Betreff
Jahresbericht 2024 - SGB II
Vorlage
222/25
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht des Jobcenters der Stadt Rheine (SGB II) über die Entwicklungen und Tendenzen zur Kenntnis.   


Begründung:

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses einmal jährlich über die Entwicklungen und Tendenzen im Jobcenter der Stadt Rheine zu informieren.

Sachdarstellung:

1.    Arbeitsmarktdaten/Entwicklungen

Seit Einführung des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) zum 1. Januar 2005 wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses jährlich fortlaufend über die Umsetzung des SGB II im Kreis Steinfurt berichtet.

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 hat der Kreis Steinfurt bzw. nach erforderlicher Änderung der Rechtsform des Grundsicherungsträgers zum 1. Juli 2021 die jobcenter Kreis Steinfurt AöR die aktuelle Organisation des jobcenters (SGB II) vorgegeben. Seitdem bzw. weiter unverändert liegen sämtliche aktive Leistungen (Integration in Arbeit, Eingliederungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten u. a.) in der Zuständigkeit der jobcenter Kreis Steinfurt AöR, und die Kommunen sind für die passiven Leistungen (reines Leistungsrecht; Grundsicherungsleistungen) zuständig.

Grundsätzlich kann und wird an dieser Stelle immer auf den jeweils beigefügten Jahres-/Geschäftsbericht der jobcenter Kreis Steinfurt AöR verwiesen werden. Der Jahresbericht stellt den Sachstand und die Entwicklungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Kreisebene dar. Da in diesem Jahr dieser Geschäftsbericht der jobcenter Kreis Steinfurt AöR aktuell leider noch nicht veröffentlich ist, sind dieser und damit die Zahlen auf Kreisebene abzuwarten und nach Veröffentlichung einzusehen. Dieser Geschäftsbericht wird dann voraussichtlich dem Protokoll beigefügt oder bestenfalls noch vor der Sitzung als Information bekannt gemacht werden können.

Die Statistikwerte für den Regionalbereich Rheine sind jedoch bereits erhoben und in diesem Bericht dargestellt.

Mit der zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Reform des Grundsicherungsrechtes wurde der Übergang zum Bürgergeld vollzogen. Damit wurden die zuletzt pandemiebedingt geschaffenen (Sonder-)Regelungen im SGB II insbesondere bezogen auf die Übernahme/Anerkennung von (tatsächlichen) Unterkunftskosten, die Vermögensprüfung und den Vermögenseinsatz weitestgehend, in Teilen ergänzt mit rechtlich fixierten Karenzzeiten, übernommen als auch energiekosten- und inflationsbedingt die maßgeblichen Regelbedarfssätze außergewöhnlich hoch angepasst. Eine ähnliche Erhöhung der Regelbedarfssätze wurde ebenfalls zum 1. Januar 2024 beschlossen und umgesetzt. Im Ergebnis bewirkten alle diese Änderungen bzw. Anpassungen im Ergebnis einen vereinfachteren Zugang ins Grundsicherungssystem.

Nachfolgende Ausführungen und Tabellen geben einen Überblick zu den Entwicklungen der SGB II-Arbeitsmarktdaten in der Stadt Rheine in den letzten fünf Jahren (jeweils zum Stand 31. Dezember):

2020

2021

2022

2023

2024

Bedarfsgemeinschaften (BG)

