Der Vorsitzende, Claus Meier, begrüßt alle Anwesenden und die Vertreter der politischen Parteien zur 23. Sitzung des Beirates für Menschen mit Behinderungen.

Die Beiratsmitglieder haben Vertreter der politischen Parteien zu einer Fragerunde vor der Kommunalwahl im September 2020 eingeladen. Zunächst findet eine Vorstellungsrunde statt. Als politische Vertreter sind anwesend:

Stefan Kuthues und Ulrike Stockel – SPD

Birgit Overesch – CDU

Annette Floyd-Wencke – Die Linke

Ute Ehrenberg – UWG

Ralf Gissel - FDP

Von der Partei Die Grünen ist kein Vertreter anwesend.

 

Herr Gausmann, Sozialdezernent der Stadt Rheine, ist ebenfalls in der Sitzung präsent.

 

Thema Wohnen

Ellen Knoop beschreibt die unterschiedlichen Wohnformen für Menschen mit Behinderungen und die Problematik, dass es nicht ausreichend Wohnheimplätze gibt. Darüber hinaus fehlt es an Wohnungen/Wohnraum für betreutes Wohnen in Rheine. Ellen Knoop wünscht sich bei dieser Problemstellung, die bereits über Jahre ungelöst andauert, die Unterstützung der Stadt Rheine.

 

Ulrike Stockel (SPD) gibt an, dass das Anliegen präsent sei. Es sei die Frage, welche Anbieter mobilisiert werden können. Hier sehe die SPD ein wichtiges Thema in ihrer Beteiligung an dem Prozess.

Birgit Overesch (CDU) ergänzte, dass das Thema auch der CDU bekannt sei. Neue Anbieter und deren Angebotsqualität müssten gut überprüft werden. Auch die Trägerverträglichkeit sei ein wichtiger Aspekt.

Annette Floyd-Wencke bittet um eine schriftliche Problemanzeige, mit entsprechender Erhebung, als Grundlage für eine Überprüfung. Daraufhin erfolgt eine politische Diskussion.

Ute Ehrenberg (UWG) schlägt den Einbezug der Städtischen Wohnungsgesellschaft, des Wohnungsvereins etc. vor und eine mögliche Auflage, dass z.B. bei Bauvorhaben/ Altbauten, leerstehenden Komplexen Kontingente an Wohnungen für Menschen mit Behinderungen reserviert/ bereitgestellt werden. In neuen Wohngebieten wäre es sinnvoll Gemeinbedarfsflächen auszuweisen und den Bedarf in Bebauungsplänen festzuschreiben.

Ralf Gissel (FDP) schlägt eine konkrete Planerarbeitung vor, die der Stadt als Vorgabe vorgelegt wird.

 

Ellen Knoop ergänzt, dass der Wittekindshof bereit sei, Wohnplätze in Rheine einzurichten und dass das Vorhaben aus nicht nachvollziehbaren Gründen immer wieder verschoben wird. Sie wünscht sich aus der Politik Unterstützung, dass ein weiterer Träger wie der Wittekindshof, diese Plätze einrichten kann (80 Wohnheimplätze sind als aktueller Bedarf festgestellt worden).

Stefanie Bicker, stellt als Leitung Ambulant betreutes Wohnen (ABW)“CBF Wohnen und mehr“ fest, dass immer mehr Nutzer des betreuten Wohnens älter werden und irgendwann die Betreuungsleistung des ABW nicht mehr ausreicht. Was gibt es für eine Perspektive für Menschen, welche aufgrund ihres Alters und ihrer Pflegebedürftigkeit nicht mehr selbstständig im ABW wohnen und betreut werden können?

Annette Roes fügt hinzu, dass der Caritasverband Emsdetten/Greven und der Caritasverband Steinfurt zwei neue Wohnheime in Altenberge und Reckenfeld errichtet habe. Einige Beschäftigte aus den Caritas-Emstor-Werkstätten, Rheine, hätten Glück gehabt, dort Wohnplätze zu bekommen. Andere Mitarbeiter mussten weitab von Rheine in Wohneinrichtungen vermittelt werden. Was dies für die Menschen mit Behinderungen und ihre älter werdenden Eltern bedeutet, kann im Werkstattalltag drastisch nachempfunden werden. Behinderte Menschen werden aus dem sozialen Umfeld, aus der Arbeit und Familie herausgerissen, da stationärer Wohnbedarf besteht. Ältere Eltern haben bei größeren Entfernungen häufig nicht mehr die Mobilität, ihre behinderten Kinder regelmäßig zu besuchen.

 

Ellen Knoop bietet den Parteivertretern Informationen und Beratung zu diesem Thema an.

 

Thema Schule, Bildung

Dirk Winter thematisiert, wie sich die politischen Parteien dazu stellen, wenn Schulen die Beschulung von Schülern mit Behinderungen ablehnen. Er favorisiere eine homogene Verteilung von Schülern mit Behinderung auf die Rheiner Schulen und nicht die Bildung von Schwerpunktschulen.

