Beratungsergebnis: Kenntnis genommen

Herr Frank Müller (Fachbereichsleiter Kinder-, Jugend- und Familienberatung beim Caritasverband Rheine e. V.) stellt seine Präsentation (Anlage 2) vor. Vorab weist er darauf hin, dass psychische Auffälligkeit nicht psychische Störung bedeutet, da die Entwicklung nicht vorhergesehen werden kann. Auch wie sich die Corona-Krise mit der Ukraine-Situation paaren werde, sei noch nicht feststellbar.

 

Frau Floyd-Wenke bezieht sich auf den letzten Absatz der Vorlage. Zu den erarbeiteten realistischen und der Situation angemessenen Ansätzen zum Umgang mit derartigen Situationen bitte sie um ein Beispiel.

 

Frau Wiggers antwortet, dass sie bei einem für Beteiligte in der Kinder- und Jugendarbeit durchgeführten Infoabend auf dieses Thema gestoßen und die Formulierung der Vorlage vonseiten der Verwaltung erfolgt sei. Es sei von einer jugendlichen Person berichtet worden, welche in der U-Bahn auf einer Gruppenfahrt in Berlin eine Panik-Attacke bekommen hatte. Gemeinsam mit Herrn Müller sei an diesem Abend der perspektivische Umgang mit derartigen und ähnlichen Situationen besprochen worden.

 

Herr Müller erklärt, dass der Hauptansatz zum Umgang mit derartigen Situationen erstmal sei, die Selbstwirksamkeit herzustellen, damit keine Stigmatisierung entstehe. Es gebe kein Erfolgsrezept. Die Ängste und Sorgen ernst nehmen, zuhören und altersgerecht darauf eingehen, seien wichtig. In diesem Fall habe die Betreuerin das Kind aus der U-Bahn herausbegleitet und betreut. Im schlimmsten Fall müsse ein Krankenwagen gerufen werden.

 

Herr Hülsbusch erklärt, dass Kinder keine Vergleiche zu früher haben und sie die Corona-Krise und den Ukraine-Krieg nicht zuordnen können. Es sei wichtig, sie vor medialer Überforderung zu schützen und ihnen zu zeigen, dass die Welt auch gut sei (z. B. durch Spielen oder in die Natur gehen).

 

Frau Fettich bittet Herrn Müller, Fachliteraturhinweise zusammenzustellen, die den Kitas, Schulen und Mitarbeitenden vermittelt werden können (Anlage 3).

 

Frau Leskow fügt hinzu, dass neben den Experten vor Ort die Familien ganz wichtig seien, welche der erste Anlaufpunkt der Kinder seien. Sie möchte die Gesamtzahl der auffälligen Kinder wissen und wie hoch die Dunkelziffer sei.

 

Herr Müller antwortet, dass es pro Jahr ungefähr 800 bis 900 Neuanmeldungen und schätzungsweise 1.600 bis 1.700 laufende Fälle seien. Die Dunkelziffer werde deutlich höher sein. Aus Datenschutzgründen könne z. B. nicht ermittelt werden, wie viele Eltern das Jugendamt aufsuchen und der ausgesprochenen Empfehlung oder der Empfehlung der Schulen, zu uns zu gehen, nicht folgen. Die Eltern, die die Beratungsstelle einmalig ohne zu unterschreiben aufsuchen, werden ebenfalls nicht erfasst.

 

Derzeit fallen jeden Tag Fachkräfte coronabedingt (auch wegen betroffener Familienmitglieder) aus. Die Ehrenamtlichen (z. B. die Familienpaten) seien weggebrochen und viele kommen nicht wieder. Sie haben ein gewisses Alter, bedenken, ungeimpfte Familien zu begegnen oder die höheren Fahrtkosten wegen steigender Spritpreise schrecken sie ab.

 

Frau Floyd-Wenke bittet Herrn Gausmann um die Beantwortung ihrer kurzfristig eingereichten Fragen (Anlage 4). Sie habe ihre Fragen zu diesem Tagesordnungspunkt einsortiert, da es um die Ängste aller Kinder und Jugendlichen gehe, egal, ob diese durch die Corona- oder Ukraine-Situation entstanden seien, um über den Umgang damit diskutieren zu können.

 

Die Ausschussmitglieder bringen zum Ausdruck, dass ihnen die Unterstützungen/Hilfen der Jugendlichen, die Zurverfügungstellung ausreichend finanzieller Ressourcen der Institutionen und Ehrenamtlichen sehr am Herzen liegen und für die unterschiedlichen und vor allem neuen Situationen Schulungsangebote für die Mitarbeitenden wesentlich sind.

 

Herr Gausmann informiert, dass er unter dem Tagesordnungspunkt „Informationen“ von einem Kind berichtet und er soeben die Meldung von einem zweiten unbegleiteten minderjährigen Flüchtling erhalten habe. Die Kinder kommen ohne Eltern von der Ukraine nach Deutschland und wissen oft nicht, wie es ihren Eltern im Kriegsgebiet gehe. Mit etwas Glück werden sie von Familienangehörigen, z. B. der Oma, begleitet.

 

Egal, ob es sich um unbegleitete/begleitete aus der Ukraine, aus der Corona-Krise gebeutelte oder andere Kinder handele, der Jugendhilfeausschuss und die Verwaltung werden überlegen müssen, welche Ressourcen für die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden und welche Stützungsmaßnahmen zu deren Selbstschutz angeboten werden müssen oder angeboten werden können. Nur wer fähig ist, sich um sich selber zu kümmern, könne sich um andere kümmern. Die in der Jugendhilfe zur Verfügung stehenden Ressourcen werden in den nächsten Monaten und Jahren nicht mehr ausreichen. Spätestens im Haushalt 2023 werden die benötigten Ressourcen abgebildet sein müssen.

 

Herr Fühner habe hier eine hohe Bereitschaft wahrgenommen, dass weiterhin die Institutionen entsprechend ausgestattet werden, damit diese ihrer Arbeit in der Qualität wie bisher weiter nachgehen werden können. Er appelliere an die Politik, in den nächsten Jahren entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen. Ihm sei bewusst, dass die Ressourcen begrenzt seien und auch nach Prioritäten sortiert werden müsse.   


Beschluss:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Informationen aus dem Vortrag „Psychische Belastung von Jugendlichen und Kindern“ von Herrn Frank Müller, Fachbereichsleitung der Kinder-, Jugend- und Familienberatung des Caritasverbandes Rheine, zur Kenntnis.