Betreff
Jahresbericht 2022 Fachstelle für Wohnraumsicherung
Vorlage
188/23
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.       Der Sozialausschuss nimmt den Jahresbericht der Fachstelle Wohnraumsicherung sowie den Evaluationsbericht der Evangelischen Hochschule Nürnberg zur Kenntnis.

2.       Der Sozialausschuss beauftragt die Verwaltung, zu den Haushalts- und Stellenberatungen 2024 f. unter Berücksichtigung etwaiger Förderprogramme einen Beschlussvorschlag zur Verstetigung der Fachstelle Wohnraumsicherung vorzulegen.

3.       Eine endgültige Beschlussfassung erfolgt erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen. 

 


Begründung:

 

Zu 1)

Nachfolgend wird der Jahresbericht der Fachstelle Wohnraumsicherung vorgestellt.

 

Entsprechend der Förderbedingungen des Landes NRW wurde eine externe Evaluation des Projektes ausgeschrieben und an die Evangelische Hochschule Nürnberg, Institut für Praxisforschung und Evaluation, vergeben. Der Evaluationsbericht ist als Anlage dieser Vorlage beigefügt. Herr Sebastian Ottmann von der EHN wird zu Sitzung des Sozialausschusses zugeschaltet und wesentliche Erkenntnisse des Evaluationsberichtes und Handlungsempfehlungen vorstellen.

 

 

Jahresbericht der Fachstelle Wohnraumsicherung

 

1.      Die Ausgangssituation

Im März 2022 hat die neue Fachstelle für Wohnraumsicherung ihre Arbeit in den Räumlichkeiten am Kardinal-Galen-Ring 98 aufgenommen. Die Fachstelle ist ein für zunächst zwei Jahre durch das Land NRW gefördertes Projekt. Die vom Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, Karl-Josef Laumann, ins Leben gerufene Initiative „Endlich ein Zuhause!“ verfolgt das Ziel und unterstützt die Bemühungen Obdachlosigkeit zu bekämpfen und präventiv zu vermeiden.

Der Fachstelle vorausgehend wurde im Jahr 2020 das Fachbereichs- und Trägerübergreifende Projekt „Prävention von Wohnungsnotfällen“, ebenfalls gefördert durch die Landesinitiative, durchgeführt. Die externe Projektbegleitung lag bei der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e. V. (GISS). Ein abschließender Bericht wurde dem Sozialausschuss vorgestellt (siehe Vorlage 101/21). Auf der Grundlage der Projektergebnisse und dem erfolgten Beschluss im Sozialausschuss konnte die Förderung für die Fachstelle erfolgreich beim Land NRW beantragt werden.

Mit der Umsetzung der Landesinitiative nimmt die Fachstelle besonders die präventive Ausrichtung in die tägliche Arbeit auf. „Das beste Mittel gegen Wohnungslosigkeit ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen“ (Minister Karl-Josef Laumann). Die Ausrichtung der Fachstelle setzt genau an diesem Punkt an. Sie soll verhindern, dass Mietverhältnisse gekündigt werden und die Mieter aufgrund steigende Mietpreise und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum vor der nahezu unüberwindlichen Aufgabe stehen, eine alternative, angemessene Wohnung zu finden. Von großer Bedeutung ist es daher, dass die Fachstelle möglichst früh über Probleme im Mietverhältnis Kenntnis erhält.

Durch die aktuell steigenden Lebenshaltungskosten wird es für viele Mieter zunehmend schwieriger, das Geld für die Miete aufwenden zu können. Somit droht zunehmend Menschen aus der Mitte der Gesellschaft der Wohnungsverlust. Betroffen davon sind auch Familien mit minderjährigen Kindern.

Nach Angaben des NRW-Justizministeriums mussten in NRW im Jahr 2022 8690 Wohnungen zwangsgeräumt werden. Das waren 497 Wohnungen mehr als noch 2021. Im Jahr 2020 wurden 8590 Wohnungen zwangsgeräumt. Das würde für Rheine 40 Räumungen in 2022 entsprechen. Nach Auskunft des Ordnungsamtes der Stadt Rheine lag die tatsächliche Zahl bei 33 Zwangsräumungen im Jahr 2021 und damit nur knapp darunter. Die negativen Folgen für die Betroffenen, aus einer Notunterbringung wieder auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen sowie die Kosten der Notunterbringung für die Kommune sind hier wichtige Faktoren, auf die der Evaluationsbericht (ab S. 63) eingeht.

