Betreff
5. Änderung des Bebauungsplanes Nr. R 58, Kennwort: "Kanalhafen-Ost", der Stadt Rheine I. Änderungsbeschluss
Vorlage
240/08
Aktenzeichen
PG 5.1 - wod
Art
Beschlussvorlage

VORBEMERKUNG / KURZERLÄUTERUNG:

 

Ein privater Investor hat weitgehend alle Grundstücke im Geltungsbereich der Änderung erworben mit der Absicht, auf dem Gelände eine Ölmühle zur Herstellung von Speiseölen und Kraftstoffen zu errichten (s. Anlage 1). Vorgesehen ist eine Anlage zur Herstellung von Öl aus Rapssaat mit einer Verarbeitungskapazität von ca. 400.000 t/a. Der Rohstoff soll vornehmlich über den Dortmund-Ems-Kanal angeliefert werden. Hierzu sind zwei Anlegestellen am Kanal erforderlich. Zusätzlich sollen ca. 15.000 t/a über die Straße angeliefert werden. Sollte eine Anlieferung über den Kanal nicht möglich sein (z.B. bei Frost) ist mit einer Anlieferung durch ca. 150 LKW/Tag zu rechnen. Auf dem Gelände ist die Errichtung eines eigenen Kraftwerkes zur Verbrennung der verbleibenden Hackschnitzel mit einer Leistung von 5 – 6 MW projektiert. Zum Betrieb der Ölmühle ist u.a. die Errichtung einer 12 teiligen Silobatterie, eines Tanklagers, einer Verladestation, eines Wiegebereiches, einer Flaschenabfüllung und eines Verwaltungsgebäudes mit Labor geplant. Das Investitionsvolumen beträgt ca. 35 Mio. €

 

Das eigentliche Produktionsverfahren besteht im allgemeinen aus folgenden Schritten: die angelieferten Ölsaaten werden gereinigt (Entfernung von Pflanzenresten, Staub, Sand, Holz, Fremdsaaten), meist enthüllt bzw. geschält, vorzerkleinert und einer Konditionierung unterzogen (Wärmebehandlung, um das Öl dünnflüssiger zu machen) und mit Hilfe von Pressen auf einen Fettgehalt von ca. 25 % entölt. Nach einer weiteren Zerkleinerung werden die Saaten mit einem Lösungsmittel – bei der geplanten Anlage Hexan – behandelt und bis auf einen Ölgehalt von ca. 1% extrahiert. Der Extraktionsschrot wird nach weitgehender Entfernung des Lösungsmittels in Zylindern noch in so genannten Toastern ausgedämpft. Erst dann ist er als Viehfutter verwendbar. Die Rückgewinnung des Lösungsmittels aus dem Öl-Lösungsmittelgemisch erfolgt durch Mehrfachverdampfer. Die dabei anfallenden Extraktionsbrühen werden in Kondensatoren niedergeschlagen.

 

Die durch Pressen und Extraktion gewonnenen Rohöle enthalten eine Reihe von Begleitstoffen, die z.B. aus Gründen des  Geschmacks, der Haltbarkeit und des Aussehens unerwünscht sind. Um diese zu entfernen, werden die Rohöle einer Raffination unterzogen: Hierbei unterscheidet man folgende Verfahrensstufen:

 

a)    Vorreinigung zur Entfernung von Schleimstoffen und Phosphaten und anderen komplexen kolloidalen Verbindungen z.B. durch Behandlung mit Schwefelsäure.

b)    Entsäuerung (Neutralisation) durch Destillation oder durch Behandlung mit Alkalien

c)     Entfärben, Entfernung der Reste von Schleimstoffen, Phosphatiden, Seifen, Spurenmetallen und Oxidationsprodukten durch Verwendung von Adsorptionsmitteln.

d)    Entfernung von Geruchs- und Geschmacksstoffen durch Vakuumdampfbehandlung.

 

Von Ölmühlen gehen neben Geräuschemissionen auch starke Geruchsemissionen aus. Das Ausmaß der Geruchsemissionen ist dabei im Wesentlichen von den eingesetzten Rohstoffen abhängig. Im Anhang für die Novellierung des Abstandserlasses NRW vom 06. 06. 2007 des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW wird im Rahmen der Erläuterung für einzelne Betriebsarten darauf verwiesen, dass insbesondere Kopra und Raps geruchsintensiv sind. Es wird eine Erfassung der wesentlichen Geruchsquellen mit anschließender Reinigung (z.B. Biofilter) vorgeschlagen. Die Vielzahl der über alle Fabrikationsstufen verteilten Geruchsquellen und die Schwierigkeiten bei der Erfassung und Reinigung der geruchsbeladenen Abluft machen Festlegung eines Schutzabstandes von 500 m erforderlich. Bei diesem Abstand spielen die betriebsbedingten Geräuschemissionen für die Abstandsbestimmung meist keine Rolle mehr. Die Problematik der Emissionen wird auch dadurch deutlich, dass es sich bei der Anlage um ein Vorhaben handelt, das eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erfordert.

