Beschlussvorschlag/Empfehlung:
1.
Der Rat der Stadt Rheine fasst den Grundsatzbeschluss, die Direktvergabe eines öffentlichen
Dienstleistungsauftrags über die Erbringung öffentlicher
Personenverkehrsdienste im Stadtverkehr Rheine gemäß Art. 5 Abs. 1 VO 1370/2007
i.V.m. § 108 Abs. 1 GWB frühestens zum 01.07.2025 direkt an die
Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH (VSR) zu erteilen.
2.
Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung
der Stadt Rheine, die für die Erteilung der Direktvergabe des öffentlichen
Dienstleistungsauftrags über die Erbringung öffentlicher
Personenverkehrsdienste im Stadtverkehr Rheine erforderliche europaweite
Vorabbekanntmachung gemäß Art. 7 Abs. 2 VO 1370/2007 auf Grundlage des
Nahverkehrskonzepts im Amtsblatt der europäischen Union (TED) vorzubereiten und
zu veröffentlichen.
Begründung:
I.
Sachstand
Die Stadt Rheine ist aufgrund des Betriebs eines eigenen
Verkehrsunternehmens – der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH (VSR) –
nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ÖPNVG NRW Aufgabenträgerin für den ÖPNV in ihrem
Stadtgebiet. Als ÖPNV-Aufgabenträgerin ist die Stadt Rheine zudem nach § 3 Abs.
2 ÖPNVG NRW zuständige örtliche Behörde für die Vergabe öffentlicher
Dienstleistungsaufträge (öDA) nach Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EG)
Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.2007
(„VO 1370/2007“).
Die Stadt Rheine hat im Jahr 2021 gemeinsam mit der VSR im Rahmen des
sog. Betriebsführungsübertragungs-Modells eine europaweite Ausschreibung
(TED-Bekanntmachungs-Nr. 2021/S 118-310982) zur Vergabe eines öffentlichen
Dienstleistungsauftrags (öDA) über die Erbringung der öffentlichen
Personenverkehrsdienste des Linienbündels „Stadtverkehr Rheine“ sowie eines
Betriebsführungsübertragungs- und Subunternehmervertrags (BFÜSV) durchgeführt
und letztlich an den Bestbieter, Rheiner Verkehrsbetrieb Mersch GmbH & Co.
KG (Firma Mersch), vergeben.
Anfang 2022 zeichnete sich ab, dass ein dauerhafter Betrieb des
Stadtverkehrs Rheine durch die Firma Mersch aufgrund zunehmender und absehbarer
Steigerungen von Treibstoff- sowie Personalkosten ohne eine Anpassung des BFÜSV
wie letztlich auch des öDA wirtschaftlich nicht möglich gewesen wäre. Eine
erforderliche Vertragsanpassung konnte aus rechtlichen Gründen nicht
vorgenommen werden. Die Stadt Rheine hat mit Beschluss vom 06.09.2022 (Vorlage
314/22) daher u.a. die Aufhebung des BFÜSV sowie des diesem zugrundeliegenden
öDA an die Firma Mersch zum 01.07.2023 beschlossen. Zudem hat der Rat eine sog.
Notvergabe eines öDA über die Erbringung des Linienbündels „Stadtverkehr
Rheine“ an die VSR ab dem 01.07.2023 für einen befristeten Übergangszeitraum
von maximal 2 Jahren beschlossen.
II. Anschlussregelung
Sicherstellung Stadtverkehr
Mit dem absehbaren Laufzeitende des Not-öDA zum 30.06.2025 ist nunmehr
eine langlaufende Anschlussregelung zur Sicherstellung des Stadtverkehrs
erforderlich.
Die Stadt Rheine hat insoweit mit einer Direktvergabe des Stadtverkehrs
Rheine an die VSR die Möglichkeit den Stadtverkehr unverändert in städtischer
Verantwortung und unter Nutzbarmachung des steuerlichen Querverbunds
auszugestalten. Die Stadt würde insoweit die ihr durch die VO 1370/2007
und das ÖPNVG NRW eingeräumte Möglichkeit, den Stadtverkehr mit einem eigenen
Verkehrsunternehmen unter Beachtung der allgemeinen und speziellen
Direktvergabevoraussetzungen zu gewährleisten, anwenden können. Sie würde damit
weiterhin die Erfüllungs-/Gestaltungsverantwortung für den Stadtverkehr auf
ihrem Zuständigkeitsgebiet übernehmen und ein über viele Jahre erfolgreiches
Modell der Aufgabenerledigung nachhaltig sichern. Auch die „Finanzierung des
Stadtverkehrs im steuerlichen Querverbund“ könnte dadurch beibehalten bleiben.
