Beratungsergebnis: geändert beschlossen

18:27

 

Herr Kuhlmann weist darauf hin, dass er über den heutigen Pressebericht über die Baumaßnahme am Thie nicht erfreut war. Er kritisiert die reißerische Darstellung der Thematik durch die Presse; aber auch in Leserbriefen werde mit Teilwahrheiten, die zum Teil sehr unvollständig, aber auch mit grob falschen Informationen gearbeitet. Er beschreibt die Situation folgendermaßen:

 

„Die Baumaßnahme ist – wie in der öffentlichen Verwaltung rechtlich vorgeschrieben – durch eine öffentliche Ausschreibung an einen Bauunternehmer vergeben worden. Dieses Unternehmen hatte nicht nur die Straßenbaumaßnahme zu erledigen, sondern auch Kanalbaumaßnahmen, die aber ohne Beanstandung gelaufen sind.

Bezogen auf den Straßenbau sind im Rahmen der Vergabe sowohl der Stein (Naturstein Vietnam) als auch die Art des Einbaus und die zu verwendenden Materialien festzulegen gewesen. Erst auf dieser Basis (und nicht wie fälschlich behauptet nach der Vergabe) ist der sog. Zuschlag erteilt worden, der die vertragliche Grundlage für den Bauauftrag darstellt.

Damit war für alle Seiten eigentlich klar, was zu tun ist. Der Unternehmer baut, die Stadt bezahlt.

Insbesondere das Unternehmen hatte sich in der Ausschreibung nicht nur verpflichtet, die Straße ordnungsgemäß herzustellen, sondern auch gebunden, dies nach den von uns im Vergabeverfahren vorgegebenen und in den gutem fachlichen Standard entsprechenden Verfahrensweisen zu tun, d.h. die üblichen Fragen wie Ausbau der Straße, Wasserdurchlässigkeit, Frost- und Schneesicherheit, aber auch ein sehr technischer Faktor die „Haftzugfestigkeit“.

Laienhaft ausgedrückt ist diese Haftzugfestigkeit ein Wert, der bemisst, ob der Stein in dem Verbund des Pflasters Belastungen, z.B. durch große Müllwagen, Saugspülwagen, Lkws, Feuerwehrfahrzeuge, Reinigungsfahrzeuge und andere „große Lasten“ aushalten kann, ohne in der Bettung oder bezogen auf die Fugen in Bewegung zu kommen. Weil, wenn man das alles tut, der Verbund insgesamt beschädigt wird und die Materialgüte und Oberfläche nicht mehr haltbar ist. Das Ganze muss auch die Lebensdauer einer Straße erleben. Wenn man später anfängt auszubessern, muss man sich den Fragen der Kosten, Gewährleistung und Haltbarkeit stellen.

 

Zu diesem Zwecke war bereits Grundlage der Ausschreibung, dass das ausführende Unternehmen ein sogenanntes Probenfeld erstellt. Es handelt sich hier um einen Naturstein. Das Probenfeld dient der Schaffung einer klaren Arbeitsgrundlage für das Unternehmen, da im Gegensatz zu Industriesteinen wegen der unterschiedlichen Oberflächen die Mischung zwischen Bettung, Fuge, Mörtel und allerlei haftverbindenden Tinkturen festgelegt und zur Grundlage der weiteren Arbeit gemacht werden muss. Wenn nun die Frage gestellt wird, warum man das erst nach der Vergabe macht, lässt sich dies aus dem Geschilderten ableiten. Es geht ja gerade darum, den Aufbau dieser Straße festzulegen, wie er in der jeweiligen Umgebung geeignet ist (Untergrund, Luftfeuchte, Bruch-/Schnittkante, Stein etc.). Der weitere Zweck dieses Probenfeldes ist es, die dann hergestellte Fläche zu beproben. Hierbei werden Bohrkerne mit 15 cm und mehr Durchmesser in das Pflaster hineingebracht und dann vom Gutachter auf die notwendig einzuhaltenden Werte überprüft. Dabei wird bewusst das Probenfeld zerstört. Auch hier ist erkennbar, warum man nicht, wie z. B. bei Asphalt, Proben in der fertigen Straße entnimmt, weil man dort im Bereich des Natursteines keine Reparatur mehr vornehmen kann. Den nötigen Verbund bekommt man nicht mehr hin und müsste erforderlichenfalls von vorne anfangen. Es ist also völlig sinnfrei, solche Probenfelder vorher zu vereinbaren, da dann weder das Unternehmen noch die Materialien vorliegen, da es auch auf den jeweiligen Einbau und die Einbauenden ankommt oder dies auf das Ende der Maßnahme zu verschieben, da man damit die Straße wieder zerstört, zumindest aber schwächt.