 

Zu diesem BImSch-Verfahren hat bereits am 8. Mai 2008 ein Erörterungstermin im Kreishaus, Steinfurt stattgefunden. Aus den bisher vorliegenden Unterlagen des planenden Architekturbüros (s. Anlage 1), dem Abgleich mit den Inhalten des bestehenden Bebauungsplanes (s. Anlage 2) und den Ergebnissen des Erörterungstermins im Kreishaus ergeben sich folgende Änderungsinhalte bzw. Fragestellungen, die noch gelöst bzw. geklärt werden müssen:

 

Entwässerung:

Der rechtsverbindliche Bebauungsplan enthält im nördlichen Bereich, direkt angrenzend an die Trasse der A 30, eine Fläche für ein Regenrückhaltebecken. Diese Fläche ist seitens des Projektentwicklers tlw. überplant worden ohne einen Alternativstandort für das Rückhaltebecken anzubieten. Es ist zu klären, ob auf das Regenrückhaltebecken generell verzichtet werden kann, oder ob ein Alternativstandort erforderlich ist. Dabei ist folgender Sachverhalt zu berücksichtigen: das vorliegende Konzept für die Ölmühle sieht eine 100%ige Versiegelung des Grundstückes vor, der bestehende Bebauungsplan lässt jedoch bisher eine maximal 80%ige Versiegelung zu. Diese bisher nicht absehbare Vergrößerung der Abflussfläche ist bei der Berechnung zur Regenrückhaltung miteinzurechnen. Aus Sicht der Unteren Wasserbehörde ist ein Kanalisationsentwurf für Schmutz- und Niederschlagwasser zu erarbeiten, da die versiegelte Fläche 30.000 m² überschreitet. Dieses Konzept ist vom Projektentwickler zu erstellen.

 

Erschließung:

Der gegenwärtige Bebauungsplan enthält eine geplante neue Verkehrsführung der Kanalstraße, die auch eine notwendige und optimierte Erschließung der westlich des Ostenwalder Weges gelegenen Gewerbeflächen berücksichtigt. Diese Flächen sind zwar bisher nicht durch einen Bebauungsplan planungsrechtlich gesichert, sind jedoch im Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche dargestellt, eine zukünftige Erschließung dieser Flächen ist deshalb bei der verbindlichen Bauleitplanung zu berücksichtigen. Ob die Aufgabe oder eine veränderte Verkehrsführung möglich ist, wird gegenwärtig von der AöR noch geprüft.

 

Emissionsgutachten:

Wie die Darstellung des generellen Betriebsablaufes einer Ölmühle gezeigt hat, wird ein Mindestabstand von 500 m zur nächsten Wohnbebauung gefordert. Das dem Vorhaben nächstgelegene Wohnhaus ist eine Hofstelle im Bereich Sundernweg 29/31 die nur durch den Dortmund-Ems-Kanal vom projektierten Standort der Ölmühle getrennt wird. Für die landwirtschaftliche Hofstelle gelten zwar nicht die Richtwerte für allgemeine Wohngebiete, sondern es sind tendenziell Werte für Mischgebiete anzusetzen, es ist jedoch aufgrund der direkten Nachbarschaft gutachterlich zu klären, ob eine Vereinbarkeit zwischen der Ölmühle und dem Wohnen im Bereich Sundernweg gegeben ist. Das Emissionsgutachten ist ein Bestandteil des noch zu erstellenden Umweltberichtes. Der betreffende Landwirt hat sich bereits nach der ersten Berichterstattung in der Presse über eine mögliche Ansiedlung der Ölmühle im Gewerbegebiet Kanalhafen an die Stadt Rheine gewandt, und um Berücksichtigung seiner Interessen gebeten.

 

Ausgleichsmaßnahmen:

Der rechtskräftige Bebauungsplan sieht eine maximale Versiegelung von 80% der Fläche vor. Zusätzlich sind entlang des Ostenwalder Weges und zur Kanaltrasse Flächen mit Pflanzgeboten belegt. Das vorgelegte Konzept geht von einer vollflächigen Bebauung und Versiegelung des Areals aus. Sofern dieses Konzept realisiert werden soll, ist die Anhebung der Grundflächenzahl von bisher 0,8 auf 1,0 erforderlich. Für diese Erhöhung und für den Wegfall der überplanten Grünflächen ist ein Ausgleich zu erbringen. Der notwendige Ausgleich ist im Rahmen der Erstellung eines Umweltberichtes zu ermitteln und die sich ergebenden Ausgleichsmaßnahmen sind seitens des Verursachers durchzuführen bzw. ist die entsprechende Kostenübernahme durch den Projektentwickler im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages zu regeln.

 

Abstand zur Trasse der Autobahn:

Zum Fahrbahnrand der Autobahn ist mit jeglicher Bebauung ein Abstand von 40 m einzuhalten. Nach den bisher vorliegenden Unterlagen ist anzunehmen, dass dieser Abstand mit der geplanten Bebauung unterschritten wird. Hier ist ggf. eine Umplanung erforderlich oder eine genaue Abstimmung mit dem Straßenbaulastträger zwingend notwendig.

 

Umweltbericht:

Zur Durchführung des förmlichen Änderungsverfahrens ist die Erarbeitung eines Umweltberichtes zwingend erforderlich. Dieser vom Projektentwickler vorzulegende Bericht muss insbesondere die Emissionssituation, bezogen auf die Produktion und den möglichen zu- und abfließenden Verkehr (im Falle der Anlieferung über die Straße bis zu 150 LKW-Anfahrten pro Tag) analysieren und die größere Versiegelung der Fläche und mögliche Ausgleichsmaßnahmen darstellen.

 

Schiffsanleger:

Das Projekt geht von einem direkten Anschluss des Grundstücks an den Dortmund-Ems-Kanal aus. Gegenwärtig setzt der Bebauungsplan für die entsprechenden Flächen ein Pflanzgebot auf privater Grünfläche fest. Diese Festsetzung ist aufzuheben. Die Detailplanung für den Hafenanleger ist im Detail noch mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt abzustimmen. Dabei ist vorrangig die Frage zu klären, ob für den Anleger ein separates Plangenehmigungsverfahren notwendig ist oder ob die Änderung im Rahmen des Änderungsverfahrens zum Bebauungsplan berücksichtigt werden kann.

 

Lage am Kanal:

U.a. ist das als Lösungsmittel benutzte Hexan als wassergefährdender Stoff eingestuft. Die Lagerung von wassergefährdenden Stoffen auf dem Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kanal ist genauer zu analysieren.

 

Die aufgezeigten Fragestellungen machen deutlich, dass es sich bei der Änderung des Bebauungsplanes „Kanalhafen-Ost“ um ein sehr umfangreiches und komplexes Planverfahren handelt, das eine gründliche und damit auch zeitintensive Bearbeitung erfordert, die mit allen Beteiligten eng abgestimmt werden muss. Das Vorhaben ist bisher nicht im Arbeitsprogramm des Produktbereiches Stadtplanung enthalten. Bei sofortiger Aufnahme dieses umfangreichen Verfahrens in das laufende Arbeitsprogramm ist deshalb davon auszugehen, dass andere Verfahren in der Bearbeitung zurückgestellt werden müssen.

 

Die Klärung der aufgezeigten Fragestellungen wirkt sich größtenteils auf die zeichnerische Darstellung und die Begründung zur 5. Änderung des Bebauungsplanes Nr. R 58 aus. Es ist deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, eine entsprechende Darstellung zu erarbeiten. Dem Ausschuss wird deshalb vorgeschlagen, zum jetzigen Zeitpunkt lediglich den Änderungsbeschluss zu fassen, um zu dokumentieren, dass die Stadt Rheine grundsätzlich bereit ist, ein Änderungsverfahren zur Ansiedlung einer Ölmühle im Gewerbegebiet „Kanalhafen-Ost“ durchzuführen. Die weiteren Schritte zur Bearbeitung des Änderungsentwurfes werden mit diesem Änderungsbeschluss grundsätzlich auf eine sichere Basis gestellt.

 

Der Beschluss zur frühzeitigen Bürgerbeteilung einschließlich Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange soll erst gefasst werden, wenn alle aufgezeigten Fragestellungen geklärt sind und es insbesondere aufgrund der Emissionsproblematik möglich erscheint, eine Ölmühle im Geltungsbereich der 5. Änderung des Bebauungsplanes „Kanalhafen-Ost“ anzusiedeln.

