I/B/3080


Beschluss:

 

Abwägung und Abwägungsbeschluss:

Herr Gronotte lehnt die Überplanung seines Gärtnereigeländes mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes ab. Der Verkauf seiner Flächen für den Wohnungsbau komme wegen erheblicher Steuernachteile weder jetzt noch für die Zukunft infrage. Die Überplanung seines Grundstücksareals mit einer WA-Nutzung sei zudem städtebaulich nicht erforderlich; im Stadtteil Mesum bestehe kein Bedarf an weiteren Wohnbaugrundstücksangeboten. Eine ausreichende Wohnqualität könne an dem hier in Rede stehenden Standort wegen der erheblichen Lärm- und Schadstoffimmissionen ohnehin nicht erreicht werden.

 

Die nur ausnahmsweise Zulässigkeit seines Gartenbaubetriebes greife in unzulässiger Weise in die nach Artikel 14 Grundgesetz verbriefte Eigentumsgarantie ein. Das Angewiesensein auf eine positive Ermessensentscheidung des Planungsträgers nehme ihm jegliche Planungssicherheit zur langfristigen Absicherung seines Zierpflanzenanbaubetriebes.

 

1.     Zunächst ist klarzustellen, dass der eigentliche Anlass zur Überplanung des Gärtnereigeländes der Antrag von Herrn Gronotte auf Genehmigung eines Lebensmitteldiscountmarktes auf diesem Areal ist, den die Stadt – gestützt insbesondere auf gutachterliche Untersuchungen des Büros Junker & Kruse – für zentrenschädlich hält, weil diese Ansiedlungsvorhaben das Stadtteilzentrum Mesum entlang der Alten Bahnhofstraße gefährdet.

 

        Würde dieser Bauantrag zurückgezogen und der Gartenbaubetrieb fortgeführt, würde das hier in Rede stehende Bebauungsplanverfahren sofort eingestellt. Dies ist schon in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses, in der Herr Gronotte zugegen war, ausdrücklich erklärt worden.

 

2.     Die anstehende Planung richtet sich in keiner Weise gegen die Fortführung des Gartenbaubetriebes, weil dieser die Nutzungen im Umfeld nicht stört. Die vorliegende Planung ist vielmehr eine Abwehrplanung, die sich ausschließlich gegen die Ansiedlung eines zentrenschädigenden Lebensmitteldiscountmarktes richtet.

 

        Eine reine Negativplanung, die lediglich die zentrenschädigende Einzelhandelsnutzung ausschließt, ohne sich positiv auf eine Gebietskategorie festzulegen, ist allerdings nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht zulässig. Ebenso wenig ist es zulässig, für das Gärtnereigelände ein Gewerbegebiet festzusetzen und hier ausschließlich einen Gartenbaubetrieb zuzulassen. Die Festsetzung als Mischgebiet scheidet aus, weil hier eine Mischung von wohnbaulicher und gewerblicher Nutzung nicht ansteht.

 

        So verbleibt als Möglichkeit zur positiven Festsetzung einer Gebietskategorie der Baunutzungsverordnung nur das allgemeine Wohngebiet, in dem gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 4 BauNVO Gartenbaubetriebe ausnahmsweise zugelassen werden können. Wenn Herr Gronotte seinen Gartenbaubetrieb fortsetzen will, hat er einen Anspruch auf Genehmigung notwendiger Umstrukturierungen und Erweiterungen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich dieser Anspruch bereits aus einer „Ermessensreduzierung auf Null“ ergibt oder aus Bestandsschutzaspekten, weil hier im Wege des „dynamischen“ Bestandsschutzes eine situationsgerechte Änderung und Erweiterung des Betriebes zulässig ist. Es bestehen nicht die leisesten Zweifel daran, dass entsprechende Anpassungsinvestitionen für den bestehenden Gartenbaubetrieb von der Stadt genehmigt werden, so lange diese in dem Rahmen auf schutzbedürftige Wohnnutzungen im Umfeld ausreichend Rücksicht nehmen, der auch bei Genehmigungen nach § 34 BauGB einzuhalten wäre. Von dem Verlust jeglicher Planungssicherheit zur langfristigen Absicherung des Zierpflanzenanbaubetriebes kann also keine Rede sein. Das hier anstehende Problem ist nicht der Gartenbaubetrieb und dessen Weiterentwicklung, sondern die Ansiedlung eines zentrenschädigenden Lebensmitteldiscountmarktes.