 

2.      Finanzierung der Fachstelle

Die Förderung durch das Land NRW sieht zuwendungsfähige Gesamtausgaben in Höhe von maximal 309.526,89 € für den zweijährigen Förderzeitraum vor. Davon hat die Stad Rheine einen Eigenanteil in Höhe von maximal 61.905,38 (20%) selber zu tragen. Der Eigenanteil ist im Haushalt eingeplant.

 

2.1  Die personelle Ausstattung

In der Fachstelle werden insgesamt 2,0 VZÄ, gefördert, die durch Fachkräfte der Sozialen Arbeit besetzt werden.

Die Aufgabenbereiche teilen sich wie folgt auf:

  • 1,0 Stelle für die aufsuchende Arbeit (besetzt mit 2 Mitarbeitenden, die sich die Stelle teilen)
  • 1x 0,5 Stellen für Verwaltung, Dokumentation, Statistik, Öffentlichkeitsarbeit
  • 1x 0,5 Stellen Leitung, Koordination, Fachaufsicht

 

 

2.2 Organisation der Fachstelle

In 2021 hat der Sozialausschuss dem vorgelegten Konzept für die Fachstelle zugestimmt. Dies beinhaltet unter anderem eine trägerübergreifende Organisationsstruktur. Die aufsuchende Arbeit soll folglich von einem freien Träger besetzt werden. Über ein Interessensbekundungsverfahren wurde der Caritasverband Rheine e. V. mit der Besetzung der beiden Stellenanteile für die aufsuchende Arbeit beauftragt. Der erste Stellenanteil konnte bereits im April 2022 besetzt werden. Aufgrund der schwierigen Bewerberlage konnte der zweite Stellenanteil erst im Januar 2023 besetzt werden. Die Stellenanteile Verwaltung, Dokumentation, Statistik, Öffentlichkeitsarbeit und Leitung, Koordination, Fachaufsicht konnten in entsprechenden Auswahlverfahren mit städtischen Mitarbeitern besetzt werden.

 

3.      Die verschiedenen Arbeitsfelder der Fachstelle für Wohnraumsicherung

 

Case Management in der Prävention von Wohnungsnotfällen

  • Aufsuchende Arbeit
  • Koordination der Nachbegleitung
  • Netzwerkarbeit
  • Dokumentation, Statistik, Öffentlichkeitsarbeit

 

Der Vorteil der Fachstelle für Wohnraumsicherung liegt darin, für den Präventionsfall oder Wohnungsfall initiieren zu können. D.h. vom Bekanntwerden des Falls bis zur Nachsorge koordiniert die Fachstelle in Zusammenarbeit mit anderen Behörden, Institutionen und Beratungsstellen. Im Folgenden werden die Handlungsfelder der Arbeit beschrieben:

 

3.1  Aufsuchende Arbeit

Sind der Fachstelle problematische Mietverhältnisse gemeldet oder es liegt eine Räumungsklage vor, besteht die große Herausforderung darin, Kontakt zu den Mietern herzustellen. Vor der Einrichtung der Fachstelle konnte von der Sozialverwaltung lediglich ein Informationsschreiben an die Betroffenen versandt werden. Das hat in den seltensten Fällen zum Erfolg geführt.

Während der Projektphase „Prävention von Wohnungsnotfällen“ haben die Mitarbeiter der Anlauf-, Kontakt- und Beratungsstelle „Treff 100“ im Rahmen der Möglichkeiten in Einzelfällen aktiv versucht, die Mieter zu Hause zu erreichen. Das gestaltete sich schon erfolgreicher, war aber aufgrund mangelnder zeitlicher Ressourcen der Mitarbeiter nicht in dem Maße umsetzbar, wie es erforderlich ist.

Die Mitarbeitenden der nun geschaffenen Stellen der aufsuchenden Arbeit fahren die Haushalte zu verschiedenen Tageszeiten persönlich bis zu sechsmal an. Wenn niemand erreicht wird, wird ein Flyer im Briefkasten hinterlassen, damit die Möglichkeit besteht sich eigenständig in der Fachstelle zu melden. Die Erfolgsquote dieser Arbeit liegt aktuell bei 75%. 

In 84 % führt der Erstkontakt auch zu einer weiteren Hilfeleistung durch die Mitarbeitenden der Fachstelle. Zumeist beginnt die Erstberatung direkt vor Ort. Über die Feststellung des wirtschaftlichen Status Quo werden Gründe für das Zustandekommen der Mietschulden erörtert. In vielen Fällen bestehen Probleme bei Anträgen gegenüber leistungsgewährenden Behörden. Hier wird per Unterstützung im Antragsverfahren gemeinsam die wirtschaftliche Grundlage geschaffen, um die Miete zukünftig leisten zu können. Eine Mietschuldenübernahme tilgt darlehensweise die bestehenden Mietschulden.

