte Gespräch zwischen Regierungspräsident, Landrat und der Bürgermeisterin noch vor den Sommerferien stattfinden. Herr Holtel geht davon aus, dass der Kreis Steinfurt den in diesem Gespräch zu vereinbarenden Weg mitgehen werde, sodass man den Kreis heute durch einen Beschluss nicht unter Zugzwang setzen sollte, insbesondere auch im Hinblick auf andere anstehende Entscheidungen, von denen Kreis und Stadt tangiert seien. Er plädiert dafür, zu einer einvernehmlichen Lösung mit dem Kreis zu kommen.

 

Für Herrn Wilp steht fest, dass diese Diskussion bezüglich der Übertragung der Trägerschaft der Berufskollegs nicht geführt würde, wenn es für die Stadt Rheine keine finanziellen Auswirkungen hätte. Der Rat der Stadt stehe hinter der Bildung von der U 3 bis zur beruflichen Aus- und Fortbildung. Die Fort- bzw. Weiterbildung würde in Rheine durch die Berufskollegs sichergestellt, die in der gesamten Region einen hervorragenden Ruf genießen würden. Es täte ihm in der Seele weh, wenn die Trägerschaft der Berufskollegs ohne Grund an den Kreis übertragen würde, denn was über 100 Jahre gut funktioniert habe, müsse man nicht ohne Grund ändern.

Natürlich sei eine Summe von ca. 700.000,00 € im Jahr ein Grund, über einen Trägerwechsel nachzudenken. Aber wenn in absehbarer Zeit über das GFG die Kommunen bei den Berufskollegs finanziell mit den Kreis gleichgestellt würden, warum sollte die Stadt dann noch die Trägerschaft ohne Not abgeben. Er gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, welchen Gestaltungsspielraum der Träger habe und welche Wertschöpfung von den Berufskollegs in Rheine und Umgebung ausgehe.

 

Frau Dr. Kordfelder appelliert aufgrund der vielen Gespräche, die sie in der Vergangenheit mit dem Landrat geführt habe, mehr Vertrauen in die Kompetenz und das Verantwortungsbewusstsein des Landrates für den gesamten Kreis zu setzen, wozu auch die Stadt Rheine zähle.

 

Herr Reiske bittet darum, die Diskussion mit Vorsicht zu führen und nicht nur aus finanziellen Aspekten, denn es gebe auch eine Verzahnung zwischen Mittelstand, Wirtschaft und Berufskollegs, die als Wert nicht zu unterschätzen sei. Insofern plädiere seine Fraktion dafür, das Gespräch mit dem Regierungspräsidenten zu führen und Punkt 2 des Beschlussvorschlages in der heutigen Ratssitzung zu beschließen.

 

Frau Nagelschmidt bezieht sich auf die Begründung der Vorlage und merkt an, dass aus schulfachlicher Sicht hieraus deutlich werde, wie wichtig es sei, dass die Trägerschaft des Berufskollegs bei der Stadt Rheine verbleibe. Nur so könne die Stadt ihren Einfluss z. B. auf die Einrichtung bestimmter Fachklassen weiterhin geltend machen.

 

Herr Mollen äußert, dass der Rat der Stadt im Augenblick spekulativ davon ausgehe, dass es eine Änderung in der Bezuschussung von Berufsschulen durch das GFG geben werde. Niemand könne aber prognostizieren, ob diese Änderung schon im Jahre 2011 zur Anwendung komme.

 

Anschließend beantragt Herr Mollen für die SPD-Fraktion eine kurze Sitzungsunterbrechung zur internen Beratung.

 

Herr Niehues gibt der SPD zu dieser internen Beratung den Hinweis mit auf den Weg, dass im Falle einer Beschlussfassung der Ziffer 1 des Beschlussvorschlages der Kreis in seiner Rechtsposition sagen werde, dass die bestehende Vereinbarung noch Gültigkeit habe. Dieses sei doch der Dissens zwischen dem Kreis und der Stadt Rheine. Diese Behauptung wende der Kreis doch nur an, weil die Übernahme der Trägerschaft für die Berufskollegs negative Auswirkungen auf den angespannten Kreishaushalt habe. Wenn der Kreis die Trägerschaft aus finanziellen Gründen ablehne, wüssten die Schüler des Berufskollegs im Oktober d. J. nicht, woran sie seien. Aus diesem Grunde sollte schnellstens das Gespräch mit dem RP geführt und das Ergebnis abgewartet werden. Die Rechtsposition, die der RP übernehme, lasse den Rat bei seiner Entscheidung über die Trägerschaft der Berufskollegs klarer sehen. Daher appelliert er nochmals an die SPD-Fraktion, heute nur dem Beschlussvorschlag zu Ziffer 2 des Beschlussvorschlages zuzustimmen.

 

Frau Dr. Kordfelder weist nochmals darauf hin, dass es bei dem Gespräch mit dem Regierungspräsidenten nicht um die Wertung der unterschiedlichen Rechtsauffassungen, sondern um die Überlegungen zur Interimslösung gehe.

 

Herr Lütkemeier führt aus, dass er von der bisherigen Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt, was das Verhältnis und die Einstellung der Stadt Rheine zum Kreis bzw. zum Landrat angehe, in einer gewissen Art und Weise, insbesondere aber vor dem Hintergrund der unter einem vorherigen Tagesordnungspunkt angesprochenen Haushaltskonsolidierung und den damit verbundenen Erwartungen an den Kreis, erschüttert sei. Aus seiner Sicht sei es dringend erforderlich, bei diesen vielen Beratungspunkten gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln.

