Betreff
Antrag Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 03.08.2023 zu Pachtverträgen für Ackerflächen und Wiesen in Bentlage
Vorlage
377/23
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

des Antragstellers:

1.    Der Betriebsausschuss "Kulturelle Begegnungsstätte Kloster Bentlage“ empfiehlt dem Rat, die Verwaltung zu beauftragen zum nächstmöglichen Zeitpunkt, die städtischen Flächen (Ackerflächen und Wiesen) in Bentlage einer extensiven Nutzung zuzuführen. Dazu sollen die existierenden Pachtverträge für Ackerflächen und Wiesen gekündigt und Neuverpachtung mit Auflagen bezüglich einer extensiven Nutzung erfolgen.

 

2.    Der Rat beschließt, dass die Verwaltung die städtischen Flächen (Ackerflächen und Wiesen) in Bentlage einer extensiven Nutzung zuführt. Dazu werden die existierenden Pachtverträge für Ackerflächen und Wiesen gekündigt und die Neuverpachtung mit Auflagen bezüglich einer extensiven Nutzung abgeschlossen.

 

Ziel ist es, das historische Landschaftsbild und die Spuren historischer Bewirtschaftungsformen, wie z. B. des Plaggenesch und der Wölbäcker zu erhalten und möglichst die durch die ursprüngliche Nutzung entstandene Agro-Biodiversität wiederherzustellen. Mit dieser Maßnahme wird gleichzeitig die Umsetzung der Ziele als Stadt Rheine als Kommune für biologische Vielfalt gefördert.

 

 

der Verwaltung:

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz beauftragt die Verwaltung, im Rahmen der Überprüfung und Aktualisierung des bestehenden Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplans Umfeld Kloster/Schloss Bentlage, eine weitgehende Nutzungs-Extensivierung der im städtischen Eigentum befindlichen Acker- und Grünlandflächen in Bentlage zu prüfen.

 

Es wird auf den Beschluss zur Vorlage 378/23 „Antrag Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 03.08.2023: Maßnahmen zur Pflege der historischen Kulturlandschaft Bentlage“ verwiesen.

 


Begründung:

 

des Antragstellers:


Es wird auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 03.08.2023 (siehe Anlage 1) verwiesen.

 

 

der Verwaltung:

Da die Zuständigkeit bezüglich Pachtverträgen für Ackerflächen und Wiesen in Bentlage beim Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz liegt, wird der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Abstimmung mit der Antragstellerin in diesem Ausschuss beraten. Der Betriebsausschuss „Kulturelle Begegnungsstätte Kloster Bentlage“ wird über diese Verfahrensweise informiert.

 

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt insbesondere darauf ab, das historisch gewachsene und seit dem Mittelalter hier in besonderer Kontinuität erhaltene Landschaftsbild der Klosterinsel und die Spuren historischer Bewirtschaftungsformen zu bewahren oder wiederherzustellen und durch eine nachhaltig-extensive Bewirtschaftung der städtischen Acker- und Grünlandflächen Artenreichtum und Biodiversität dauerhaft zu verbessern.

 

Inhalt und Ziele des Antrages entsprechen weitestgehend den bereits seit 2005 mit dem bestehenden Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplans Umfeld Kloster/Schloss Bentlage formulierten Zielsetzungen und dem dazu erstellten Maßnahmenkatalog. Das Planwerk und eine zusammenfassende Informationsschrift sind unter dem folgenden Link abrufbar: www.rheine.de/pflegeplan_bentlage

 

Bisher konnten weitgehende Extensivierungsmaßnahmen für die im Plangebiet liegenden städtischen Ackerflächen noch nicht oder nur eingeschränkt umgesetzt werden. Für einen Teil der städtischen Grünlandflächen wurden dagegen bereits weitgehende Bewirtschaftungsbeschränkungen, im Rahmen der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, festgelegt.

 

In der nachfolgenden Übersicht sind die städtischen Flächen markiert, die zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet sind. Die unterschiedlichen Farben lassen die verschiedenen Bewirtschaftungen erkennen und die Markierungen zeigen, ob eine intensive oder extensive Bewirtschaftung erfolgt.

 

Alle Flächen im Bereich der sog. „Klosterinsel“ - auch die Ackerflächen - liegen innerhalb des Naturschutzgebietes „Wald- Grünlandkomplex bei Schloss Bentlage“. Für die Bewirtschaftung der im Naturschutzgebiet liegenden Acker- und Grünlandflächen bestehen daher bereits besondere Auflagen/Beschränkungen gemäß der aktuellen gesetzlichen Regelungen und teilweise auch schon aufgrund besonderer vertraglicher Regelungen.

