Beschlussvorschlag/Empfehlung:
- Die Stadt Rheine betraut die Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH mit Wirkung zum 01.01.2026 im Wege einer Direktvergabe für eine Laufzeit von zehn Jahren mit der Erbringung des Stadtverkehrs im Gebiet der Stadt Rheine nach Maßgabe des als Anlage beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf Grundlage von Art. 5 Abs. 1 VO 1370/2007 in Verbindung mit § 108 GWB.
2.
Der Rat der Stadt
Rheine beauftragt auf Empfehlung des Aufsichtsrates der Stadtwerke Rheine GmbH
den Vertreter der Stadt Rheine in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke
Rheine GmbH, Herrn Dr. Peter Lüttmann, folgenden Beschluss zu fassen:
Die
Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine GmbH wird angewiesen, in der
Gesellschafterversammlung der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH
folgenden Beschluss zu fassen:
Die
Geschäftsführung der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH wird angewiesen,
für die verbindliche Beachtung der Inhalte des als Entwurf beigefügten
öffentlichen Dienstleistungsauftrags (Anlagen) Sorge zu tragen.
- Die Beschlüsse zu Ziffer 1. und 2. stehen unter dem Vorbehalt, dass
ein Antrag nach § 89 Abgabenordnung (AO) auf verbindliche Auskunft an
das zuständige Finanzamt über die steuerliche Unschädlichkeit des
beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags (Anlagen) positiv
beschieden wird.
- Die Verwaltung wird ermächtigt, redaktionelle Änderungen oder unwesentliche Korrekturen an dem als Anlage beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags und dessen Anlagen vorzunehmen. Zudem kann die Verwaltung weitere Änderungen selbstständig vornehmen, soweit hierdurch materiell keine wesentliche Veränderung herbeigeführt wird oder diese durch dritte Behörden veranlasst werden. Diese Änderungen dürfen ohne nochmalige Befassung durch den Rat der Stadt Rheine erfolgen, soweit diese keine weitergehenden Verpflichtungen der Stadt Rheine begründen.
- Die Verwaltung wird beauftragt und ermächtigt, nach Umsetzung des der Vorlage beigefügten öffentlichen Dienstleistungsauftrags gemäß der Ziffer 2 die Vergabe des vorgenannten öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Supplement zum EU-Amtsblatt (TED) bekannt zu machen.
Begründung:
Die Stadt Rheine,
als große kreisangehörige Stadt, betreibt mit der Verkehrsgesellschaft der
Stadt Rheine mbH (VSR) ein eigenes ÖPNV-Unternehmen. Als Aufgabenträgerin gemäß
§ 3 Abs. 1 Satz 1 ÖPNVG NRW obliegt ihr die Planung, Organisation und
Gestaltung des ÖPNV in ihrem Zuständigkeitsbereich. Zugleich ist sie gemäß Art.
2 lit. c) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (VO 1370) in Verbindung mit § 3
Abs. 2 ÖPNVG NRW als zuständige Behörde berechtigt, öffentliche
Dienstleistungsaufträge (öDA) nach Art. 3 Abs. 1 VO 1370 zu vergeben.
Mit dem Ziel eine
langfristige Sicherstellung des Stadtverkehrs zu gewährleisten, hat die Stadt
mit Beschluss des Rats vom 05.12.2023 (Vorlage Nr. 491/23) entschieden, die VSR
ab dem 01.01.2026 für einen Zeitraum von 10 Jahren im Wege einer Direktvergabe
nach Art. 5 Abs. 1 VO 1370 in Verbindung mit § 108 GWB mit der Erbringung des
Stadtbusverkehrs betrauen zu wollen. Die entsprechende Vergabeabsicht wurde am
05.06.2024 über eine sogenannte Vorabinformation nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 im
Amtsblatt der EU veröffentlicht (Veröffentlichungsnummer 331984-2024). Das
Nahverkehrskonzept der Stadt Rheine wurde mit Beschluss des Rates der Stadt
Rheine vom 03.12.2024 (Vorlage Nr. 472/24) angepasst. Die Konkretisierung der
Leistungen im Nahverkehrskonzept erforderte eine Anpassung des ergänzenden
Dokuments zur Vorinformation im Hinblick auf die darin enthaltenen
Anforderungen. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt die Vorinformation am
23.12.2024 über eine Korrekturbekanntmachung (Veröffentlichungsnummer:
787686-2024) angepasst. Die mit der Veröffentlichung in Gang gesetzte
dreimonatige Frist für Anträge auf Erteilung einer Genehmigung für einen
eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Bussen und sonstigen Kraftfahrzeugen im
Linienverkehr ist ereignislos verstrichen, sodass der Direktvergabeprozess
unverändert betrieben werden konnte.
