Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Beschlussvorschlag
der Antragsteller:
1. Der Rat beschließt die konsequente Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung und die Einführung ökologischer und sozial fairer Beschaffungsrichtlinien für die Stadt. Entsprechende Regelungen werden für ihre Eigenbetriebe beschlossen.
2. Der Rat der Stadt Rheine fordert die Stadtverwaltung auf, bei allen Vergaben ökologische und soziale Kriterien zu berücksichtigen. Dazu entwickelt sie kontinuierlich verbindliche Beschaffungsrichtlinien und Beschaffungskriterien für Produkte und Dienstleistungen. Die Kriterien sind mit der Marktentwicklung routinemäßig anzupassen.
3. Der IT-unterstützte Prozess von Vergaben ist um die Nachhaltigkeitsprüfung anzupassen: Bei Direktkäufen und vor Aufforderung zur Angebotsabgabe ist daher zu prüfen, ob eine Beschaffung unter ökologischen Kriterien und Kriterien des fairen Handels möglich ist. Die ILO-Kernarbeitsnormen sind immer einzuhalten.
Zur Markterkundung sollen im Wesentlichen der „Kompass Nachhaltigkeit“ ( www.kompass-nachhaltigkeit.de ) und die Informationen der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung ( https://www.nachhaltige-beschaffung.info/ ) herangezogen werden.
4. Der Nachweis zur Einhaltung der in den Vergabeunterlagen definierten ökologischen und sozialen Kriterien muss durch den Bieter durch ein unabhängiges Gütezeichen, die Mitgliedschaft in einer zuverlässigen Multi-Stakeholder-Initiative oder gleichwertige Nachweise erbracht werden.
5. Von dem Grundsatz in Ziffer 1 darf nur abgewichen werden, wenn es kein Produkt oder keine Dienstleistung gibt, das und die die notwendigen Produkt-/Dienstleistungseigenschaften und gleichzeitig ökologische und soziale Kriterien erfüllt.
6. Die Gesellschaften, an denen die Stadt beteiligt ist, werden aufgefordert, ebenso vorzugehen.
7. Die Verwaltung wird dazu einen Maßnahmenplan aufstellen, mit dem Ziel der Anpassung der Beschaffungsprozesse und der Überprüfung aller Produkte und Dienstleistungen in den nächsten drei Jahren. Sie berichtet dem Stadtrat oder dem HDF regelmäßig über die Entwicklungen der nachhaltigen Beschaffung und den dabei verwendeten Richtlinien.
Beschlussvorschlag
der Verwaltung:
Der Rat der Stadt Rheine lehnt eine verpflichtende
Ausweitung der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im
Vergabeverfahren über die bestehenden gesetzlichen Vorgaben hinaus ab.
Begründung:
Die Stadt Rheine bekennt
sich ausdrücklich zur Bedeutung nachhaltiger Beschaffung als einem zentralen
Ziel kommunalen Handelns. Bereits heute bietet der geltende Rechtsrahmen –
insbesondere § 97 Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
sowie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – vielfältige Möglichkeiten und
teilweise auch Verpflichtungen zur Berücksichtigung ökologischer, sozialer und
Governance-Kriterien in allen Phasen öffentlicher Vergabeverfahren. Diese
umfassen die Leistungsbeschreibung, Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie die
vertraglichen Ausführungsbedingungen.
Der Antrag sieht jedoch
eine darüber hinausgehende, verpflichtende Ausweitung der
Nachhaltigkeitsanforderungen in der städtischen Vergabepraxis vor. Eine solche
weitergehende Vorgabe würde zu erheblichen zusätzlichen Belastungen und
bürokratischem Aufwand führen – sowohl für die Fachabteilungen und die zentrale
Vergabestelle als auch für die am Verfahren beteiligten Unternehmen. Insbesondere
wären umfangreiche Zusatzprüfungen erforderlich, etwa zur Ermittlung geeigneter
Nachhaltigkeitskriterien, zur Bewertung gleichwertiger Nachweise oder zur
Einzelfallabwägung bei Marktverfügbarkeiten. Dies birgt die Gefahr längerer
Bearbeitungszeiten, vermehrter Bieterfragen, komplexerer Angebotswertungen
sowie einer erschwerten Marktzugänglichkeit, gerade für kleinere und
mittelständische Betriebe. Zudem ist mit erhöhten Beschaffungskosten zu
rechnen. Diese Effekte würden im Ergebnis das Ziel einer wirtschaftlichen,
mittelstandsfreundlichen und rechtssicheren Beschaffung konterkarieren.
Vor diesem Hintergrund
verfolgt die Stadt Rheine bewusst einen strategischen Ansatz, der auf die
Nutzung und Weiterentwicklung der vorhandenen rechtlichen Spielräume setzt.
Ziel ist es, ökologische und soziale Vergabekriterien dort verbindlich
anzuwenden, wo sie sachgerecht, marktkonform und wirksam sind – jedoch ohne den
Aufbau zusätzlicher bürokratischer Hürden. In diesem Sinne soll der
Wissenstransfer innerhalb der Verwaltung kontinuierlich ausgebaut und die
Handlungssicherheit der Beschaffungsstellen durch gezielte Schulungen und
Praxishilfen gestärkt werden.
Bereits heute ergreift die
Stadt konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Beschaffung. Dazu zählen u. a.:
§ die bevorzugte Verwendung
umweltfreundlicher Produkte,
§ die Digitalisierung von
Bestellprozessen über ein elektronisches Katalogsystem, das künftig ein
Ampelsystem für nachhaltige Artikel integriert,
§ die Umstellung des städtischen
Fuhrparks auf Elektromobilität,
§ sowie der verstärkte Einsatz von
Recyclingmaterialien, insbesondere bei Bauvorhaben.
Diese Initiativen zeigen:
Nachhaltigkeit wird in der Stadtverwaltung aktiv gelebt – mit Augenmaß und im
Rahmen der operativen Machbarkeit.
Gerade im Baubereich gilt
zudem: Der wirkungsvollste Hebel für mehr Nachhaltigkeit liegt bereits in der
Planungsphase. Hier können durch geeignete Festlegungen maßgebliche ökologische
Standards gesetzt werden – etwa bei Materialwahl, Energieeffizienz oder
Lebenszyklusbetrachtung. Auch hier erfolgt eine bewusste Integration
entsprechender Kriterien.
In Summe vertritt die Verwaltung daher die Auffassung, dass
der vorgeschlagene verbindliche Maßnahmenkatalog über den bestehenden
Rechtsrahmen hinaus nicht erforderlich und auch nicht zielführend ist.
Stattdessen empfiehlt sie, die nachhaltige Beschaffung weiterhin strategisch
weiterzuentwickeln – praxisnah, rechtssicher und im ausgewogenen Verhältnis von
Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit.
Anlage:
Antrag der Fraktionen Bündnis 90/DIE GRÜNEN, SPD und Die Linke: Nachhaltige Beschaffung