Nachtrag: 08.05.2007 Nummer 3

Beratungsergebnis: geändert beschlossen

I/A/2130

 

Frau Dr. Kordfelder erinnert daran, dass der Haupt- und Finanzausschuss am 5. Dezember 2006 die PricewaterhouseCoopers Legal AG/WIBERA AG beauftragt habe, auf der Basis der Gutachten aus den Jahren 2001 bzw. 2002 ein neues Gutachten zur „Neuorganisation der Technischen Betriebe der Stadt Rheine“ zu erstellen, in dem die beiden Organisationsformen „Eigenbetrieb“ und „Anstalt des öffentlichen Rechts“ miteinander verglichen und eine Empfehlung zur Wahl einer dieser Organisationsformen gegeben werden sollte. Die wesentlichen Inhalte und Anforderungen für die gutachtliche Untersuchung seien am 15. November 2006 von einer Arbeitsgruppe, an der auch der Personalrat beteiligt gewesen sei, entwickelt und festgelegt worden. Dazu hätte unter anderem auch die Untersuchung, Feststellung und Quantifizierung von Synergieeffekten zwischen der Stadtwerke-Gruppe und den Technischen Betrieben gehört. Daneben sei in dem Gutachten zu einem dezidierten Fragenkatalog des Personalrates der Stadt Rheine hinsichtlich der Anstalt des öffentlichen Rechts Stellung zu beziehen gewesen.

 

Das Gutachten der PricewaterhouseCoopers Legal AG/WIBERA AG sei der Verwaltung am 23. April 2007 zugegangen. Es sei unmittelbar an die Beteiligten weitergeleitet worden.

 

Die wesentlichen Untersuchungsergebnisse seien in der dem Rat vorliegenden Sachdarstellung wiedergegeben und würden gleich durch die Gutachter vorgestellt und erläutert werden. Dazu begrüßt Frau Dr. Kordfelder Frau Rechtsanwältin Dagmar Holz und Herrn Dipl.-Kfm. Ulrich Götte.

 

Es gehe heute darum, die für die weitergehende Entwicklung eines Feinkonzeptes unerlässliche Leitentscheidung über die anzustrebende künftige Organisationsform der Technischen Betriebe zu treffen. Zum Feinkonzept gehöre u. a. auch die Vorbereitung und Einholung einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung zu steuerrechtlichen Fragestellungen. Hierzu benötige man einen Grundsatzbeschluss, dessen Wortlaut die Verwaltung dem Rat in der Vorlage zur Beschlussfassung empfehle. Auf der Basis des Feinkonzeptes sei dann die endgültige Entscheidung über die künftige Organisationsform der Technischen Betriebe zu treffen.

 

Herr Götte und Frau Holz stellen die Ergebnisse des Gutachtens zur Neuorganisation der Technischen Betriebe im Rahmen eines Powerpointvortrages, der als Anlage 1 der Niederschrift beigefügt ist, vor. Herr Götte erläutert dabei eingangs den Auftrag und die Ausgangssituation. Anschließend macht Frau Holz die Unterschiede zwischen den Rechtsformen der Anstalt des öffentlichen Rechts einerseits und des Eigenbetriebes andererseits deutlich, ebenso wie die steuerlichen, arbeits- und beamtenrechtlichen Aspekte.

 

Danach zeigt Herr Götte die Synergiepotenziale bei einer Neuorganisation der Technischen Betriebe sowie die Auswirkungen auf den städtischen Haushalt auf.

 

Auf Frage von Herrn Mau antwortet Herr Götte, im Gutachten werde unterstellt, dass die Synergieeffekte über einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren erzielt werden könnten.

 

Herr Roscher möchte wissen, wenn langfristig Gebührensenkungen möglich seien, ob dann auch kurzfristig Gebührenerhöhungen ausgeschlossen werden könnten. Ferner stellt er die Frage, ob die AöR automatisch Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband werde oder ob dieses über die Satzung zu regeln sei.

 

Frau Holz antwortet, dass eine entsprechende Satzungsregelung empfohlen werde, weil die automatische Mitgliedschaft zumindest strittig sei.