Ergänzend zu dem
o.a. Grundsatzbeschluss hat der Rat am 02.07.2024 ebenfalls beschlossen, dass
die rechtlichen Voraussetzungen für die Direktvergabe nach der VO 1370
konzeptionell über die „Beteiligung an einem anderen kommunalen
Verkehrsunternehmen“ erfolgen soll (Vorlage Nr. 256/24). Diverse Vorbereitungs-
und Sondierungsgespräche haben dabei gezeigt, dass die Regionalverkehr
Münsterland GmbH (RVM) sowohl rechtlich als auch verkehrlich für ein solches
Modell einen idealen kommunalen Partner der VSR darstellt. Ausgehend davon ist
mit den Hauptgesellschaftern der RVM (den Kreisen Steinfurt, Borken, Coesfeld
und Warendorf) sowie deren Geschäftsführung eine gesellschaftsrechtliche
Minderheitsbeteiligung sowie eine Einbindung in das RVM-Kontrollsystem
verhandelt, die erforderlichen Verträge und Vereinbarungen (insbesondere
Anteilskaufvertrag und Gesellschaftsvertrag RVM) abgeschlossen sowie die
Zustimmung der Kommunalaufsicht zu dem Erwerb der Beteiligung an der RVM durch
die VSR erfolgreich eingeholt worden. Die VSR ist inzwischen an der RVM
beteiligt.
Da die nach Art. 7
Abs. 2 VO 1370 vor Umsetzung der Direktvergabe einzuhaltende Wartefrist von
zwölf Monaten Anfang Juni 2024 abgelaufen ist, kann die Stadt Rheine die VSR
nunmehr mit Wirkung zum 01.01.2026 für einen Zeitraum von 10 Jahren mit der
Erbringung des Stadtverkehrs Rheine unter Berücksichtigung der einschlägigen
nationalen sowie europäischen Rechtsprechung gemäß Art. 5 Abs. 1 VO 1370 in
Verbindung mit § 108 Abs. 1 GWB mittels entsprechendem Ratsbeschluss und
anschließender gesellschaftsrechtliche Umsetzungen betrauen.
Die einzuhaltenden
rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Inhousevergabe nach § 108
GWB liegen vor. An der VSR besteht keine private Beteiligung (§ 108 Abs. 1 Nr.
3 GWB). Sie steht mittelbar über die SWR zu 100% im Eigentum der Stadt Rheine,
die über diese eine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle
ausüben kann (§ 108 Abs. 1 Nr. 1 GWB). Die Tätigkeiten der VSR dienen im
Übrigen zu mehr als 80% der Ausführung
von Aufgaben, mit denen sie von der Stadt Rheine betraut wurde (§ 108 Abs. 1
Nr. 2 GWB). Darüber hinaus erbringt die VSR auch einen bedeutenden Teil der
öffentlichen Personenverkehrsdienste gem. Art. 4 Abs. 7 Satz 2 VO 1370 selbst.
Jenseits der bereits bestehenden Eigenleistungen kann sich die VSR nämlich die
operativen Leistungsanteile der RVM zurechnen lassen, da die
Inhouse-Voraussetzungen auch im Verhältnis zwischen ihr und der RVM nach § 108
Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 7 GWB eingehalten sind.
Die Stadt
verzichtet mit der Direktvergabe dabei bewusst auf die Durchführung eines
wettbewerblichen Verfahrens zur Vergabe von Verkehrsleistungen. Vorrangige
Ziele der Direktvergabe sind der Erhalt und die Stärkung der Qualität des
Nahverkehrs sowie die Nutzbarmachung der steuerlichen Effekte aus der
Verrechnung der Gewinne der SWR mit den Verkehrsverlusten der VSR aus der von
Seiten der Stadt Rheine betrauten Verkehrsleistung.
Um diesen
steuerlichen Vorteil auch rechtsverbindlich abzusichern, wird der Entwurf des
öDA dem zuständigen Finanzamt zur Erlangung einer verbindlichen Auskunft
vorgelegt (§ 89 Abs. 2 AO).
Die Betrauung der
VSR durch die Stadt erfolgt formal als öffentlicher Dienstleistungsauftrag
gemäß Art. 3 Abs. 1 VO 1370, der als Ratsbeschluss und anschließende
rechtsverbindliche Umsetzung mittels gesellschaftsrechtlicher Weisung des
Vertreters der Stadt Rheine in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke
Rheine GmbH (SWR) gegenüber der Geschäftsführung der SWR und anschließender
gesellschaftsrechtlicher Weisung der Vertreterin der SWR in der
Gesellschafterversammlung der VSR gegenüber der Geschäftsführung der VSR
ausgestaltet wird. Bedingung für die Wirksamkeit dieser Beschlüsse ist die
Bestätigung der steuerlichen Unbedenklichkeit der gewählten öDA-Ausgestaltung,
insb. hinsichtlich der Aufrechterhaltung des steuerlichen Querverbundes sowie
des uneingeschränkten Fortbestehens des Ergebnisabführungsvertrags zwischen der
SWR und der VSR.
Anlagen:
Anlage 1: Entwurf
öffentlicher Dienstleistungsauftrag (öDA)
Anlage 2: Anlagen
zum öffentlichen Dienstleistungsauftrag (öDA)