VORBEMERKUNG / KURZERLÄUTERUNG:
Ein privater Investor hat weitgehend alle Grundstücke im Geltungsbereich der Änderung erworben mit der Absicht, auf dem Gelände eine Ölmühle zur Herstellung von Speiseölen und Kraftstoffen zu errichten (s. Anlage 1). Vorgesehen ist eine Anlage zur Herstellung von Öl aus Rapssaat mit einer Verarbeitungskapazität von ca. 400.000 t/a. Der Rohstoff soll vornehmlich über den Dortmund-Ems-Kanal angeliefert werden. Hierzu sind zwei Anlegestellen am Kanal erforderlich. Zusätzlich sollen ca. 15.000 t/a über die Straße angeliefert werden. Sollte eine Anlieferung über den Kanal nicht möglich sein (z.B. bei Frost) ist mit einer Anlieferung durch ca. 150 LKW/Tag zu rechnen. Auf dem Gelände ist die Errichtung eines eigenen Kraftwerkes zur Verbrennung der verbleibenden Hackschnitzel mit einer Leistung von 5 – 6 MW projektiert. Zum Betrieb der Ölmühle ist u.a. die Errichtung einer 12 teiligen Silobatterie, eines Tanklagers, einer Verladestation, eines Wiegebereiches, einer Flaschenabfüllung und eines Verwaltungsgebäudes mit Labor geplant. Das Investitionsvolumen beträgt ca. 35 Mio. €
Das eigentliche Produktionsverfahren besteht im allgemeinen aus folgenden Schritten: die angelieferten Ölsaaten werden gereinigt (Entfernung von Pflanzenresten, Staub, Sand, Holz, Fremdsaaten), meist enthüllt bzw. geschält, vorzerkleinert und einer Konditionierung unterzogen (Wärmebehandlung, um das Öl dünnflüssiger zu machen) und mit Hilfe von Pressen auf einen Fettgehalt von ca. 25 % entölt. Nach einer weiteren Zerkleinerung werden die Saaten mit einem Lösungsmittel – bei der geplanten Anlage Hexan – behandelt und bis auf einen Ölgehalt von ca. 1% extrahiert. Der Extraktionsschrot wird nach weitgehender Entfernung des Lösungsmittels in Zylindern noch in so genannten Toastern ausgedämpft. Erst dann ist er als Viehfutter verwendbar. Die Rückgewinnung des Lösungsmittels aus dem Öl-Lösungsmittelgemisch erfolgt durch Mehrfachverdampfer. Die dabei anfallenden Extraktionsbrühen werden in Kondensatoren niedergeschlagen.
Die durch Pressen und Extraktion gewonnenen Rohöle enthalten eine Reihe von Begleitstoffen, die z.B. aus Gründen des Geschmacks, der Haltbarkeit und des Aussehens unerwünscht sind. Um diese zu entfernen, werden die Rohöle einer Raffination unterzogen: Hierbei unterscheidet man folgende Verfahrensstufen:
a) Vorreinigung zur Entfernung von Schleimstoffen und Phosphaten und anderen komplexen kolloidalen Verbindungen z.B. durch Behandlung mit Schwefelsäure.
b)
Entsäuerung
(Neutralisation) durch Destillation oder durch Behandlung mit Alkalien
c)
Entfärben,
Entfernung der Reste von Schleimstoffen, Phosphatiden, Seifen, Spurenmetallen
und Oxidationsprodukten durch Verwendung von Adsorptionsmitteln.
d)
Entfernung
von Geruchs- und Geschmacksstoffen durch Vakuumdampfbehandlung.
Von Ölmühlen gehen neben Geräuschemissionen auch starke Geruchsemissionen
aus. Das Ausmaß der Geruchsemissionen ist dabei im Wesentlichen von den eingesetzten
Rohstoffen abhängig. Im Anhang für die Novellierung des Abstandserlasses NRW
vom 06. 06. 2007 des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz des Landes NRW wird im Rahmen der Erläuterung für
einzelne Betriebsarten darauf verwiesen, dass insbesondere Kopra und Raps geruchsintensiv
sind. Es wird eine Erfassung der wesentlichen Geruchsquellen mit anschließender
Reinigung (z.B. Biofilter) vorgeschlagen. Die Vielzahl der über alle Fabrikationsstufen
verteilten Geruchsquellen und die Schwierigkeiten bei der Erfassung und
Reinigung der geruchsbeladenen Abluft machen Festlegung eines Schutzabstandes
von 500 m erforderlich. Bei diesem Abstand spielen die betriebsbedingten
Geräuschemissionen für die Abstandsbestimmung meist keine Rolle mehr. Die Problematik
der Emissionen wird auch dadurch deutlich, dass es sich bei der Anlage um ein
Vorhaben handelt, das eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz
erfordert.
