Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Rat der Stadt
Rheine nimmt den Bericht zur Entwicklung der Grundwasserqualität in den
Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH (EWR) zur
Kenntnis.
Begründung:
Das Jahr 2023 war
aus wasserwirtschaftlicher Sicht ein nasses Jahr. Der jährliche Niederschlag
lag mit 1.068,6 mm (WG Haddorf) bis 1.197,6 mm (WW St. Arnold) doppelt so hoch
wie im Vorjahr. In der Folge konnten sowohl der Frischhofsbach als auch der
Hemelter Bach bis an die jeweiligen Grenzen des Entnahmerechts zur
Grundwasseranreicherung für die Gewinnungsgebiete Neuenkirchen, St. Arnold und
Hemelter Bach genutzt werden. Die Rohwasserförderung betrug in 2023 insgesamt
rund 5,94 Mio. m³ und lag damit auf dem Niveau des Vorjahres und nur
geringfügig unter dem bisherigen Höchstwert von 6,08 Mio. m³ im Jahr 2020.
Die
Wassergewinnungsanlagen der EWR befinden sich in einem Raum, der sehr intensiv
landwirtschaftlich genutzt wird. Vor allem im Bereich des Münsterländer
Kiessandzuges, in dem sich die Wassergewinnungsgebiete Neuenkirchen, St. Arnold
und Haddorf befinden, können bereits Düngegaben, die der guten
landwirtschaftlichen Praxis entsprechen, auf Grund des geringen Schutz- und
Rückhaltevermögens der hier vertretenen Böden zu einer Nitratbelastung führen,
die bei nachlassender Nitratabbaufähigkeit des Grundwasserleiters zu einem
Überschreiten des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) von 50 mg/l
im geförderten Rohwasser führt.
In 2023 lag in allen Gewinnungsgebieten der
EWR die Nitratkonzentration im Rohwasser der Förderbrunnen weiterhin
unverändert unterhalb des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung. In der
folgenden Tabelle sind die Nitratwerte der einzelnen Gewinnungsgebiete als Spannbreite
der Einzelbrunnen und im Rohmischwasser zusammenfassend zusammengestellt:
|
St. Arnold I |
St. Arnold II |
Neuen- |
Haddorf |
Hemelter Bach I |
Hemelter Bach II |
Einzel- |
< 10 mg/l |
10-25 mg/l |
10-30 mg/l |
< 10 mg/l |
10-25 mg/l |
1-15 mg/l |
Rohmisch-wasser |
10 mg/l |
15 mg/l |
10-20 mg/l |
< 10 mg/l |
10-20mg/l |
|
Vorfeld-messstellen |
5-75 mg/l |
5-110 mg/l |
5-100 mg/l |
5-200 mg/l |
5-199 mg/l |
Tabelle: Nitratwerte der
Einzelbrunnen, des Rohmischwassers und der Vorfeldmessstellen 2023
Wie
der vorstehenden Tabelle zu entnehmen ist, sind in den Wassereinzugsgebieten
der EWR weiterhin Nitratbelastungsschwerpunkte vorhanden, in denen der
Grenzwert der Trinkwasserverordnung für Nitrat in Höhe von 50 mg/l, gemessen in
Grundwassermessstellen (Vorfeld-messstellen), teils deutlich überschritten
wird.
In
der Vergangenheit war vor allem im Wassergewinnungsgebiet (WGG) Neuenkirchen
die Nitratsituation aufgrund hoher Nitrat-Einträge bei gleichzeitig stark
herabgesetztem Denitrifikationsvermögen sehr angespannt. Durch seit einigen
Jahren nun durchgeführten Extensivierungen konnte in den
Nitratbelastungsschwerpunkten im WGG Neuenkirchen eine Entspannung der
Nitratsituation erreicht werden. Bereits seit einigen Jahren zeigen die
allermeisten Messstellen im ehemaligen Belastungsschwerpunkt nun
Nitratkonzentrationen deutlich unter dem Nitratgrenzwert der
Trinkwasserverordnung von 50 mg/l (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1:
Durchschnittliche Nitratkonzentrationen im WGG Neuenkirchen/St. Arnold 2023
Im
Wassergewinnungsgebiet St. Arnold I ist die Nitratsituation weiterhin
vergleichsweise entspannt. Aktuell zeigen die Messstellen aus den
Belastungsschwerpunkten weiterhin unkritische Nitratwerte. Die Nitratwerte im
Rohwasser der Brunnen sind mit zumeist unter 10 mg/l vergleichsweise gering.
Die Sekundärparameter des Nitratabbaus zeigen hier noch ein leistungsfähiges
Denitrifikationsvermögen des Grundwasserleiters.
