Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, die im Anhang befindliche Elternbeitragssatzung zu beschließen.


Begründung:

Die aktuell gültige Elternbeitragssatzung der Stadt Rheine sieht in § 3a eine jährliche Anpassung der Elternbeiträge auf Grundlage der von der obersten Landesjugendbehörde veröffentlichten Fortschreibungsrate (vgl. § 37 Abs. 2 KiBiz) vor. Für das Kita-Jahr 2024/2025 belief sich diese Fortschreibungsrate – bedingt durch stark gestiegene Personal- und Betriebskosten in Kindertageseinrichtungen – auf 9,65 %.

Vor diesem Hintergrund hatte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, die automatische Erhöhung der Elternbeiträge in Höhe der Fortschreibungsrate ab dem 01.08.2024 auszusetzen. Bei der Koppelung der Erhöhung der Elternbeiträge an die Erhöhung der KiBiz-Pauschalen sei man von einer jährlichen Steigerung zwischen 1 und 4 % ausgegangen. Die Diskussion verdeutlichte die Notwendigkeit, die bestehende Elternbeitragssatzung einer umfassenden Prüfung zu unterziehen. Insbesondere müssten die Einkommensstufen der sozialen Staffelung, die Entwicklungen der Einkommen in den vergangenen Jahren sowie die Zielgenauigkeit der Entlastungsmechanismen überprüft werden.

In diesem Zusammenhang hat der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung am 24. Januar 2024 die Verwaltung beauftragt, die Einkommensstufen der Elternbeitragssatzung in Bezug auf die allgemeinen Einkommenssteigerungen der letzten Jahre mit Wirkung vom 01. August 2026 ff. zu überprüfen und Anpassungsvorschläge zu erarbeiten. Des Weiteren wurde die Aufgabe erteilt, die Sinnhaftigkeit eines an die allgemeinen Einkommenssteigerungen gekoppelten Anpassungsmechanismus prüfen.

Zur Erarbeitung entsprechender Vorschläge wurde eine interfraktionelle Begleitgruppe gebildet.

In insgesamt vier Treffen der politischen Begleitgruppe erfolgte zunächst eine Analyse des aktuellen Ist-Zustandes. Dabei wurden Veränderungen seit der letzten Anpassung der Elternbeitragssatzung betrachtet und verschiedene Parameter zur möglichen Neugestaltung der Elternbeiträge diskutiert.

Seit der letzten Satzungsänderung ist ein deutlicher Anstieg der Betreuungsquote im U3-Bereich zu verzeichnen. Zudem bleiben die meist gebuchten Betreuungszeiten unverändert bei 35 bzw. 45 Stunden pro Woche. Parallel dazu sind die Nominallöhne kontinuierlich gestiegen. Dies schlägt sich auch in der erhöhten Höchstbeitragsquote nieder, die von 14 % auf 20 % gestiegen ist.

Weitere Informationen zum Ist-Zustand und den Veränderungen können der Anlage Analyse Ist-Zustand und Veränderungen entnommen werden.

Um diese Veränderungen angemessen zu berücksichtigen und gleichzeitig die finanziellen Einnahmen im Blick zu behalten, wurden verschiedene mögliche Anpassungen berechnet und analysiert. Die politische Begleitgruppe hat dabei drei potenzielle Anpassungsparameter definiert, welche im Detail berechnet wurden:

1.      Beitragsfreiheit 3 Jahre vor Schuleintritt

2.      Beitragsfreiheit bis zu einem Einkommen von 36.000 €

3.      Erweiterung der höchsten Einkommensstufe auf über 108.000 €

Neben einer Betrachtung dieser drei Parameter wurden auch

-          der Höchstbeitrag im Vergleich zu anderen NRW-Kommunen

-          die Regelungen zur Geschwisterkindbefreiung

geprüft.

Beitragsfreiheit 3 Jahre vor Schuleintritt (Parameter 1)

 

Gem. § 50 KiBiz sind Kinder, die bis zum 30. September das vierte Lebensjahr vollendet haben werden, ab Beginn des im selben Kalenderjahr beginnenden Kindergartenjahres bis zur Einschulung beitragsfrei. Die Einnahmeausfälle werden durch pauschale Zuschüsse durch das Land ausgeglichen.

Die Einführung eines dritten beitragsfreien Kita-Jahres, somit Beitragsfreiheit 3 Jahre vor Schulbeginn für alle Kinder ginge vollumfänglich zu Lasten des städtischen Haushaltes, da vom Land ein Ausgleich für das dritte Jahr nicht vorgesehen ist.

Beitragsfreiheit bis zu einem Einkommen von 36.000 € und Erweiterung der höchsten Einkommensstufe auf über 108.000 € (Parameter 2 + 3)

Diese beiden Anpassungsmöglichkeiten sollten in Kombination betrachtet und umgesetzt werden.

Durch den Wegfall der Elternbeiträge bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von 36.000 € werden insbesondere die Familien mit geringem Einkommen entlastet. Gleichzeitig sorgt die Einführung einer zusätzlichen Einkommensstufe dafür, dass die Beitragserhöhungen in den oberen Einkommenssegmenten moderat ausfallen.

Höchstbeitrag in Rheine für die Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege im Vergleich mit anderen Kommunen in NRW

 

Wie aus der als Anlage beigefügten Übersicht der Höchstbeiträge anderer Kommunen in NRW zu ersehen ist, liegt der in Rheine festgesetzte Höchstbeitrages deutlich unter dem Mittelwert aller dort aufgeführten Kommunen. Auch die Höchstbeiträge der anderen Jugendämter im Kreis Steinfurt übersteigen den derzeitigen Höchstbetrag in Rheine.