Zu diesem BImSch-Verfahren hat bereits am 8. Mai 2008 ein Erörterungstermin
im Kreishaus, Steinfurt stattgefunden. Aus den bisher vorliegenden Unterlagen
des planenden Architekturbüros (s. Anlage 1), dem Abgleich mit den Inhalten des
bestehenden Bebauungsplanes (s. Anlage 2) und den Ergebnissen des Erörterungstermins
im Kreishaus ergeben sich folgende Änderungsinhalte bzw. Fragestellungen, die
noch gelöst bzw. geklärt werden müssen:
Entwässerung:
Der
rechtsverbindliche Bebauungsplan enthält im nördlichen Bereich, direkt angrenzend
an die Trasse der A 30, eine Fläche für ein Regenrückhaltebecken. Diese Fläche
ist seitens des Projektentwicklers tlw. überplant worden ohne einen Alternativstandort
für das Rückhaltebecken anzubieten. Es ist zu klären, ob auf das Regenrückhaltebecken
generell verzichtet werden kann, oder ob ein Alternativstandort erforderlich
ist. Dabei ist folgender Sachverhalt zu berücksichtigen: das vorliegende
Konzept für die Ölmühle sieht eine 100%ige Versiegelung des Grundstückes vor,
der bestehende Bebauungsplan lässt jedoch bisher eine maximal 80%ige
Versiegelung zu. Diese bisher nicht absehbare Vergrößerung der Abflussfläche
ist bei der Berechnung zur Regenrückhaltung miteinzurechnen. Aus Sicht der
Unteren Wasserbehörde ist ein Kanalisationsentwurf für Schmutz- und
Niederschlagwasser zu erarbeiten, da die versiegelte Fläche 30.000 m²
überschreitet. Dieses Konzept ist vom Projektentwickler zu erstellen.
Erschließung:
Der gegenwärtige
Bebauungsplan enthält eine geplante neue Verkehrsführung der Kanalstraße, die
auch eine notwendige und optimierte Erschließung der westlich des Ostenwalder
Weges gelegenen Gewerbeflächen berücksichtigt. Diese Flächen sind zwar bisher
nicht durch einen Bebauungsplan planungsrechtlich gesichert, sind jedoch im
Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche dargestellt, eine zukünftige
Erschließung dieser Flächen ist deshalb bei der verbindlichen Bauleitplanung zu
berücksichtigen. Ob die Aufgabe oder eine veränderte Verkehrsführung möglich
ist, wird gegenwärtig von der AöR noch geprüft.
Emissionsgutachten:
Wie die Darstellung
des generellen Betriebsablaufes einer Ölmühle gezeigt hat, wird ein
Mindestabstand von 500 m zur nächsten Wohnbebauung gefordert. Das dem Vorhaben
nächstgelegene Wohnhaus ist eine Hofstelle im Bereich Sundernweg 29/31 die nur
durch den Dortmund-Ems-Kanal vom projektierten Standort der Ölmühle getrennt
wird. Für die landwirtschaftliche Hofstelle gelten zwar nicht die Richtwerte
für allgemeine Wohngebiete, sondern es sind tendenziell Werte für Mischgebiete
anzusetzen, es ist jedoch aufgrund der direkten Nachbarschaft gutachterlich zu
klären, ob eine Vereinbarkeit zwischen der Ölmühle und dem Wohnen im Bereich
Sundernweg gegeben ist. Das Emissionsgutachten ist ein Bestandteil des noch zu
erstellenden Umweltberichtes. Der betreffende Landwirt hat sich bereits nach
der ersten Berichterstattung in der Presse über eine mögliche Ansiedlung der
Ölmühle im Gewerbegebiet Kanalhafen an die Stadt Rheine gewandt, und um Berücksichtigung
seiner Interessen gebeten.
Ausgleichsmaßnahmen:
Der rechtskräftige
Bebauungsplan sieht eine maximale Versiegelung von 80% der Fläche vor.
Zusätzlich sind entlang des Ostenwalder Weges und zur Kanaltrasse Flächen mit
Pflanzgeboten belegt. Das vorgelegte Konzept geht von einer vollflächigen
Bebauung und Versiegelung des Areals aus. Sofern dieses Konzept realisiert
werden soll, ist die Anhebung der Grundflächenzahl von bisher 0,8 auf 1,0 erforderlich.
