Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Betriebsausschuss „Technische Betriebe Rheine“ nimmt den Bericht über die Einleitungserlaubnis für die Kläranlage Rheine zur Kenntnis.
Begründung:
Die für den
Kläranlagenbetrieb erforderliche Erlaubnis zur Einleitung des gereinigten
Abwassers in die Ems wurde Ende 2017 für 5 Jahre befristet verlängert. Am
28.06.2022 wurde bei der Bez.-Reg. MS eine neue Erlaubnis beantragt. Diese
liegt nun für 11 Jahre vor und führt somit zu einer hohen Planungssicherheit
für den Kläranlagen- und Kanalbetrieb. Diese langfristige Einleitungserlaubnis
ist das Ergebnis vorrausschauender
Planung sowie diverser Forschungs- und Förderungsprojekte, die im Folgenden
kurz vorgestellt werden.
Die 4. Reinigungsstufe als
„end-of-pipe“-Lösung?
Grundsätzlich darf sich der Gewässerzustand
durch die Einleitung der Kläranlage Rheine nicht verschlechtern. Konsequenzen
bei Nichteinhaltung vorgegebener Über-wachungswerte sind eine erhöhte
Abwasserabgabe und ggf. strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen. Seit
längerer Zeit stehen auch Mikroschadstoffe, z. B. aus Medikamenten- und
Produktionsrückständen, im Fokus. Vielfach spielen sie bei einer neuen
Kläranlageneinleitungserlaubnis aufgrund des Verschlechterungsverbotes der
Gewässer eine große Rolle. In solchem Fall kann der Bau einer 4. RS
Reinigungsstufe auf der Kläranlage das Mittel der Wahl sein und sie wird u. U.
eine Auflage in der Einleitungserlaubnis durch die Aufsichtsbehörde.
Um die Auswirkungen einer 4. Reinigungsstufe
in Rheine zu beurteilen, hat die TBR bereits in 2014 eine vom Land NRW
geförderte Machbarkeitsstudie beauftragt. Anfang 2015 lagen die Ergebnisse in
Form drei verschiedener Umsetzungsvarianten vor und wurden dem damaligen
Verwaltungsrat der TBR vorgestellt.
Bei der nach den Vorgaben vom Land NRW
durchgeführten Studie handelte es sich um eine Grob-Betrachtung, welche
hinsichtlich der Kosten lediglich die Tendenz für Rheine aufzeigte.
Zur besseren Beurteilung der
wirtschaftlichen Auswirkungen, wurde die Planung einer 4. Reinigungsstufe bis
zur Leistungsphase 2 HOAI ´Vorplanung´ an ein Ing.-Büro mit dem Arbeitstitel
„Alternativbetrachtung zur Einhaltung künftiger Einleitungsgrenzwerte auf der
Kläranlage Rheine“ vergeben. Ein Bestandteil war die Berechnung der
Gebühren-auswirkungen in Abhängigkeit der ermittelten Investitionskosten, der
Förderquote und der Jahresbetriebskosten. Für den Betrieb einer 4.
Reinigungsstufe ergaben sich für die Gebührenzahlenden Mehrkosten von bis zu 43
Cent je m3 Schmutzwasser.
Auf Basis dieser Ergebnisse, vor allem der
hohen Investitions- und Betriebskosten, wurden alternative Lösungsansätze zur
4. Reinigungsstufe als „end-of-pipe“- Lösung entwickelt. Analog zu den Vorgaben
im Abfallrecht „Vermeidung vor Entsorgung“ sollte der Eintrag von z.B.
Mikroschadstoffen bereits auf dem Weg zur Kläranlage vermieden werden.
Zum einen wurde das
Euregio-INTERREG-Forschungsvorhaben „Energieneutrale Mikroschadstoffelimination
durch die der Kläranlage vorgelagerten Abwasser-systembewirtschaftung“ mit dem
Ziel durchgeführt, dass durch Fuzzy-gesteuerte Abwasserströme im Kanalnetz
anfallende Mikroschadstoffe nicht in die Gewässer abgeschlagen werden, sondern
zur Kläranlage abfließen. Die Aufsichtsbehörden waren involviert. Die
gesteckten Ziele konnten erreicht werden.
Ein weiterer Lösungsansatz wurde mit einem
Indirekteinleiterüberwachungs- und Beratungskonzept verfolgt. Hierbei wurden
Daten über Abwasserinhaltsstoffe mit mobilen Probenehmern an jeweils
ausgesuchten Stellen im Kanalnetz erfasst. Kernparameter wurden von den Geräten
analysiert und per Funk in eine Cloud übertragen. Weitere Parameter wurden im
Labor analysiert. Die Ergebnisse wurden den Indirekteinleitern (Firmen)
zugeordnet. Danach erfolgte die Ansprache der Firmen mit dem Ziel, deren
Abwasser durch z. B. Umstellung von Produktionsprozessen oder der Umstellung
auf weniger schädliche Verbrauchsmittel zu erreichen. Durch enge Zusammenarbeit
mit den Firmen und den Aufsichtsbehörden konnten etliche positive Ergebnisse
erreicht werden. Daher wurde das Projekt bei der TBR unter dem Titel „SMINDI,
Smarte Indirekteinleiterüberwachung/-beratung“ verstetigt.