Insgesamt wurden in der Zeit von März 2022 bis Ende Februar 2023 in der Fachstelle 69 Haushalte aufgesucht. Davon waren 45 Räumungsklagen und 24 präventiv gemeldete Fälle.

Präventiv gemeldete Fälle erreichen die Fachstelle vor Einreichung einer Räumungsklage durch den Vermieter. Es ist bereits im Laufe des ersten Jahres des Bestehens der Fachstelle zu erkennen, dass die Meldung der präventiven Fälle zunimmt. Mit zunehmendem Bekanntheitsgrad der Fachstelle bei den Vermietenden, Mietenden und im Hilfenetzwerk steigen auch die Zahlen aus diesem Bereich an.

 

3.1.1                  Datenschutz

Ein ganz wichtiges Thema ist der Datenschutz in der Arbeit der Fachstelle.

Direkt beim ersten Kontakt mit den Klienten unterzeichnen diese eine Schweigepflichtentbindung, die es den Mitarbeitern erlaubt, mit den beteiligten Stellen in den erforderlichen Austausch zu gehen.

Das Jobcenter hat seine Schweigepflichtentbindung um die Informationsweitergabe an die Fachstelle für Wohnraumsicherung erweitert.

Für Vermieter ist als Service ein Textbaustein entworfen worden, der es ermöglicht, Kontakt mit der Fachstelle aufzunehmen bzw. die Mieter zeitgleich auf die Fachstelle aufmerksam macht, damit sie sich dort selbständig melden können. Dieser lautet wie folgt:

Nehmen Sie bitte innerhalb der nächsten 14 Tage Kontakt zu uns auf, andernfalls behalten wir uns vor, dass wir Ihre Kontaktdaten an die Fachstelle für Wohnraumsicherung weiterleiten. Die Fachstelle für Wohnraumsicherung ist eine Einrichtung der Stadt Rheine deren Mitarbeiter bei Problemen in Mietverhältnissen die Parteien kontaktieren, die Probleme erörtern und versuchen zwischen den Parteien zu vermitteln. Das Ziel ist es den Wohnraum zu sichern und eine drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden.
Gerne können Sie auch schon Kontakt zur Fachstelle für Wohnraumsicherung aufnehmen unter 05971 9436999 oder
wohnraumsicherung@rheine.de

 

3.2  Koordinierung der Nachbegleitung

Wird ein weiterer Hilfebedarf festgestellt, wird gemeinsam mit den Klienten im Hilfenetzwerk nach begleitenden Hilfen gesucht. Diese Hilfen können sein: Ambulant betreutes Wohnen (ABW), Angliederung an die Schuldnerberatung, Einrichtung von sozialpädagogischer Familienhilfe, Kommunales Integrationsmanagement (KIM), etc. Damit soll verhindert werden, dass es zukünftig zu ähnlichen existenziellen Problemen kommt. Die Koordination und die regelmäßige Überprüfung der eingerichteten Hilfemaßnahmen obliegt weiterhin der Fachstelle für Wohnraumsicherung.

In Fällen, in denen eine Wohnraumsicherung nicht mehr erreicht werden kann, werden die Stellen des kreisweit tätigen Kümmererprojektes zur weiteren Hilfe hinzugezogen. Das Kümmererprojekt wird vom Land NRW im Rahmen der Initiative „Endlich ein zu Hause“ gefördert. Da der Kreis Steinfurt zu den 20 am stärksten von Wohnungslosigkeit bedrohten Kommunen in NRW zählt, wurde dieses Projekt im Kreis Steinfurt im Jahr 2019 eingerichtet. In Rheine sind dafür Stellenanteile beim Caritasverband Rheine e. V. angegliedert.  Zu den Aufgaben der Kümmerer gehört es wohnungslose Menschen möglichst schnell wieder mit Wohnraum zu versorgen. Sobald im Kündigungs- oder Räumungsklageverfahren ersichtlich wird, dass das angespannte Mietverhältnis nicht befriedet werden kann, werden die Kümmerer von den Kollegen der Fachstelle für Wohnraumsicherung hinzugezogen.

