Betreff
Frühzeitige und nachhaltige Sprachförderung für Kinder aus Migrantenfamilien sowie für Kinder mit sprachlichem Förderbedarf - Antrag der SPD-Fraktion vom 14.01.2008 -
Vorlage
219/08
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Jugendhilfeausschuss und Sozialausschuss nehmen die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.

 

 


Begründung:

 

SPD-Antrag vom 14.01.2008 zum Themenkomplex „Frühzeitige und nachhaltige Sprachförderung für Kinder aus Migrantenfamilien sowie für Kinder mit sprachlichem Förderbedarf“

 

Zu 1.) Nach den Sprachförderrichtlinien vom 17. 05. 2002 konnten zusätzliche Sprachfördermaßnahmen sowohl im Verantwortungsbereich der Grundschule als auch der Kindertageseinrichtungen durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund fand im Herbst 2002 ein Informationsaustausch statt, an dem die Leiterinnen der Kindertageseinrichtungen und der Sprecher der Grundschulleiter(innen) teilnahmen.

 

Die Entwicklung der vorschulischen Sprachförderung in Rheine wurde im Migrations- und Integrationskonzept 2007 ausführlich dargestellt. Dort finden sich entsprechende Informationen über Budgetangelegenheiten und die Anzahl der Kurse sowie der Teilnehmer(innen). Es wird dort auch zwischen den 6-Monatsmaßnahmen und den 10-Monatsmaßnahmen unterschieden:

 

4.2.3.1 Sprachfördermaßnahmen in Tageseinrichtungen für Kinder

 

Seit drei Jahren können Tageseinrichtungen für Kinder über das Jugendamt der Stadt Rheine beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe Sprachfördermaßnahmen beantragen. Für jeweils zehn Kinder mit Sprachförderbedarf kann in den Tagesstätten eine Sprachfördermaßnahme im Umfang von je fünf Wochenstunden eingerichtet werden. An den Fördermaßnahmen können nicht nur zugewanderte Kinder, sondern auch einheimische mit Sprachdefiziten teilnehmen. Alle Anträge wurden 2006 bewilligt. Sie verteilten sich wie folgt:

 

Name der Tageseinrichtung

Anzahl der Maßnahmen

Anzahl der Kinder

gesamt

Antonius-Kindergarten

4

48

Bonifatius-Kindergarten

3

33

Ludgerus-KG, Friedrich-Ebert-Ring

1

11

Marien-Kindergarten, Osnabrücker Str.

2

18

Haus der Kinder St. Martin

1

12

Eltern-Kind-Initiative Sandmanns Hof

1

6

Herz-Jesu-Kindergarten, Esperlohstraße

2

15

Michael-Kindergarten

2

20

 

 

 

Gesamt

16

163

 

Der Landeszuschuss für die Finanzierung einer Sprachfördermaßnahme liegt bei 2.045 Euro. Die Gesamtkosten einer Sprachfördermaßnahme betragen allerdings 3.400 Euro. Die Differenz zwischen der Landesförderung und den Gesamtkosten fängt die Stadtverwaltung budgetneutral im Rahmen des „Rheiner Modells“ auf.

 

Die Sprachfördermaßnahmen in den Kindergärten laufen über zehn Monate, jeweils von September bis Juni des folgenden Jahres. Ihre Anzahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen:

Kindergartenjahr 2003/4:                     5 Maßnahmen für 10 Monate + 1 Maßnahme für 6 Monate

Kindergartenjahr 2004/5:                     3 Maßnahmen für 10 Monate

Kindergartenjahr 2005/6:                     7 Maßnahmen für 10 Monate

Kindergartenjahr 2006/7:                   16 Maßnahme für 10 Monate + 2 Maßnahmen für 6 Mon.

Kindergartenjahr 2007/8:                   26 Maßnahmen (beantragt).