 

Inzwischen sind wir beim 4. Probenfeld angelangt, da das Unternehmen entgegen dem Vertrag und entgegen aller Referenzen die Werte nicht einhalten kann. Mal hat man einen fehlerhaften Untergrund verwendet, mal wurden die Steine in der Abbindezeit bewegt, mal sind ungeeignete Steine – trotz eindeutiger Festlegung der Eigenschaften – verbaut worden. Nur um hier einmal eine Zahl zu nennen: Es ist ein Wert von 0,8 vorausgesetzt, 0,15 hat man im letzten Versuch erreicht.

Es wäre an dieser Stelle und mit diesem mangelhaften Einbau unverantwortlich, die Weiterführung der Maßnahme freizugeben. Einmal ist es dann garantiert in einigen Jahren so, dass die ganze Straße wieder kaputt gefahren ist. Andererseits wäre – bei positiver Kenntnis dieser nun mangelhaften Haftzugfestigkeit – eine Gewährleistungsdiskussion sicher spannend, da ich als Gegenseite einwenden würde, dass die TBR/Stadt ja den mangelhaften Einbauzustand positiv gekannt habe, nämlich durch eigene Gutachten belegt.

Die andere Alternative, sich von dem Unternehmer zu trennen und einen anderen zu beauftragen, ist sicher eine denkbare Option, rechtlich nachzulesen in § 8 VOB, aber auch nicht so einfach. Zum einen folgt das Vergaberecht hier eigenen Regeln. Sicher ist für diesen Fall immer, dass die bisherige Firma – auf dem Standpunkt stehend, man hätte das irgendwie schon hinbekommen – Schadenersatz wird fordern wollen und das auch bereits deutlich gemacht hat. Ein neues Unternehmen könnte sicherlich gewonnen werden. Wer die Ausschreibung aber kennt weiß, dass zwischen diesem Unternehmer und dem Nächstbietenden ein reichlich 6-stelliger Betrag liegt. Die zeitliche Komponente, da die Steine zu beschaffen sind und das neue Unternehmen einigen Vorlauf benötigen wird, will ich hier gar nicht aussprechen.

 

Alles in allem eine recht verfahrene Situation, bei der es uns keine Mikrometer weiterbringt, jetzt nach Verantwortlichen zu rufen und die Leute, die versuchen, das Ding zu retten, öffentlich an den Pranger zu stellen. Ich sage hier ganz deutlich. Herr Forstmann hat diese Maßnahme begleitet, hat den Rücken gerade gehalten, auch wenn das Unternehmen an dieser Stelle Pfusch bauen wollte. Ihn dafür öffentlich zu tadeln, halte ich für vollkommen falsch.

 

Wir alle sollten versuchen, die Situation jetzt konstruktiv zu nutzen. Die bisherige Firma ist, da sie genau weiß, dass die Sache mehr als problematisch ist, sicher bereit weitere Maßnahmen mit uns zu gehen. Wir haben dazu auch bereits mit der Firma ein neues Probenfeld gemacht und auch schon die Auswertung dieses Probenfeldes.

Die Haftzugfestigkeit beim 4. Versuch ergab 0,08, mit einem anderen Stein nur 0,1. Richtwert ist 0,8. Damit ist das Thema für uns gescheitert. Dieser Stein, von diesem Unternehmen an dieser Stelle eingebaut, erreicht die notwendigen Werte nicht.“

 

Herr Dr. Konietzko teilt mit, dass er und die anderen Fraktionen vor der Sitzung hierüber informiert wurden. Er bestätigt, dass die Situation schon problematisch sei und fordert die Fraktionen zur Aussprache auf. 

 

Herr Weßling weist auf den einstimmigen Beschluss für diese Maßnahme hin. Für diese Maßnahme sei eine Pflasterung gewählt worden, um die sogenannte historische Meile darzustellen. Die SPD-Fraktion möchte von diesem Beschluss nicht abweichen und sich auf eine Asphaltierung nicht einlassen. Seines Erachtens könne eine Übergangslösung gesucht werden, damit dann auch die kommenden Veranstaltungen vernünftig ablaufen können. Was natürlich auffalle, sei der große Unterschied der Herstellungspreise in der Ausschreibung. Die Spanne zu nächsten Anbieter sei im 6-stelligen Bereich gewesen.

Somit ist die SPD-Fraktion weiterhin dafür, eine Pflasterung auf dem Thie vorzunehmen, da aus ihrer Sicht alles andere nur eine Übergangslösung sein könne.