 

Ulrike Stockel (SPD): Es gibt einen deutlichen Bedarf an inklusiver Beschulung. Eltern bekommen eine Schule des gemeinsamen Unterrichts zugewiesen. Nicht an allen Schulen in Rheine gibt es eine ausreichende räumliche und sachliche Ausgestaltung und Differenzierung. Es gibt keine ausreichenden personellen Ressourcen für eine Einzelförderung. Dieses ist bekannt und auf ein Versäumnis auf Landes-und Bundesebene zurückzuführen.

Ulrike Stockel steht dafür ein, dass das parallele System von Regel- und Förderschulen beibehalten werden muss. Sie begrüßte die Bildung von „Peer groups“ an den Regelschulen, was bei einer Verteilung auf alle Schulen nicht möglich sei. Auch da es nicht ausreichend räumliche, sachliche und personelle Ressourcen gebe, sei die Bildung von Schwerpunktschulen sinnvoll, an denen man auch die Stunden von Sonderschulpädagogen bündeln könne.

Ute Ehrenberg (UWG): Es ist unabdingbar wichtig, dass das Lehrerkollegium hinter einer inklusiven Beschulung steht. Sinnvoll ist das Teamteaching.

Der Neubau der Elsa Brandström Schule als inklusive Ganztagsschule wurde politisch vorangetrieben. Inklusiver Unterricht ist gewollt.

Annette Floyd-Wencke (Linke) und Ralf Giesel (FDP)schließen sich den Ausführungen ihrer Vorrednerinnen an.

 

Aktionsplan Inklusion

Ellen Knoop weist darauf hin, dass der Aktionsplan Inklusion 2017 verabschiedet wurde und seitdem nicht viel an Weiterentwicklung geschehen ist.

Raimund Gausmann erwidert, dass der Plan in unterschiedliche Themengruppen aufgeteilt wurde. Zwei Themen (Bauen/ Wohnen) wurden bearbeitet. Es gibt jedoch noch Nachholbedarf

Ulrike Stockel (SPD) ergänzt, dass die Themen vor längere Zeit bei einer Veranstaltung im Kopernikus Gymnasium zusammengetragen wurden. Man sollte den Aktionsplan wieder aufleben lassen, mit der Bitte an die Verwaltung, an diesem Plan weiterzuarbeiten.

 

Thema Arbeit

Annette Roes bringt das Thema Arbeit ein und berichtet von den Übergangsbemühungen, die die Caritas-Emstor-Werkstätten schon seit langen Jahren durchführen. Es werden unterschiedliche Qualifizierungen vermittelt, um Menschen mit Behinderungen über Praktika, Außenarbeits-plätze und Vermittlungen auf den Weg zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen.

 

Dabei stoßen die Werkstätten immer wieder auf Schwierigkeiten, da Betriebe und Unternehmen verunsichert reagieren, wenn sie angesprochen werden. Annette Roes wünscht sich aus der Politik verstärkte Bemühungen, den Mehrwert, der durch eine Beschäftigung eines behinderten Menschen für ein Unternehmen entsteht, deutlich zu machen und Betriebe/ Unternehmen zu ermutigen, die Übergangsbemühungen der Werkstätten zu unterstützen. Hierbei geht es vorrangig darum, Praktikumsplätze und Außenarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Die Caritas- Emstor- Werkstätten haben zurzeit 12 Außenarbeitsplätze in unterschiedlichen Berufsfeldern.

Als ein positives Beispiel hat z.B. die Stadt Rheine Außenarbeitsplätze im Bereich der Stadtreinigung möglich gemacht.

 

Raimund Gausmann bestätigt, dass sich das Erscheinungsbild der Stadt durch die eingerichteten Arbeitsplätze in der Stadtreinigung deutlich verbessert habe.

Viele Plätze (Bahnhofsvorplatz, Melkeplatz, Spielplatz Falkenhof, Emsufer) werden von den Beschäftigten der Werkstatt auf Außenarbeitsplätzen gereinigt, was äußerst positiv in der Außenwirkung wahrgenommen wird.

 

Es macht Sinn, die Möglichkeiten der Werkstätten in Kooperation zu nutzen, indem der behinderte Mensch (mit Unterstützung der Werkstatt) seinen Platz auf den ersten Arbeitsmarkt findet, sei es zunächst nur in der Form eines Außenarbeitsplatzes. Die Begleitung durch die Werkstatt ist hier gesichert, ebenso die Absicherung der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge.

Bewährt sich der behinderte Mensch auf dem Außenarbeitsplatz kann das in eine Vermittlung in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis münden.

 

Claudia Wobbe-Hilbig erweitert das Thema, da sie für den Bildungsträger „Lernen Fördern“ als Coach für Benachteiligte tätig ist. Auch sie erlebt, dass die Hemmschwelle in Betrieben/Unternehmen hoch ist. Hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.

 

Von den Vertretern der Parteien wird zurückgemeldet, dass man sich eigentlich schwerpunktmäßig immer um Kinder und Jugendliche mit Behinderungen gekümmert habe und dass die erwachsenen, behinderten Menschen und das Thema Arbeit neu in den Blickpunkt genommen werden müssen.

Stefan Kuthues (SPD) bedankte sich für die Aufnahme dieses Themas und sicherte Unterstützung zu.