Betreff
Perspektiven der Gesamtschulentwicklung in der Stadt Rheine Ergänzende Expertise zur Schulentwicklungsplanung aus 2006/2007
Vorlage
344/08
Aktenzeichen
II-1-40-ree
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.   Der Schulausschuss nimmt die ergänzende Expertise zur Schulentwicklungsplanung 2006/2007 vom 4. August 2008 zu Perspektiven der Gesamtschulentwicklung in der Stadt Rheine zur Kenntnis.

 

2.   Der Schulausschuss lehnt die Einrichtung einer zweiten Gesamtschule für Rheine ab.

3.   Der Schulausschuss beschließt die Einrichtung eines 6. Zuges an der Euregio Gesamtschule für die Schuljahre 2009/2010 und 2010/2011. Er beauftragt die Verwaltung, die schulorganisatorischen Maßnahmen in Absprache mit der Bezirksregierung und der Schulleitung umzusetzen.

4.   Er beauftragt die Verwaltung mit den Schulaufsichtsbehörden die Expertise zu besprechen und zu klären, unter welchen schulrechtlichen Aspekten Handlungsmöglichkeiten bestehen, um den derzeitigen Anmeldeüberhang zu verringern. Insbesondere sollen unter dem Gesichtspunkt der generell zurückgehenden Schülerzahlen erörtert werden:

a)  Verbundlösungen von Haupt- und Realschule

b)  Möglichkeiten von Schulversuchen zur Durchlässigkeit im bestehenden
     3-gliedrigen Schulsysteme

5.   Die Verwaltung wird beauftragt, nach Ablauf von zwei Jahren zu berichten, ob die Einführung von weiterführenden Ganztagsschulen zu Veränderungen im Anmeldeverhalten der Eltern geführt hat.

 


Begründung:

 

GRUNDLAGEN: Ratsbeschlüsse und demographische Entwicklung.

 

Der Rat der Stadt Rheine hat am 14. Dezember 2005 einstimmig die Umwandlung aller drei Hauptschulen in Rheine in gebundene Ganztags-Hauptschulen beschlossen. Ebenso hat der Rat der Stadt Rheine am 6. November 2007 die vom Zentrum für angewandte Sozialforschung und Praxisberatung GmbH (ZASP) vorgelegte integrierte Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung einstimmig beschlossen. Der Bericht der ZASP sieht dabei für die Euregio Gesamtschule zwar keine unmittelbaren Maßnahmen vor, andererseits wurde eine engmaschige Beobachtung, ggf. verbunden mit einer Neubewertung der Situation, ausdrücklich empfohlen. Insofern stellt die vorliegende Expertise eine Fortführung und Präzisierung der Planung auf der Basis aktueller Zahlen und Entwicklungen dar.

 

Nunmehr liegt die ergänzende Expertise der ZASP vor, die aufgrund des einstimmigen Ratsbeschlusses

 

      „Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, wie den in der Anzahl zu hohen abschlägigen Bescheiden zu Einschulungsanträgen an der Euregioschule abgeholfen werden kann. Im Rahmen dieser Prüfung soll auch beurteilt werden, ob eine Erweiterung der Euregioschule durch Anbaumaßnahmen, einem zweiten Standort, z. B. im ehemaligen Gebäude der Volkshochschule, oder die Gründung einer zweiten Gesamtschule eine sinnvolle, finanzierbare und nachhaltige Lösung wäre. Das Prüfungsergebnis soll dem Schulausschuss so rechtzeitig zur Vorberatung zugeleitet werden, dass eine zeitgerechte Beschlussfassung durch den Rat zum Haushalt 2009 möglich ist.“

 

vom 11. März 2008 in Auftrag gegeben wurde.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführungen der Expertise der ZASP vom 4. August 2008 verwiesen. Die Expertise beruht auf den neuesten Prognosezahlen des LDS vom 1. Januar 2007 und lässt eine Prognose bis zum Jahr 2025 zu. Diese Zahlen zeigen auf Seite 3 der Expertise die demographisch bedingten erheblichen Rückgänge der Schülerzahlen in den Altersjahrgängen und bekräftigen die bereits in der Vorlage Nr. 346/07 zur Schulentwicklungsplanung gemachte Aussage, dass zukünftig nicht mehr in Unterrichtsräume investiert werden sollte. Aufgrund des demographischen Wandels und der knappen finanziellen öffentlichen Ressourcen sollten Fehlinvestitionen im Sinne von räumlichen Überkapazitäten auf jeden Fall vermieden werden. Daher kommt die Verwaltung zu dem Schluss, dass wegen der grundlegenden Ratsbeschlüsse, der demographisch bedingten erheblichen Rückgänge der Schülerzahlen, der Schülerstruktur (117 der 120 im Schuljahr 2008/2009 abgelehnten Schüler haben eine Hauptschul- bzw. Realschulempfehlung) und der schulrechtlichen Prämisse, dass eine Gesamtschule bei einer Neugründung mindestens 4-zügig sein müsste, keine Empfehlung auf Einrichtung einer zweiten Gesamtschule erteilt werden kann.