Die Versorgung mit neuem Wohnraum ist kurzfristig jedoch kaum zu bewerkstelligen. Eine ordnungsrechtliche Unterbringung, mit weiterer Betreuung durch die Kümmerer oder ggf. eine übergangsweise Unterbringung in der städtischen Notschlafstelle „Kremer-Haus“ ist dann die Folge. Der Ein oder Andere kommt kurzfristig bei Bekannten oder Verwandten unter.

Ein regelmäßiger Austausch mit den Kümmerern findet in Form von Fallkonferenzen statt. Zuständigkeiten werden auch hier klar benannt und festgelegt. Diese Konferenzen finden gemeinsam mit den Kollegen des Sozialbüros, des Treff 100 und der Fachstelle für Wohnraumsicherung statt. Eine trägerübergreifende Bündelung der Zuständigkeiten ist Aufgabe der Koordinierung, so dass Doppelstrukturen vermieden werden.

 

3.3  Netzwerkarbeit

Die Netzwerkarbeit findet statt mit Vermietern, SGBII/ XII, Ordnungsamt, Jugendamt, Suchtberatung, Rechtsanwälten etc. Im Zusammenhang mit einem drohenden Wohnungsverlust stellt die Fachstelle die Schnittstelle zu sämtlichen Beteiligten aus dem o. g. Netzwerk dar.

In nahezu jedem Fall, den die Mitarbeiter der Fachstelle bearbeiten wird ein separates Hilfe-und Kommunikationsnetzwerk mit Vertretern der oben genannten Einrichtungen/ Institutionen „gesponnen.“ Dies kann im Einzelfall sehr komplexe Ausmaße annehmen.  Der Aufbau und der Erhalt einer vertrauensvollen und effektiven Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ist ein sehr bedeutsamer Faktor in der Arbeit der Fachstelle.

 

3.3.1                  Lenkungsgruppe

Die projektbezogen eingerichtete Lenkungsgruppe dient dem Informationsaustausch und der Abstimmung über strukturelle Fragen in der Fallbearbeitung.

 

Am 01.02.2023 fand im Rathaus der Stadt Rheine auf Einladung der Fachstelle für Wohnraumsicherung ein Treffen verschiedener Vertreter von Netzwerkpartnern statt. Folgende Einrichtungen/ Institutionen haben an dem Austausch teilgenommen:

 

·         Kreis Steinfurt

·         Ordnungsamt Stadt Rheine

·         Wohnungsgesellschaft Stadt Rheine

·         Kümmerer

·         Jugend- und Drogenberatungsstelle

·         Wohnungsnotfallhilfe Caritas Verband Rheine

·         Jugendamt Stadt Rheine

·         SGBII und SGBXII

·         Sozialplanerin der Stadt Rheine

 

Neben der Vorstellung der Arbeit und erster Ergebnisse der Fachstelle wurde die Möglichkeit genutzt Schnittstellen zu benennen und eine effektive Koordination der Zusammenarbeit zu gestalten. Im zweiten Halbjahr 2023 findet ein weiteres Treffen statt.

 

3.3.2                  Dialogtreffen mit der Wohnungswirtschaft am 21.03.20223

Um die Kooperation mit der in Rheine tätigen Wohnungswirtschaft zu konkretisieren fand ein Dialogtreffen am 21.03.2023 im Ratssaal der Stadt Rheine statt. Hierzu hat die Fachstelle Vertreter der Wohnungswirtschaft, des Mieterbundes sowie Vertreter der Drogenberatungsstelle und der Wohnungsnotfallhilfe des Caritasverbandes Rheine eingeladen. Die Sozialwissenschaftlerin der Stadt Rheine, Lena Ellenberger, hat für das Treffen relevante Auszüge aus dem Sozialbericht 2022 zum Thema „Wohnen“ vorgestellt. Die daraus deutlich gewordenen Schwierigkeiten für bestimmte Bevölkerungsgruppen auf dem Wohnungsmarkt (Geringverdiener, Großfamilien, Bürgergeldempfänger, Personen mit negativen Schufa-Auskünften) in Rheine eine bezahlbare Wohnung zu finden, machte die Dringlichkeit deutlich vorhandenen Wohnraum zu sichern. Die Vorstellung des Konzepts der Fachstelle für Wohnraumsicherung setzte genau an diesem Punkt an. In dem anschließenden Austausch wurden Möglichkeiten der Zusammenarbeit aber auch Hindernisse besprochen.

