Sitzung: 20.05.2015 Integrationsrat
Herr Gausmann verweist auf die zugesandte
Präsentation zum Thema und stellt fest, dass sich im Rahmen des Runden Tisches
Bürgerinnen und Bürger sowie Ratsmitglieder aller Fraktionen mit der Thematik
der Flüchtlinge und deren Integration in Rheine beschäftigt haben. Die
Ergebnisse des Runden Tisches sollten zunächst heute hier diskutiert werden.
Danach werde sich die Verwaltung in konkreten Schritten damit beschäftigen.
Der Runde Tisch habe ergeben, dass es
notwendig sei, den einzelnen Themenbereichen vertieft in Arbeitsgruppen
nachzugehen. Die Verwaltung schlage vor, statt der zunächst vorgesehenen vier
nun sechs Arbeitsgruppen zu folgenden Themen zu bilden:
- Ehrenamt,
- Sprache und Bildung
- Gesundheit
- Sozialraumorientierung
- Arbeit
- Wohnen
Im Bereich Gesundheit werde man sich
langfristig auch mit dem Thema Trauma-therapie beschäftigen müssen. Es gebe
derzeit ein Förderprogramm des Landes „Umgang mit traumatisierten Frauen“, an
dem man sich wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit der Frauenberatungsstelle des
Kreises beteiligen werde. Außerdem gehörten hier die Aspekte Ernährung, Bewegung
und Sport hinein.
Beim Thema Sozialraumorientierung sollten die
drei Lebensabschnitte Kindheit/Jugend, Familien und Senioren abgebildet sowie
die Bereiche Kultur, Sport und Religion berücksichtigt werden. Durch die
Einbindung in den Sozialraum solle versucht werden, eine bessere Integration zu
ermöglichen.
Zum wichtigen Bereich Arbeit müsse man
überlegen, wie eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt auch durch eine
bessere Vernetzung u. a. mit der GAB (Arbeitsagentur) und der städtischen
Jugendberufshilfe erreicht werden könne. Man habe sich außerdem an dem
EU-Förderprogramm „Jugend stärken im Quartier“ beteiligt und bekomme
wahrscheinlich auch den Zuschlag hierfür. Dazu führe er in den nächsten Tagen
noch ein Gespräch mit der Kreishandwerkerschaft Warendorf-Steinfurt, die
angeboten habe, bei der besseren Integration von 18- bis 25-Jährigen in den
Arbeitsmarkt zu helfen.
Zum Arbeitskreisthema Wohnen liege die
Ankündigung eines Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Schwerpunkte bei
diesem Thema seien die Akquirierung von Wohnraum und die Fortschreibung des
Integrations- und Migrations-konzepts bezüglich der Ausstattungsstandards von
Wohnungen. Hier sei auch das Stichwort Barrierefreiheit für Personen mit
Mobilitätseinschränkungen zu berücksichtigen.
Für die Arbeitskreise Wohnen und Ehrenamt
solle im Sozialausschuss ein Termin mit Besetzungsvorschlägen für diese Gremien
noch vor der Sommerpause mitgeteilt werden. Zum Bereich
Bildung/Sprache/Interkulturelle Öffnung und für den Bereich Ehrenamt sei eine
Veranstaltung des Caritasverbandes im Juni geplant. Es werde außerdem im August
im Rahmen von Bildung und Interkultureller Öffnung eine große Veranstaltung
geben.
Zur Kritik aus der öffentlichen Diskussion,
das alles dauere viel zu lange, entgegnet Herr Gausmann, dass der Runde Tisch
in Absprache mit dem Vorsitzenden des Sozialausschusses eingerichtet worden sei.
Der beschlussfassende Ausschuss für die Arbeit der Fachstelle Migration sei
nach vorher erfolgter Beratung im Integrationsrat der Sozialausschuss.
Herr Gausmann weist auf ein zusätzliches
Landesprogramm zur Förderung von Kindern in Spielgruppen im Rahmen der
Jugendhilfe hin. In der folgenden Woche solle es dazu ein Gespräch mit
Anbietern von Spielgruppen geben. Hiermit solle schon vor der Kita für Kinder
im Alter von 1 bis 6 Jahren ein Mutter-Kind-Angebot geschaffen werden. Es gebe
also insgesamt viele hilfreiche Ansatzpunkte, über die jedoch zunächst im Sozialausschuss
gesprochen werden müsse.
Herr Mau bemängelt, er habe eigentlich
zusammen mit der Einladung für heute ein Protokoll vom Runden Tisch erwartet.
Es wäre schön gewesen, im Vorfeld mehr Informationen erhalten zu haben, um dann
auch gezielter nachfragen zu können. Auf der kürzlich stattgefundenen Veranstaltung
mit Flüchtlingen unter dem Thema „Flüchtlinge in Rheine“ sei von den einzelnen
Gruppen vieles benannt worden, was noch im Argen liege. Er befürchte, dass
durch zu viele Gesprächskreise und Ausschüsse die Zeit davonlaufe. Die
zahlreichen Schritte müssten kurzfristig hintereinander besprochen, entschieden
und dann umgesetzt werden.