 

 

Kurzfristige Lösung:

 

Inzwischen liegen zur Beurteilung der Schülerprognose an der Gesamtschule die Schülerzahlen für zwei weitere Jahrgänge vor. Hier kann zunächst generell gesagt werden, dass es keinen dramatischen Anstieg der Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren gibt. Vielmehr sind die Zahlen zum Vorjahr rückläufig. Die Anmeldungen auswärtiger Schüler nehmen jedoch auffällig zu und sind ein wesentlicher Grund für die gestiegenen Anmeldezahlen.

 

Aufgrund der Tatsache, dass im Primarbereich an 12 von 15 Grundschulen Ganztagsangebote bestehen, alle 3 Hauptschulen Ganztagsschulen sind – zwei davon allerdings erst seit dem neuen Schuljahr 2008/2009 – und auch im Realschul- und Gymnasialbereich die Ganztagsschule angestrebt wird, bleibt abzuwarten, wie sich die Anmeldezahlen in den kommenden Jahren entwickeln, wenn sich alle anderen Schulformen in Richtung Ganztagssysteme bewegen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Stadt Rheine im Rahmen der Ganztagsoffensive des Landes anstrebt, dass die Fürstenberg-Realschule zum 01.08.2009 in eine gebundene Ganztagsschule umgewandelt wird. Neben einem 6. Zug an der Gesamtschule könnte bei einem entsprechenden Wahlverhalten der Eltern ein weiterer Ganztagszug an der Fürstenberg-Realschule entstehen. Dies wäre eine Alternative zu einem 7. Zug an der Euregio Gesamtschule, weil die dort nicht aufgenommen Schülerinnen und Schüler  fast ausschließlich an Haupt- und Realschulen angemeldet werden (zum Schuljahr 2008/09 = 97,5 %).

 

Derzeit ist noch nicht absehbar, wie das Landesprogramm zur Stärkung der Hauptschulen (einstimmiger Ratsbeschluss vom 14. Dezember 2005) wirkt, da erst mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 alle drei Hauptschulen in Rheine als gebundene Hauptschulen geführt werden. Der Beschluss des Schulausschusses zur Errichtung einer Ganztagsrealschule wird sicherlich nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Anmeldezahlen der Gesamtschule haben. Dasselbe gilt für die bauliche Ausrichtung des Kopernikusgymnasiums auf Ganztagsbetrieb. Darum soll nach zwei Jahren dem Schulausschuss/Rat berichtet werden, wie sich die Einrichtung von drei Hauptschulen und weiteren weiterführenden Schulen im Ganztagsbetrieb auf die Anmeldezahlen an der Gesamtschule ausgewirkt haben.

 

Gleichwohl artikuliert sich zurzeit der Elternwille deutlich für die Unterrichtung ihrer Kinder an einer Gesamtschule. Deswegen sollte der Schulträger im Gespräch mit der Schulleitung der Euregio Gesamtschule klären, wie durch schulorganisatorische Maßnahmen ein 6. Zug, ohne Erweiterung der räumlichen Kapazitäten, an der Euregio Gesamtschule untergebracht werden kann. Auch unter dem Aspekt, dass durch den Bau einer 3-fach Sporthalle die Unterrichtstafel mehr Flexibilität in der Raumbelegung ermöglicht.

 

Alternativ wäre die Beschulung aller 6 Eingangsklassen an der Diesterwegschule denkbar. Dann wären die kompletten 5. Jahrgangsstufen der Gesamtschule im Gebäude der Diesterwegschule untergebracht. Die Fünftklässler könnten zum Mittagessen in die Euregio-Schulmensa begleitet werden und dann am Hauptstandort die Nachmittagsangebote wahrnehmen.