 

 

4.2.3.2 Sprachfördermaßnahmen für Kinder im Vorschulalter in Grundschulen

 

Parallel zu den Sprachförderkursen in den Kindergärten fanden auch halbjährige Sprachförderkurse in den Grundschulen statt. Auch die Anzahl dieser Kurse ist seit ihrer Einrichtung im Jahre 2005 gewachsen. Diese Sprachförderkurse werden vom Schulamt der Stadt Rheine eingerichtet und von der Stadt jährlich mit ca. 600 Euro bezuschusst. Sprachtests bei der Anmeldung der SchulanfängerInnen in den zuständigen Grundschulen entscheiden, welche Kinder am Sprachförderkurs teilnehmen müssen

 

Die Sprachfördermaßnahmen werden von Honorarkräften durchgeführt. Es sollen je Kurs 120 Unterrichtsstunden, die mehrmals wöchentlich am frühen Nachmittag stattfinden, gegeben werden. Die Richtlinien für die Landeszuschüsse sehen Kurse vor, deren Teilnehmerzahl zehn Kinder nicht unterschreitet. Nicht jede Grundschule bietet daher einen Kurs an. Für Kinder und Eltern kommt es so oft zu langen Wegen.

 

Die Sprachfördermaßnahmen sind für die zur Einschulung anstehenden Kinder verpflichtend, allerdings gibt es bei Nichtteilnahme keine Sanktionsmöglichkeiten. Im Mittel nahmen aber 82 % der zu den Sprachförderkursen verpflichteten/eingeladenen Kinder regelmäßig teil. Da der Kursbesuch der Kinder oft nur mit einem sehr großen organisatorischen, finanziellen und zeitlichen Aufwand seitens der Familien möglich ist, lässt die relativ hohe Beteiligung erkennen, für wie wichtig diese Maßnahme auch seitens der Eltern eingestuft wird.

 

Aufgrund der Rückmeldungen von Lehrkräften kann gesagt werden, dass die Kinder durch die Kurse bei ihrer Einschulung über einen wesentlich größeren Wortschatz und eine bessere Artikulation verfügen. Die Chancen der Kinder, dem Unterricht gut folgen und das Schulsystem mit Erfolg durchlaufen zu können, sind damit deutlich gestiegen.

Übersicht über die Sprachfördermaßnahmen an Grundschulen:

 

 

Anzahl der Sprachförderkurse

Anzahl der teilnehmenden Kinder

in folgenden

Grundschulen

Schuljahr 2004/2005

3

45

Ludgerusschule

Johannesschule Eschendorf

Edith-Stein-Schule

Schuljahr 2005/2006

5

60

Paul-Gerhard-Schule

Ludgerusschule

Johannesschule Eschendorf

Johannesschule Mesum

Edith-Stein-Schule

Schuljahr 2006/2007

6

70

Annetteschule

Ludgerusschule

Diesterwegschule

Michaelschule

Johannesschule Mesum

Edith-Stein-Schule

Gesamt

14

175

 

 

(vgl. Migrations- und Integrationskonzept der Stadt Rheine, Fortschreibung 2007, S 41 f)

 

Aktualisierend kann hinzugefügt werden, dass im laufenden Kindergartenjahr 2007/2008 von den 26 von Kindertagesstätten beantragten Maßnahmen 14 tatsächlich durchgeführt werden. Die geringere Zahl der durchgeführten Maßnahmen gegenüber den beantragten ergibt sich aus Doppelbeantragungen wegen der zum damaligen Zeitpunkt noch unklaren Regelungen zur Sprachförderung nach dem für alle 4-Jährigen verpflichtenden Sprachstandsfeststellungsverfahren (Delfin 4). Die Reduzierung ist also kein Indiz für eine Unterversorgung der betroffenen Kinder. Im laufenden Kindergartenjahr nehmen 127 Kinder an der vorschulischen Sprachförderung teil. Hierbei handelt es sich um die Kinder, die an der verpflichtenden Sprachstandsfeststellung 2 Jahre vor der Einschulung teilgenommen haben und für die ein zusätzlicher Sprachförderbedarf festgestellt wurde.