 

Bezüglich der Gebührenentwicklung weist Herr Götte darauf hin, dass der prognostizierte Gebührenanstieg bei einer Neuorganisation der Technischen Betriebe aufgefangen werde.

 

Auf Frage von Herrn Löcken, ob bei der Ermittlung der Synergieeffekte in Höhe von 830.000,00 €/Jahr unter Einbeziehung eines Teils des Fachbereiches 5 auch die Personalkosten berücksichtigt worden seien, antwortet Herr Götte, dass diese außen vorgeblieben seien.

 

Auf Zusatzfrage von Herrn Mau führt Herr Götte aus, dass es auch bei der Bildung einer AöR sinnvoll wäre, wenn die Personalkostenabrechnungen weiterhin von der Stadt Rheine statt von den Stadtwerken durchgeführt würden.

 

Herr Hemelt erinnert daran, dass eine wesentliche Bedingung für die Neuorganisation der Technischen Betriebe die Einsparung von Kosten und damit die Verhinderung weiterer Gebührenerhöhungen gewesen sei. Er möchte wissen, ob dieses Ziel nach wie vor erreicht werde.

 

Herr Götte antwortet, im Gutachten sei festgestellt worden, dass bedingt durch die Änderung der Organisationsform keine Gebührenerhöhungen durchgeführt werden müssten. Vielmehr könnten durch die zu erzielenden Synergieeffekte die prognostizierten Gebührenerhöhungen abgemildert werden.

 

Auf Zusatzfrage von Herrn Hemelt, ob das Entscheidungsrecht über die Gebührensatzungen beim Rat der Stadt Rheine verbleibe, antwortet Frau Holz, dass auch die AöR eine öffentlich-rechtliche Organisationsform sei, die Satzungen erlassen könne. Im Gutachten werde auch empfohlen, das Satzungsrecht auf die AöR überzuleiten, sodass der Verwaltungsrat der AöR künftig Gebührensatzungen erlassen könnte. Hierbei sei er aber an Weisungen des Rates der Stadt Rheine gebunden. Auch könne im Rahmen der Unternehmenssatzung festgelegt werden, dass der Verwaltungsrat Gebührensatzungen nur in öffentlichen Sitzungen beschließen dürfe.

 

Herr Niehues gibt anschließend für die CDU-Fraktion die als Anlage 2 dieser Niederschrift beigefügte Stellungnahme ab.

 

Frau Dr. Kordfelder bezieht sich auf den Vorschlag von Herrn Niehues, eine Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung der Feinkonzeption einzurichten bzw. diese Aufgabe der Finanz- und Strategiekommission zu übertragen. Sie spricht sich wegen der Aufgabenstellung für eine eigens hierfür einzurichtende Arbeitsgruppe unter zusätzlicher Beteiligung des Personalrates und der Geschäftsführung der Stadtwerke aus.

 

Herr Roscher bezieht sich auf den vor der Sitzung verteilten Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der als Anlage 3 dieser Niederschrift beigefügt ist, und erklärt, dass der Rat vor einer Grundsatzentscheidung stehe, die neue Strukturen einziehen solle, die für Spannungsverhältnisse zwischen den berechtigten Interessen der Bürger(innen), der Arbeitsprozesse der Mitarbeiter(innen) sowie der Finanzwirtschaft zu berücksichtigen habe. Ziele würden sicherlich die Steigerung der Wirtschaftlichkeit bzw. der Wettbewerbsfähigkeit, die Förderung bzw. Steigerung von Verantwortungsbewusstsein von Leitung und Mitarbeitern, schlanke Entscheidungsprozesse, effektivere und effizientere Aufgabenwahrnehmung durch flexibleren Personaleinsatz sein. Hierzu sei dringend eine Stellungnahme des Finanzamtes erforderlich, insbesondere zu den steuerrechtlichen Behandlungen für interne Verrechnungen. Die Verschlankung der Aufbauorganisation müsse auch die Ressourcenbindung im Bereich des Beteiligungsmanagements, der Finanzverwaltung und der Örtlichen Rechnungsprüfung berücksichtigen. Auch müsse man sich darüber im Klaren sein, dass bei der Bildung einer Anstalt des öffentlichen Rechts Verantwortung und Entscheidungskompetenzen vom Rat der Stadt auf einen Verwaltungsrat und auf die Geschäftsleitung übergehen würden. Zielkonflikte zwischen dem Allgemeinwohl und den Unternehmensinteressen seien in der Struktur vorprogrammiert.