 

Herr Kuhlmann erklärt nochmals, dass an der grundsätzlichen Qualität des Unternehmens keine Zweifel bestehen würden. Das Unternehmen, welches beschäftigt wurde, habe gute bis beste Referenzen. Aber die Mischung, d.h. mit diesem Stein, den Einbauort, den verwendeten Materialien und der Art, wie damit umgegangen werde, sei das Problem.

 

Herr Holtel von der FDP-Fraktion dankt für die ausführliche Schilderung des Verfahrens. Er fragt sich, ob die Firma generell in der Lage sei, weitere Arbeiten hier vorzunehmen. Was passiert in absehbarer Zeit im Bereich des „Thie’s“? Die Kanalbauarbeiten seien abgeschlossen. Folge sei, dass der jetzige Belag Staub und mit Regen Schlamm in die Geschäfte und Wohnhäuser bringe. Es könne nicht sein, dass Zentimeter hohe Schlammschichen (bedingt durch den Regen) vor einigen Häusern stehen würde. Seiner Meinung nach hätte man sich schon längst bei Kommunen, die viel Naturstein verarbeitet haben, wie z. B. der Stadt Münster erkundigen können, ob die Ausschreibung so in Ordnung sei oder so Probleme mit sich bringe.

 

Herr Kuhlmann erklärt, dass sich die Verwaltung – neben dem Kontakt in anderen Städte- in Bad Bentheim sogar eine Fläche, die von der Firma erstellt wurde, angesehen habe. Dies war eine der Referenzen aber mit einer völlig anderen Belastung. Man habe hier aufgrund der Topographie, des Verkehrsaufkommens eine ganz andere Belastungskurve. Dies sei auch der Grund gewesen, warum die Verwaltung die Asphaltierung favorisiert habe. Hier hätte man eine gestalterisch schlechtere, aber eine technisch bessere Variante gehabt.

Zur Frage, ob das Unternehmen in der Lage sei, diese Maßnahme durchzuführen erklärt Herr Kuhlmann:

„Das Unternehmen ist ein Fachbetrieb, das gut in der Lage ist, so etwas zu bauen. Das Problem ist die Situation, die hier vorliege. Es gibt Städte, die auch ohne Begutachtung und ohne das Einhalten der Richtwerte, so eine Maßnahme durchziehen.“

Herrn Kuhlmann möchte für Rheine eine vernünftige, dauerhafte Lösung.

 

Herr Cosse – SPD-Fraktion erklärt, dass, wenn er die Vorlage richtig gelesen habe schon beim ersten Probenfeld mitgeteilt wurde, dass hier Fehler gemacht wurden. Beim zweiten Probenfeld seien wieder handwerkliche Fehler gemacht worden. Dieses ziehe sich so weiter durch. Jetzt beim vierten Probenfeld sei es wieder nicht gelungen, den Auftrag zu erfüllen. Der vorgeschriebene Wert der Haftzugefestigkeit konnte wieder nicht erreicht werden. Er kann nicht zustimmen, wenn die Verwaltung jetzt hingehen würde, den Bereich zu asphaltieren, da die Pflasterung nicht funktioniert. Dies könne nicht der Weg sein. Aus seiner Sicht könne man über ein Provisorium im Bereich zwischen Marktstraße (Parkplatz) bis zur Poststraße reden. Er könne sich auch vorstellen, die Straße weiter zu asphaltieren, aber nicht bis zur Straße Am Thietor, sondern nur bis zum Thie.  In der Gabelung Thie/Marktstraße sollte ein großes Viereck als Übergangsplatz entstehen. Er könne sich vorstellen, dass hier bis zu diesem Platz asphaltiert und dann der Markt und der Thie mit Pflaster versehen werde. Somit habe man eine fortlaufende Entwicklung von der Münsterstraße über den Markt und dann zum Thie. Er erwarte von der Verwaltung einen Vorschlag für eine Überganglösung.

 

Herr Radau –Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen- schließt sich den Ausführungen seiner Vorredner an. Persönlich finde er es unvorstellbar, dass sich dies technisch/chemisch sich nicht herstellen lasse. Aus seiner Sicht müsse an die Bürger gedacht werden, die den Staub und Dreck vor der Haustür haben. Es müsse eine schnelle Lösung her, auch wenn dies nur eine provisorische Lösung sei.

 

Herr Siegler – Fraktion AfR – teilt mit, dass sich die Fraktion nicht vorstellen könne, bei allen technischen Möglichkeiten ein normales Natursteinpflaster ordnungsgemäß zu verlegen. Er finde den Gedanken von Herrn Cosse sehr sympathisch, sei aber noch nicht sicher, wie man mit dem Rest verfahren solle. Für ihn stellt sich die Frage, ob es außer der gebundenen Pflasterung konventionelle Möglichkeiten einer Pflasterung gebe, die relativ kehrmaschinenresistent seinen und mit denen die Firma umgehen könne.