 

Im Zuge der vorschulischen Sprachförderung in Grundschulen im Hinblick auf das Schuljahr 2008/2009 wurden von der Schulverwaltung aufgrund der Rückmeldungen durch die Schulleitungen nach dem Anmeldeverfahren im November 2007 insgesamt 4 Sprachförderkurse eingerichtet.

 

Die Sprachförderkurse finden nachmittags in folgenden Einrichtungen statt:

 

Schule

Anzahl teilnehmender Kinder

Diesterwegschule

8

Edith-Stein-Schule

11

Ludgerusschule Schotthock (Gruppe 1)

10

Ludgerusschule Schotthock (Gruppe 2)

9

Gesamtteilnehmerzahl

38

 

Je Sprachförderkurs erhält die Stadt Rheine einen Förderbetrag in Höhe von 1.534,00 €. Insgesamt also 6.136,00 €.

 

Geht man von jeweils 120 Unterrichtsstunden (je 45 min) pro Sprachförderkurs bei einem zu zahlenden Honorar in Höhe von 17,84 € je Unterrichtsstunde (je 45 min) aus, so werden rein für die Unterrichtsvergütung 8563,20 € fällig.

 

Die Stadt finanziert hiernach einen Differenzbetrag in Höhe von 2.427,20 €. Hinzu kommen nicht hochrechenbare Beträge für sächliche Nebenaufwendungen und Fahrkosten der Honorarkräfte.

 

Diese Art der Sprachförderung in Form vorschulischer Sprachförderung in 6-Monats-Maßnahmen ein halbes Jahr vor der Einschulung findet in diesem Jahr letztmalig statt. Die Förderrichtlinien sind ausgelaufen.

 

Das Modell wird ersetzt durch die Sprachförderung in den Kindergärten, die bereits zwei Jahre vor der Einschulung einsetzt.

 

Zu 2.) Bereits im Rahmen der Erarbeitung des Migrations- und Integrationskonzepts 2007 wurde ein gesamtstädtischer „Arbeitskreis Bildung und Migration“ gegründet, an dem Vertreter(innen) der Kindergärten, der Grund- und  Hauptschulen und der Gesamtschule, der Erwachsenenbildung, des Caritas-Migrationsdienstes und Vertreter der Verwaltung aus den  Bereichen Schule, Kindertagesstätten und Migration teilnehmen. Die städtische Fachstelle für Migrations- und Integrationsberatung organisiert und leitet diesen Arbeitskreis.

 

Schwerpunktthemen des Arbeitskreises sind zurzeit z. B. die vorschulische und schulische Sprachförderung, die Entwicklung einer effektiveren Elternarbeit, der begleitete Übergang Kindergarten/Schule und die Förderung der Schuldisziplin.

 

Im Sinne der „Integrierten Schulentwicklungs- und  Jugendhilfeplanung für die Stadt Rheine“ von 2007 soll dieser Arbeitskreis um Vertreter der Jugend- und Familienhilfe erweitert werden.

 

Weitere Arbeitskreise und Gremien im Sinne der im Integrierten Schulentwicklungs- und  Jugendhilfeplanung angeregten Öffnung der Schulen für außerschulische Institutionen sind die Initiative zum Kinderkulturpass, in der auch der Themenschwerpunkt Interkulturelles vertreten ist, und die Stadtteilkonferenzen für Eltern, Lehrer(innen) und Erzieher(innen), die jährlich zu Beginn der neuen Sprachförderkurse stattfinden.

 

Die Verwaltung hat hiermit Rahmenbedingungen geschaffen, die entsprechend flexibel angelegt sind, um auf sich verändernde Verhältnisse und Erkenntnisse antworten können.