2.498

2.396

2.587

2.627

2.691

Regelleistungsberechtigte

4.780

4.548

4.992

5.020

5.170

Erwerbsfähige Leistungs-

berechtigte insgesamt

3.343

3.164

3.443

3.540

3.643

Arbeitslose im Rechtskreis SGB II

1.578

1.554

1.876

1.787

2.007

Erwerbsfähige Leitungsberechtigte unter 25 Jahren

654

559

608

656

712

Nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte

1.437

1.384

1.549

1.480

1.527

Quelle: Arbeitsmarktreport jobcenter Kreis Steinfurt AöR

Zwar war bis zum Jahr 2021 die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften u. a. stichtagbezogen entsprechend der insgesamt positiven Entwicklung des allgemeinen Arbeitsmarktes und trotz der pandemiebedingten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einschränkungen kontinuierlich abfallend. Es erfolgten mehr nachhaltige Integrationen in weitgehend bedarfsdeckende Erwerbstätigkeiten. Diese Tendenz änderte sich im Jahr 2022 jedoch schlagartig mit der Ukraine-Krise, der damit einhergehenden Flüchtlingsströme und des zum 1. Juni 2022 von der Bundesregierung beschlossenen Rechtskreiswechsels vom AsylbLG ins SGB II. Somit sind zunächst stichtagsbezogen (zum 1. Juni 2022) für den Regionalbereich Rheine knapp 300 Bedarfsgemeinschaften mit über 600 Personen aus der Ukraine in das System der Grundsicherung übergegangen. Auch die seitdem weiter aus der Ukraine geflüchteten Personen sind folglich über Grundsicherungsleistungen versorgt worden. Zwar konnte eine Eins-zu-Eins-Erhöhung der Bedarfsgemeinschaften entsprechend der ins System weiter einströmenden „Ukraine“-Flüchtlinge durch die Kompensation der Zugänge durch gleichzeitig erfolgte Abgänge (Um-/Weiter-/Rückzüge und/oder auch Arbeitsaufnahmen) weitestgehend vermieden werden, dennoch musste bedingt durch die zunehmende Schwächung der Wirtschaft und damit des allgemeinen Arbeitsmarktes im gesamten Bundesgebiet folglich in den zu Letzt vergangenen Jahren weiter eine leicht negative Entwicklung der oben genannten Kennzahlen verzeichnet werden.

2.    Struktur der Leistungsempfänger

a)  Aufstocker

Bei den SGB II-Leistungsempfängern wird dem Grunde nach unterschieden zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Erwerbstätige Bürgergeld-Bezieher werden definiert als erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb), die einen laufenden Leistungsanspruch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und gleichzeitig Bruttoeinkommen aus abhängiger und/oder selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen. Häufig sind die Erwerbseinkünfte nicht ausreichend, so dass ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II erbracht werden müssen (= sog. Aufstocker). Darüber hinaus sind auch bei Empfängern von Arbeitslosengeld (SGB III) und Renteneinkünften (SGB VI) aufstockende Leistungen zu erbringen.

Eine interne Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR, jeweils mit Stand 31. Dezember des Jahres, hat nachfolgendes Ergebnis hinsichtlich ergänzender SGB II-Leistungen erbracht:

2022

2023

2024

Personen mit Einkommen aus abhängiger
Erwerbstätigkeit

717

716

811

                davon mit Einkommen (brutto) bis zur Geringfügigkeitsgrenze

380

352

367

                davon mit Einkommen (brutto) über der Geringfügigkeitsgrenze

337

364

444

Personen mit Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit

25

24

37

Personen mit Bezug von Arbeitslosengeld I

54

61

69

Quelle: statistische Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

Die Gesamttendenz der „Aufstocker“ ist auf Grund des oben bereits beschriebenen Anstieges der Bedarfsgemeinschaften und der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf das jeweilige ganze Jahr (Jahresende) gesehen ebenfalls ansteigend. Verstärkt wurde diese Tendenz ebenfalls u. a. durch die ungewöhnlich hohe Anpassung der Regelbedarfssätze und auch durch die gesetzlich vorgegebene längerfristige Anerkennung der tatsächlichen Unterkunftskosten.

b) Nationalitäten/Staatsangehörigkeiten

Die Verteilung der Nationalitäten/Staatsangehörigkeiten der leistungsbeziehenden Personen stellt sich mit Stand Dezember 2024 wie folgt dar:

Der Anteil der ausländischen Leistungsbezieher/-innen ist mit 45 % wie im Vorjahr auch weiterhin noch knapp unterhälftig.

Die Anzahl der ukrainischen Leistungsbezieher/-innen hat sich im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig verändert/vermindert und war durchgängig gekennzeichnet durch stetige Bewegungen innerhalb dieser Personengruppe, sprich Zugänge (z. B. Flucht, Familiennachzug) als auch Abgänge (z. B. Um-/Wegzug, Arbeitsaufnahme).

3.    Bildungs- und Teilhabepaket

Die Leistungen des zum 1. April 2011 eingeführten Bildungs- und Teilhabepaketes sind in den §§ 28, 29 SGB II verankert. Das Bildungs- und Teilhabepaket hat das Ziel, Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen zu fördern und zu unterstützen. Sie sollen nicht von Kultur, Sport und Freizeit, Mittagessen, Ausflügen und Klassenfahrten, Schülerfahrtkosten und Lernförderung ausgeschlossen sein, weil das Geld nicht ausreichend ist.