Um aber die letzten Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit einer situationsgerechten Weiterführung des Gartenbaubetriebes zu zerstreuen, wird die textliche Festsetzung zur Art der Nutzung gegenüber dem Vorentwurf des Änderungs- und Ergänzungsplanes um eine sog. „Fremdkörperfestsetzung“ zu Gunsten des Gartenbaubetriebes gem. § 1 Abs. 10 BauNVO ergänzt, um einen erweiterten Bestandsschutz für diesen Betrieb noch mehr abzusichern. Danach sind Erweiterungen und Änderungen der vorhandenen Anlagen des Gartenbaubetriebes innerhalb der Grenzen der heutigen Betriebsflächen ebenso allgemein zulässig wie die Erneuerung von Betriebsanlagen auf den heutigen Betriebsgrundstücken.

Erweiterungen sind dabei solche Baumaßnahmen, die den vorhandenen Bestand innerhalb der heutigen Grundstücksgrenzen des Betriebes ergänzen. Die allgemein zulässigen Änderungen beziehen sich auf die Veränderung der äußeren Gestalt oder des Inneren der bestehenden Betriebsanlagen. Die Erneuerung ist die Beseitigung der vorhandenen Betriebsanlagen mit anschließender Neuerrichtung an gleicher Stelle.

Auf diese Weise hat Herr Gronotte trotz der Überplanung auch weiterhin einen unmittelbaren Anspruch auf Genehmigung notwendiger Umstrukturierungen seines vorhandenen Gartenbaubetriebes; er ist nicht auf eine Ermessensentscheidung angewiesen. Der von ihm befürchtete Eingriff in die Eigentumsgarantie ist daher schon vom Grundansatz her nicht mehr denkbar, da diese Umstrukturierungsmaßnahmen allgemein zulässig bleiben.

 

        Diese Rechtslage entspricht vom Grundansatz her der Rechtslage bei den östlich der Holländerstraße bereits im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes liegenden Gärtnereiflächen. Hierfür ist seinerzeit bei Aufstellung des Bebauungsplanes ebenfalls ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt worden, wobei dieser Bereich gleichzeitig als „Flächen für den vorhandenen Gartenbaubetrieb“ festgelegt worden ist. Diese Festsetzung ist wohl ebenfalls als Fremdkörperfestsetzung im Sinne des § 1 Abs. 10 BauNVO zu verstehen.

 

        Festzuhalten ist also, dass sich durch die anstehende Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes die Rechtslage für den bestehenden Gartenbaubetrieb in keiner Weise ändert. Dem anstehenden Planvorhaben geht es lediglich darum, die gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässigen Einzelhandelsläden nur noch ausnahmsweise zuzulassen, um auf diese Weise zentrenschädigende Einzelhandelsvorhaben wie die hier in Rede stehende Ansiedlung eines Lidl-Discountmarktes verhindern zu können.

 

3.     Wenn für dessen Abwehr die Gebietskategorie eines allgemeinen Wohngebietes festgesetzt wird, entsteht daraus für Herrn Gronotte in keiner Weise eine Pflicht, sein Gärtnereigelände auch tatsächlich für Wohnbauzwecke zu nutzen. Es steht ihm völlig frei, von dieser Wohnbaumöglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Dann verbleibt es eben bei der das Umfeld nicht störenden gartenbaulichen Nutzung. Dass diese Überplanung auch keine steuerlichen Nachteile mit sich bringt, ist im diesseitigen Schreiben vom 13. März 2006 bereits klargestellt worden.

 

4.     Die Einschätzung, dass im Bereich des derzeitigen Gartenbaubetriebes eine ausreichende Wohnqualität aufgrund der zu erwartenden Immissionen nicht erreicht werden könne, wird nicht geteilt. Es gibt sehr wohl geeignete technische Möglichkeiten, die zu erwartenden Immissionskonflikte zu bewältigen. Diese Möglichkeiten sind in der Planbegründung vom Ansatz her angeführt und werden bei der Realisierung der Wohnnutzung konkretisiert.

 

5.     Wenn Herr Gronotte Zweifel hat, in diesem Bereich eine marktfähige Wohnbebauung zu realisieren, mag er seine gartenbauliche Nutzung fortsetzen. Durch die Überplanung wird er – wie bereits oben klargestellt – in keiner Weise gezwungen, eine Wohnbaunutzung zu realisieren, die er für nicht marktfähig, für steuerschädlich oder für ihn auch unter anderen Gesichtspunkten nachteilig hält.