Die
Nitratsituation im WGG St. Arnold II ist wegen weit verbreiteter Waldflächen
nicht so kritisch wie im WGG Neuenkirchen. In den identifizierten Belastungsschwerpunkten
sind die Nitratwerte weiterhin hoch. Die Rohwässer der Brunnen weisen aber
weiterhin akzeptable Nitratwerte von 10 mg/l bis 25 mg/l und das Rohmischwasser
eine Nitratkonzentration von etwa 20 mg/l auf. Die Sekundärparameter des
Nitratabbaus zeigen, dass im Einzugsgebiet der Brunnen des WGG St. Arnold II
fast nur noch die kohlenstoffbasierte weniger effektive Denitrifikation wirksam
ist.
Derzeit
noch am kritischsten ist die Nitratsituation im WGG Haddorf, wenngleich sich
hier durch die in den letzten Jahren erfolgten Extensivierungen allmählich eine
Verbesserung abzeichnet. Von den identifizierten vier Eintragsschwerpunkten
sind die im Norden, Westen und Süden weitgehend unproblematisch (vgl. Abbildung
2). Im Norden werden seit geraumer Zeit nur geringe Nitratwerte gemessen. Im
Westen weisen die Messstellen zwischen Belastungsschwer-punkt und Brunnen
geringe Nitratwerte auf. Im Süden erfolgen zwar weiterhin sehr hohe
Nitrateinträge, die lange Wegstrecke von den Nitrateintragsschwerpunkten zu den
Brunnen ist jedoch ausreichend für eine wirksame Nitratreduzierung. Zudem
wurden zwischen den Eintragsschwerpunkten und den Brunnen in den letzten Jahren
große Flächenareale extensiviert. Die Nitratwerte aller hier liegenden
Messstellen sind mit Ausnahme einer Messstelle niedrig, so dass das hier neu
gebildete Grundwasser zur Verdünnung der Nitratfrachten aus den
Eintragsschwerpunkten beiträgt.
Im Wassergewinnungsgebiet Haddorf liegen die
Nitratwerte aller Brunnen unter 15 mg/l, zumeist sogar unter 10 mg/l. Eine
Ausnahme ist der Brunnen EB 03, dessen Nitratkonzentration im Rohwasser im Jahr
2023 bis auf 16 mg/l leicht angestiegen ist.
Abbildung 2:
Durchschnittliche Nitratkonzentrationen im WGG Haddorf 2023
Anders
verhält es sich im östlichen Anstrom auf die Brunnen, wo die „Nitratfront“
schon bis dicht an die Brunnen herangerückt ist. Mittlerweile zeigen sich
jedoch auch hier Erfolge durch die seit 2019 erfolgten Extensivierungen. So
liegen in diesem Jahr erstmalig wieder die Nitratwerte aller Messstellen
zwischen Elsbach und den Brunnen unter dem Nitratgrenzwert der
Trinkwasserverordnung. Unmittelbar an den Brunnen weisen einige Messstellen
jedoch weiterhin erhöhte bzw. kritische Nitratwerte auf und zeigen bisher auch
noch keinen fallenden Trend. Zudem sind die Nitratkonzentrationen im Rohwasser
des benachbarten Brunnens EB 01 in 2023 leicht angestiegen. Der
Nitrat-Belastungsschwerpunkt liegt nun wieder weiter östlich des Elsbachs.
Zwischen dem Belastungsschwerpunkt und dem Elsbach wurden zwei ehemalige
Ackerflächen im November 2019 bzw. Januar 2023 extensiviert. Im Abstrom der
seit November 2019 extensivierten Fläche sind die Nitratwerte im Laufe des
Jahres 2023 bereits unter den Nitratgrenzwert der Trinkwasserverordnung
gefallen. Im Abstrom der erst im Januar 2023 extensivierten Fläche ist dies
bisher noch nicht zu beobachten. Die Nitratwerte im Roh-wasser der Brunnen
liegen alle unter 20 mg/l bzw. zumeist sogar unter 10 mg/l. Eine Ausnahme ist
der Brunnen EB 03, dessen Nitratkonzentration im Rohwasser im Jahr 2023 bis auf
16 mg/l leicht angestiegen ist.
Im Gewinnungsgebiet Hemelter
Bach wurden drei Nitrateintragsschwerpunkte identifiziert (vgl. Abbildung 3).
Diese weisen unvermindert hohe bis sehr Nitratwerte auf. Wegen des hohen
Anteils an Anreicherungswasser aus dem Hemelter Bach ist die Nitratsituation
dennoch nicht kritisch.