Ab dem 1. April 2011 können diese Kinder und Jugendlichen zum Beispiel bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitfahren, Sport- und Musikangebote nutzen, bei Bedarf Nachhilfe bekommen oder am gemeinsamen Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagesmutter teilnehmen.

Eine Erfassung der Leistungen durch den Kreis Steinfurt bzw. die jobcenter Kreis Steinfurt AöR für die Stadt Rheine hat in den vergangenen fünf Jahren nachfolgende Ergebnisse erbracht:

Jahreswerte - geförderte Kinder nach Leistungsart *

Klassen-

fahrten/

Ausflüge

(eintägig)

Klassen-

fahrten/

Ausflüge

(mehrtägig)

Persön-

licher

Schul-

bedarf

Schüler

beförder-

ung

Lern-

förder-

ung

Gemein-

schaftliche

Mittagsver-

pflegung

Teilhabe
am sozialen u. kulturellen
Leben

Summe
der ge-
förderten
Kinder

2020

?

701

2.139

6

376

1.885

801

5.908*

2021

?

425

2.233

12

332

1.861

622

5.485*

2022

?

758

2.398

11

397

2.132

883

6.579*

2023

auf Grund eines (unterjährigen) Systemwechsels nicht mess- und darstellbar

2024

865

845

2.820

11

485

2.582

1.365

8.973*

Quelle: statistische Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

*inkl. Inanspruchnahme von Mehrfachleistungen (tatsächlich im Jahr 2020 = 3.050 Förderkinder, im Jahr 2021 = 3.067 Förderkinder, im Jahr 2022 = 3.348 Förderkinder, im Jahr 2023 = ???? Förderkinder und im Jahr 2024 = 3.910 Förderkinder)

Im Bereich der BuT-Leistungsgewährung ist auf Kreisebene unterjährig (im Jahr 2023) ein Wechsel des Fachverfahrens erfolgt, der eine valide Datenerhebung und Statistikauswertung in dem Jahr unmöglich machte. Für/Ab dem Jahr 2024 erfolgt die Datenerhebung und Statistikauswertung dann direkt aus dem (neuen) Fachverfahren heraus. Somit konnten auch erstmalig die eintägigen Klassenfahrten/Ausflüge miterfasst und dargestellt werden.

Ohne die absolute Vergleichbarkeit der Statistikwerte des Jahres 2024 mit denen der Vorjahre abschließend beurteilen zu können, ist festzustellen, dass die Anzahl der BuT-geförderten Kinder je Leistungsart sich durchgängig deutlich erhöht hat. Dieses ist neben der beständigen Beratung der Mitarbeitenden in der Leistungsabteilung auch der Beratung der Netzwerkpartner vor Ort, insbesondere den BuT-Lotsen in den Schulen und Einrichtungen geschuldet. Darüber hinaus zeigt nun, u. a. nach der Zeit der Corona-Pandemie, ebenfalls das bereits zum 1. August 2019 in Kraft getretene Starke-Familien-Gesetz mit den zusätzlich verbesserten Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes Wirkung. Nicht nur die Eltern wurden damit finanziell entlastet, sondern es fiel auch u. a. durch die teilweise festgeschriebene Antragsunabhängigkeit der Leistungen ein Teil Bürokratieaufwand für Eltern, Dienstleister und Verwaltung weg.

Die auf Grund der in Anlehnung an die jährliche Regelbedarfsanpassung erfolgte Dynamisierung beläuft sich das Schulbedarfspaket inzwischen auf 195,00 € pro Schuljahr. Die monatliche Teilhabeleistung liegt weiterhin bei 15,00 € und die Eigenanteile der Eltern für Mittagsverpflegung und Lernförderung fallen nicht (mehr) an.

4.    Finanzierung/kommunale Aufwendungen

Entsprechend der zuletzt am 29. Juni 2021 novellierten Fassung der Satzung des Kreises Steinfurt zur Regelung der Beteiligung der Städte und Gemeinden an den kommunalen Kosten des SGB II beteiligen sich im Rahmen der Aufgabendelegation die Städte und Gemeinden mit 50 % an den kommunalen Kosten des SGB II (§ 5 Abs. 5 S.1 AG SGB II NRW). Hierdurch soll eine Zusammenführung von Aufgaben- und Finanzverantwortung erreicht werden. Gleichzeitig verpflichtet § 5 Abs. 5 S. 3 AG SGB II NRW den Kreis aber auch, ob und in welcher Weise ein Härteausgleich durch Satzung festgelegt wird, wenn infolge erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet die Beteiligung kreisangehöriger Gemeinden an den Aufwendungen für diese zu einer erheblichen Härte führt.