 

Das Treffen wurde genutzt, um die der Stadt Rheine bekannten Vermieter und Vermieterinnen in Rheine zur Kurzbefragung zum Thema Wohnungswirtschaft und Mietverhältnisse einzuladen. Die Ergebnisse enthalten nun Angaben von acht Vermietern mit unterschiedlicher Wohnungsstärke in Rheine: Die Anzahl der Mieter reicht je nach Anbieter von etwa 15 Personen bis etwa 4500 Personen. Die Befragten vermieten insgesamt knapp 400 Wohnungen an etwa 6500 Personen in Rheine. Fünf Vermieter beteiligten sich beim Dialog mit der Wohnungswirtschaft und drei Vermieter online.

 

Allen befragten Vermietern sind bereits Probleme mit Mieter/-innen begegnet. Dazu zählen bei allen Vermietern auch bereits Zahlungsrückstände und Mietschulden. Darüber hinaus wurden Schwierigkeiten wie Lärmbelästigung, Fehlverhalten und Tierhaltung genannt.

 

Abb. 1: Bereits erlebte Probleme in Mietverhältnissen in Rheine

 

Die Mehrheit der Vermieter (6 von 8 Befragten) geben an, dass es mehrmals im Halbjahr Probleme mit Mieter/-innen gibt. Ein Vermieter gibt eine monatliche und ein Vermieter eine jährliche oder seltenere Frequenz der Probleme an.

 

Abb. 2: Häufigkeit der Probleme in Mietverhältnissen in Rheine

 

Bei drei Anbietern, die ad hoc eine Schätzung über die Anzahl ihrer säumigen Mieter/-innen treffen können, liegt der Anteil der säumigen Mieter bei knapp einem bis fünf Prozent von allen ihren Mietern. Die Anzahl variiert von einer Person bis zu zehn Personen. Diese sind durchschnittlich mit einer, zwei oder drei Monatsmieten im Rückstand.

 

Berücksichtigt man die Antworten, dass allen Vermietern bereits Säumnisprobleme bekannt sind und legt einen niedrigen prozentualen Anteil der Mieter (etwa zwei Prozent) zugrunde, so ergibt dies bei einem Mietwohnungsanteil in Rheine mit 46 Prozent und 15500 Mietwohnungen (siehe Wohnraumversorgungskonzept, 2021, S. 31f.) in Summe in etwa 310 Wohnungen bzw. Mietparteien, die eine Beratung zwecks Finanzproblemen potentiell beanspruchen könnten.

 

Abb. 3: Mieter/-innen in Prozent aller Mieter/-innen eines Anbieters in Rheine

 

Zwei von acht Vermietern geben an, dass bei ihnen „aktuell keine“ Mietrückstände vorliegen.

 

Abb. 4: Mieter/-innen mit Mietrückständen in Rheine

Drei der acht Befragten konnten die Frage „Wie viele Mieter/-innen in Rheine haben derzeit Mietrückstände und in welcher Höhe?“ nicht ad hoc als Schätzung über ihre Mietrückstände beantworten. Sie wurden hierzu durch die Stadt Rheine telefonisch kontaktiert.

 

Diese Nacherfassung ergibt folgendes Bild:

 

 

Der Kontakt zur Fachstelle Wohnraumsicherung bestand bei fünf von acht Vermietern bereits vor dem Dialog mit der Wohnungswirtschaft am 21. März 2023.

Bei der Nennung der Gründe entfallen drei Angaben auf Finanzprobleme, je eine Angabe auf Wohnfähigkeit, Lärm, Schmutz, Müll und Drogen und eine offene Angabe lautete „Kooperation in der Wohnungsnothilfe“. Mehrfachantworten waren erlaubt.

 

Abb. 5: Kontakt zur Wohnraumstelle und Art der Befragungsteilnahme der Wohnungswirtschaft

Eine Kreuzanalyse der Frage nach dem Kontakt und der Art der Teilnahme an der Befragung zeigt, dass einem Anbieter die Fachstelle Wohnraumsicherung neu vorgestellt wurde.

 

 

Die folgenden Abbildungen 6-8 zeigen drei Aussagen, zu denen jeweils um den Grad der Zustimmung gebeten wurde. Die Erläuterung findet sich unter Abb. 8.

 

Abb. 6: Zustimmung: Dialog zwischen Sozialdezernat und Wohnungswirtschaft

 

Abb. 7: Zustimmung: Dauerhaftes Bestehen der Fachstelle für Wohnraumsicherung

 

Abb. 8: Zustimmung: Beim nächsten Mieter mit Rückständen werde ich

 

Die Analyse der Aussagen ergibt, dass die Vermieter in Rheine inhaltlich deutlich zugunsten der Fachstelle Wohnraumsicherung aufgestellt sind:

Ganz eindeutig sieht die Zustimmung zur Frage einer Fortsetzung des Dialoges aus: Alle Befragten stimmen zu, die meisten ausdrücklich.