 

Durch die Veränderungen im Schulgesetz NRW ist der Schulträger verpflichtet, jährlich die Eltern der 4-Jährigen zu einer Informationsveranstaltung einzuladen. Im Rahmen dieser Informationsveranstaltung wird u. a. auch über das neue Sprachstandsfeststellungsverfahren berichtet, das in enger Zusammenarbeit zwischen den Kindertageseinrichtungen und den Grundschulen durchgeführt wird. Zur Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltungen haben sich in Rheine 5 Regionalteams gebildet, in denen die Leitungskräfte der Kindertageseinrichtungen und der Grundschulen zusammenarbeiten.

 

Neben der Vorbereitung und der Durchführung dieser Veranstaltungen erfolgt zwischen den Tageseinrichtungen und den Grundschulen auch eine inhaltliche Abstimmung der Sprachförderkonzepte.

 

Zu 3.) Durch Aufgeben des Parallelangebotes in Schulen und Kindergarten und mit der Eingliederung der Sprachförderkurse in die Arbeit der Kindertagesstätten wurden wichtige Voraussetzungen für die Übersichtlichkeit und Nachhaltigkeit geschaffen. Durch die Einrichtung von Familienzentren, die Anlaufstelle für die Kinder sind, die nicht in Kindergärten gehen, wird eine lückenlose Versorgung gewährleistet.

 

In der Elternarbeit erprobt die Stadt Rheine viele neue Wege, z. B. mit der Einführung von Alphabetisierungs- und Deutschkursen in den Stadtteilen für die Eltern (hauptsächlich Mütter) von Kindergarten- und Schulkindern. Dieses geschieht im Rahmen der Sprachoffensive (vgl. Migrations- und Integrationskonzept 2003). Eine Liste der VHS ist als Anlage beigefügt. Außerdem wurden interkulturelle Themen (Landeskunde, interkultureller Kalender usw.) in das Jahresprogramm der VHS aufgenommen.

 

Das AS-Programm unter Leitung der VHS wendet sich an ältere Schülerinnen und Schüler (Klasse 7 der Haupt-, Sonder-, und Gesamtschulen). Durch die hier geförderte Zusammenarbeit der Schulen und außerschulischer Institutionen (z. B. Kinderschutzbund, Polizei, Verbraucherberatung, Migrationsdienste) werden ebenfalls Forderungen und Anregungen der Integrierten Schulentwicklungs- und  Jugendhilfeplanung umgesetzt.

 

Hausaufgabenhilfen in den Stadtteilbüros der Projektgruppe Migration, in Zuwanderervereinen und im Centro San Antonio (Kooperation der jeweiligen Einrichtungen mit dem Jugendamt) sowie ehrenamtliche Schulbegleiter in einzelnen Zuwandererfamilien (Kooperationsprojekt Stabsstelle/Projektgruppe Migration) stellen die außerschulische Begleitung von zugewanderten Schülerinnen und Schülern sicher, soweit sie nicht von der Übermittagsbetreuung der Schulen profitieren können.

 

Aufgrund der Vielfalt und der vielen Innovationsaspekte der Programme sowie der guten Vernetzung der Akteure kann man sagen, dass Rheine im Bemühen um die Sicherstellung der Chancengleichheit der zugewanderten Kinder gut aufgestellt ist. Es gibt ein breitgefächertes Angebot und viele Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Angebotsstruktur aber auch auf die Motivationslage in den Schulen und Elternhäusern. Das Bildungsbewusstsein der zugewanderten Eltern und der Leistungslevel in den Schulen, auch in denen mit hohem Migrantenanteil, steigen.

 

Durch städtische Budgetmittel und Landes-/Bundes-/EU-Mittel sind die Programme zurzeit hinreichend finanziell ausgestattet. Durch Umschichten von Mitteln aus auslaufenden Projekten können auch neue Ideen umgesetzt werden.