 

Ferner sei in der SPD-Fraktion beklagt worden, dass eine Vorberatung dieser Angelegenheit im Bau- und Betriebsausschuss nicht stattgefunden habe. Vielleicht sei es möglich, einige Mitglieder dieses Fachausschusses in die von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen Arbeitsgruppe einzubinden. Bei der Erarbeitung der Feinkonzeption durch diese Arbeitsgruppe müssten in jedem Falle die Ziele der Neuorganisation erarbeitet und festgeschrieben werden. Auch müsse festgelegt werden, in welchen Zeitabständen die Erreichung dieser Ziele überprüft werden müssten und, falls sie nicht erreicht seien, welche Konsequenzen dieses zur Folge hätte.

 

Die SPD-Fraktion schlage bei der Neuorganisation auch eine Trennung von Fachbereich 6 und Teilen des Fachbereiches 5 vor, weil keine zwingende Verknüpfung ersichtlich sei. Bei den Teilgebieten des Fachbereiches 5 müsse auch geprüft werden, ob es sinnvoll sei, die Eigentumsrechte, z. B. an der Straßenbeleuchtung, auf die AöR zu übertragen.

Wichtig sei für die SPD-Fraktion auch die Mitarbeiterorientierung, denn bekanntlich werde immer damit geworben, dass das wertvollste Gut eines Betriebes die Mitarbeiter(innen) seien. Dieses sollte auch bei dem Grundsatzbeschluss mitberücksichtigt werden, denn nur mit zufriedenen und motivierten Mitarbeitern sei das Unternehmensziel zu erreichen. Da die soziale Sicherheit ein Grundbedürfnis sei, benötigten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zumindest tarifliche Garantien. Dieses sei der Grund für den Änderungsantrag der SPD-Fraktion gewesen.

 

Herr Holtel führt aus, die heutige Vorentscheidung über die Neuorganisation der Technischen Betriebe sei eine wegweisende Entscheidung, die die vorhandenen Doppelstrukturen im Interesse der städtischen Finanzen mittel- und langfristig abbauen solle. Da dieses auch positive Auswirkungen auf die Gebühren habe, profitiere auch der Bürger hiervon. In dem Gutachten seien mögliche Synergien aufgezeigt, die durch eine Zusammenlegung der Unternehmensführung der kaufmännischen und technischen Verwaltung möglich würden. Auch die Zusammenführung der Technik, z. B. im Bereich der Kfz-Unterhaltung oder des Reparaturwesens, würde zu enormen Synergien führen. Trotz der Kritik der Gewerkschaft Verdi sollte der eingeschlagene Weg zur Neuorganisation der Technischen Betriebe zum Wohl der städtischen Finanzen weiterverfolgt werden.

 

Ferner bezieht sich Herr Holtel auf das vorliegende Gutachten und zitiert daraus, dass ein Personalabbau im Falle einer Neuorganisation der Technischen Betriebe nur im Rahmen der natürlichen Fluktuation stattfinden werde, sodass die Arbeitsplätze nach wie vor gesichert seien. Die am Bauhof verbreiteten Horrormeldungen, die FDP und speziell er, Holtel, wollten den Bauhof „platt“ machen, träfen nicht zu, denn die Technischen Betriebe sollten unter Ausschöpfung zahlreicher Synergien erhalten bleiben.

 

Herr Reiske merkt an, dass jede Veränderung Befürchtungen und Ängste hervorrufe. Daher lege seine Fraktion größten Wert darauf, dass die Personalvertretung an diesem Prozess intensiv beteiligt werde. Insofern müsse der Personalrat auch in der zu bildenden Arbeitsgruppe vertreten seien.