 

        Mit der vorliegenden Planung geht es der Stadt allein darum, auf diesem Gärtnereigelände die Ansiedlung eines zentrenschädigenden Lebensmitteldiscountmarktes zu verhindern, nicht aber darum, die gartenbauliche Nutzung gegenüber dem bislang nach § 34 BauGB zulässigen Rahmen einzuschränken oder aber Herrn Gronotte gar zu unwirtschaftlichen und steuerlich nachteiligen Wohnbaunutzungen zu veranlassen.

 

6.     Dabei vertritt die Stadt die Auffassung, dass ein Lebensmitteldiscountmarkt an diesem Standort ohnehin wegen seiner schädlichen Auswirkungen auf das im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt abgegrenzte Stadtteilzentrum entlang der Alten Bahnhofstraße gemäß § 34 Abs. 3 BauGB unzulässig ist. Die vorliegende Abwehrplanung ist nur rein vorsorglich für den Fall in Angriff genommen worden, dass die Rechtsprechung die maßgeblichen Kriterien dieser neuen Vorschrift des § 34 Abs. 3 BauGB anders auslegen und den Lebensmitteldiscountmarkt als einen der Versorgung des Gebiets dienenden Laden im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO ansehen sollte.

 

7.     Soweit Herr Gronotte auf seine Eingabe vom 5. Januar 2006 verweist, verweist die Stadt ihrerseits ebenfalls zur Vermeidung von Wiederholungen auf ihre Stellungnahme vom 13. März 2006 hierzu und bezieht diese Ausführungen hiermit in die Abwägung der von Herrn Gronotte vorgetragenen Belange mit den anderen Belangen ein.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

 

1.2    Es wird festgestellt, dass aus der Öffentlichkeit keine weiteren Abwägungsrelevanten Stellungnahmen eingegangen sind.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

 

2       Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 BauGB i. V. m. § 4 Abs. 2 BauGB

 

Es wird festgestellt, dass von Seiten der Behörden und sonstigen Trägern öffentliche Belange keine abwägungsrelevanten Stellungnahmen eingegangen sind.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

Der Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ der Stadt Rheine empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, die folgenden Beschlüsse zu fassen:

 

II.     Bestätigung der Beschlüsse des Stadtentwicklungsausschusses "Planung und Umwelt"

 

Der Rat der Stadt Rheine nimmt die Beschlüsse des Stadtentwicklungsausschusses "Planung und Umwelt" zu den während der Beteiligungen gemäß § 13 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BauGB i. V. m. § 3 Abs. 2 BauGB und § 4 Abs. 2 BauGB eingegangenen abwägungsrelevanten Stellungnahmen zur Kenntnis und bestätigt diese.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

III.    Änderungsbeschluss gemäß § 4 a Abs. 3 BauGB

 

Gemäß § 4 a Abs. 3 Satz 4 BauGB wird festgestellt, dass

 

a)    durch die Ergänzung folgender textlichen Festsetzung :

 

Gem. § 1 (10) BauNVO sind im WA-Gebiet Erweiterungen und Änderungen der vorhandenen Anlagen des Gartenbaubetriebes innerhalb der Grenzen der heutigen Betriebsfläche sowie die Erneuerung von Betriebsanlagen auf den heutigen Betriebsgrundstücken allgemein zulässig.

 

die Grundzüge der Planung nicht berührt werden,

 

b)    die Öffentlichkeit durch diese Korrektur nicht nachteilig betroffen wird und

 

c)     die Interessen der Behörden und sonstiger Träger öffentliche Belange durch diese Änderung nicht berührt werden.

 

Der Rat der Stadt Rheine beschließt die unter Punkt a beschriebene Änderung des Entwurfes zur 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79, Kennwort: „Johanneskirche“.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

IV.     Satzungsbeschluss nebst Begründung

 

Gemäß der §§ 1 Abs. 8 und 10 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) sowie der §§ 7 und 41 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 03. Mai 2005 (GV. NRW S. 498) wird die 15. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes Nr. M 79, Kennwort: "Johanneskirche", der Stadt Rheine als Satzung und die Begründung hierzu beschlossen.

 


Abstimmungsergebnis:           einstimmig