Betreff
Sprachkompetenzzentrum
Vorlage
312/22
Aktenzeichen
II-8.10-hf
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Sachstand Konzept für eine trägerunabhängige Sprachberatungs- und Koordinierungsstelle – Sprachkompetenzzentrum - zur Kenntnis.


Begründung:

 

Mit Beschluss vom 24. August 2021 hat der Sozialausschuss die Verwaltung beauftragt, ein Konzept für eine trägerunabhängige Sprachberatungs- und Koordinierungsstelle (Sprachkompetenzzentrum) für Rheine zu entwickeln (356/21).

 

Bedarfsanalyse:

Um die tatsächlichen Bedarfe, Wünsche und Sichtweisen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sprachoffensive in Erfahrung zu bringen und bei der Konzeptionierung zu berücksichtigen hat die Verwaltung einen Fragebogen entworfen. Diesen Fragebogen sollten die Dozentinnen und Dozenten der Sprachoffensive in den Kursen mit den Teilnehmenden besprechen und ausfüllen. Vor der Einbindung aller Dozentinnen und Dozenten wurde der erstellte Fragebogen exemplarisch in einem Kurs der Sprachoffensive von der zuständigen Dozentin erprobt. Nach diesem exemplarischen Test war die flächendeckende Verteilung an alle laufenden Kurse der Sprachoffensive geplant.

 

Aufgrund der durch den Kriegsausbruch Ende Februar 2022 eingetretenen Anforderungen an die Unterbringung und die Versorgung der aus der Ukraine geflüchteten Menschen durch den FB 8, musste die Erstellung eines Konzeptes für eine trägerunabhängige Sprachberatungs- und Koordinierungsstelle zurückgestellt werden.

 

Im Frühjahr 2022 kamen so viele Menschen nach Rheine, dass es zu diesem Zeitpunkt im Aufgabenfeld Koordinierung der Sprachförderung primär um die Akquise von Dozentinnen und Dozenten sowie die Zurverfügungstellung weiterer Räumlichkeiten für die Sprachkurse ging. Die Nachfrage nach Sprachkursen der Sprachoffensive stieg sprunghaft an. Diese verstärkte Nachfrage konnte zum einen mit der Erhöhung der Kursteilnehmenden je Kurs und insbesondere durch ein mehr als verdoppeltes Kursangebot erreicht werden. Das Kursangebot im Frühjahr 2022 konnte von 16 Kursen der Sprachoffensive auf 35 Kurse erhöht werden. Anfragen bei der Koordinatorin des FB 8 zum Einstieg in das Angebot der Sprachoffensive konnten jeweils berücksichtigt werden, so dass immer ein Sprachkurs offeriert werden konnte. Die genauen Zahlen hierzu wird die Verwaltung wie geplant im Jahresbericht Integration durch Bildung für die kommende Sozialausschusssitzung aufarbeiten.

 

Aufgrund der aktuell angespannten Arbeitssituation und des aktuell weiterhin hohen Bedarfs an Sprachlernangeboten ist es für die Verwaltung vorrangig, entsprechend der Nachfragen Kurse zu initiieren. Aus diesem Grund wird die Verwaltung das geplante Konzept für ein Sprachberatungs- und Koordinierungsstelle (Sprachkompetenzzentrum) für das Jahr 2022 zurückstellen und im kommenden Jahr neu angehen. Neben der akuten Arbeitssituation spricht auch die derzeit nicht vorhersehbare Entwicklung der Zuwanderungsströme für eine Verschiebung in 2023.