Für diese Erhöhung und für den Wegfall der überplanten Grünflächen ist ein
Ausgleich zu erbringen. Der notwendige Ausgleich ist im Rahmen der Erstellung
eines Umweltberichtes zu ermitteln und die sich ergebenden Ausgleichsmaßnahmen
sind seitens des Verursachers durchzuführen bzw. ist die entsprechende
Kostenübernahme durch den Projektentwickler im Rahmen eines städtebaulichen
Vertrages zu regeln.
Abstand zur
Trasse der Autobahn:
Zum Fahrbahnrand der
Autobahn ist mit jeglicher Bebauung ein Abstand von 40 m einzuhalten. Nach den
bisher vorliegenden Unterlagen ist anzunehmen, dass dieser Abstand mit der
geplanten Bebauung unterschritten wird. Hier ist ggf. eine Umplanung
erforderlich oder eine genaue Abstimmung mit dem Straßenbaulastträger zwingend
notwendig.
Umweltbericht:
Zur Durchführung des
förmlichen Änderungsverfahrens ist die Erarbeitung eines Umweltberichtes
zwingend erforderlich. Dieser vom Projektentwickler vorzulegende Bericht muss
insbesondere die Emissionssituation, bezogen auf die Produktion und den
möglichen zu- und abfließenden Verkehr (im Falle der Anlieferung über die
Straße bis zu 150 LKW-Anfahrten pro Tag) analysieren und die größere Versiegelung
der Fläche und mögliche Ausgleichsmaßnahmen darstellen.
Schiffsanleger:
Das Projekt geht von
einem direkten Anschluss des Grundstücks an den Dortmund-Ems-Kanal aus.
Gegenwärtig setzt der Bebauungsplan für die entsprechenden Flächen ein
Pflanzgebot auf privater Grünfläche fest. Diese Festsetzung ist aufzuheben. Die
Detailplanung für den Hafenanleger ist im Detail noch mit dem Wasser- und
Schifffahrtsamt abzustimmen. Dabei ist vorrangig die Frage zu klären, ob für
den Anleger ein separates Plangenehmigungsverfahren notwendig ist oder ob die
Änderung im Rahmen des Änderungsverfahrens zum Bebauungsplan berücksichtigt werden
kann.
Lage am Kanal:
U.a. ist das als
Lösungsmittel benutzte Hexan als wassergefährdender Stoff eingestuft. Die
Lagerung von wassergefährdenden Stoffen auf dem Grundstück in unmittelbarer
Nachbarschaft zum Kanal ist genauer zu analysieren.
Die aufgezeigten
Fragestellungen machen deutlich, dass es sich bei der Änderung des
Bebauungsplanes „Kanalhafen-Ost“ um ein sehr umfangreiches und komplexes
Planverfahren handelt, das eine gründliche und damit auch zeitintensive Bearbeitung
erfordert, die mit allen Beteiligten eng abgestimmt werden muss. Das Vorhaben
ist bisher nicht im Arbeitsprogramm des Produktbereiches Stadtplanung enthalten.
Bei sofortiger Aufnahme dieses umfangreichen Verfahrens in das laufende Arbeitsprogramm
ist deshalb davon auszugehen, dass andere Verfahren in der Bearbeitung
zurückgestellt werden müssen.
Die Klärung der
aufgezeigten Fragestellungen wirkt sich größtenteils auf die zeichnerische
Darstellung und die Begründung zur 5. Änderung des Bebauungsplanes Nr. R 58
aus. Es ist deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, eine entsprechende
Darstellung zu erarbeiten. Dem Ausschuss wird deshalb vorgeschlagen, zum
jetzigen Zeitpunkt lediglich den Änderungsbeschluss zu fassen, um zu dokumentieren,
dass die Stadt Rheine grundsätzlich bereit ist, ein Änderungsverfahren zur Ansiedlung
einer Ölmühle im Gewerbegebiet „Kanalhafen-Ost“ durchzuführen. Die weiteren
Schritte zur Bearbeitung des Änderungsentwurfes werden mit diesem Änderungsbeschluss
grundsätzlich auf eine sichere Basis gestellt.
Der Beschluss zur
frühzeitigen Bürgerbeteilung einschließlich Behörden und sonstigen Trägern
öffentlicher Belange soll erst gefasst werden, wenn alle aufgezeigten
Fragestellungen geklärt sind und es insbesondere aufgrund der Emissionsproblematik
möglich erscheint, eine Ölmühle im Geltungsbereich der 5. Änderung des Bebauungsplanes
„Kanalhafen-Ost“ anzusiedeln.
