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Herr Lucas erinnert an das Starkregenereignis am 23. Juni d. J. in Rheine, bei dem es innerhalb einer Stunde 1 Zehntel der Jahresmenge an Niederschlag gegeben habe. Insbesondere  die Bahnhofsunterführung und die Anlieger im Bereich des Thiebergs seien von den Wasser- und Schlammmassen ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen worden.

Die Kollegen der Kläranlage hätten während des Starkregens festgestellt, dass die abwassertechnischen Anlagen einwandfrei funktioniert hätten. Dazu müsse man allerdings wissen, dass das gesamte Kanalnetz in Rheine mit Regenrückhaltebecken, Pumpstationen und Kläranlage nur für einen sog. „Auslegungsregen“ dimensioniert seien. Der „Auslegungsregen“ beginne, steige an, lasse nach und ende nach einer gewissen Zeit wieder. Er werde durch die Wetterstation in St. Arnold ermittelt.

Bei Starkregen wie am 23. Juni d. J. sei das Kanalnetz aber überfordert gewesen. Dabei würden die Kanäle nicht nur volllaufen, sondern auch oberhalb der Straßen einen Überstau bilden. Wenn man dann noch in Hanglage wohne, wie z. B. am Thieberg, habe man auch noch mit Schlammmassen, die von den angrenzenden Äckern mitgeführt würden, zu kämpfen. Starkregen zusammen mit den Abschwemmungen von den Äckern seien planungstechnisch nicht mehr beherrschbar.

 

Viele Einwohner von Rheine hätten in den letzten Tagen bemängelt, dass das städtische Kanalnetz nicht ausreichend dimensioniert sei. Dieses treffe leider für den Starkregen am 23. Juni zu. Aber die Anlieger seien auch selbst gehalten, ihre Keller vor Überflutungen zu schützen, indem sie funktionierende Rückstausicherungen vornehmen sollten. Bei den mit vielen Anliegern geführten Gesprächen sei von den Mitarbeitern der Technischen Betriebe häufig festgestellt worden, dass die Rückstausicherung zwar in vielen Fällen vorhanden gewesen sei, die Fallrohre der Regenentwässerung sich aber häufig hinter dem Rückstauventil befunden hätten.

 

Auch die Planer und Architekten müssten durch bauliche Absicherungen Vorkehrungen für das zunehmende Hochwasser berücksichtigen, denn wenn die Überstauebene des Regenwassers oberhalb der Straßenoberfläche liege, dann müssten Hauseingänge und Kellerfenster entsprechend höher ausgerichtet werden. Dieses sei durch den Bau barrierefreier Wohnungen häufig nicht der Fall, sodass die Hauseingänge fast ebenerdig zur Straßenoberfläche liegen würden.

 

Aber auch die Kommunen müssten ihren Beitrag dazu leisten, dass die Kanalsysteme gut funktionieren würden. Dafür existiere in Rheine der zentrale Abwasserplan, nach dem die hydraulischen Bedingungen des Kanalnetzes berechnet würden. Nach diesem Plan seien die städtischen Kanäle für einen „Bemessungsregen“, nicht aber für einen Sturz- bzw. Starkregen, ausreichend und noch weniger für Abschwemmungen von Ackerflächen. Durch die jährlichen Überprüfungen der Kanäle würden auch hydraulische Engpässe und Schäden am Kanalnetz beseitigt. Bei Bedarf würden auch Regenrückhaltebecken gebaut und dort, wo natürliche Vorflutflächen fehlen würden, müssten diese durch Ankauf entsprechender Flächen angelegt werden. Auch die ständige Reinigung der Sinkkästen in den Straßen der Problemzonen müsse sichergestellt werden.

 

Herr Weßling stellt aufgrund der Ausführungen von Herrn Lucas fest, dass es eine 100-prozentige Absicherung gegen Starkregen nicht geben werde. Die Klimaforscher hätten festgestellt, dass diese Starkregenfälle künftig noch zunehmen würden. Insofern sei seines Erachtens der Gesetzgeber gefordert, bauliche Absicherungen an den Häusern vorzuschreiben. Auch müsse geprüft werden, wie gerade an den neuralgischen Punkten in Rheine, wie z. B. in den Bahnunterführungen, durch bauliche Maßnahmen für Abmilderung gesorgt werden könne.

 

Herr Lucas antwortet, dass z. B. das Problem in der Bahnhofsunterführung historisch begründet sei. Früher habe es im Bereich des Bahnhofs einen Bahnübergang gegeben, der dann wegen des besseren Verkehrsflusses durch eine Unterführung ersetzt worden sei. Die jetzige Bahnunterführung sei ein absoluter Tiefpunkt, der das gesamte Regenwasser z. B. aus dem Bereich des Thiebergs und des Waldhügels aufnehmen und durchleiten müsse. Es sei geplant, im Umfeld des Bahnhofs Stauraumkanäle zu schaffen oder im Rahmen der Bahnhofsvorfeldgestaltung ein unterirdisches Regenrückhaltebecken zu bauen. Aber auch diese Vorkehrungen würden dort bei Starkregen nicht auseichen.

 

Herr Reiske erklärt, dass der Starkregen am 23. Juni gezeigt habe, dass auch die Stadt Rheine im Bereich der Klimafolgeanpassung etwas tun müsse. Hierfür müsse ein kommunales Konzept erstellt werden, für das es auch Fördermittel gebe. Er bitte die Verwaltung, sich hiernach zu erkundigen und im Fachausschuss zu berichten.

 

Herr Christian Beckmann gibt zu bedenken, dass es viele Haushalte in Rheine gebe, die durch den Starkregen Schäden in Höhe von 20.000 bis 40.000 € erlitten hätten, für die eine Versicherung nicht eintrete. Aus der Presse sei zu entnehmen gewesen, dass die Sparkasse für diesen Personenkreis Sofortkredite bereitstelle. Er regt an, dass die Stadt Rheine, ggf. mit Unterstützung des Landrates, Herrn Dr. Effing, beim Land NRW einen Antrag auf Soforthilfe für die Betroffenen stellen sollte, so wie das auch Ende Mai/Anfang Juni beim Hochwasser in Borken der Fall gewesen sei. Dort könnten Privathaushalte, kleine Unternehmen und auch Landwirte noch bis zum 15. Juli d. J. zur Beseitigung ihrer Schäden Gelder zwischen 5.000 und 10.000 € beantragen.

 

Herr Dr. Lüttmann antwortet, dass sich die Bezirksregierung nach dem Starkregen von sich aus in Rheine gemeldet hätte. So habe z. B. die Vizepräsidentin Frau Feller mit Frau Karasch Kontakt aufgenommen. Dabei sei geklärt worden, dass es zwar für Hochwasserschäden, jedoch nicht für Schäden aufgrund von Starkregenfällen Unterstützung gebe.

Ferner habe er, Lüttmann, mit dem Regierungspräsidenten Herrn Prof. Dr. Klenke gesprochen, der den Landrat und Vertreter der am stärksten betroffenen Kommunen zu einem Arbeitsgespräch einladen werde. Konkrete Zusagen für eine finanzielle Unterstützung seien aber bisher nicht gemacht worden.

 

Als Fazit aus dem Starkregen stellt Herr Dr. Lüttmann fest, dass sowohl die Stadt Rheine als auch die Hausbesitzer für die Zukunft einiges zur Risikominimierung tun müssten.