Betreff
Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH - Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrages (öDA)
Vorlage
252/25
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

  1. Die Stadt Rheine betraut die Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH mit Wirkung zum 01.01.2026 im Wege einer Direktvergabe für eine Laufzeit von zehn Jahren mit der Erbringung des Stadtverkehrs im Gebiet der Stadt Rheine nach Maßgabe des als Anlage beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf Grundlage von Art. 5 Abs. 1 VO 1370/2007 in Verbindung mit § 108 GWB.

2.      Der Rat der Stadt Rheine beauftragt auf Empfehlung des Aufsichtsrates der Stadtwerke Rheine GmbH den Vertreter der Stadt Rheine in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Rheine GmbH, Herrn Dr. Peter Lüttmann, folgenden Beschluss zu fassen:

Die Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine GmbH wird angewiesen, in der Gesellschafterversammlung der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH folgenden Beschluss zu fassen:

Die Geschäftsführung der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH wird angewiesen, für die verbindliche Beachtung der Inhalte des als Entwurf beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags (Anlagen) Sorge zu tragen.

  1. Die Beschlüsse zu Ziffer 1. und 2. stehen unter dem Vorbehalt, dass ein Antrag nach § 89 Abgabenordnung (AO) auf verbindliche Auskunft an das zuständige Finanzamt über die steuerliche Unschädlichkeit des beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags (Anlagen) positiv beschieden wird.

  1. Die Verwaltung wird ermächtigt, redaktionelle Änderungen oder unwesentliche Korrekturen an dem als Anlage beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags und dessen Anlagen vorzunehmen. Zudem kann die Verwaltung weitere Änderungen selbstständig vornehmen, soweit hierdurch materiell keine wesentliche Veränderung herbeigeführt wird oder diese durch dritte Behörden veranlasst werden. Diese Änderungen dürfen ohne nochmalige Befassung durch den Rat der Stadt Rheine erfolgen, soweit diese keine weitergehenden Verpflichtungen der Stadt Rheine begründen.

  1. Die Verwaltung wird beauftragt und ermächtigt, nach Umsetzung des der Vorlage beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags gemäß der Ziffer 2 die Vergabe des vorgenannten öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Supplement zum EU-Amtsblatt (TED) bekannt zu machen.


Begründung:

Die Stadt Rheine, als große kreisangehörige Stadt, betreibt mit der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH (VSR) ein eigenes ÖPNV-Unternehmen. Als Aufgabenträgerin gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 ÖPNVG NRW obliegt ihr die Planung, Organisation und Gestaltung des ÖPNV in ihrem Zuständigkeitsbereich. Zugleich ist sie gemäß Art. 2 lit. c) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (VO 1370) in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ÖPNVG NRW als zuständige Behörde berechtigt, öffentliche Dienstleistungsaufträge (öDA) nach Art. 3 Abs. 1 VO 1370 zu vergeben.

Mit dem Ziel eine langfristige Sicherstellung des Stadtverkehrs zu gewährleisten, hat die Stadt mit Beschluss des Rats vom 05.12.2023 (Vorlage Nr. 491/23) entschieden, die VSR ab dem 01.01.2026 für einen Zeitraum von 10 Jahren im Wege einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 1 VO 1370 in Verbindung mit § 108 GWB mit der Erbringung des Stadtbusverkehrs betrauen zu wollen. Die entsprechende Vergabeabsicht wurde am 05.06.2024 über eine sogenannte Vorabinformation nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 im Amtsblatt der EU veröffentlicht (Veröffentlichungsnummer 331984-2024). Das Nahverkehrskonzept der Stadt Rheine wurde mit Beschluss des Rates der Stadt Rheine vom 03.12.2024 (Vorlage Nr. 472/24) angepasst. Die Konkretisierung der Leistungen im Nahverkehrskonzept erforderte eine Anpassung des ergänzenden Dokuments zur Vorinformation im Hinblick auf die darin enthaltenen Anforderungen. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt die Vorinformation am 23.12.2024 über eine Korrekturbekanntmachung (Veröffentlichungsnummer: 787686-2024) angepasst. Die mit der Veröffentlichung in Gang gesetzte dreimonatige Frist für Anträge auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Bussen und sonstigen Kraftfahrzeugen im Linienverkehr ist ereignislos verstrichen, sodass der Direktvergabeprozess unverändert betrieben werden konnte.