Nach dem inzwischen durchlaufenen gerichtlichen Verfahren, welches für die Stadt Rheine im Zuge eines Vergleiches einhergehend mit einer für die Jahre 2012 bis 2016 erfolgten Härteausgleichsnachzahlung in Höhe von 1.795 Mio. € abgeschlossen wurde, gilt nun für den Bereich der jobcenter Kreis Steinfurt AöR folgende Regelung des Härteausgleichs:

a)  Gemäß § 5 Abs. 5 S. 3 AG SGB II werden für das Bestehen erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet für einzelne Kommunen folgende Kriterien festgelegt:

·         SGB II-Quote

·         Gesamt-Arbeitslose pro Einwohner

·         SGB II-Arbeitslose pro Einwohner

·         SGB II-Kosten pro Einwohner

Erhebliche strukturelle Unterschiede im Kreisgebiet werden für die Städte und Gemeinden festgestellt, in denen mindestens zwei der oben angegebenen vier beschriebenen Werte in mindestens drei der vorausgegangenen vier Kalenderjahre um mindestens 25 % vom Kreisdurchschnitt negativ abweichen.

b)   Eine erhebliche finanzielle Härte wird für die Städte und Gemeinden unter folgenden Voraussetzungen festgestellt:

·         Es liegen erhebliche strukturelle Unterschiede gegenüber dem Kreisgebiet vor und

·         die Belastung durch die Spitzabrechnung nach den Vorgaben des § 5 Abs. 5 S. 1 AG SGB II NRW und der Kostenbeteiligungssatzung sind im Verhältnis zur hälftigen (fiktiven) Kreisumlage, die zur Deckung der Kosten zu leisten wäre, um mehr als 20 % höher.

c)  Ein Ausgleich der finanziellen Härte erfolgt, indem im Rahmen der Abrechnung der Kostenbeteiligung die Mehrbelastung der betroffenen Städte und Gemeinden auf 20 % (siehe oben) begrenzt wird. Die Entlastungsbeträge werden im Rahmen der Abrechnung auf die anderen Städte und Gemeinden im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Kreisumlage verteilt.

Die kommunalen SGB II-Aufwendungen für die Stadt Rheine stellen sich im Vergleich der Jahre 2022, 2023 und 2024 wie folgt dar:


Beteiligung an den Aufwendungen für
kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1
Nr. 2 SGB II

Rheine

 

 

 

2022

2023

2024

 

 

KdU

 

12.681.612,51 €

14.216.287,01 €

15.249.548,78€

 

-

Einnahmen kommunal

 

703.030,93 €

752.538,58 €

770.670,13€

 

-

FlüKdU (volle Kostendeckung)

 

entfällt

entfällt

entfällt

 

-

Beteiligung Bund flüchtlingsbedingt

2,20 %

entfällt

entfällt

entfällt

 

=

KdU verbleibend 

 

11.978.581,58 €

13.463.748,43 €

14.478.878,65€

 

 

  

 

-

Beteiligung Bund KdU

26,40 %

3.162.345,54 €

3.554.429,57 €

3.822.423,96 €

 

-

Beteiligung Bund BuT-VerwK

1,20 %

143.742,98 €

161.564,98 €

173.746,54 €

 

 

  

 

 

=

Kommunale KdU

 

8.672.493,06 €

9.747.753,86 €

10.482.708,14€

 

 

 

 

+

Wohnungsbeschaffungskosten

§ 22 VI

 

74.867,34 €

165.277,60 €

112.713,13 €

 

+

Übernahme Mietschulden § 22 VIII

 

2.250,37 €

37.485,52 €

27.292,76 €

 

+

Instandhaltungskosten § 22 II

 

in KdU enth.

in KdU enth.

in KdU enth.

