Sitzung: 17.08.2020 Beirat für Menschen mit Behinderung
Der
Vorsitzende, Claus Meier, begrüßt alle Anwesenden und die Vertreter der
politischen Parteien zur 23. Sitzung des Beirates für Menschen mit
Behinderungen.
Die
Beiratsmitglieder haben Vertreter der politischen Parteien zu einer Fragerunde
vor der Kommunalwahl im September 2020 eingeladen. Zunächst findet eine
Vorstellungsrunde statt. Als politische Vertreter sind anwesend:
Stefan
Kuthues und Ulrike Stockel – SPD
Birgit
Overesch – CDU
Annette
Floyd-Wencke – Die Linke
Ute
Ehrenberg – UWG
Ralf
Gissel - FDP
Von
der Partei Die Grünen ist kein Vertreter anwesend.
Herr
Gausmann, Sozialdezernent der Stadt Rheine, ist ebenfalls in der Sitzung
präsent.
Thema Wohnen
Ellen Knoop
beschreibt die unterschiedlichen Wohnformen für Menschen mit Behinderungen und die
Problematik, dass es nicht ausreichend Wohnheimplätze gibt. Darüber hinaus
fehlt es an Wohnungen/Wohnraum für betreutes Wohnen in Rheine. Ellen Knoop
wünscht sich bei dieser Problemstellung, die bereits über Jahre ungelöst
andauert, die Unterstützung der Stadt Rheine.
Ulrike Stockel (SPD)
gibt an, dass das Anliegen präsent sei. Es sei die Frage, welche Anbieter
mobilisiert werden können. Hier sehe die SPD ein wichtiges Thema in ihrer
Beteiligung an dem Prozess.
Birgit Overesch
(CDU) ergänzte, dass das Thema auch der CDU bekannt sei. Neue Anbieter und
deren Angebotsqualität müssten gut überprüft werden. Auch die
Trägerverträglichkeit sei ein wichtiger Aspekt.
Annette Floyd-Wencke
bittet um eine schriftliche Problemanzeige, mit entsprechender Erhebung, als
Grundlage für eine Überprüfung. Daraufhin erfolgt eine politische Diskussion.
Ute Ehrenberg (UWG)
schlägt den Einbezug der Städtischen Wohnungsgesellschaft, des Wohnungsvereins
etc. vor und eine mögliche Auflage, dass z.B. bei Bauvorhaben/ Altbauten, leerstehenden
Komplexen Kontingente an Wohnungen für Menschen mit Behinderungen reserviert/
bereitgestellt werden. In neuen Wohngebieten wäre es sinnvoll
Gemeinbedarfsflächen auszuweisen und den Bedarf in Bebauungsplänen
festzuschreiben.
Ralf Gissel (FDP) schlägt
eine konkrete Planerarbeitung vor, die der Stadt als Vorgabe vorgelegt wird.
Ellen Knoop ergänzt,
dass der Wittekindshof bereit sei, Wohnplätze in Rheine einzurichten und dass
das Vorhaben aus nicht nachvollziehbaren Gründen immer wieder verschoben wird.
Sie wünscht sich aus der Politik Unterstützung, dass ein weiterer Träger wie
der Wittekindshof, diese Plätze einrichten kann (80 Wohnheimplätze sind als
aktueller Bedarf festgestellt worden).
Stefanie Bicker,
stellt als Leitung Ambulant betreutes Wohnen (ABW)“CBF Wohnen und mehr“ fest,
dass immer mehr Nutzer des betreuten Wohnens älter werden und irgendwann die
Betreuungsleistung des ABW nicht mehr ausreicht. Was gibt es für eine
Perspektive für Menschen, welche aufgrund ihres Alters und ihrer Pflegebedürftigkeit
nicht mehr selbstständig im ABW wohnen und betreut werden können?
Annette Roes fügt
hinzu, dass der Caritasverband Emsdetten/Greven und der Caritasverband
Steinfurt zwei neue Wohnheime in Altenberge und Reckenfeld errichtet habe.
Einige Beschäftigte aus den Caritas-Emstor-Werkstätten, Rheine, hätten Glück
gehabt, dort Wohnplätze zu bekommen. Andere Mitarbeiter mussten weitab von
Rheine in Wohneinrichtungen vermittelt werden. Was dies für die Menschen mit
Behinderungen und ihre älter werdenden Eltern bedeutet, kann im Werkstattalltag
drastisch nachempfunden werden. Behinderte Menschen werden aus dem sozialen
Umfeld, aus der Arbeit und Familie herausgerissen, da stationärer Wohnbedarf
besteht. Ältere Eltern haben bei größeren Entfernungen häufig nicht mehr die
Mobilität, ihre behinderten Kinder regelmäßig zu besuchen.
Ellen Knoop bietet
den Parteivertretern Informationen und Beratung zu diesem Thema an.
Thema Schule, Bildung
Dirk Winter
thematisiert, wie sich die politischen Parteien dazu stellen, wenn Schulen die
Beschulung von Schülern mit Behinderungen ablehnen. Er favorisiere eine
homogene Verteilung von Schülern mit Behinderung auf die Rheiner Schulen und
nicht die Bildung von Schwerpunktschulen.