Herrn Berardis kommen die Ergebnisse des
Runden Tisches etwas abstrakt vor. Er stellt folgende Fragen: Wie soll eine
Arbeitskreisstruktur aussehen? Wer organisiert einen Arbeitskreis? Wer lädt die
Leute dazu ein? Wer koordiniert die verschiedenen Arbeitskreise? Er schlägt
vor, vornehmlich zu den Schwerpunktthemen Wohnen und Bildung die Arbeitskreise
sofort einzuberufen, damit man zu Ergebnissen komme.
Herr Kahle meint, auf der o. g. Veranstaltung
"Flüchtlinge in Rheine" im Kolpinghaus sei u. a. durch Äußerungen der
Betroffenen selbst sehr deutlich geworden, was ihnen unter den Nägeln brenne.
Das habe die Verwaltung sicher verstanden. Man benötige aber erst eine
Grundstruktur, von der man ausgehen könne. Daher sollte die Politik sich als
Unterstützer dieser Aktionen verstehen. Es sei wichtig, dass die Hilfsbereitschaft
der Bevölkerung nicht nachlasse.
Herr Gausmann teilt ergänzend zu den
geplanten Arbeitskreisen mit, man werde dem Sozialausschuss vorschlagen, dass
in jedem Arbeitskreis ein "Betroffener" teilnehmen solle. Außerdem
möchte er Vertreter des Integrationsrates an den Arbeitskreisen beteiligt
wissen. Man wolle nicht etwas „für“, sondern „mit“ den Personen machen – ob es
nun Asylbewerber seien oder Migranten, die evtl. auch schon über mehrere
Generationen vergleichbare Probleme erlebt haben. Man werde einen Besetzungsvorschlag
machen, der offen sei, Man könne jedoch das Thema Arbeit nicht ohne die
Arbeitsagentur behandeln, das Ehrenamt nicht ohne die Kirchengemeinde oder
sonstige Institutionen und Vereine mit ehrenamtlichen Helfern. Die Arbeitskreise
sollten bewusst offen gestaltet werden, damit auch interessierte Bürger daran
teilnehmen können.
Herr Gausmann weist darauf hin, er habe in
der letzten Sitzung des Rates im April im Rahmen der Erörterung der
Unterbringung von Flüchtlingen angedeutet, dass man zwingend für die Koordinierung
zusätzliche personelle Ressourcen benötige. Dazu werde man dem Sozialausschuss und
anschließend auch dem Rat eine Beschlussvorlage zur Verfügung stellen. Auch hierzu
gebe es die Ankündigung eines Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Berardis empfiehlt, wegen der
angespannten Personalsituation in der Fachstelle evtl. einen
Dringlichkeitsbeschluss im HFA herbeizuführen ohne eine Abstimmung im Rat abzuwarten.
Man brauche dringend eine Koordinierungsstelle und dürfe hierbei keine Zeit
verlieren.
Herr Kassab Bachi spricht die häufigen
Übersetzungsprobleme in der Fachstelle Migration an. Seine Frau habe ihm nach
einem Praktikum in der Fachstelle davon berichtet. Es gebe einfach nicht genügend
Personen, die im Bedarfsfall die Sprachen der verschiedenen Nationalitäten
sprächen, die dort Hilfe suchen. Hier müsse man doch evtl. Personen ansprechen
können, die bereit wären, als Dolmetscher tätig zu werden, und zwar
ehrenamtlich und nicht für die offizielle Übersetzung von Dokumenten.
Herr Gausmann antwortet, es sei Standard, die
Antragssteller zu motivieren, Bekannte mitzunehmen, die übersetzen könnten. Man
habe auch ein Netzwerk an Personen, die bei der Antragsstellung hinzugezogen
werden könnten. Der Abbau von Sprachbarrieren sei wichtig. Die in der
Migrationsarbeit tätigen Haupt- und Ehrenamtlichen müssten stärker aufeinander
zugehen, um herauszufinden, wer wen unterstützen könne. Es gebe alleine im
Bestand des Asylbewerberleistungsrechts 37 Nationen.
Herr Berardis ergänzt, es gehe hier
sicherlich um eine unbürokratische Hilfe im Alltag. Die Ehrenamtlichen
brauchten Ansprechpartner, die unmittelbar übersetzen könnten, z. B. im Bereich
Einkauf von Lebensmitteln oder bei sonstigen alltäglichen Aufgaben.
