Betreff
Aktueller Sachstand Aufnahme und Unterbringung Ukrainegeflüchtete
Vorlage
297/22
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum aktuellen Stand der Aufnahme und Unterbringung von Ukraineflüchtlingen zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Durch den seit dem 24.02.2022 durch Russland geführte Angriffskrieg gegen die Ukraine und der sich daraus ergebenden Fluchtbewegung von mehreren Millionen Flüchtlingen in den Westen ist auch die Stadt Rheine betroffen.

Dem Sozialausschuss soll mit diesem Bericht einen Überblick über den Sachstand in den leistungsgewährenden Bereichen (SGB II, SGB XII und AsylbLG), der Unterbringung und Beratung von Flüchtlingen sowie der Ausländerbehörde gegeben werden.

 

Ausländerbehörde:

Vor Beginn des Angriffskrieges hielten sich Mitte Februar 2022 ca. 90 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in Rheine auf. Diese Zahl hat sich seither mehr als verzehnfacht.

Bis Ende August haben insgesamt ca. 1100 Personen, die aus der Ukraine geflüchtet sind bei der Ausländerbehörde vorgesprochen. In der folgenden Tabelle sind die Neuvorsprachen der vergangenen Monate zu entnehmen:

 

März 22

April 22

Mai 22

Juni 22

Juli 22

August 22

493

189

179

117

91

23 (20.08.22)

 

Ca. 900 dieser Personen halten sich weiterhin in Rheine auf. Ca. 200 sind in andere Städte bzw. Länder weitergereist, zum Teil auch zurück in die Ukraine.

Die Personen erhalten bereits bei der Erstvorsprache in der Ausländerbehörde bis zur Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis, eine sogenannte Fiktionsbescheinigung. Diese Fiktionsbescheinigung berechtigt zum Bezug von Sozialleistungen. Zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist eine erkennungsdienstliche Behandlung sowie eine Datenerfassung für das Ausländerzentralregister erforderlich. Diese Arbeiten konnten zwischenzeitlich - auch mit Unterstützung der Bezirksregierung durch mobile Teams- abgeschlossen werden, so dass die entsprechenden Aufenthaltserlaubnisse nun erteilt werden können. Soweit noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann (z.B. bei fehlenden biometrischen Pässen), wird die Gültigkeit der Fiktionsbescheinigungen verlängert.

 

 

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

Bis zum 31.05.2022 waren die ukrainischen Flüchtlinge leistungsberechtig nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Nur durch personelle Unterstützung aus anderen Verwaltungsbereichen konnten die Leistungsanträge in diesen ersten Monaten zeitnah abgearbeitet werden und so eine Versorgung der Flüchtlinge mit dem notwendigsten erreicht werden.

Durch rechtliche Änderungen wechselte die Zuständigkeit zum 01.06.2022 an das Jobcenter, in den Rechtskreis des SGB II. Dieser Rechtskreiswechsel konnte durch eine enge Zusammenarbeit und größtes Engagement aller beteiligten Akteure innerhalb der Stadtverwaltung vollzogen werden.

 

 

 

Leistungen nach dem SGB II

Der seitens der Bundesregierung im Mai 2022 beschlossene und rechtlich fixierte Rechtskreiswechsel zum 01.06.2022 hatte zur Folge, dass der gesamte Personenkreis der Ukraine-Flüchtlinge mit einer Fiktionsbescheinigung in das Leistungssystem des SGB II des Jobcenters (passive Leistungsgewährung) zu überführen war. Voraussetzung hierfür war jedoch eine zwingend notwendige gesonderte personenbezogene Antragstellung. Damit waren für ca. 290 Bedarfsgemeinschaften mit ca. 620 Personen in kürzester Zeit Leistungsanträge mit entsprechenden Anlagen/Unterlagen aufzunehmen, zu prüfen und in das System des SGB II einzupflegen bei gleichzeitiger Einstellung der AsylbLG-Leistungen. Dieses Mammutprojekt war lediglich sowohl mit erheblicher Mehrarbeit als auch unter Einbeziehung aller verfügbaren Kräfte innerhalb als auch außerhalb der eigenen Organisationseinheit möglich und realisierbar, so dass diese Aufgabe im Sinne der geflüchteten Hilfebedürftigen und des vorgegebenen Gesetzesauftrages fristgerecht zum 01.06.2022 bewältigt werden konnte.