Ulrike Stockel
(SPD): Es gibt einen deutlichen Bedarf an inklusiver Beschulung. Eltern
bekommen eine Schule des gemeinsamen Unterrichts zugewiesen. Nicht an allen
Schulen in Rheine gibt es eine ausreichende räumliche und sachliche
Ausgestaltung und Differenzierung. Es gibt keine ausreichenden personellen
Ressourcen für eine Einzelförderung. Dieses ist bekannt und auf ein Versäumnis
auf Landes-und Bundesebene zurückzuführen.
Ulrike Stockel steht
dafür ein, dass das parallele System von Regel- und Förderschulen beibehalten
werden muss. Sie begrüßte die Bildung von „Peer groups“ an den Regelschulen,
was bei einer Verteilung auf alle Schulen nicht möglich sei. Auch da es nicht
ausreichend räumliche, sachliche und personelle Ressourcen gebe, sei die
Bildung von Schwerpunktschulen sinnvoll, an denen man auch die Stunden von
Sonderschulpädagogen bündeln könne.
Ute Ehrenberg (UWG):
Es ist unabdingbar wichtig, dass das Lehrerkollegium hinter einer inklusiven
Beschulung steht. Sinnvoll ist das Teamteaching.
Der Neubau der Elsa
Brandström Schule als inklusive Ganztagsschule wurde politisch vorangetrieben.
Inklusiver Unterricht ist gewollt.
Annette Floyd-Wencke
(Linke) und Ralf Giesel (FDP)schließen sich den Ausführungen ihrer
Vorrednerinnen an.
Aktionsplan Inklusion
Ellen Knoop weist
darauf hin, dass der Aktionsplan Inklusion 2017 verabschiedet wurde und seitdem
nicht viel an Weiterentwicklung geschehen ist.
Raimund Gausmann
erwidert, dass der Plan in unterschiedliche Themengruppen aufgeteilt wurde.
Zwei Themen (Bauen/ Wohnen) wurden bearbeitet. Es gibt jedoch noch
Nachholbedarf
Ulrike Stockel (SPD)
ergänzt, dass die Themen vor längere Zeit bei einer Veranstaltung im Kopernikus
Gymnasium zusammengetragen wurden. Man sollte den Aktionsplan wieder aufleben
lassen, mit der Bitte an die Verwaltung, an diesem Plan weiterzuarbeiten.
Thema Arbeit
Annette Roes bringt
das Thema Arbeit ein und berichtet von den Übergangsbemühungen, die die
Caritas-Emstor-Werkstätten schon seit langen Jahren durchführen. Es werden
unterschiedliche Qualifizierungen vermittelt, um Menschen mit Behinderungen
über Praktika, Außenarbeits-plätze und Vermittlungen auf den Weg zum
allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen.
Dabei stoßen die
Werkstätten immer wieder auf Schwierigkeiten, da Betriebe und Unternehmen
verunsichert reagieren, wenn sie angesprochen werden. Annette Roes wünscht sich
aus der Politik verstärkte Bemühungen, den Mehrwert, der durch eine
Beschäftigung eines behinderten Menschen für ein Unternehmen entsteht, deutlich
zu machen und Betriebe/ Unternehmen zu ermutigen, die Übergangsbemühungen der
Werkstätten zu unterstützen. Hierbei geht es vorrangig darum, Praktikumsplätze
und Außenarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Die Caritas- Emstor-
Werkstätten haben zurzeit 12 Außenarbeitsplätze in unterschiedlichen
Berufsfeldern.
Als ein positives
Beispiel hat z.B. die Stadt Rheine Außenarbeitsplätze im Bereich der
Stadtreinigung möglich gemacht.
Raimund Gausmann
bestätigt, dass sich das Erscheinungsbild der Stadt durch die eingerichteten
Arbeitsplätze in der Stadtreinigung deutlich verbessert habe.
Viele Plätze
(Bahnhofsvorplatz, Melkeplatz, Spielplatz Falkenhof, Emsufer) werden von den
Beschäftigten der Werkstatt auf Außenarbeitsplätzen gereinigt, was äußerst
positiv in der Außenwirkung wahrgenommen wird.
Es macht Sinn, die
Möglichkeiten der Werkstätten in Kooperation zu nutzen, indem der behinderte
Mensch (mit Unterstützung der Werkstatt) seinen Platz auf den ersten
Arbeitsmarkt findet, sei es zunächst nur in der Form eines Außenarbeitsplatzes.
Die Begleitung durch die Werkstatt ist hier gesichert, ebenso die Absicherung
der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge.
Bewährt sich der
behinderte Mensch auf dem Außenarbeitsplatz kann das in eine Vermittlung in ein
sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis münden.
Claudia Wobbe-Hilbig
erweitert das Thema, da sie für den Bildungsträger „Lernen Fördern“ als Coach
für Benachteiligte tätig ist. Auch sie erlebt, dass die Hemmschwelle in
Betrieben/Unternehmen hoch ist. Hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet
werden.
Von den Vertretern
der Parteien wird zurückgemeldet, dass man sich eigentlich schwerpunktmäßig
immer um Kinder und Jugendliche mit Behinderungen gekümmert habe und dass die
erwachsenen, behinderten Menschen und das Thema Arbeit neu in den Blickpunkt
genommen werden müssen.
Stefan Kuthues (SPD)
bedankte sich für die Aufnahme dieses Themas und sicherte Unterstützung zu.