Als Zeitplan für das
weitere Änderungsverfahren ist mit dem bearbeitenden Architekturbüro bisher die
beiden folgenden Zeitpläne kommuniziert worden:
1. Zeitschiene (eher unrealistisch aufgrund des hohen
Abstimmungsbedarfs):
Änderungsbeschluss mit Beschreibung aller Änderungsinhalte: Stewa 11.06.2008,
Vorlagenstopp 27.05.2008
Ausarbeitung Umweltbericht inkl. Gutachten (extern zu beauftragendes Büro
durch den Vorhabenträger) und Klärung aller sonstigen offenen Fragestellungen, Erstellung
zeichnerischer B-Planentwurf, Begründung und Beschlussvorlage: Juni bis August
2008
Beschluss zur frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung: Stewa 20.08.2008, Vorlagenstopp 05.08.2008
Durchführung frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung (1 Monat): September 2008
Einarbeitung der Rückmeldungen und Ausarbeitung der Beschlussvorlage zur
Offenlage: Oktober 2008
Beschluss zur Offenlage: Stewa 15.10.2008, Vorlagenstopp 07.10.2008
Durchführung der Offenlage (1 Monat): Oktober / November 2008
ggf. Stand nach § 33 BauGB (wenn während der Offenlage keine Anregungen
/ Bedenken gegen die Planung eingehen): November 2008
Fertigung der Abwägung und des Satzungsbeschlusses: November / Dezember
2009
Satzungsbeschluss: Stewa und Rat Januar 2009 (abhängig von Sitzungsterminen
2009)
2. Zeitschiene (realistischer, sofern Unterlagen und Gutachten
entsprechend vorliegen!):
Änderungsbeschluss mit Beschreibung aller Änderungsinhalte: Stewa 11.06.2008,
Vorlagenstopp 27.05.2008
Ausarbeitung Umweltbericht inkl. Gutachten (extern zu beauftragendes Büro
durch den Vorhabenträger) und Klärung aller sonstigen offenen Fragestellungen,
Erstellung zeichnerischer B-Planentwurf,
Begründung und Beschlussvorlage: Juni bis September 2008
Beschluss zur frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung: Stewa 24.09.2008, Vorlagenstopp 09.09.2008
Durchführung frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung (1 Monat): Oktober 2008
Einarbeitung der Rückmeldungen und Ausarbeitung der Beschlussvorlage zur
Offenlage: November 2008
Beschluss zur Offenlage: Stewa 26.11.2008, Vorlagenstopp 11.11.2008
Durchführung der Offenlage (1 Monat): Dezember 2008 / Januar 2009
ggf. Stand nach § 33 BauGB (wenn während der Offenlage keine Anregungen
/ Bedenken gegen die Planung eingehen):
Januar 2009
Fertigung der Abwägung und des Satzungsbeschlusses: Januar / Februar
2009
Satzungsbeschluss: Stewa und Rat: Februar / März 2009 (abhängig von Sitzungsterminen
2009)
Die aufgezeigten Zeitpläne setzen voraus, dass seitens des bearbeitenden
Architekturbüros alle notwendigen Arbeiten und Abstimmungsgespräche geführt
werden. Die Ergebnisse müssen so rechtzeitig vorliegen, dass sie auch in
angemessener Zeit in die zeichnerische Darstellung der Bebauungsplanänderung
aufgenommen und die Begründung entsprechend erstellt werden kann.
Die Stadt Rheine erhebt die verwaltungsinternen
Planungskosten vom Antragsteller.
BESCHLUSSVORSCHLAG / EMPFEHLUNG:
I. Änderungsbeschluss
Der Stadtentwicklungsausschuss "Planung und Umwelt" der Stadt Rheine beschließt gemäß § 1 Abs. 8 BauGB den Bebauungsplan Nr. R 58, Kennwort: "Kanalhafen-Ost", der Stadt Rheine zu ändern.
Der räumliche Geltungsbereich dieser Bebauungsplanänderung wird wie folgt begrenzt:
im Norden: durch die Südseite der Trasse der Autobahn A 30,
im Osten: durch die östliche Grenze der Flurstücke 58, 40, 41 und 65,
im Süden: durch die Nordseite des Dortmund-Ems-Kanals,
im Westen: durch die Westseite des Ostenwalder Weges.
Sämtliche Flurstücke befinden sich in der Flur 143, Gemarkung Rheine Stadt. Der räumliche Geltungsbereich ist im Übersichtsplan geometrisch eindeutig festgelegt.