Jenseits der rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen spricht –
mit Blick auf das Thema „Verkehrswende“ – insbesondere auch die folgende
Erwägung für die Direktvergabe an die VSR und gegen eine, ebenfalls denkbare,
wettbewerbliche Ausschreibung des Stadtbusverkehrs: Eine Direktvergabe an ein
eigenes Verkehrsunternehmen bietet ein Höchstmaß an Gestaltbarkeit und
kommunalem Einfluss auf den Betreiber und damit auf das gesamte Stadtverkehrsangebot.
Der Angebotsumfang und die Angebotsqualität, die in einem dynamischen System
wie dem ÖPNV nicht starr sein dürfen, lassen sich im Rahmen der Direktvergabe
schnell und flexibel gestalten, wohingegen eine wettbewerbliche Vergabe durch
eine enge Leistungsbeschreibung mit geringen Änderungsspielräumen
gekennzeichnet wäre.
Vor der Erteilung eines neuen langlaufenden öDA an die VSR hat die Stadt
ein feststehendes Verfahren durchzuführen. Dazu ist gemäß Art. 7 Absatz 2 VO
1370/2007 und § 8a Absatz 2 PBefG, spätestens ein Jahr vor der Direktvergabe,
maximal aber 27 Monate vor der Betriebsaufnahme, eine Vorabveröffentlichung der
Vergabeabsicht im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen. Mit der Veröffentlichung
wird eine (Warte-)Frist von einem Jahr ausgelöst. Erst nach deren Ablauf kann
die Direktvergabe wirksam gegenüber der VSR durch Erteilung des öDA umgesetzt
werden.
Da innerhalb der ersten drei Monate dieser Jahresfrist interessierte
Unternehmen Anträge für einen eigenwirtschaftlichen (= zuschussfreier) Betrieb
des Stadtverkehrs stellen können, sind die von der Stadt Rheine gewünschten
zukünftigen qualitativen und quantitativen Anforderungen an den Stadtverkehr in
der Vorabveröffentlichung darzustellen. Diese Anforderungen sind später auch in
den öDA zu übernehmen und bilden die Grundlage für
die Sicherstellung des Stadtverkehrs durch die VSR. Diese Anforderungen werden
im Rahmen der Vorabbekanntmachung über die Anlage „Ergänzendes Dokument“
festgelegt. Typische Inhalte eines solchen konkretisierenden Dokuments sind z.
B. die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des öDA geltenden Linienführungen,
Taktungen und Betriebszeiten, die anzuwendenden Tickettarife sowie sonstige
qualitative Standards und Fahrzeuganforderungen (wie z.B. die Antriebstechnik).
Entsprechend dient vorliegend das neu zu beschließende Nahverkehrskonzept der
Stadt Rheine als Grundlage für das „Ergänzende Dokument“.
Mit diesem Beschluss wird daher dem Rat der Stadt Rheine empfohlen, den
Grundsatzbeschluss zur fortgesetzten Sicherstellung des Stadtverkehrs in
eigener ÖPNV-Aufgabenträgerschaft unter Einsatz der VSR als verantwortlichem
Betreiber im Wege einer wettbewerbsfreien Direktvergabe zu beschließen und die
Verwaltung der Stadt Rheine wird u.a. mit der Ausarbeitung des Entwurfs der
Vorabbekanntmachung sowie der entsprechenden Anlagen in Abstimmung mit der VSR
sowie der anschließenden Veröffentlichung im EU-Amtsblatt zur Auslösung der
Fristen beauftragt. Erst im Anschluss und nach Ablauf der einjährigen
Wartefrist kann dann der öDA an die VSR erteilt werden. Hierzu ist eine
gesonderte Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Rheine erforderlich.