 

+

Einmalige Leistungen

 

455.287,39 €

334.317,72 €

355.653,69 €

 

 

 

 

 

=

 

 

9.204.898,16 €

10.284.834,70 €

 10.978.367,72€

 

 

 

 

 

-

Anteil Wohngeldausgleich

 

1.132.707,98 €

1.132.707,98 €

1.458.092,46 €

 

-

Anteil Entlastung Ukraine   

 

254.901,94 €

410.671,65 €

entfällt

 

 

 

 

7.817.288,24 €

8.566.601,32 €

9.520.275,26 €

 

 

  

 

 

x

Kostenbeteiligung

50,00 %

3.908.644,12 €

4.283.300,66 €

4.760.137,63 €

 

+/-

Härteausgleich

 

-      451.438,85 €

-      490.571,62 €

-93.091,84 €

 

 

 

 

 

=

verbleiben

3.457.205,27 €

3.792.729,04 €

4.667.045,79 €

 

Quelle: statistische Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

Die Finanzierungssystematik im SGB II reduziert bei Erzielung von Einnahmen zunächst die Kosten des Bundes (Bürgergeld; Regel- und Mehrbedarfe) und danach die kommunalen Kosten (Kosten der Unterkunft, einmalige Leistungen u. a.).

Die Entwicklung der kommunalen SGB II-Aufwendungen geht vom Grunde her einher mit der Entwicklung der SGB II-Leistungsfälle. Hier spiegelt sich für das Jahr 2022 (anteilig ab Juni 2022) und ab dem Jahr 2023 der Fallzuwachs durch die ins System geströmten „Ukraine-Flüchtlinge“ deutlich wider.

Verstärkt wurde diese Tendenz durch die leistungsrechtlich verpflichtende Anerkennung/Übernahme der tatsächlichen, in Teilen unangemessenen Kosten der Unterkunft. Die Einleitung etwaiger notwendiger Kostensenkungsverfahren war bzw. ist auf Grund der coronabedingten Sonderregelungen (bis 31.12.2022), die ebenfalls ins Bürgergeld (ab 1. Januar 2023) übernommen wurden, nicht bzw. erst nach Ablauf inzwischen rechtlich fixierter Karenzzeiten (i. d. R. ein Jahr) zuzüglich eines angemessenen Abmahnungszeitraumes (i. d. R. ein halbes Jahr) möglich.

Der Wegfall der Einnahmeposition der FlüKdU (= vollständige Kostendeckung aus Bundesmitteln entsprechend der Statistik der Bundesagentur für Arbeit) belastet die kommunale Kostenseite ab dem Jahr 2022 weiterhin massiv. Eine Fortschreibung dieser Kostenbeteiligung im bisherigen Ausmaß ist nicht erfolgt, sondern vielmehr fließt ein vergleichbarer Landeszuschuss lediglich direkt dem Kreis zu. Über die daraus resultierende verminderte Kreisumlage ist jedoch kein finanzieller Ausgleich zu erwarten, so dass sich durch diese Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben (= erhöhter Anteil an den komm. Aufwendungen) ein zusätzliches Defizit im kommunalen Haushalt ergeben hat.

Auch die erstmalig im Jahr 2022 geleistete „Entlastung Ukraine“ als zusätzliche Entlastung seitens des Bundes für die Jahre 2022 und 2023 fing das oben beschriebene Finanzloch nur sehr geringfügig ab. Darüber hinaus ist die Fortschreibung dieser Entlastungsleistung ebenfalls nicht erfolgt und wurde im Jahr 2024 nicht mehr gezahlt.

Zuletzt erschwerend bzw. haushaltsbelastend kommt seit dem Jahr 2024 hinzu, dass sich der oben beschriebene vorgegebene Härteausgleich erheblich reduziert hat. Die Ermittlung dieses Härteausgleiches hängt auch mit den Verknüpfungen und den Verhältnismäßigkeiten der Kostenentwicklung der übrigen kreisangehörigen Gemeinden zusammen. So liegt die Ursache für den geminderten Härteausgleich u. a. darin begründet, dass die Netto-KdU der Stadt Rheine im Verhältnis zu der Kreisumlage und im Vergleich zu den übrigen Gemeinden in der Stadt Rheine weniger stark gestiegen sind.

5.    Widersprüche/Klagen

Entsprechend dem geltenden Rechtstaatsprinzip können und werden Entscheidungen im Zuge der SGB II-Leistungsgewährungen von den Berechtigten im Rahmen von Widerspruchs- und Klageerhebungen hinterfragt und überprüft. Zuständige Widerspruchsbehörde ist hier der Kreis Steinfurt (als Träger der Grundsicherung) bzw. die jobcenter Kreis Steinfurt AöR. Für die weitere Rechtmäßigkeitsprüfung der Widerspruchsbescheide ist erstinstanzlich das Sozialgericht Münster zuständig.