 

Herr Röder – Fraktion Die Linke -  schließt sich den Ausführungen von Herrn Radau an.

 

Auch Herr Kahle – CDU Fraktion ist der Meinung, dass etwas kurzfristig etwas gefunden werden müsse, um die Anwohner zu entlasten. Den Vorschlag von Herrn Cosse fände er gut, allerdings sei die Belastung des Pflasters in der Kurve am kritischsten (lt. Vorlage). Er frage sich, ob es überhaupt noch möglich sei, die Straße so herzustellen, wie es der Beschluss des vorherigen Bauausschusses vorgesehen habe. Diese Gesamtentscheidung möchte er nicht jetzt treffen. Seines Erachtens müsste gesehen sehen, in welchem Rahmen der erste Teil dauerhaft oder provisorisch hergestellt werden könne. Er sehe verschiedene Möglichkeiten:

a)      so aufbereiten, dass der Verkehr ohne Beeinträchtigung fließen könne.

b)      eine sinnvolle Aufteilung zwischen Asphalt und Pflaster, wahlweise zwischen Fahrstrecke und Parkstellen finden.

c)       eine befriedigende Unterteilung der Strecke wie z.B. Poststraße bis Zufahrt zum Markt und dann noch der restliche Thie, finden.

 

Herr Wenker möchte wissen, welche Ausführungsfristen vereinbart wurden.

 

Herr Kuhlmann habe diese Fristen im Moment nicht parat, werde sie aber im Vertrag nachsehen. Er möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es besser sei, mit dem Unternehmen in einer sachlichen Diskussion zu stehen, als in einer öffentlichen Diskreditierung.

Aus seiner Sicht müsse eine Gestaltung gefunden werden, die dem Verkehrsaufkommen angemessen und insbesondere vor dem Hintergrund der Kurve und der entstehenden Belastung in Ordnung sei. Somit müsse man die Restlösung nicht mehr unter Zeitdruck finden, da diese dann im nächsten Jahr erledigt werden könne. Ihm sei es sehr daran gelegen, vom Bauausschuss eine deutliche Position zu bekommen, wie mit der jetzigen Situation umzugehen sei.

 

Herr Weßling stellt einen Antrag auf Sitzungsunterbrechung, damit sich die Fraktionen beraten können.

 

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

 

Unterbrechung:                                          18:30 Uhr

Wiedereintritt

 in die Sitzung:                                           18:55 Uhr

 

 

Herr Dr. Konietzko beendet die Sitzungsunterbrechung und teilt mit, dass Herr Kuhlmann einen neuen Beschlussvorschlag formuliert habe. Herr Kuhlmann verliest diesen Entwurf.

 

Es findet noch einmal eine kurze Diskussion zur Feinabstimmung des Beschlussvorschlages statt.

 

Herr Dr. Konietzko dankt für die Wortmeldungen. Er möchte für die Anwohner und Besucher des Thie’s angenehme Rahmenbedingungen für das Begehen des Bereiches schnellstens schaffen. Der andere Teil (Pflasterung) werde zur Überarbeitung an die Verwaltung zurückgegeben, um weitere Möglichkeiten zu eruieren.

 

Herr Kuhlmann verliest noch einmal den modifizierten Beschlussvorschlag.


Geänderter Beschluss:

 

1.       Der Bericht der Verwaltung zu den Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Beschlusses des BauA vom 15.12.2013 wird zur Kenntnis genommen.

 

2.      Die Verwaltung wird unter Beachtung rechtlicher und technischer Notwendigkeiten beauftragt, kurzfristig eine Lösung zu entwickeln und umzusetzen, der folgende Zielvorgabe zugrunde zulegen ist:

 

Der erste Abschnitt der Baustrecke im Bereich der Marktsstrasse bis kurz vor der Ecke Am Thie (Höhe Haus Marktstrasse 13) soll – bezogen auf die Fahrbahn - dauerhaft in Asphaltbauweise hergestellt werden. Die Parkstände sollen in Natursteinpflaster „Vietnam“ oder vergleichbar in nicht gebundener Bauweise erstellt werden.

Der direkt daran anschließende Abschnitt der Baustrecke bis zur Höhe der jetzigen Abbruchkante wird – zunächst provisorisch – ebenfalls in Asphaltbauweise erstellt.

 

3.      Die Verwaltung wird ermächtigt, dazu alle notwendigen Schritte mit dem Unternehmen zu verhandeln und die Maßnahmen zeitnah umzusetzen.

 

4.      Die weitergehenden Schritte werden in der nächsten Sitzung des Bauausschusses besprochen.

 


 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig