Betreff
Nachlass Paeßens-Wenzel, Gründung einer Museumsstiftung
Vorlage
142/06
Aktenzeichen
II-1-MU-b
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt/Begründung:

 

1.     Der Kulturausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine:

 

-      eine „Förderstiftung Städtische Museen Rheine“ zu gründen;

-      das Vermögen aus dem Nachlass Gerte Paessens-Wenzel in ein Stiftungsvermögen umzuwandeln und

-      den Kapitalstock der „Assaulenko-Stiftung“, einer unselbständigen Stiftung bei der Stadt Rheine, als Zustiftung in die Förderstiftung einzubringen.

 

2.     Der Kulturausschuss beauftragt die Verwaltung, die Genehmigungsvoraussetzungen für die Gründung der Förderstiftung mit der Bezirksregierung abzuklären.


Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.    Die Künstlerfamilie Wenzel

 

Frau Gerte Paessens-Wenzel ist das einzige Kind des Kunstmalers Karl Wenzel (1887 - 1947) und das Enkelkind des Kunstmalers Ludwig Wenzel (1852 - 1920).

 

Der Kunstmaler Ludwig Wenzel ist in Rheine vor allem durch den Heiligenzyklus bekannt, mit dem er die „Alte Sakristei“ in der Stadtkirche St. Dionysius ausgemalt hat. Bernhard Pietz, von 1891 bis 1915 Pfarrer der Kirche, übergibt Wenzel den Auftrag und kann ihn dazu bewegen, ganz nach Rheine zu ziehen. Wenzel ist Autodidakt und lehnt sich stilistisch an die späten Düsseldorfer Nazarener an.

 

Bekannter ist Ludwig Wenzels Sohn Karl. Er wird 1887 in Ibbenbüren geboren und verbringt seine Jugendjahre in Rheine. Lebenslang fühlt er sich mit der Stadt verbunden.

Von 1906 bis 1914 lernt und arbeitet Wenzel im Atelier des Kirchen- und Historienmalers Friedrich Stummel in Kevelaer, der ihn mit der Ausmalung mehrerer Kirchen beauftragt. Die Freundschaft Stummels mit Pietz, der auch Dechant und Bauherr der St. Antoniusbasilika ist, führt Lehrer und Schüler nach Rheine, wo beide von 1910 bis 1912 die Krypta der neuen Kirche ausgestalten. Seit 1916 ist Wenzel freischaffend tätig. 1920-22 schmückt Wenzel auch die Taufkapelle der Basilika mit Szenen aus dem Leben des Antonius von Padua und mit einer reichhaltigen romanisierenden Ornamentik aus.

 

Ab 1937 erfolgen Ausstellungen im Folkwang-Museum Essen, in Rheine, Kevelaer und im „Haus der Deutschen Kunst“ in München. 1945 verliert Wenzel fast alle seine Werke durch einen Bombenabwurf. In der folgenden Zeit arbeitet er unermüdlich und führt 1947 selbst eine große Ausstellung mit namhaften Künstlern aus Westfalen und dem Rheinland in Kevelaer durch. Bis zu seinem Tod 1947 lebt er am Niederrhein, kehrt jedoch immer wieder nach Rheine zurück und malt und zeichnet hier Stadtansichten, Landschaften und Porträts. Zum Stadtjubiläum 1988 wird sein Werk im Falkenhof Museum präsentiert.

Unmittelbar neben dem Falkenhof ist von Wenzel die monumentale Darstellung eines Sämanns am alten Getreidesilo erhalten.

 

 

2.    Der Nachlass

 

Frau Gerte Paessens-Wenzel hat den Städtischen Museen Rheine (Falkenhof Museum und Museum Kloster Bentlage) im Wege des Nachlasses (Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler, Aktenzeichen 5 IV 49, 50/06) den künstlerischen Nachlass ihres Vaters Karl Wenzel sowie ein Appartement in Bad Neuenahr-Ahrweiler hinterlassen.

 

2.1. Der künstlerische Nachlass

 

Der künstlerische Nachlass umfasst 18 Radierungen, 12 Ölgemälde, 16 Zeichnungen und Skizzen, 17 Aquarelle, 6 Pastelle, 1 Hinterglasbild, 1 Bronzebüste sowie die Palette des Malers.

 

2.2. Die Immobilie

 

Die Verwaltung schlägt vor, die Immobilie zu veräußern.

 

2.3. Hintergrundinformationen zum Erbe

 

Das Vermächtnis hat Frau Paessens-Wenzel der Museumsleiterin im August 1998 in einem vertraulichen Gespräch bereits angekündigt. Umso erfreulicher ist es, dass sie jetzt diese Absicht in die Tat umgesetzt hat. Dieses Vermächtnis ist auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zurückzuführen, die sich anlässlich bereits erfolgter Schenkungen mehrerer Bilder und Zeichnungen entwickelte, die sie den Städtischen Museen schon zu Lebzeiten überließ.

 

2.4. Auflagen im Testament

 

Aus dem Testament geht eindeutig hervor, dass der Verwendungszweck des Nachlasses im Sinne der kontinuierlichen Museumsarbeit den Städtischen Museen dienen soll. „ Die Stadt Rheine/Westfalen erhält das Apartment … einschließlich der Garage … zum Verkauf mit der Bestimmung, den Verkaufserlös für die Ausstattung des Falkenhof- Museums und/oder des Museums in Schloss Bentlage zu verwenden. … Die Stadt Rheine/Westfalen erhält für das Falkenhof-Museum die in der Anlage … verzeichneten Werke von Karl W. Wenzel, des Vaters der Ehefrau“ (letztwillige Verfügungen der Erblasserin, eröffnet am 30. Januar 2006, Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler, AZ 5 IV 49-50/06).

 

Als notwendig erachtete Frau Paessens-Wenzel demnach eine sach- und fachgerechte Betreuung des künstlerischen Nachlasses ihres Vaters, des Malers Karl Wenzel und ihres Großvaters, des Malers Ludwig Wenzel, die sie in der Arbeit der Leitung der Städtischen Museen Rheine am ehesten sicher gestellt sah. (Zur künstlerischen Bedeutung und der Beziehung der Familie Wenzel zur Stadt Rheine siehe Punkt 1)

 

 

3.    Annahme des Erbes durch die Stadt Rheine

 

Im Sinne der oben dargelegten Punkte erscheint es schlüssig, das Erbe seitens der Stadt Rheine anzunehmen. Die Stadt Rheine hat das Erbe am 10. April 2006 angenommen.

 

 

4.    Gründung einer Förderstiftung Städtische Museen

 

Die Verwaltung schlägt vor, eine Förderstiftung Städtische Museen zu gründen und den Verkaufserlös in ein Stiftungsvermögen umzuwandeln, das in die

Förderstiftung einfließt.

 

Die Förderstiftung hat den Vorteil, dass sie die Möglichkeit hat, Zustiftungen aufzunehmen.

Sinnvoll wäre es etwa, den Kapitalstock der Assaulenko-Stiftung (unselbstständige Stiftung) als Zustiftung aufzunehmen. Dies entspräche den Intentionen von Frau Katharina Assaulenko, die die Kunstwerke ihres Mannes der Stadt Rheine nach ihrem Ableben überließ, um sie als geschlossene Sammlung bei der Stadt Rheine für die Nachwelt zu erhalten. Die Absichten von Frau Gerte Paessens-Wenzel und Frau Katharina Assaulenko sind somit deckungsgleich.

 

Im Übrigen entspricht es den vom Kulturausschuss verabschiedeten Leitlinien, die Künstler, die einen Bezug zu Rheine haben, im neuen Stadtmuseum im Falkenhof angemessen zu würdigen.

 

Die Verwaltung schlägt vor, die oben ausgeführten kulturpolitischen Überlegungen in einen Ratsbeschluss einmünden zu lassen und eine neue Förderstiftung Städtische Museen Rheine rechtlich zu errichten. Aus diesem Errichtungsgeschäft folgt, dass eine Stiftungssatzung erlassen wird. Die Kernpunkte der Stiftung sollten in dieser Satzung geregelt werden (Zweck, Gemeinnützigkeit, Kuratorium, Stifterversammlung, Name: „Förderstiftung Städtische Museen Rheine“).

 

 

5.    Einbindung bürgerschaftlichen Engagements

 

Für die praktische Arbeit und die Umsetzung von Projekten ist die Stiftung auf personelle Unterstützung angewiesen. Diese Unterstützung könnte idealerweise ein noch zu gründender Freundeskreis übernehmen.

 

Die Gründung der Stiftung und des Freundeskreises sollte in etwa zeitgleich erfolgen.