Die Fachstelle in Rheine sollte dauerhaft bestehen, sagen auch 75 Prozent.

Der Aussage, sich bei dem nächsten Mieter mit Rückständen an die Fachstelle zu wenden, stimmen 62,5 Prozent der Anbieter zu. Im Sinne einer sich weiter entwickelnden Kooperation wäre es jedoch eine Überlegung, bei dem einen Teilnehmer des Dialogs und einem Online-Teilnehmer interessiert nachzufragen, wieso sie sich im Falle eines säumigen Mieters „gar nicht“ an die Fachstelle Wohnraumsicherung wenden möchten.

 

Abb. 9: Zustimmung: Wohnungsvergabe trotz Vermittlungshemmnisse

 

Den ersten drei Hemmnissen wird eine höhere Chance eingeräumt, durch die Wohnraumsicherung eine verringerte Rolle bei zukünftigen Wohnungsvergaben zu spielen (Werte unter 2,5), während das bei den zuletzt genannten Hemmnissen weniger zutrifft.

 

Weitere Anmerkungen für die Fachstelle sind über das offene Befragungsfeld zum Schluss nicht vorgenommen worden.

 

Die erhobene Stichprobe stellt die Bedeutung der Fachstelle für Vermieter in Rheine deutlich in den Vordergrund.

 

 

3.3.3                   Vernetzung mit Fachstellen in der Region

Die Vernetzung mit weiteren Fachstellen aus Osnabrück, Münster und Bielefeld soll in diesem Jahr angestrebt werden. Am 19.04.2023 fand dazu ein erstes Treffen mit der Fachstelle in Osnabrück statt.

 

 

3.3.4                   Teilnahme an der Bundestagung der BAGW in Münster

Am 17.04.2023 haben die Mitarbeiter der Fachstelle an der IVX. Präventions- und Fachstellentagung der BAGW in Münster teilgenommen.

Die Tagung bot sehr gute Möglichkeiten sich fachlich auszutauschen und neue Netzwerkpartner kennen zu lernen.

Die fachlichen Impulse der Veranstaltung waren durch die unterschiedlichen Vorträge, Workshops und einer abschließenden Diskussionsrunde vielfältig und für die tägliche Arbeit sehr gewinnbringend.

 

3.4  Dokumentation/ Statistik/ Öffentlichkeitsarbeit

Wirksame Prävention ist nur auf der Grundlage verlässlicher Informationen über Problemschwerpunkte und ihre Veränderungen im zeitlichen und ggf. räumlichen Vergleich möglich. Gemeinsam mit der Evangelischen Hochschule Nürnberg wird kontinuierlich an einer zielführenden Dokumentation gearbeitet. Die in der Zwischenzeit erstellte Excel-Datei umfasst eine Vielzahl von Daten, die für die zielführende Ausrichtung der Arbeit der Fachstelle von enormer Bedeutung sind. Darüber hinaus erfolgen regelmäßige Veröffentlichungen in den Medien und es wird ein Informationsflyer vorgehalten.

 

3.4.1 Zugangswege der Betroffenen

Informationen über bedrohten Wohnraum bekommt die Fachstelle über:

  • Eingehende Räumungsklagen bei der Stadt Rheine vom Amtsgericht Rheine
    (§ 22 Abs. 9 SGB II)
  • Informationen von Vermietern (privat oder unternehmerisch geführt)
  • Information von Mietern
  • Durch Mitarbeiter von Einrichtungen im Hilfesystem
  • Durch Leistungsgewährende Stellen (SGB II, SGB XII)

 

Die Zugänge der Betroffenen zur Fachstelle verteilen sich wie folgt:

 

 

Die Meldungen über das Amtsgericht Rheine sind bislang der Hauptzugangsweg der Betroffenen zur Fachstelle. Ein Ziel der Arbeit der Mitarbeiter ist es, die Anzahl der Räumungsklagen zukünftig zu minimieren. Die frühzeitige Meldung über die anderen Zugangswege soll eine Räumungsklage verhindern helfen.

 

3.4.2        Lebensformen der Betroffenen

 

Die größte Gruppe in dem obigen Bild sind mit 45% die Einzelhaushalte.

Nimmt man die Familien und Alleinerziehenden zusammen, dann sind in 35% der von einer Räumung bedrohten Haushalte minderjährige Kinder involviert.