Abbildung 3:
Durchschnittliche Nitratkonzentrationen im WGG Hemelter Bach 2023
Kann
zukünftig durch das Wasser aus dem Dortmund-Ems-Kanal ganzjährig angereichert
werden, wird die Nitratsituation in diesem Gewinnungsgebiet durch den
Verdünnungseffekt weiter entschärft. Die Nitratwerte der Rohwässer der Brunnen
auf dem alten Wasserwerksgelände (WG I) weisen Werte zwischen 10 mg/l und 25
mg/l auf und liegen damit auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre. Im Bereich des
Wasserwerkserweiterungsgeländes (WG II) liegen die Nitratwerte
niedriger, sind aber in den letzten Jahren leicht angestiegen. Die Nitratwerte
der Rohwässer der Brunnen im WG II liegen so aktuell zwischen 1 und 15 mg/l.
Ein
ausreichendes Nitratabbaupotential (Denitrifikationspotential) ist derzeit in
allen Gewinnungsgebieten der EWR noch vorhanden. Die Analyse der
Sekundärparameter des Nitratabbaus zeigt jedoch, dass in einigen Gebieten der
Nitratabbau durch im Boden gebundene Stoffe (Pyrit, FeS2) bereits
herabgesetzt ist. Da diese Nitratabbauprozesse irreversibel im Boden ablaufen,
ist nach dem Aufbrauchen dieser Stoffe im Boden von einem Anstieg der
Nitratkonzentration im Grundwasser auszugehen. Nach dem Rückgang der
Denitrifikation durch die Reaktion mit Pyrit ist in diesen Gewinnungsgebieten
der Nitratabbau durch Reaktion mit organischem Kohlenstoff (chemo-organotrophe
Denitrifikation) zunehmend bedeutsam. Dieser benötigt zum vollständigen
Nitratabbau aber längere Verweilzeiten des Wassers bzw. es gelangt hier wegen
nicht ausreichender Verweilzeiten mehr nitrathaltiges Wasser zu den Brunnen.
Zum
Erhalt des Denitrifikationspotentials und zur Minimierung der Nitratauswaschung
in den Grundwasserleiter müssen die bereits eingeleiteten Maßnahmen der
Kooperation Landwirt-schaft/Wasserwirtschaft im Kreis Steinfurt somit
fortgesetzt werden. Am wirkungsvollsten hat sich hierbei die Extensivierung von
ackerbaulich genutzten Flächen in Nitratbelastungsschwerpunkten gezeigt.
Pflanzenschutzmittel
(PSM) wurden im Rohwasser der Brunnen – mit Ausnahme der bereits seit Jahren
bekannten Brunnen im Wassergewinnungsgebiet St. Arnold I, dessen Wasser separat
mit Aktivkohle aufbereitet wird – nicht nachgewiesen. Im Rohwasser aller Gewinnungsgebiete
wurden jedoch weiterhin nicht relevante Metabolite (nrM) nachgewiesen. Für
diese Abbauprodukte von PSM existiert in der Trinkwasserverordnung kein eigener
Grenzwert, daher wird hier derzeit der Gesundheitliche Orientierungswert (GOW)
zur Beurteilung zugrunde gelegt. Dieser liegt je nach Stoff bei 1 bzw. 3
μg/l. Für zahlreiche nrM erfolgte kein einziger Nachweis oder sie lagen
deutlich unter ihrem jeweiligen GOW. Da die Nachweisgrenze durch eine
verbesserte Analytik in den letzten Jahren herabgesetzt wurde, werden gegenüber
früheren Jahren jedoch mehr Metabolite nachgewiesen, deren Konzentrationen aber
nur im Bereich der Bestimmungsgrenze liegen. Ausnahmen bilden die Metabolite
des Wirkstoffes S-Metolachlor. Das Herbizid wird vorwiegend im Maisanbau
angewendet. Insbesondere in den Wassergewinnungsgebieten St. Arnold II,
Neuenkirchen und Hemelter Bach weisen diese Metabolite im Rohwasser
vergleichsweise hohe Werte (40 % des GOW) auf. Insgesamt liegt die
Konzentration des Metabolits jedoch unterhalb des Wertes aus 2022. Die
Entwicklung wird weiter beobachtet und im Rahmen der Kooperation
Landwirtschaft/Wasserwirtschaft wird verstärkt auf einen möglichst geringen
Einsatz von PSM hingewirkt.
Als Anlage ist ein ausführlicher Bericht über die
Entwicklung der Grundwasserqualität in den einzelnen Gewinnungsgebieten der EWR
beigefügt.
Anlage : Hydrochemische Auswertung – Entwicklung und Istzustand 2023 der Grundwasserbeschaffenheit in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH (Aquanta Hydrogeologie GmbH & Co. KG)