 

Neben diesen überführten und weiterhin im Grundsicherungssystem zu betreuenden Bestands-Leistungsfällen kamen und kommen jedoch fortlaufend, Woche für Woche mal mehr und mal weniger, neue in Rheine unterzubringende und bedürftige Ukraine-Flüchtlinge mit ihren Familien hinzu. In dem Zeitraum Juni bis August 2022 waren das ca. 150 Personen in ca. 70 Bedarfsgemeinschaften. Andere hingegen sind inzwischen auch wieder zurück-, weiter- und/oder umgezogen. Insgesamt werden aktuell (mit Stand vom 01.09.2022) vom Jobcenter der Stadt Rheine ca. 670 Personen in ca. 310 Bedarfsgemeinschaften grundsicherungsrechtlich betreut.

 

Bisher wurde auch im SGB II die anfallende Mehrarbeit im gegebenen personellen Rahmen bewältigt werden. Der Kreis Steinfurt hat bisher aufgrund der steigenden Fallzahlen den Personalschlüssel nicht angepasst.

 

 

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII

Im Rahmen des Rechtskreiswechsels zum 01.06.2022 wurde der überwiegende Teil der ukrainischen Flüchtlinge ins Jobcenter überführt und es werden Leistungen nach dem SGB II gewährt. Eine relativ geringe Zahl von 38 Personen in 32 Bedarfsgemeinschaften wechselte in den Leistungsbereich der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, da die aktuelle Altersgrenze von 65 Jahren und 11 Monaten überschritten wurde.

 

Leistungsrechtlich sind beide Leistungssysteme weitgehend identisch. Allerdings gibt es im SGB XII im Vergleich zum SGB II keine Pflichtversicherung in der Krankenkasse, so dass die Arzt- und Behandlungskosten aus Kreismitteln getragen werden.

 

 

Unterbringung von geflüchteten Menschen aus der Ukraine

Von den ca. 900 Personen aus der Ukraine, die seit dem 24. Februar 2022 nach Rheine geflüchtet sind und sich aktuell in Rheine aufhalten, wurden ca. zweidrittel (602 Personen, davon 344 Erwachsene und 258 Kinder) mit Unterstützung des Teams Beratung und Begleitung von Zuwanderern in private oder städtische Wohnungen untergebracht.

Ein weiteres Drittel der in Rheine angekommenen Personen aus der Ukraine ist ohne eine städtische Vermittlung bei Verwandten, Freunden oder durch andere Vermittlungsunterstützungen privat untergekommen bzw. wohnt mittlerweile in selbst angemieteten Privatwohnungen.

 

Am 31. August 2022 lebten 250 Personen aus der Ukraine in städtischen Unterkünften. Zu einem nicht geringen Teil sind das Personen, die bei Ankunft in Rheine privat wohnten, allerdings aus den unterschiedlichsten Gründen dort nicht mehr bleiben konnten. Die Verwaltung rechnet auch zukünftig mit einer stetigen Nachfrage nach Wechselmöglichkeiten aus den privaten Wohnungsofferten in städtische Unterkünfte. Bislang konnten die Wünsche, in eine städtische Unterkunft zu wechseln, nach einer zeitlichen Absprache, regelmäßig erfüllt werden.

Unabhängig vom Ende Mai 2022 ausgesprochenen Aufnahmestopp erfolgen in städtischen Unterkünften regelmäßig Zuzüge im Rahmen von Familienzusammenführungen.

 

Entwicklung städtische Unterkünfte

Am 24. Februar 2022 lebten insgesamt 342 geflüchtete Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten in den städtischen Asylunterkünften; zum Stichtag 31. August 2022 waren es insgesamt 590 Personen und somit 248 Personen mehr, als vor Ausbruch des Ukrainekrieges.