 

 

Rheine Links d. Ems:

Rot      =         Umfang Grenze des Pflege und Entwicklungsplanes

Gelb    =         Extensivgrünland

Grün    =         Dauergrünland ohne Auflagen verpachtet

Blau    =         Ackerland (nahezu) ohne Auflagen verpachtet

Orange =         Biotop

 

Rheine Rechts der Ems:

Lila      =         Dauergrünland mit Pflicht zur Teilnahme am Vertragsnaturschutz verpachtet

Rosa    =         Verpachtung an den Heimatverein, teilweise Kompensationsfläche

 

Die aktuelle Flächenbilanz sieht wie folgt aus:

 

Dauergrünland insgesamt:

24,32 ha

davon extensiv:

13,54 ha

davon  intensiv

10,78 ha

Acker insgesamt

8,48 ha

davon extensiv

0 ha

davon intensiv

8,48 ha

Flächen insgesamt

32,8 ha

 

 

 

 

 

Diese Flächenübersicht macht deutlich, dass bereits 74,14% der städt. landwirtschaftlichen Flächen innerhalb der Kulturlandschaft Bentlage als Dauergrünland bewirtschaftet werden. Bezogen auf alle städt. Flächen in dem Suchraum werden 32,86% der Flächen extensiv bewirtschaft.

 

Bei 2 von 3 Ackerflächen mit ca. 7,1 ha wurden von der Stadt Rheine bereits vertragliche Regelungen getroffen, die den Maisanbau nur alle 3 Bewirtschaftungsjahre erlaubt.

Für alle 3 hier als intensiv geführte Ackerflächen gelten zudem die Bewirtschaftungsauflagen aufgrund ihrer Lage in einem bestehenden Naturschutzgebiet. Aufgrund der aktuellen Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung dürfen in Naturschutzgebieten insbesondere keine als bienen- oder bestäubergefährlich eingestufte Insektizide und keine Herbizide eingesetzt werden. Letzteres führt, z. B. beim Maisanbau, dazu, dass die Flächen gehackt statt gespritzt werden müssen.

 

Aus der Übersichtskarte läßt sich ablesen, dass die Stadt Rheine seit Jahren bestrebt ist, den Flächenbestand in extensive Bewirtschaftung zu bringen – allerdings nicht in „einer großen Aktion“ – sondern immer dann, wenn sich für die Stadt Rheine günstige Möglichkeiten ergeben, auch diese Flächen für die Gewinnung von Ökopunkten, Auslgeichserfordernissen oder Tauschzwecken einzusetzen. Die Interessen der Pächter (z. T. Vollerwerbslandwirte) sind dabei ebenso zu berücksichtigen.

 

Besonders die verbleibenden drei Ackerflächen im Umfeld Kloster Bentlage stellen für die Stadt Rheine noch einen hohen Wert dar. Bisher können mit diesen Flächen noch Pachtangebote an konventionell wirtschaftende Landwirte gemacht werden, mit denen die Stadt Rheine Grundstücksgeschäfte tätigt. Extensiver Ackerbau wird in Rheine derzeit tatsächlich kaum betrieben. Es fehlt daher besonders für die Ackerflächen bisher an geeigneten Pachtinteressenten, die eine stark eingeschränkte Bewirtschaftung entsprechend der EU-Ökorichtlinie oder weitergehender Standards des Biolandbaus umsetzen würden.

 

Aus liegenschaftlicher Sicht kämen die städtischen Ackerflächen in Bentlage grundsätzlich für eine Umwandlung in extensives Grünland in Betracht. Sie könnten ggf. als Tauschflächen eingesetzt werden, um an anderer Stelle, außerhalb von Schutzgebieten oder naturschutzfachlich bedeutsamen Flächen, im Antragsverfahren Dauergrünland in Ackerland umwandeln zu können. Allerdings würde die Umwandlung der heute noch existierenden Ackerflächen in Bentlage der Erhaltung der in herausragender Weise erhaltenen historischen Kulturlandschaft und ihrem in weiten Teilen seit dem Mittelalter existierenden Mosaik unterschiedlicher Nutzungsformen widersprechen. Es ist daher auch ein wesentliches Ziel des bestehenden Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplans Umfeld Kloster/Schloss Bentlage, die heute noch existierenden Ackerflächen mit den aus der jahrhunderte währenden Ackernutzung entstandenen Böden (z. T. besondes mächtige und im Landschaftsraum gut ablesbare Plaggenesch-Böden, wie der Hogenkamp östl. der alten Schäferei) dauerhaft zu erhalten.