Der hohe Anteil zeigt, dass Wohnungsproblematiken längst nicht mehr nur ein Problem von alleinstehenden Männern ist und macht die Wichtigkeit des Handelns der Fachstelle noch einmal besonders deutlich. Gerade weil es Familien mit Kindern besonders schwer haben, neuen Wohnraum zu finden. Die Gründe für die Gefährdung des Wohnraums liegen hier vor allem in der fehlenden wirtschaftlichen Grundlage durch den Verlust von Einkommen. Aber auch durch die Anmietung einer zu teuren Wohnung, weil es an Alternativen fehlt.

 

3.4.3        Die Altersverteilung der Betroffenen

 

3.4.4        Erfolge der Fachstelle vom 01.03.2022 – 28.02.2023

Insgesamt wurden/ werden im ersten Jahr des Bestehens der Fachstelle 69 Fälle bearbeitet. 17 Fälle davon sind noch nicht abgeschlossen. Den Mitarbeitenden gelang es in 52 Fällen einen ersten persönlichen Kontakt herzustellen, das entspricht 75%. Das ist eine sehr gute Quote, wenn man bedenkt, dass die Stelle der aufsuchenden Arbeit 9 Monate lang lediglich zur Hälfte besetzt war.

Die durchschnittliche Dauer bis es zu einer Kontaktaufnahme kommt liegt bei ca. 14 Tagen. Da einige Klienten sich erst sehr spät im Verlauf des Kündigungs- oder Räumungsverfahrens bei der Fachstelle zurückmelden erscheinen die 14 Tage als recht langer Zeitraum. In den überwiegenden Fällen dauert es bis zum persönlichen Kontakt nur wenige Tage.

In 20 Fällen konnte eine Wohnungslosigkeit bislang verhindert werden. Diese Quote kann sich noch erhöhen, wenn man bedenkt, dass noch nicht alle Fälle abgeschlossen sind (17 offene Fälle).

 

3.4.5        Gründe für den drohenden Wohnungsverlust/ Kompetenzbedarfe

In allen uns gemeldeten Fällen aus dem ersten Berichtsjahr sind Mietschulden das Hauptproblem für den drohenden Wohnungsverlust. In 20 Fällen sind zeitgleich aber auch weitere Gründe für die Probleme im Mietverhältnis angegeben. Diese Probleme werden mit mietwidrigem Verhalten überschrieben.

Einhergehend zu dem mietwidrigen Verhalten können noch fehlende Kompetenzen bei den Betroffenen, die als Ursachen für den drohenden Wohnungsverlust ausgemacht werden, hinzukommen.

 

Die sich daraus ergebenen Kompetenzbedarfe sind im Folgenden aufgeführt:

 

 

3.4.6        Gegenüberstellung Präventionsfälle und Räumungsklagen bis zum 19.04.2023

 

Der Anteil der Räumungsklagen macht aktuell noch den größeren Teil der Fälle aus, wie zuvor bereits geschildert. Bei den Präventionsfällen ist die Chance die Wohnung zu erhalten erheblich größer. Die Fronten zwischen den Mietparteien sind noch nicht so verhärtet wie bei einem langwierigen Räumungsklageverfahren. Die angebotene Hilfe wird auch nicht abgelehnt. Unbekannte Fallausgänge gibt es im Präventionsfall gar nicht. Die Zusammenarbeit mit den Mietern ist in diesem Stadium von hoher Motivation geprägt.

Es zeigt sich, dass Präventionsarbeit sinnvoll und lohnenswert ist. Die Entwicklung, dass die Präventionsfälle im Laufe des ersten Jahres der Arbeit der Fachstelle zugenommen haben, ist sehr positiv für die Verhinderung von Wohnungslosigkeit. Der Fokus muss weiter verstärkt auf diesen Teil der Arbeit liegen. Der nachfolgende Punkt wirkt auch darauf hin.

 

3.4.7        Öffentlichkeitsarbeit

Die Information der Vermietenden und Mietenden über die Arbeit der Fachstelle konnte durch die Veröffentlichung von Presseartikeln und die Verteilung des Flyers der Fachstelle erreicht werden.

 

5.      Evaluation

Die Förderrichtlinien sehen vor, dass die zweijährige Phase der Landesförderung von einer externen Gesellschaft begleitet und die Arbeit in der Fachstelle evaluiert wird. Über ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren konnte die evangelische Hochschule Nürnberg für die Evaluierung des Projektes gewonnen werden. Die Vorstellung der bisherigen Ergebnisse erfolgt in dieser Sitzung separat durch Herrn Ottmann von der EVHN.