Ergänzend zu dem o.a. Grundsatzbeschluss hat der Rat am 02.07.2024 ebenfalls beschlossen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Direktvergabe nach der VO 1370 konzeptionell über die „Beteiligung an einem anderen kommunalen Verkehrsunternehmen“ erfolgen soll (Vorlage Nr. 256/24). Diverse Vorbereitungs- und Sondierungsgespräche haben dabei gezeigt, dass die Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM) sowohl rechtlich als auch verkehrlich für ein solches Modell einen idealen kommunalen Partner der VSR darstellt. Ausgehend davon ist mit den Hauptgesellschaftern der RVM (den Kreisen Steinfurt, Borken, Coesfeld und Warendorf) sowie deren Geschäftsführung eine gesellschaftsrechtliche Minderheitsbeteiligung sowie eine Einbindung in das RVM-Kontrollsystem verhandelt, die erforderlichen Verträge und Vereinbarungen (insbesondere Anteilskaufvertrag und Gesellschaftsvertrag RVM) abgeschlossen sowie die Zustimmung der Kommunalaufsicht zu dem Erwerb der Beteiligung an der RVM durch die VSR erfolgreich eingeholt worden. Die VSR ist inzwischen an der RVM beteiligt.

Da die nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 vor Umsetzung der Direktvergabe einzuhaltende Wartefrist von zwölf Monaten Anfang Juni 2024 abgelaufen ist, kann die Stadt Rheine die VSR nunmehr mit Wirkung zum 01.01.2026 für einen Zeitraum von 10 Jahren mit der Erbringung des Stadtverkehrs Rheine unter Berücksichtigung der einschlägigen nationalen sowie europäischen Rechtsprechung gemäß Art. 5 Abs. 1 VO 1370 in Verbindung mit § 108 Abs. 1 GWB mittels entsprechendem Ratsbeschluss und anschließender gesellschaftsrechtliche Umsetzungen betrauen.

Die einzuhaltenden rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Inhousevergabe nach § 108 GWB liegen vor. An der VSR besteht keine private Beteiligung (§ 108 Abs. 1 Nr. 3 GWB). Sie steht mittelbar über die SWR zu 100% im Eigentum der Stadt Rheine, die über diese eine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausüben kann (§ 108 Abs. 1 Nr. 1 GWB). Die Tätigkeiten der VSR dienen im Übrigen zu mehr als 80% der Ausführung von Aufgaben, mit denen sie von der Stadt Rheine betraut wurde (§ 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Darüber hinaus erbringt die VSR auch einen bedeutenden Teil der öffentlichen Personenverkehrsdienste gem. Art. 4 Abs. 7 Satz 2 VO 1370 selbst. Jenseits der bereits bestehenden Eigenleistungen kann sich die VSR nämlich die operativen Leistungsanteile der RVM zurechnen lassen, da die Inhouse-Voraussetzungen auch im Verhältnis zwischen ihr und der RVM nach § 108 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 7 GWB eingehalten sind.

Die Stadt verzichtet mit der Direktvergabe dabei bewusst auf die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens zur Vergabe von Verkehrsleistungen. Vorrangige Ziele der Direktvergabe sind der Erhalt und die Stärkung der Qualität des Nahverkehrs sowie die Nutzbarmachung der steuerlichen Effekte aus der Verrechnung der Gewinne der SWR mit den Verkehrsverlusten der VSR aus der von Seiten der Stadt Rheine betrauten Verkehrsleistung.

Um diesen steuerlichen Vorteil auch rechtsverbindlich abzusichern, wird der Entwurf des öDA dem zuständigen Finanzamt zur Erlangung einer verbindlichen Auskunft vorgelegt (§ 89 Abs. 2 AO).

Die Betrauung der VSR durch die Stadt erfolgt formal als öffentlicher Dienstleistungsauftrag gemäß Art. 3 Abs. 1 VO 1370, der als Ratsbeschluss und anschließende rechtsverbindliche Umsetzung mittels gesellschaftsrechtlicher Weisung des Vertreters der Stadt Rheine in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Rheine GmbH (SWR) gegenüber der Geschäftsführung der SWR und anschließender gesellschaftsrechtlicher Weisung der Vertreterin der SWR in der Gesellschafterversammlung der VSR gegenüber der Geschäftsführung der VSR ausgestaltet wird. Bedingung für die Wirksamkeit dieser Beschlüsse ist die Bestätigung der steuerlichen Unbedenklichkeit der gewählten öDA-Ausgestaltung, insb. hinsichtlich der Aufrechterhaltung des steuerlichen Querverbundes sowie des uneingeschränkten Fortbestehens des Ergebnisabführungsvertrags zwischen der SWR und der VSR.


Anlagen:

Anlage 1: Entwurf öffentlicher Dienstleistungsauftrag (öDA)

Anlage 2: Anlagen zum öffentlichen Dienstleistungsauftrag (öDA)