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Trotz der Einschränkungen aus der Lage im Naturschutzgebiet und trotz der bereits bestehenden vertraglichen Einschränkungen beim Maisanbau kann davon ausgegangen werden, dass die Ackerflächen am Markt noch einen Wert von ca. 10 €/m² haben. Für die Grünlandflächen, für die eine extensive Dauergrünlandbewirtschaftung festgelegt wurde, ist aktuell von einem Marktwert von nur ca. 3 €/m² auszugehen. Für Ackerflächen, für die dauerhaft weitgehende Bewirtschaftungsbeschränkungen nach Ökolandbau-Richtlinien festgelegt werden, kann die Verwaltung aktuell noch keinen konkreten Marktwert beziffern. Der Wert der Ackerflächen würde unter zwingender und dauerhafter Auflage ökologischer Bewirtschaftungsauflagen sicher erheblich vermindert. Daraus könnte der Stadt Rheine, allein für die drei Ackerflächen, ein Wertverlust von rd. 500.000 € erwachsen. Auch vor dem Hintergrund einer sich deutlich verschlechternden Haushaltslage ist die adhoc-Umsetzung einer umfassenden Extensivierung der Ackerflächen kritisch zu beurteilen.

 

Aufgrund der besonderen kulturhistorischen Bedeutung und historischen Autentizität des Landschaftsraums Bentlage und der Lage im Naturschutzgebiet, sieht der bestehende Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplan für den Bereich der Klosterinsel vor, dass die städtischen Ackerflächen einer deutlich extensiveren Bewirtschaftung zugeführt werden sollen. Aus Sicht der Verwaltung sollte dies aber so umgesetzt werden, dass dabei deren fiskalischer Wert nicht weitgehend aufgegeben wird.

 

Weitere Vorgehensweise:

 

Im Rahmen der gem. Beschluss zur o. g. Vorlage 378/23, in Abhängigkeit der künftigen Finanzmittelbereitstellung noch zu beauftragenden Überprüfung und Aktualisierung des bestehenden Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplans Umfeld Kloster/Schloss Bentlage, sollen auch die gem. PEPL bereits vorgesehenen Maßnahmen zur Nutzungsextensivierung der städtischen Acker- und Grünlandflächen überprüft und konkrete Umsetzungsmöglich-keiten und Maßnahmen erarbeitet werden.

 

Die Stadtverwaltung wird zunächst - bis zum Vorliegen der Ergebnisse dieser Überprüfung und Aktualisierung des Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplans - keine Maßnahmen oder Nutzungsänderungen der städtischen Acker- und Grünlandflächen in Bentlage umsetzen, die den Zielsetzungen und Maßnahmen des bestehenden Pflege- und Entwicklungsplans zuwiderlaufen würden. Insofern wird auch von der oben angeführten Möglichkeit der Umwandlung von Acker in Dauergrünland zunächst abgesehen. Sofern Pächter der drei in Bentlage liegenden städtischen Ackerflächen auf diesen Flächen zeitlich befristete, extensivierende Agrarumweltmaßnahmen oder Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes umsetzen wollen, so wird die Stadt Rheine dies zulassen, soweit dadurch der Ackerlandstatus aufrecht erhalten bleibt. Auch für die verpachteten Grünlandflächen, die bisher noch nicht extensiviert wurden, wird die Stadt Rheine ggf. von einem Pächter beabsichtigte, befristete Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes, bei Aufrechterhaltung des Status als Wirtschaftsgrünland, gestatten.

 

Aus Sicht der Verwaltung wird die dargestellte Vorgehensweise den Zielen der Erhaltung der besonders wertvollen, historisch gewachsenen Kultur- und Erholungslandschaft Bentlage gerecht. Zudem ist sichergestellt, dass, vor der beschlossenen Überprüfung und Aktualisierung des seit 2005 vorliegenden Pflege-, Entwicklungs- und Gestaltungsplanes Umfeld Kloster/Schloss Bentlage keine wesentlichen Änderungen an den bestehenden Acker- und Grünlandflächen erfolgen.

 

Grundsätzlich kann den Zielsetzungen des Antrages weitgehend entsprochen werden. Der Verwaltung ist jedoch wichtig, dass die im bestehenden Pflege- Entwicklungs- und Gestaltunsgsplan vorgesehenen Extensivierungsmaßnahmen auf der Grundlage der heute bestehenden Situation und der aktuellen Umsetzungsmöglichkeiten im Agrar- und Umweltbereich eingehend überprüft werden und darüber hinaus – in Anbetracht der aktuellen Haushaltslage - der Marktwert der bestehenden Ackerflächen nicht über Gebühr vermindert wird. Gerade in Anbetracht eines fehlenden Haushaltsausgleiches ist der Erhalt städtischen Vermögens fundamental.

 


Anlage:

 

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 03.08.2023 - Pachtverträge Bentlage