 

Als Zeitplan für das weitere Änderungsverfahren ist mit dem bearbeitenden Architekturbüro bisher die beiden folgenden Zeitpläne kommuniziert worden:

 

1. Zeitschiene (eher unrealistisch aufgrund des hohen Abstimmungsbedarfs):

 

Änderungsbeschluss mit Beschreibung aller Änderungsinhalte: Stewa 11.06.2008, Vorlagenstopp 27.05.2008

 

Ausarbeitung Umweltbericht inkl. Gutachten (extern zu beauftragendes Büro durch den Vorhabenträger) und Klärung aller sonstigen offenen Fragestellungen, Erstellung zeichnerischer B-Planentwurf, Begründung und Beschlussvorlage: Juni bis August 2008

 

Beschluss zur frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung: Stewa 20.08.2008, Vorlagenstopp 05.08.2008

 

Durchführung frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung (1 Monat): September 2008

 

Einarbeitung der Rückmeldungen und Ausarbeitung der Beschlussvorlage zur Offenlage: Oktober 2008

 

Beschluss zur Offenlage: Stewa 15.10.2008, Vorlagenstopp 07.10.2008

 

Durchführung der Offenlage (1 Monat): Oktober / November 2008

 

ggf. Stand nach § 33 BauGB (wenn während der Offenlage keine Anregungen / Bedenken gegen die Planung eingehen): November 2008

 

Fertigung der Abwägung und des Satzungsbeschlusses: November / Dezember 2009

 

Satzungsbeschluss: Stewa und Rat Januar 2009 (abhängig von Sitzungsterminen 2009)

 

 

2. Zeitschiene (realistischer, sofern Unterlagen und Gutachten entsprechend vorliegen!):

 

Änderungsbeschluss mit Beschreibung aller Änderungsinhalte: Stewa 11.06.2008, Vorlagenstopp 27.05.2008

 

Ausarbeitung Umweltbericht inkl. Gutachten (extern zu beauftragendes Büro durch den Vorhabenträger) und Klärung aller sonstigen offenen Fragestellungen, Erstellung zeichnerischer  B-Planentwurf, Begründung und Beschlussvorlage: Juni bis September 2008

 

Beschluss zur frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung: Stewa 24.09.2008, Vorlagenstopp 09.09.2008

 

Durchführung frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung (1 Monat): Oktober 2008

 

Einarbeitung der Rückmeldungen und Ausarbeitung der Beschlussvorlage zur Offenlage: November 2008

 

Beschluss zur Offenlage: Stewa 26.11.2008, Vorlagenstopp 11.11.2008

 

Durchführung der Offenlage (1 Monat): Dezember 2008 / Januar 2009

 

ggf. Stand nach § 33 BauGB (wenn während der Offenlage keine Anregungen / Bedenken gegen die Planung eingehen):

Januar 2009

 

Fertigung der Abwägung und des Satzungsbeschlusses: Januar / Februar 2009

 

Satzungsbeschluss: Stewa und Rat: Februar / März 2009 (abhängig von Sitzungsterminen 2009)

 

Die aufgezeigten Zeitpläne setzen voraus, dass seitens des bearbeitenden Architekturbüros alle notwendigen Arbeiten und Abstimmungsgespräche geführt werden. Die Ergebnisse müssen so rechtzeitig vorliegen, dass sie auch in angemessener Zeit in die zeichnerische Darstellung der Bebauungsplanänderung aufgenommen und die Begründung entsprechend erstellt werden kann.

 

Die Stadt Rheine erhebt die verwaltungsinternen Planungskosten vom Antragsteller.

 

 

BESCHLUSSVORSCHLAG / EMPFEHLUNG:

 

I.       Änderungsbeschluss

 

Der Stadtentwicklungsausschuss "Planung und Umwelt" der Stadt Rheine beschließt gemäß § 1 Abs. 8 BauGB den Bebauungsplan Nr. R 58, Kennwort: "Kanalhafen-Ost", der Stadt Rheine zu ändern.

 

Der räumliche Geltungsbereich dieser Bebauungsplanänderung wird wie folgt begrenzt:

 

im Norden:      durch die Südseite der Trasse der Autobahn A 30,

im Osten:        durch die östliche Grenze der Flurstücke 58, 40, 41 und 65,

im Süden:       durch die Nordseite des Dortmund-Ems-Kanals,

im Westen:     durch die Westseite des Ostenwalder Weges.

 

 

Sämtliche Flurstücke befinden sich in der Flur 143, Gemarkung Rheine Stadt. Der räumliche Geltungsbereich ist im Übersichtsplan geometrisch eindeutig festgelegt.