Die beiden nun folgenden Tabellen geben einen Überblick zur Entwicklung der Widersprüche und Klagen für den Bereich des jobcenters der Stadt Rheine:


Entwicklung der Widersprüche Rheine

Widersprüche

2020

2021

2022

2023

2024

Eingegangene
Widersprüche

101

73

79

85

133

davon:

unerledigt

4

4,0%

2

2,7%

6

7,6%

34

40,0%

47

35,3 %

erledigt

97

96,0%

71

97,3%

73

92,4%

51

60,0%

86

64,7 %

von den erledigten Verfahren:

voller Erfolg des
Widerspruchsführers

6

6,2%

4

5,6%

5

6,8%

7

13,7%

15

17,4 %

Teilerfolg des
Widerspruchsführers

5

5,2%

5

7,0%

4

5,5%

3

5,9%

7

8,1 %

Vergleich

5

5,2%

4

5,6%

0

0,0%

0

0,0%

0

0,0 %

Rücknahme/

Erledigung

11

11,3%

7

9,9%

6

8,2%

4

7,8%

8

9,3 %

Zurückweisung

70

72,2%

51

71,8%

58

79,5%

37

72,5%

56

65,1 %

Quelle: Interne Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

Entwicklung der Klagen Rheine

Klagen

2020

2021

2022

2023

2024

Gesamtverfahren

50

100,0%

26

100,0%

17

100,0%

35

100,0%

33

100,0 %

davon:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

unerledigte Verfahren

2

4,0%

0

0,0%

7

41,2%

24

68,6%

18

54,6 %

erledigte Verfahren

48

96,0%

26

100,0%

10

58,8%

11

31,4%

15

45,5 %

von den erledigten
Verfahren:

Erfolg des Klägers

1

2,1%

3

11,5%

0

0,0%

0

0,0%

1

6,7 %

Vergleich

2

4,2%

6

23,1%

1

10,0%

0

0,0%

0

0,0 %

Rücknahme/

Erledigung

30

62,5%

13

50,0%

7

70,0%

9

81,8%

13

86,7 %

Zurückweisung

15

31,3%

4

15,4%

2

20,0%

2

18,2%

1

6,7 %

Quelle: Interne Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

6.    Sanktionen bzw. Leistungsminderungen

Sowohl aus dem Nachrangigkeitsgrundsatz als auch dem rechtlich fixierten Grundsatz „Fordern und Fördern“ ergibt sich, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb) und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu verringern. Wenn dem eLb Arbeit zumutbar ist, muss er sich aktiv darum bemühen, seine Hilfebedürftigkeit zu beenden und aktiv an allen Maßnahmen mitwirken, die dieses Ziel unterstützen. Kommen die Leistungsberechtigten diesen Verpflichtungen ohne wichtigen Grund (wie zum Beispiel bei Meldeversäumnissen und Pflichtverletzungen) nicht nach, treten Sanktionen bzw. mit Einführung der Bürgergeldreform zum 1. Januar 2023 Leistungsminderungen ein, die nach aktueller Rechtslage unter Berücksichtigung des BVerfG-Urteil vom 5. November 2019 zur Rechtmäßigkeit der Sanktionsregelungen im SGB II eine Kürzung in Höhe von 10 % bis max. 30 % des maßgeblichen Regelsatzes für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten vorsehen können. Ebenfalls sind danach bei der rechtmäßigen Durchsetzung von Sanktionen/Leistungsminderungen außergewöhnliche Härtefallregelungen und die etwaige Nachholung von Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen.

Aus der nachfolgenden Übersicht ist die Anzahl der erwerbsfähigen Leistungsbezieher (eLb) mit mindestens einer Sanktion zum Stichtag Dezember der Jahre 2022, 2023 und 2024 zu entnehmen:

Dez. 2022

Dez. 2023

Dez. 2024

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb); insgesamt

3.443

3.540

3.643

davon eLb 25 Jahre und älter

2.835

2.884

2.931

davon eLb unter 25 Jahren

608

656

712

erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb) mit

mindestens einer Sanktion; insgesamt

<3

8

32

davon eLb 25 Jahre und älter

<3

8

24

davon eLb unter 25 Jahre

0

0

8

Quelle: statistische Auswertung der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

Dabei ist festzustellen, dass für den maßgeblichen Personenkreis jeweils über 80 % der ausgesprochenen Sanktionen bzw. Leistungsminderungen aus Meldeversäumnissen resultieren.

