Beratungsergebnis: geändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 8

/A/0890

 

Frau Dr. Kordfelder erläutert die Vorlage und verweist auf den nachgereichten "modifizierten" Vorschlag der CDU-Fraktion.

 

Sie berichtet über die der Verwaltung vorliegenden Rechtsauskünfte des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages NRW. Die Stellungnahmen habe sie den Fraktionsvorsitzenden in Kopie zur Verfügung gestellt. Der Landkreistag verweise in seiner Stellungnahme auf einen Arbeitsentwurf des Innenministeriums für eine Änderung der Kommunalverfassung. Dieser Entwurf solle vorsehen, dass der Hauptverwaltungsbeamte/die Hauptverwaltungsbeamtin zukünftig grundsätzlich alleine für Personalentscheidungen zuständig sei. Nur bei Leitungsfunktionen unterhalb der Wahlbeamtenebene solle durch eine Hauptsatzungsregelung festgelegt werden können, dass eine Personalentscheidung bei diesen Funktionsämtern der Zustimmung des Rates bedürfe. Komme es in diesen Fällen zu keiner Einigung zwischen dem Hauptverwaltungsbeamten/der Hauptverwaltungsbeamtin und dem Rat, so solle in diesen beschränkten Funktionsbereichen das fehlende Einvernehmen durch eine 2/3-Mehrheit des Rates ersetzt werden können.

Diese Regelung sei noch weiter gehender als der Beschlussvorschlag der Verwaltung, um dessen Zustimmung sie bitte.

 

Herr Niehues entgegnet, dass für die CDU-Fraktion die bestehende Gemeindeordnung und nicht ein Arbeitsentwurf des Innenministeriums für die anstehende Entscheidung über die Änderung der Hauptsatzung maßgebend sei, zumal es nur selten einen Arbeitsentwurf gebe, der so verabschiedet werde, wie er eingebracht worden sei.

 

Da die anstehende Änderung der Hauptsatzung gravierende Auswirkungen bezüglich Personalentscheidungen habe, habe er die Stellungnahme der CDU-Fraktion schriftlich ausgearbeitet. Die Stellungnahme der CDU-Fraktion, die von Herrn Niehues vorgetragen wird, ist als Anlage 2 dieser Niederschrift beigefügt.

 

Herr Thum erklärt für die SPD-Fraktion, dass diese dem modifizierten Beschlussvorschlag der CDU-Fraktion nicht folgen werde, denn der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund hätten eindeutig die Kompetenzen des Rates und der Bürgermeisterin dargelegt. Hier gehe es um eine Vertrauensfrage und das Miteinanderumgehen. Er sehe im Verhalten der CDU-Fraktion und im bisherigen Verfahren den Versuch, eine Machtposition darzustellen und diese auszutaktieren.

Die SPD-Fraktion werde daher dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zustimmen.

 

Herr Ortel stellt fest, dass es hierbei um eine Entscheidung gehe, die auf unterschiedlichen Rechtspositionen basiere. Es gehe hierbei um einen Machtkampf zwischen der Mehrheitsfraktion und der Bürgermeisterin, sodass man das Verfahren abkürzen könne, weil man aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse schon vorhersehen könne, wie in diesem Fall entschieden werde. Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN werde sich an diesem Scheingefecht nicht beteiligen.

 

Herr Holtel stellt fest, dass es sich bei dieser Entscheidung um einen rechtsfreien Bereich handele, der durch die Gemeindeordnung nicht ausgefüllt worden sei. Die FDP-Fraktion sei der Auffassung, dass, solange die Befugnisse des Rates durch Gesetz oder Gerichtsurteil nicht beschränkt würden, hieran festgehalten werden solle. Insofern würde die FDP-Fraktion dem modifizierten Beschlussvorschlag der CDU-Fraktion zustimmen.

 

Herr Roscher spricht sich für die Vertagung der Entscheidung in der heutigen HFA-Sitzung aus, zumal Herr Niehues Gesprächsbereitschaft signalisiert habe. Die Fraktionen sollten sich mit der Bürgermeisterin zusammensetzen, um eine einvernehmliche Formulierung des § 18 auf der Grundlage des Gesetzentwurfes zur Novellierung der Gemeindeordnung zu finden.

 

Herr Niehues entgegnet, dass ein Entwurf für eine neue Gemeindeordnung, der noch nicht einmal die Ebene des Kabinetts erreicht habe, nicht Grundlage für eine neue Hauptsatzungsregelung sein könne. Er drückt seine Enttäuschung über die Stellungnahmen von Herrn Thum und Herrn Ortel aus, die die Rechtsposition des Rates unterschreiten wollten und nicht bereit seien, für die Rechte des Rates zu kämpfen. Er gibt Herrn Thum zu bedenken, dass die von der Verwaltung vorgeschlagene Regelung hinter der bisherigen Bestimmung des § 18 der Hauptsatzung zurückgehe, die 1998 von ihm, Thum, als hauptamtlichem Bürgermeister dem Rat zur Entscheidung empfohlen worden sei. Auch wenn in Nordrhein-Westfalen die Tendenzen zur Stärkung der Position des Hauptverwaltungsbeamten gegenüber dem Rat festzustellen seien, könne die neue Hauptsatzungsregelung nur auf der Basis des bislang praktizierten § 18 formuliert werden. Wenn dieses sichergestellt sei, könne er mit der Vertagung dieses Tagesordnungspunktes in der heutigen Sitzung leben.