Herr Kassab Bachi bestätigt das. Es gehe ihm
um direkte und sofortige Hilfe. Er nennt als Beispiel eine selbst erlebte
Situation, wo eine Familie einfach in den Zug gesetzt worden sei ohne diesen 5
Personen vorher wenigstens das Wichtigste zu erklären, z. B. wo sie aussteigen
müssten. Durch seine Arabisch-Kenntnnisse habe er diesen Personen
zufälligerweise helfen können. Das Beispiel zeige, wie wichtig es sei,
ehrenamtliche Dolmetscher für solche Erstkontakte zu finden.
Herr Gausmann erklärt, im Gegensatz zu den
kleinen Kommunen habe Rheine den Vorteil, eine eigene Ausländerbehörde zu haben
und 2 Migrationsfachstellen - eine beim Caritasverband und eine bei der
Stadtverwaltung. Es sei sichergestellt, dass neu ankommende Flüchtlinge direkt
nach Ankunft zunächst von einem Sozialarbeiter an der Rathaus-Information abgeholt
würden, ein Antrag auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gestellt
werde und sie danach in die Übergangswohnung begleitet würden. Es gebe also
sofort einen direkten Ansprechpartner, wenn auch nicht immer in der jeweiligen
Sprache der Neuankömmlinge.
Herr Berardis bittet darum, den Mitgliedern
des Sozialausschusses auch die Ergebnisse des Runden Tisches zukommen zu
lassen.
Herr Gausmann antwortet, es gebe eine
entsprechende Beschlussvorlage zum Ergebnis des Runden Tisches, die o. g. 6
Arbeitsgruppen zu bilden. Die Dokumentation sei in Session hinterlegt. Zwei
Arbeitskreise würden sicherlich noch vor den Sommerferien tagen – Ehrenamt und
Wohnen. Danach kämen die Tagesordnungspunkte Situation der Fachstelle
Migration, Personalsituation. Hierzu gäbe es dann die Beschlussvorlage zur
Einrichtung einer Koordinierungsstelle Ehrenamt.
Herr Ganesalingam weist zum Punkt
Sprachverständnis noch auf folgendes hin: Die Flüchtlinge könnten z. B. die
vielen Regeln im Bahnverkehr nicht kennen, so sei ihm bekannt, dass in der
vergangenen Woche jemand vor Fahrtantritt unwissender Weise sein Ticket nicht
abgestempelt habe. Die Bahn möge doch in solchen Fällen verständnisvoll
reagieren.
Herr Kahle greift das Thema auf und erinnert
an eine Veranstaltung mit dem Oberbürgermeister von Goslar, Oliver Jung. Dort
gäbe es ein sog. Lotsensystem, d. h. es gibt Menschen, die bereit sind, den
Flüchtlingen zu erklären, wie man z. B. einen Fahrkartenautomaten bedient, Geld
von der Bank abholt usw. Das könnte evtl. auch ein Thema für Rheine sein.
Herr Mau schlägt vor, bei der Bahn
anzufragen, ob man dort vielleicht bereit sei, für Migranten eine
Informationsveranstaltung zum Thema anzubieten mit der Möglichkeit, dass auch
Deutsche, die hier Aufklärungsbedarf hätten, evtl. ebenfalls teilnehmen
könnten.
Herr Gausmann spricht sich für ein Lotsen-
oder Patensystem aus, um hier zu helfen.
Frau Dursun meint, zur Einarbeitung der
vielen benötigten Ehrenamtlichen benötige man unbedingt eine
Koordinierungsstelle.
Herr Gausmann stellt klar, für die Einrichtung
eines Integrationszentrums habe der Kreis die Entscheidungshoheit, nicht die
Kommunen. Aber die Notwendigkeit des Appells, eine zusätzliche hauptamtliche
Koordinierungsstelle für ehrenamtliche Tätigkeit zu bekommen, sei unstrittig.
Herr Ganesalingam wirft die Frage auf, ob man
nicht evtl. auch auf Ausländer als ehrenamtliche Helfer zurückgreifen könne.
Herr Kassab-Bachi und Frau Dursun bezweifeln
das, denn Arbeitslose seien vor allem auf der Suche nach bezahlten
Arbeitsplätzen. Und hier handele es sich um ehrenamtliche Tätigkeiten.
Herr Gausmann sieht das genauso. Man könne
nicht jemanden - quasi als gemeinnützige Aufgabe gem. SGB II
zwangsverpflichten, ehrenamtlich für Flüchtlinge tätig zu sein. Ehrenamt funktioniere
nur aus der Motivation heraus. Man benötige im hauptamtlichen Bereich
qualifizierte und im Ehrenamt motivierte Mitarbeiter. Diese Motivation aufrecht
zu erhalten, sei Aufgabe einer Koordinierungsstelle.
Beschluss:
Der Integrationsrat nimmt die Ausführungen
der Verwaltung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, eine entsprechende
Beschlussvorlage für den Sozialausschuss zu fertigen.
Abstimmungsergebnis: einstimmig