Insofern würden die GRÜNEN den Beschlussvorschlag mittragen.

 

Frau Dr. Kordfelder sichert seitens der Verwaltung den gemeinsamen Weg mit dem Personalrat zu.

 

Herr Wilp erinnert an die vor fast 30 Jahren beschlossene Gründung der Stadtwerke, was seinerzeit auch sehr kritisch gesehen und begleitet worden sei. Heute gebe es keine Fraktion, die diesen Beschluss wieder rückgängig machen wollte, und es werde auch wohl keinen Mitarbeiter bei den Stadtwerken geben, der zurück zur Stadtverwaltung wolle. Auch heute gehe es darum, zukunftsfähig zu bleiben und Vertrauen zu schaffen. Insofern könne er versprechen, dass es im Falle einer Neuorganisation der Technischen Betriebe keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde, auch wolle die CDU-Fraktion weiterhin den offenen Dialog mit dem Personalrat.

 

Frau Dr. Kordfelder stellt fest, dass es in Ergänzung des Beschlussvorschlages der Verwaltung zum einen den Antrag der CDU-Fraktion auf Bildung einer Arbeitsgruppe und zum anderen den Änderungsantrag der SPD-Fraktion gebe. Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion sei in den Punkten 1 bis 4 weitgehend identisch mit dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, nur dass der Fachbereich 5 im Antrag der SPD-Fraktion besonders hervorgehoben werde. Die Punkte 5 und 6 des SPD-Antrages seien eine Ergänzung des Beschlussvorschlages der Verwaltung. Frau Dr. Kordfelder schlägt daher vor, diese beiden Punkte als Absichtserklärung und Arbeitsauftrag in die zu bildende Arbeitsgruppe zu geben, sodass sie Ergebnis der Feinentscheidung werden könnten.

 

Herr Niehues stimmt dem Vorschlag von Frau Dr. Kordfelder zu.

 

Herr Roscher macht für die SPD-Fraktion deutlich, dass es im Falle der Ablehnung der Punkte 5 und 6 des SPD-Antrages in der Arbeitsgruppe eine Zustimmung der SPD-Fraktion zur Neuorganisation der Technischen Betriebe nicht geben werde.


Beschluss:

 

1.                 Der Rat der Stadt nimmt das Gutachten der PricewaterhouseCoopers Legal AG/WIBERA AG zur Neuorganisation der Technischen Betriebe der Stadt Rheine vom 20. April 2007 zur Kenntnis.

 

2.                 Der Rat der Stadt fasst folgenden Grundsatzbeschluss:
Alle im Rahmen des Fachbereiches 6 – Technische Betriebe – als Regiebetriebe geführten Einrichtungen und Aufgaben sollen auf der Basis des vorgenannten Gutachtens nach § 114 a der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt werden. Der Vorstand der Anstalt sowie die Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine GmbH sollen personenidentisch besetzt sein.

 

3.                 Der Rat der Stadt beauftragt die Verwaltung, unter Federführung der Stadtwerkegeschäftsführung sowie weiterer bedarfsgerechter Einbindung der WIBERA AG/PricewaterhouseCoopers Legal AG die Umsetzung des vorgenannten Grundsatzbeschlusses im Rahmen einer Feinkonzeption vorzubereiten. Hierbei ist weiter die Einbindung der Bereiche Straßen und Abwasser des Fachbereiches 5 – Planen und Bauen – zu überprüfen. Steuerrechtliche Problematiken sind im Rahmen einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung abzusichern.

 

4.       Der Rat der Stadt beauftragt die Verwaltung, eine Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung der Feinkonzeption einzusetzen. Dieser Arbeitsgruppe sollen neben Vertretern der Verwaltung, der Geschäftsführung der Stadtwerke, des Personalrates auch die Gutachter und Vertreter der im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen angehören.


Abstimmungsergebnis:           43 Ja-Stimmen

                                               1 Stimmenthaltung