 

Ferner gibt Herr Lütkemeier zu bedenken, wer das Angebot an den Berufskollegs entwickle. Dieses sei doch, wie bei allen anderen Schulen, die Schulleitung. Bei der Schulleitung handele es sich nicht um Bedienstete der Stadt, sondern um Bedienstete des Landes, die seitens des Rates nicht beeinflusst oder gelenkt werden könnten. Auch die Nähe zur Wirtschaft in dieser Region, wenn es um Inhalte der Berufskollegs gehe, werde durch die Schulleitung und nicht durch den Kreis bzw. die Stadt Rheine sichergestellt.

Seines Wissens würden die verschiedenen Angebote der Berufsschulen im gesamten Kreisgebiet in einer entsprechenden Arbeitsgruppe abgestimmt, an der die Stadt aber auch der Kreis beteiligt seien, sodass über die Entwicklung an den verschiedenen Standorten der jeweiligen Schulen Konsens herbeigeführt werde.

 

Aus der Vorlage sei eindeutig ersichtlich, dass das Gespräch mit dem RP von der Stadt Rheine eingefordert worden sei, und zwar nur vor dem Hintergrund des angedachten vorübergehenden Trägerwechsels. Da der Antrag der SPD-Fraktion bezüglich der endgültigen Abgabe der Trägerschaft der Berufskollegs an den Kreis im Raume gestanden habe, sei es unzweckmäßig gewesen, das Gespräch mit dem RP bis zur heutigen Ratssitzung zu führen.

 

Auch aus Sicht von Herrn Lütkemeier gebe es Zeitdruck in der Frage der Trägerschaft, denn der nächste Stichtag für die Schulstatistik sei der 15. Oktober 2010, der ggf. für eine Umfinanzierung im GFG 2011 maßgebend sei. Dieser Zeitraum sei für die erforderlichen Maßnahmen äußerst knapp.

Darüber hinaus gibt Herr Lütkemeier zu bedenken, dass noch niemand vorhersehen könne, wie die Entscheidungen des Landes zum Ifo-Gutachten und zum GFG ausgehen würden.

 

Anschließend verweist Herr Lütkemeier in seiner Funktion als Kämmerer auf Seite 5 der Vorlage, wo die Verwaltung deutlich gemacht habe, zu welchen Auswirkungen die derzeitige Regelung führe. Die Vereinbarung zwischen Stadt und Kreis sei rein fiskalisch betrachtet Schwachsinn, weil Kreis und Stadt im Ergebnis schlechter gestellt seien, als bei jeder anderen Lösung. Mit dem Kreis sei bislang vereinbart worden, dass nur zahlungswirksame Vorgänge miteinander verrechnet würden. Der städtische Anteil betrage jährlich 300.000,00 €, die zur Konsolidierung des städtischen Haushalts beitragen würden. Nicht zahlungswirksam seien hingegen die Abschreibungen, die den städtischen Haushalt nicht unerheblich zusätzlich belasten würden. Fiskalisch betrachtet und aus Sicht der dringend gebotenen Haushaltskonsolidierung für die Stadt sei ein Wechsel der Trägerschaft der Berufskollegs zum Kreis Steinfurt ohne Alternative, zumal es sich hierbei um eine freiwillige Aufgabe der Stadt handele.

 

Entsprechend dem Antrag der SPD-Fraktion unterbricht Frau Dr. Kordfelder um 21:15 Uhr die Ratssitzung und eröffnet sie erneut um 21:25 Uhr.

 

Herr Roscher erklärt, dass die SPD-Fraktion nach Abwägung aller Argumente aus der bisherigen Diskussion und der Tatsache, dass der Kreis im Jahre 2008 nur eine Abschlagszahlung und im Jahre 2009 noch keine Zahlung an die Stadt aus der bestehenden fiskalischen Vereinbarung geleistet habe, bei ihrer Zustimmung zum Beschlussvorschlag verbleibe, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Trägerschaft aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen derzeit schon beim Kreis Steinfurt liege. Die Verwaltung solle daher entsprechende Gespräche mit dem Kreis aufnehmen, für die gerade die Ziffer 1 des Beschlussvorschlages sehr wichtig sei.

 

Herr Reiske erklärt, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihren Überlegungen hin- und hergerissen sei. Gerade vor dem am kommenden Freitag angesetzten Gespräch mit der Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werde seine Fraktion sich heute der Stimme enthalten.

 

Herr Niehues bittet Frau Dr. Kordfelder, zunächst über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion, nämlich nur Ziffer 2 des Beschlussvorschlages zu beschließen, abstimmen zu lassen.


Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung, ein Gespräch mit der Bezirksregierung Münster über einen vorübergehenden Wechsel der Trägerschaft der städtischen Berufskollegs zum Kreis Steinfurt zu führen mit dem Ziel, die Trägerschaft wieder bei der Stadt Rheine anzusiedeln, sobald sich die finanziellen Umstände wiederum zugunsten der Stadt Rheine geändert haben (Umsetzung Ifo-Gutachten).


Abstimmungsergebnis:           24 Ja-Stimmen

                                             16 Nein-Stimmen

                                               5 Stimmenthaltungen