 

Herr Thum gibt zu bedenken, dass das Land mit den beabsichtigten Rahmenbedingungen die Verwaltung und damit den Hauptverwaltungsbeamten stärken wolle. Die SPD-Fraktion habe kein Interesse daran, auf Dauer so kontroverse Diskussionen, wie bei der Besetzung der Leiterstelle VHS/Musikschule bzw. der ÖRP-Leiterstelle zu führen. Der Rat sei doch zum großen Teil gar nicht in der Lage, in Personalangelegenheiten eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, geschweige denn eine vernünftige Personalentwicklung für die Verwaltung zu betreiben.

 

Herr Dr. Kratzsch gibt zu bedenken, dass Personalauswahl das Wissen über die fachliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Personen voraussetze, was aber nur aufgrund der täglichen Zusammenarbeit möglich sei. Seines Erachtens müsse man in diesem Fall deutlich zwischen Führungs- bzw. Leitungsaufgaben, z. B. der Beigeordneten, auf der einen Seite und dem operativen Geschäft auf der anderen Seite unterscheiden. Bei einer Größenordnung wie bei der Stadtverwaltung Rheine sollte man die Kompetenzen unterhalb der Beigeordneten so weit wie möglich bei der Bürgermeisterin belassen.

 

Nach der sich anschließenden Diskussion, an der sich die Herren Ortel, Bögge, Roscher, Holtel und Dr. Kratzsch beteiligen, stellt Herr Niehues fest, dass es in Nordrhein-Westfalen keine Stadt gebe, die eine so weit gehende Hauptsatzungsregelung habe, wie es die Verwaltung in der heutigen Sitzung vorschlage. Man müsse bei dieser Entscheidung zwischen den Wünschen der Hauptverwaltungsbeamten und der derzeitigen Rechtslage unterscheiden. Der Städte- und Gemeindebund vertrete sehr stark die Wünsche der Hauptverwaltungsbeamten. Die derzeitige Rechtsgrundlage habe er in seinem Statement aufgezeigt. Er gibt zu bedenken, dass die heutige Entscheidung nur erforderlich sei, weil der Städte- und Gemeindebund festgestellt habe, dass die Regelung des § 18 der Hauptsatzung der Stadt Rheine unwirksam sei, weil sie die Personalkompetenzen der Bürgermeisterin zu weit einenge. Über die vom Städte- und Gemeindebund genannten Beispiele habe der Rat bislang nie entschieden. Vielmehr habe der Rat die Hauptsatzungsregelung im Sinne der gesetzlichen Vorgaben praktiziert. Daher könne die neue Regelung des § 18 auch nur auf der Grundlage der bisher praktizierten Regelung basieren.

 

Frau Dr. Kordfelder weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es mehrere Gespräche zwischen der Verwaltung und den Fraktionen gegeben habe, um in dieser Angelegenheit einen Konsens zu erzielen. Mit dem Beschlussvorschlag komme die Verwaltung der Politik gegenüber der Ursprungsvorlage schon sehr weit entgegen.

 

Herr Hermeling ergänzt, dass bei den bisherigen rechtlichen Prüfungen nicht hinreichend beachtet worden sei, dass nach der jetzigen Hauptsatzungsregelung eine Entscheidungskompetenz des Rates für arbeitsrechtliche Angelegenheiten gar nicht vorgesehen sei. Der Dissens zwischen dem Beschlussvorschlag der Verwaltung und dem modifizierten Vorschlag der CDU-Fraktion liege im Wesentlichen im Bereich der Änderung von Beschäftigungsverhältnissen der tariflich Beschäftigten (früher Angestellte und Arbeiter).

Die Änderung eines Beschäftigtenverhältnisses sei zweigeteilt. Dabei sei es unbestritten, dass die Hauptverwaltungsbeamtin nach einem durchgeführten Ausschreibungsverfahren die Umsetzungsentscheidung treffen könne. Kritisch sei es, wenn mit der Umsetzungsentscheidung eine Höhergruppierung verbunden sei, weil dieser Tatbestand bisher rechtlich nicht geklärt sei.

 

Bei der Umsetzung von Beamten bestehe Einvernehmen, dass die Bürgermeisterin auch einen Beamten im höheren Dienst umsetzen könne, ohne hierfür die Zustimmung des Rates einholen zu müssen. Eine damit eventuell verbundene Beförderung unterliege aber eindeutig einer Ratsentscheidung. Insofern wäre die Verwaltung schlecht beraten, eine solche Umsetzungsentscheidung zu treffen, ohne sich hierbei vorher mit dem Rat rückgekoppelt zu haben.