Auf Basis dieser beiden alternativ zur 4.
Reinigungsstufe entwickelten Lösungsansätze verlängerte die Bez.-Reg. MS in
Ende 2017 die Kläranlageneinleitungserlaubnis für zunächst 5 Jahre. Ab 2018
galten für den Kläranlagenbetrieb strengere Überwachungswerte. Eine aufgrund
der Größe der Kläranlage Rheine in Teilen in NRW bereits ausgesprochen Pflicht
zum Bau einer 4. Reinigungsstufe wurde seitens der Bez.-Reg. MS für Rheine
zunächst nicht festgesetzt.
Zur Verlängerung der
Kläranlagen-Einleitungserlaubnis ab 2023 stellte die TBR Mitte 2022 den
Bearbeitungsstand zu ´SMINDI´ bei der Bez.-Reg. MS vor. Es wurde deutlich, dass
es der TBR gelungen ist, den Kläranlagen-Zulauf durch die Indirekteinleiterüberwachung positiv zu beeinflussen.
Am 28.12.2022 erhielt TBR die neue
Einleitungserlaubnis zur Einleitung des Klär-anlagenablaufs in die Ems. Nachfolgend die wichtigsten Eckpunkte:
1. Die
Erlaubnis ist für 11 Jahre, bis zum 31.12.2033 gültig.
2. Die
Überwachungswerte werden übernommen.
3. Zuvor
besprochene und vereinbarte Betriebsmittelwerte wurden aufgenommen und haben
wie zuvor keine Abwasserabgabe-Relevanz.
4. Die
Höchstmenge zur Einleitung in die Ems bleibt unverändert bei 2.333 m3/0,5
Std. Ebenso die zu behandelnde Jahresschmutzwassermenge in Höhe von 7.460.000 m3/Jahr.
Damit ergeben sich keine Auswirkungen auf die Zahlung der jährlichen
Abwasserabgabe in Höhe von rd. 330 T €.
5. Fettabscheiderinhalte
dürfen wie gehabt in der Kläranlage verwertet werden. Zudem ist es künftig auch erlaubt,
Co-Fermente in den Kläranlagen-Faultürmen zu verwerten. Das bietet der TBR
große Vorteile z. B. bei der Energiebewirtschaftung der Kläranlage (Stichwort:
Optimierte Faulgasausbeute).
6. Von
der TBR durchzuführende Gewässeruntersuchungen in der Ems oberhalb und
unterhalb der Einleitungsstelle bleiben unverändert. Mehrkosten entstehen
nicht.
7. Das
Indirekteinleitermonitoring SMINDI ist weiterzuführen. Darüber ist der
Bez.-Reg. MS 1x im Jahr zu berichten.
8. Es wurde keine 4
Reinigungsstufe in der Erlaubnis vorgegeben. Demnach besteht 11 Jahre
Planungssicherheit bis zum 31.12.2033.
Zusammenfassung
Seit dem Jahr 2014
wird durch die TBR auf eine in Bezug auf die Kläranlagen-einleitungserlaubnis
sinnvolle und nachhaltige Lösung zielgerichtet hingearbeitet. Viele Gespräche
und Überzeugungsarbeit bei der Bez.-Reg. und den örtlichen Firmen waren
notwendig. Das Ergebnis liegt nun in Form einer progressiv formulierten und auf
die Möglichkeiten der Kläranlage Rheine abgestimmten Einleitungserlaubnis vor.
Durch Transparenz
und enge Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden sowie Weitsicht und
Durchhaltevermögen ist ein für die TBR wichtiges Ergebnis erreicht worden. Der
Bau einer 4. Reinigungsstufe (Investitionssumme über 10 Mio. €) ist durch
Entwicklung alternativer Lösungen für die nächsten 11 Jahre nicht erforderlich.
Den Bürgern in Rheine wird dadurch eine Gebührensteigerung von über 40 Cent je
m3 Schmutzwasser erspart. Die Wasserqualität in der Ems
verschlechtert sich aufgrund des hohen Wirkungsgrads der Kläranlage Rheine
sowie einer effektiven Vermeidung von Verunreinigungen im Zulauf der Kläranlage
nicht.
25.05.2023
Dr. Jochen
Vennekötter Udo
Eggert
Betriebsleiter Fachbereichsleiter
Entwässerung