Die im Verlauf der letzten Jahre deutlich verminderte Anzahl an Sanktionen/Leistungs-minderungen ist insbesondere auf die rechtlichen Auswirkungen des o. a. BVerfG-Urteils vom 5. November 2019 zur Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen im SGB II als auch dem tatsächlichen überwiegenden coronabedingten Aussetzen von Sanktionen bis hin zum Sanktionsmoratorium (vgl. 11. SGB II-Änderungsgesetz) ab dem Jahr 2022 zurückzuführen. Mit Einführung bzw. Umsetzung der Bürgergeldreform zum 1. Januar 2023 wurde bei der Arbeitsvermittlung (aktive Leistungsgewährung) der Schwerpunkt des Handelns und der Zusammenarbeit auf das Prinzip der Freiwilligkeit und Kooperation gelegt. Auf dieser Handlungsgrundlage wurden bis Ende 2023 unverbindliche Kooperationspläne mit den eLb geschlossen, sprich ohne Sanktions- bzw. Minderungsansätze. Erst ab dem Jahr 2024 und insbesondere infolge der Verabschiedung des Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 durch den Bundestag am 27.03.2024, womit zu einer Verschärfung bei den Regelungen zu den Leistungsminderungen gekommen ist, wird seitens der hiesigen Arbeitsvermittlung auch wieder mehr auf das Instrument bzw. die Rechtsfolge der Sanktionen/Leistungsminderungen zurückgegriffen.

7.    Aktuelles/Ausblick

a) Netzwerkarbeit

Wie bereits im Jahresbericht des vergangenen Jahres beschrieben ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Arbeit im jobcenter die Vernetzung mit anderen Institutionen und Beratungsstellen, da die Problemlagen der betroffenen Menschen sich häufig nicht nur auf das Thema Arbeitsmarktintegration konzentrieren. Oft kommen eine Vielzahl von Vermittlungshemmnissen zusammen.

Die bestehenden Netzwerke und Kooperationen u. a. mit der Fachstelle Wohnraumsicherung der Stadt Rheine, dem Team Beratung und Begleitung von Zuwanderern der Stadt Rheine, dem KIM-Casemanagement als auch den Beratungsstellen der freien Träger (Caritasverband Rheine e. V. und Lernen Fördern) wurden verfestigt und werden in regelmäßigen, verschiedenen Austauschprozessen genutzt.

Auch noch im Jahr 2024 konnte das in Kooperation mit der Caritasverband Rheine e. V./ Gemeindecaritas vorbereitete Projekt „Ausfüll-/Formularhilfen“ umgesetzt werden und an den verschiedenen Standorten im Stadtgebiet an den Start gehen. Dort unterstützt jeweils ein Pool von ehrenamtlichen Kräften die dort auflaufenden Menschen bei verschiedenen Behördenanliegen, u. a. bei SGB II-Anträgen, und stellt damit trotz der Beratung der Verwaltungsmitarbeitenden eine wertvolle Ergänzung zum gesetzlich vorgegebenen Antragsprocedere dar.

b) Reform des Bürgergeldes (SGB II)

Die „Re-Reformierung“ des Bürgergeldes durch die neue Bundesregierung ist programmatisch angekündigt. Das Ob, Wann und Wie bleibt aktuell jedoch noch abzuwarten.

c) Umstrukturierung/Neuorganisation der jobcenter Kreis Steinfurt AöR

Die jobcenter Kreis Steinfurt AöR wird umstrukturiert und damit neuorganisiert. Die großen Eckpunkte dabei sind

·         die Bildung von Dienstleistungszentrum im Bereich des Grundsicherungsträgers (Kreis Steinfurt),

·         die Rücknahme bzw. Rückgabe der Delegation im Bereich der passiven Leistungsgewährung von bzw. an die jobcenter Kreis Steinfurt AöR.

Dieses wird zwangsläufig sowohl strukturelle, organisatorische und personelle Auswirkungen für die beteiligten Institutionen haben. Es bleiben aktuell ebenfalls die weiteren Maßnahmen und Entwicklungen abzuwarten. Hierzu wurde und wird laufend mündlich im Ausschuss informiert.