Wenn es sich aber in diesem Fall um einen tariflich Beschäftigten statt einen Beamten gehandelt hätte, würde bei der mit der Umsetzung gegebenenfalls verbundenen Höhergruppierung die Tarifautomatik greifen, sodass es hierbei keinen politischen Entscheidungsspielraum gebe. Wenn sich der Rat theoretisch die Höhergruppierung eines tariflich Beschäftigten vorbehalten würde, dann könne der Rat der Höhergruppierung nur zustimmen. Würde er die Zustimmung verweigern, hätte die/der tariflich Beschäftigte einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Höhergruppierung.

 

Frau Dr. Kordfelder weist nochmals darauf hin, dass es bei der Stadt Rheine ein Personalauswahlverfahren gebe, das transparent und nachvollziehbar sei. Es basiere auf wissenschaftlichen Verfahren, die dokumentiert würden und nachprüfbar seien. Ein solches Verfahren mit externer Begleitung sei auch bei der Besetzung der Leiterstelle VHS/Musikschule durchgeführt worden.

 

Frau Dr. Kordfelder erklärt, dass sie sich bei Personalentscheidungen an das Ergebnis eines solchen Verfahrens gebunden fühle. Auch im Fall einer externen Stellenausschreibung wäre der Rat bei seiner Entscheidung an das Ergebnis des Personalauswahlverfahrens gebunden, wenn er nicht die Gefahr einer Konkurrentenklage eingehen wolle. Sie werbe für dieses Personalauswahlverfahren, weil auch die Mitarbeiter(innen) der Verwaltung Sicherheit haben müssten, dass selbst nach einer externen Stellenausschreibung das Prinzip der Bestenauslese zum Tragen komme. Es könne nicht sein, dass jemand aus einem solchen Personalauswahlverfahren als Beste(r) hervorgehe und der Rat – aus welchen Gründen auch immer – seine Zustimmung hierzu verweigere.

 

Herr Niehues stellt fest, dass die heutige Diskussion keinen neuen Sachverhalt ergeben habe. Daher beantrage er die Abstimmung über den modifizierten Beschlussvorschlag der CDU-Fraktion, ergänzt um den Buchstaben d der Ziffer 1 des Beschlussvorschlages der Verwaltung, der allerdings auf den CDU-Antrag noch wörtlich anzupassen sei.

 


Beschluss:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt, folgenden Beschluss zu fassen:

 

Der Rat der Stadt Rheine beschließt die folgende 7. Änderungssatzung zur Hauptsatzung der Stadt Rheine:

 

 

7. Änderungssatzung

zur Hauptsatzung der Stadt Rheine

vom _____________

 

Aufgrund der §§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe f der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV NW S. 666 ff.), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (GV NW S. 498), hat der Rat der Stadt Rheine mit Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Ratsmitglieder in seiner Sitzung am 19. September 2006 die folgende 7. Änderungssatzung zur Hauptsatzung der Stadt Rheine vom 15. Dezember 1997 beschlossen:

 

 

§ 18

 

Zuständigkeit für dienstrechtliche Entscheidungen

 

1.        Die beamten-, arbeits- und tarifrechtlichen Entscheidungen trifft für die Beamtinnen/Beamten und tariflich Beschäftigen der Stadt Rheine gem. § 74 Abs. 1 GO grundsätzlich die Bürgermeisterin/der Bürgermeister unter Einhaltung des Stellenplanes.

 

Unbeschadet der der Bürgermeisterin/dem Bürgermeister zustehenden Rechte im Rahmen ihrer/seiner Organisationshoheit gem. § 62 Abs. 1 Satz 2 und 3 GO behält sich der Rat der Stadt Rheine die Entscheidung über folgende Angelegenheiten nach Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss vor:

 

a)        Einstellung (einschließlich Versetzung von einem anderen Dienstherren), Anstellung, Beförderung und Entlassung von Beamtinnen/Beamten des höheren Dienstes. Der Rat verzichtet auf die Entscheidung über die Entlassung, wenn sie auf Antrag der Beamtin/des Beamten erfolgt oder durch Gesetz zwingend vorgeschrieben ist.

 

b)        Begründung, Änderung und Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen ab Entgeltsgruppe 13 TVöD, und zwar für

-          Fachbereichsleiter(innen) und deren Stellvertreter(innen)

-          Produktverantwortliche

 

c)     Für die Einstellung des unter den Buchstaben a und b genannten Personenkreises wird das bei der Einstellung von Beigeordneten bei der Stadt Rheine übliche Personalauswahlverfahren durchgeführt.

 

2.     bleibt unverändert

 

 

§ 19

 

Inkrafttreten

 

Diese 7. Änderungssatzung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.


Abstimmungsergebnis:           11 Ja-Stimmen

                                               8 Nein-Stimmen

 

 

Frau Helmes bezieht sich nach der Abstimmung auf die abschließende Äußerung von Frau Dr. Kordfelder und erklärt, dass der Rat in der Vergangenheit mit großer Verantwortung Personalentscheidungen im Konsens mit der Verwaltung getroffen habe. Insofern könnten die städtischen Bediensteten auch bei Personalentscheidungen durch den Rat von der von Frau Dr. Kordfelder geforderten Sicherheit ausgehen.