 

 

 

Erfahrungen aus dem Netzwerktreffen „Deutschlernen in Rheine“:

 

Um einen Überblick zu erhalten, wie es mit den Hilfs- und Unterstützungsangeboten zum Thema „Deutschlernen in Rheine“ insgesamt aussieht, wurde seitens der Verwaltung im August 2022 ein Netzwerktreffen zu diesem Thema initiiert. Mehrheitlich wurde die Austausch- und Vernetzungsmöglichkeit von den verantwortlichen Akteuren angenommen, was auf ein hohes Interesse an dem Thema hinweist. Zu den Teilnehmenden zählten Bildungsträger, Sprachcafés, Kita-Vertreter, Willkommenslotsen, Migrationsberatungsstellen, Dozenten und Koordinatorin der Sprachoffensive, Jobcenter (Arbeitsvermittlung), Agentur für Arbeit.

 

Die Akteure berichteten über die besonderen Herausforderungen, die aufgrund der hohen Nachfrage an Sprachkursen durch die aus der Ukraine geflüchteten Menschen entstanden sind. Die Sprachkursträger berichteten, dass die Menschen aus der Ukraine überwiegend klare Vorstellungen und konkrete Ziele mitbringen. Die Sprachcafés und Sprachkursanbieter von nicht zertifizierten Kursen berichteten über die große Nachfrage und die Erweiterung der Sprachlernangebote, aber auch über selbstorganisierte Koch- und Nähkurse.

 

Die Bildungsträger merkten an, dass sich aktuell eher „homogene“ Kurse bilden, bei denen teilweise der sonst entstehende gegenseitige Ansporn der Teilnehmenden fehle. Weitere Erfahrung dazu müssten abgewartet werden. Weiterhin wurde eine gewisse „Unstetigkeit“ im Sinne von häufigem Kurswechsel festgestellt. Mehrheitlich festgestellt, dass es trotz der aktuellen mehrheitlichen Teilnahme von Geflüchteten aus der Ukraine wichtig sei, andere Zugewanderte wie z. B. die EU-Bürger nicht aus dem Blickwinkel zu verlieren.

 

Einen weiteren Diskussionspunkt stellte das Thema „Sprache vor Arbeit“ dar. Erfahrungsgemäß wird durch gute Sprachkenntnisse der Zugang zu qualifizierten Beschäftigungsverhältnissen ermöglicht. Das bedeutet allerdings nach Meinung einiger Teilnehmenden nicht automatisch, dass es nur den Weg geben kann, erst die Sprache zu erlernen und dann erst an eine Arbeitsaufnahme zu denken. Bei zeitlich flexibel angebotenen Sprachkursen (im Wechsel für die Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter oder in den Abendstunden und am Wochenende für z. B. Mütter mit Kindern) kann eine Kombination von Arbeiten und Sprache eine tragfähige Möglichkeit für den ein oder anderen Teilnehmenden bieten. Bei derartigen Modellen sind neben der nötigen Flexibilität bei den Sprachkursangeboten vor allem die Arbeitgeber gefragt, passende „Teilzeitarbeitsplätze“ anzubieten oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Teilnahme an Sprachkursen freizustellen. Derartige Modelle würden die Sprachlernmöglichkeiten für Interessierte erweitern.

 

Fazit:

Auch in der aktuellen Situation konnten die Sprachlernangebote in Rheine erweitert werden. Die verschiedenen Anbieter (Hauptamtliche und Ehrenamtliche) haben ihr Angebot sehr schnell und flexibel der gestiegenen Nachfrage angepasst. Auch die Anbieter der Integrationskurse haben ihr Angebot ebenfalls stark erweitert, allerdings ist eine gewisse Wartezeit einzuplanen, da die Zuweisungen durch das Jobcenter und die dann folgende Bewilligung durch das BAMF eine gewisse Vorlaufzeit benötigen.

Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass durch die Anpassungsfähigkeit des Angebotes ein Spracherwerb ermöglicht wird. Durch die bereits bestehende Vernetzung der Anbieter kann sichergestellt werden, dass eine gegenseitige Verweisberatung und Kooperation erfolgt.

 

Das bereits etablierte Netzwerk stellt weiterhin eine tragfähige Basis für das Andocken einer eine trägerunabhängige Sprachberatungs- und Koordinierungsstelle dar.