Seit März 2022 hat die Stadt Rheine neben der Gemeinschaftsunterkunft in der Gartenstraße, die seit dem 10. Mai 2022 den Betrieb mit insgesamt 84 Plätzen aufgenommen hat, 27 weitere Wohnungen für die Unterbringung geflüchteter Menschen anmieten können.

Um zukünftig der steigenden Nachfrage nach städtischer Unterbringung nachkommen bzw. auf weitere Zuweisungen von geflüchteten Menschen reagieren zu können, wird derzeit am Helenenweg eine weitere mobile Wohneinheit errichtet. Die Platzzahl wird je nach Familienzuschnitt zwischen 40 bis 50 Personen liegen. Obendrein wird noch privater Wohnraum für die Unterbringung von geflüchteten Menschen seitens der Verwaltung gesucht und angemietet. Da die Entwicklung nicht vorhersehbar ist, hält die Verwaltung zudem eine umgebaute Turnhalle als Notunterbringungsmöglichkeit vor.

 

Die vorgenannten Zahlen machen deutlich, dass es ohne die große Bereitschaft der vielen Bürgerinnen und Bürger der Stadt Rheine, ihren Wohnraum für Menschen aus der Ukraine zur Verfügung zu stellen bzw. Wohnraum an die Stadt Rheine für die Unterbringung von geflüchteten Menschen zu vermieten, der Stadt Rheine nicht möglich gewesen wäre, den vielen aus der Ukraine geflüchteten Menschen eine adäquate Wohnmöglichkeit zukommen zu lassen.

 

Betreuung und Beratung der geflüchteten Menschen

Die Betreuung der in städtischen Wohnungen untergebrachten Personen erfolgt über das jeweils zuständige Stadtteilbüro. Zu den Aufgaben gehört u. a. die Unterbringung, die Beratung und Begleitung in familiären Angelegenheiten, die Anmeldung bei Schul- und Kindergartenbesuch bzw. die Vermittlung in Spielgruppen. Weiterhin die Vermittlung in Sprachkurse der Sprachoffensive bzw. in zertifizierte Integrationskurse, die Beratung in sozialen Krisen, die Unterstützung bei Behördenbriefen und Anträgen sowie Unterstützung bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche.

Personen, die nicht in städtischen Wohnungen leben, erhalten die vorgenannte Beratung und Begleitung ebenfalls in den Stadtteilbüros bzw. durch die weiteren in Rheine vorhandenen Beratungsstellen.

 

Neben der professionellen Hilfe durch die vorhandenen Beratungsstrukturen erhalten die Menschen aus der Ukraine eine großartige ehrenamtliche Unterstützung in Rheine. Um hier von Anfang an eine enge Vernetzung zwischen Ehrenamt und Beratungs- und Verwaltungsstellen zu erreichen, erfolgten mittlerweile vier Netzwerktreffen. Dabei standen der Informationsaustausch sowie die Aktivierung möglicher Unterstützungsleistungen und die Bündelung von Aufgaben und Absprachen im Vordergrund.

 

 

Ukraine-Hotline

Ende März wurde die Ukraine-Hotline eingerichtet und steht seitdem von Montag bis Freitag in der Zeit von 09:00 - 20:00 Uhr für Fragen von Flüchtlingen und Helfern zur Verfügung.

Neben der eigentlichen Hotlinearbeit unterstützen die Kolleginnen und Kollegen andere Bereiche, die durch die Ukraine-Flüchtlinge stark belastet sind, mit Backoffice-Arbeiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufgrund der mittlerweile etablierten strukturierten Verfahren zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine und der vorliegenden Auswertung wird die Erreichbarkeit der Hotline ab 01.10.22 zurückgefahren auf montags-donnerstag 8-17 Uhr sowie freitags 8-13 Uhr. Für eine eventuell erforderliche Notbringung steht außerhalb der Erreichbarkeitszeiten die Unterkunft Gartenstraße 40 zur Verfügung, die wegen des Sicherheitsdienstes 24/7 erreichbar ist.  Die Mitarbeitenden der Hotline übernehmen nehmen der telefonischen Beratung weiterhin zur Entlastung der Verwaltungsbereiche unterstützende Tätigkeiten.