 

Der Ablauf der Evaluation im Förderzeitraum wird in den folgenden Phasen folgendermaßen umgesetzt:

  • Phase 1: Exploration (explorative Informationssammlung anhand eines Workshops mit dem Auftraggeber, durch Interviews mit Fallverantwortlichen und Haushaltsangehörigen)
  • Phase 2: Quantitative Datensammlung (Einholung von Informationen durch standardisierte Befragungen zur Gewinnung relevanter Informationen für das interne Statistik-, Dokumentations- und Rückmeldesystem)
  • Phase 3: Qualitative Datensammlung (Klärung weiterer Fragen mithilfe von Interviews mit gezielt ausgewählten Haushalten, Mitarbeitende von Wohnungsgesellschaften und der Fachstelle)
  • Phase 4: Beratung (Beratung zur zusätzlichen Verwendung gewonnener Aspekte für das Statistik-, Dokumentations- und Rückmeldesystem. SROI-Analyse für die Reflektion der monetären Aspekte des präventiven Ansatzes der Arbeit in der Fachstelle)

 

6.      Ausblick

Die Mitarbeitenden der Fachstelle konnten das erste Jahr nutzen, um die Fachstelle als solche aufzubauen und den Bekanntheitsgrad des Angebots im Netzwerk und der Bevölkerung zu steigern. Dieser soll durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit weiter gesteigert werden.

In den folgenden Monaten dieses Jahres soll vor allem der Kontakt zu den Wohnungsgesellschaften und den privaten Vermietern intensiviert werden. Ziel der Fachstelle ist es mit diesen Akteuren des Wohnungsmarktes in der Weise zusammen zu arbeiten, dass die Mitarbeiter der Fachstelle möglichst frühzeitig über Probleme im Mietverhältnis erfahren. In diesem Stadium kann durch Prävention und frühzeitige Intervention Wohnungslosigkeit erfolgreich begegnet werden.

Über die Fördermittel aus dem Stärkungspakt Armut NRW ist ca. für den Zeitraum Juli – Dezember 2023 das Team der Fachstelle Wohnraumsicherung befristet um eine Fachkraft zu erweitern, die Kenntnisse aus der Immobilienwirtschaft mitbringt. Ziel ist, die Kontakte zur Wohnungswirtschaft zu professionalisieren.

 

Die Kooperation mit dem bestehenden Hilfenetzwerk in Rheine soll weiter intensiviert werden. Das niedrigschwellige Angebot der Fachstelle hat sich bereits im ersten Jahr als wirksame Ergänzung zum vorhandenen Hilfesystem in Rheine erwiesen. Da (drohende) Wohnungslosigkeit vielfältige Ursachen hat, ist eine sozialarbeiterische Intervention durch Diagnostik, Hilfeplanung und die Koordination der weiterführenden Hilfen zielführend, um die Wohnungslosigkeit zu verhindern und eine Rückkehr in diese Notsituation zu vermeiden.

Die Zusammenarbeit hinsichtlich der Evaluation mit der evangelischen Hochschule Nürnberg wird ebenfalls fortgeführt. Zur weiteren Einbindung der Zielgruppe hinsichtlich der Wirkung der Arbeit der Fachstelle wurde eigens ein Befragungsbogen erstellt.  Ein weiteres Lenkungsgruppentreffen, wie oben bereits aufgeführt wird es im zweiten Halbjahr 2023 geben.

Die Fachstelle für Wohnraumsicherung ist wie folgt zu erreichen:

 

Kardinal-Galen-Ring 98, 48429 Rheine

Tel.: 05971/9436999

Mail: wohnraumsicherung@rheine.de

www: rheine.de

Öffnungszeiten:

Mo-Do   8-16 Uhr

Fr           8-13 Uhr

und nach Vereinbarung.

 

 

 

Fazit:

Aufgrund der in diesem Bericht, dem Evaluationsbericht der evangelischen Hochschule Nürnberg dargestellten Ergebnisse und der Erkenntnisse aus dem Sozialbericht Wohnen ist es aus fachlicher Sicht sinnvoll, die Fachstelle Wohnraumsicherung zu verstetigen. Die Verwaltung wird dazu weitere Fördermöglichkeiten durch das Land NRW oder andere Stellen eruieren und dem Sozialausschuss zu den Haushalts- und Stellenplanberatungen 2024 f. einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.      

 


Anlage:

 

FS f. Wohnraumsicherung Rheine Zwischenbericht