Betreff
Projekt Reintegration/Verselbständigung und Vollzeitpflege
Vorlage
097/08
Aktenzeichen
II-2-51-ga
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner Sitzung am 22.11.2007 die Verwaltung gebeten zu überprüfen, ob im Rahmen der Ausweitung des Projektes Reintegration/Verselbständigung und Vollzeitpflege zusätzliche Personalressourcen den bisher schon erzielten Effekt verstärken könnten.

 

Zu dieser Anfrage wird wie folgt Stellung bezogen:

 

 

       Verselbständigung/Reintegration

 

Wie aus der Vorlage zur Sitzung am 22.11.07 ersichtlich, wird durch die zusätzlich zur Verfügung gestellte Personalressource sowohl die Veränderung der „Altfälle“ als auch die veränderte Bewilligung der „Neufälle“ konsequent umgesetzt. Die dadurch erzielten finanziellen Ergebnisse sind ausführlich dargestellt worden.

 

Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es jedoch absolut verfrüht, nach nur einem Jahr Projektdauer, darzustellen, ob zusätzliche Personalressource den beschriebenen Effekt noch verstärken würde. Eine solche Annahme ist letztlich nicht seriös zu begründen und auch nicht seriös mit den finanziellen Folgen abzuschätzen.

Vielmehr, und auch das ist in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses mitgeteilt worden, muss davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen auf die Gesamtausgabeentwicklung im Bereich der Hilfe zur Erziehung erst mit zeitlicher Verzögerung zu erwarten sind.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch festgestellt werden, dass sich insbesondere auch durch die veränderte Beratungspraxis des Jugendamtes bei Jugendlichen und jungen Volljährigen ab 17 Jahren der Bewilligungsrahmen der Hilfe zur Erziehung nachhaltig verändert hat. Auch hierzu hat es Aussagen in der Sitzung am 22.11.07 gegeben.

 

Die veränderte Beratungspraxis ist nach Auffassung der Verwaltung auch zukünftig beizubehalten. Das heißt auch, dass nach Beendigung des Projektes sicher zu stellen ist, dass dieser Ansatz, der sehr zeitintensiv ist, personell auch abgesichert wird.

 

Ob eine weitere Befristung nach § 14 Teilzeit- und Beschäftigungsgesetz möglich ist, gilt es zu gegebener Zeit zu erörtern.

 

 

 

       Vollzeitpflege

 

Auch im Bereich der Vollzeitpflege lässt sich nicht sicher prognostizieren, ob zusätzliche Personalressourcen die finanziellen Effekte weiter verstärken würden. Hier ist jedoch, wie im Bereich der Reintegration und Verselbständigung festzuhalten, dass die Angebote auch nach Ablauf des Projektes weiter zur Verfügung gestellt werden müssen.

 

Das Jahr 2007 hat jedoch in Fortsetzung des zweiten Halbjahres 2006 gezeigt, dass verstärkt auch kleine Kinder aus gefährdeten Verhältnissen

Inobhut genommen werden mussten.

 

Diese Inobhutnahmen der jüngeren Kinder erfolgten in der Regel in s.g. Bereitschaftspflegefamilien.

 

Dabei waren gleichzeitig bis zu 15 Kinder in diesen Familien untergebracht.

Das führte dazu, dass teilweise nicht mehr genug Bereitschaftspflegefamilien zur Verfügung standen und auf Familien anderer Jugendämter zurückgegriffen werden musste.

 

Gleichzeitig erwies es sich als sehr schwierig, dass nicht in jedem Fall eine für dieses Alter geeignete Familie zur Verfügung stand.

 

Eine Beratung und fachliche Begleitung der Familien war nur eingeschränkt möglich, so dass Schwierigkeiten bei der Vermittlung in anschließende Vollzeitpflegefamilien nicht auszuschließen waren.

 

Bereitschaftspflegefamilien sind ebenso wie Vollzeitpflegefamilien, zu schulen, sie müssen in den Einzelfällen beraten werden und es muss, um auch weiterhin ausreichend Bereitschaftspflegefamilien zur Verfügung haben zu können, verstärkt für Bereitschaftspflege geworben werden.

 

Dieses ist jedoch mit dem vorhandenen Personal nicht zu leisten.

 

Aus Sicht der Verwaltung des Jugendamtes ist darüber nachzudenken, ob durch zusätzliche Ressourcen im Bereich der Bereitschaftspflege von 0,5 Stellen auch finanzielle Effekte zu erzielen sind, zumal derzeit für einen Platz in der Bereitschaftspflegefamilie des Jugendamtes täglich 32,50 € gezahlt wird, der Pflegesatz der Jugendschutzstelle bei über 150 € liegt, bzw. bei Inobhutnahmefamilien des Trägers der Jugendschutzstelle über 70 € täglich zu zahlen sind.

 

 

 

           Wahrnehmung Wächteramt

 

Es vergeht kaum ein Tag, an dem in den Medien nicht von Kindstötungen, Misshandlungen oder Vernachlässigungen von Kindern berichtet werden muss.

 

In den letzten Sitzungen des Jugendhilfeausschusses ist über die Situation in Rheine berichtet worden. Insbesondere ist dargestellt worden, dass es auch in Rheine verstärkt Meldungen aus Kindergärten, Schulen oder dem sozialen Umfeld von Familien gibt, die von gefährdenden Entwicklungen von Kindern berichten.

 

Diesen Meldungen wird seitens der Verwaltung konsequent nachgegangen.

Dabei beschreibt das Kinder- und Jugendhilfegesetz im § 8a das Vorgehen des Jugendamtes.

 

Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen.“ (§ 8a SGB VIII)

 

Dieses Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte erfolgt in Rheine so, dass in der Regel 2 Mitarbeiter des Jugendamtes vor Ort eine erste Gefährdungsabschätzung vornehmen und entscheiden, welche Maßnahmen durchzuführen sind. ( Vier-Augen-Prinzip)

 

Seit Mitte des Jahres 2006 ( Fall Kevin in Bremen) ist erkennbar, dass fast täglich eine Information an die Mitarbeiter der sozialen Dienste bezüglich der Gefährdungssituationen von Kindern zur Verfügung gestellt werden.

Vorher ist durchschnittlich pro Woche eine Meldung eingegangen. Diese zusätzlichen Informationen, die grundsätzlich zu begrüßen sind, führen jedoch dazu, dass das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte personell auf Grenzen stößt.

Im Rahmen der Diskussion um die Umsetzung des Frühwarnsystems muss über die personelle Ausstattung prioritär beraten und entschieden werden.

 

 

        Zusammenfassung

 

Wie aus den oben genannten Darstellungen ersichtlich, sollte zum einen dafür Sorge getragen werden, dass das Projekt Reintegration /Verselbständigung/ Vollzeitpflege auch über das Jahr 2008 hinaus fortgeführt werden kann.

Zum anderen ist es notwendig, im Bereich der Vollzeitpflege den Bereich der Bereitschaftspflege zu qualifizieren und auszubauen.

Zum dritten sollte im Bereich des Wächteramtes über die personellen Vorraussetzungen zeitnah entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nach § 8a SGB VIII entschieden werden.