Somit ist es aus Sicht der Verwaltung vertretbar und auch notwendig, den Höchstbeitrag auf den Mittelwert aus NRW zu erhöhen.

Anhebung des Höchstbeitrages im Bereich der Schulbetreuung

 

Der Höchstbeitrag im Bereich der Schulbetreuung wird derzeit per Erlass des zuständigen Schulministeriums vorgegeben. Ein Vergleich mit anderen Städten ist daher nicht erforderlich. Im Rahmen der gleichzeitigen Anhebung der Elternbeiträge in den Bereichen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege wird auch eine entsprechende Erhöhung im Bereich der Schulbetreuung angenommen. Ob das Land den Höchstbeitrag jedoch in dieser Höhe tatsächlich anpassen wird, ist derzeit noch unklar. Es besteht daher das Risiko, dass es zu Mindereinnahmen kommen kann.

 

Regelungen zur Geschwisterkindbefreiung

 

Im Rahmen der aktuellen Geschwisterkindbefreiung wird für das 2. Kind 1/3 des Beitrags erhoben und alle weiteren Kinder sind beitragsfrei.

Bei Anpassung der Geschwisterkindbefreiung von 1/3 auf die Hälfte des Beitrags verringern sich die unter finanzielle Auswirkungen genannten Mindererträge.

Die genaue Bezifferung der Auswirkungen durch eine Anpassung der Geschwisterkindbefreiung finden sich in der Anlage Finanzielle Auswirkungen.

Finanzielle Auswirkungen

Beitragsfreiheit 3 Jahre vor Schuleintritt (Parameter 1)

 

Die Umsetzung des 3. beitragsfreien Kita-Jahres würde sich bei gleichbleibender Geschwisterermäßigung folgendermaßen finanziell auswirken:

ca. 1.884.510 € Mindererträge bei gleichbleibender Satzung

ca. 1.042.980 € Mindererträge bei Erhöhung auf Mittelwert NRW

 

Beitragsfreiheit bis zu einem EK von 36.000 € und Erweiterung der höchsten Einkommensstufe auf über 108.000 € (Parameter 2 + 3)

 

Eine Beitragsfreiheit bis zu einem Einkommen von 36.000 € und die Erweiterung der höchsten Einkommensstufe auf über 108.000 € würde sich bei gleichbleibender Geschwisterermäßigung folgendermaßen finanziell auswirken:

ca. 978.930 € Mindererträge bei gleichbleibender Satzung

ca. 253.180 € Mehrerträge bei Erhöhung auf Mittelwert NRW

Beitragsfreiheit 3 Jahre vor Schuleintritt und Beitragsfreiheit bis zu einem EK von 36.000 € und Erweiterung der höchsten Einkommensstufe auf über 108.000 € (Parameter 1 -  3)

 

Die Umsetzung aller drei Parameter würde sich bei gleichbleibender Geschwisterermäßigung folgendermaßen finanziell auswirken:

ca. 2.536.280 € Mindererträge bei gleichbleibender Satzung

ca. 1.750.540 € Mindererträge bei Erhöhung auf Mittelwert NRW

Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf wurde unter Berücksichtigung folgender Eckdaten verfasst:

-          Die Elternbeiträge für die Zeit ab dem 01.08.2026 werden auf den Mittelwert in NRW angehoben.

-          Die beitragsfreie Elterneinkommensgrenze wird auf ein Jahresbruttoeinkommen von bis zu 36.000 € angehoben.

-          Die höchste Elterneinkommensstufe wird auf über 108.000 € angehoben.

-          Es wird eine Dynamisierung der Elterneinkommensstufen eingeführt, indem alle 5 Jahre die Stufen um 5 % angehoben werden.

-          Die Anhebung im Bereich der Schulbetreuung auf einen Höchstbetrag von 280 € wird angenommen. Der endgültige Erlass vom Schulministerium liegt noch nicht vor.

Aus Sicht der Verwaltung stellt die Erhöhung auf den Mittelwert aus NRW bei gleichzeitiger Anpassung der Parameter 2 und 3 und dem Erhalt der Geschwisterkindbefreiung eine realistische und sozial ausgewogene Lösung dar, um den steigenden Kosten gerecht zu werden.

Durch den Wegfall der Elternbeiträge bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von 36.000 € werden insbesondere die Familien mit geringem Einkommen entlastet. Gleichzeitig sorgt die Einführung einer zusätzlichen Einkommensstufe dafür, dass die Beitragserhöhungen in den oberen Einkommenssegmenten moderat ausfallen.

Votum aus der politischen Begleitgruppe:

Die Vertretung des Jugendamtselternbeirates favorisiert eine Entlastung aller Beitragszahlenden, was für eine Umsetzung eines zusätzlichen beitragsfreien Kitajahres spricht.

Die politischen Vertreter der Begleitgruppe haben deutlich herausgestellt, dass die von der Verwaltung dargestellten Alternativen eine gute Grundlage sind, um in den Fraktionen eine differenzierte Diskussion und Meinungsbildung herbeizuführen.


Anlagen:

1.      Analyse Ist-Zustand und Veränderungen

2.      Übersicht Höchstbeitrag Mittelwert NRW

3.      Übersicht der finanziellen Auswirkungen

4.      Elternbeitrags-Tabellen im Vergleich

5.      Synopse Änderung Elternbeitragssatzung ab 01.08.2026