 

Diese Lösung wäre jetzt schon möglich. Die Bezirksregierung Münster, Dez. 48, Schulrecht und Schulverwaltung, hat bei einer telefonischen Rückfrage der Stadt Rheine auf § 83 Abs. 4, Satz 1 und 2 Schulgesetz verwiesen. Darin heißt es:

 

„In begründeten Ausnahmefällen kann eine Schule auch als Teilstandort in zumutbarer Entfernung geführt werden, wenn dadurch kein zusätzlicher Lehrerbedarf entsteht. Der Schulträger ist in diesem Fall verpflichtet, die sächlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der ordnungsgemäße Unterricht nicht beeinträchtigt wird.“

 

Es sei wegen der Differenzierung nicht möglich, nur einen Zug an einem Teilstandort zu unterricht. Möglich sei es dagegen, die Klassen eines gesamten Jahrgangs am Teilstandort zu beschulen. Dies würde bedeuten, dass im Schuljahr 2009/10 die sechs Klassen mit Fünftklässlern komplett in der Diesterwegschule beschult würden.

 

Diese beiden Lösungsalternativen bieten ein Höchstmaß an Flexibilität etwa bei rückläufigen demographischen Entwicklungen oder bei Veränderungen im Elternwahlverhalten. Die Verwaltung ist jedoch der Meinung, dass die Einrichtung eines 6. Zuges im Hauptgebäude der Euregio Gesamtschule für die Schuljahre 2009/2010 und 2010/2011 die bessere Alternative ist.

 

 

Perspektiven:

 

Zusätzlich sollte insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Standortsicherung der Don-Bosco-Hauptschule in Mesum über die Bildung eines Schulverbundes, bestehend aus Hauptschule und Realschule, mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung verhandelt werden. Dies sollte unter anderem unter dem Gesichtspunkt geschehen, dass pro Jahrgang 25 – 30 der neu angemeldeten Schüler an der Elsa-Brandström-Realschule aus Mesum kommen.

 

Letztlich wäre ein Schulversuch zur Durchlässigkeit im Schulzentrum Dorenkamp zu verhandeln. Hier könnte versucht werden, das Kompetenzzentrum Grüterschule, die Ganztagshauptschule Elisabeth, das Emsland-Gymnasium, sowie die geplante Ganztagsrealschule Fürstenberg enger in bestimmten Angeboten (u. a. Sport, Musik) zu verzahnen, um so mehr vertikale Durchlässigkeit zwischen den Schulformen zu erproben. Die Verwaltung wird versuchen mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung eine Projektförderung durch das Land zu erreichen.

 

Auf diesem Hintergrund kann es deswegen aus Sicht der Verwaltung nur darum gehen, flexible Lösungen zu finden, die auch für zukünftige Entscheidungen generell so angelegt sind, dass der Schulstandort Rheine bzw. die Bildungslandschaft Rheine auch die evtl. Entwicklungen in Richtung 2-gliedriges Schulsystem ohne größere (bauliche) Probleme vollziehen kann.

 

Die letztgenannten Punkte (Verbundlösung und Schulversuch zur Durchlässigkeit) sind nicht innerhalb des laufenden Schuljahres umsetzbar, sie erfordern absehbar intensive Verhandlungen mit der Bezirksregierung und dem Ministerium für Schule und Weiterbildung.

 

Abschließend wäre es wünschenswert, mit benachbarten Schulträgern im Sinne der im Kreis Steinfurt angestrebten regionalen Bildungslandschaft über die Schülerströme im Kreisgebiet zu diskutieren. Dort könnte die Thematik der Errichtung einer weiteren Gesamtschule im Kreisgebiet aufgegriffen werden.

 

 

Vorschlag der Verwaltung:

 

1) Auf der Grundlage der 2005 einstimmig gefassten Beschlüsse zur Einrichtung von Ganztagshauptschulen und der eindeutigen Empfehlung der vorliegenden Expertise der ZASP wird die Einrichtung einer zweiten Gesamtschule abgelehnt.

2) Die Verwaltung schlägt zur kurzfristigen Entspannung der Anmeldesituation vor, die Euregio Gesamtschule um einen weiteren Zug zu erweitern und zwar mittels einer schulorganisatorischen Lösung in den bestehenden Räumen der Euregio Gesamtschule für die Schuljahre 2009/2010 und 2010/2011.

3) Des Weiteren sollte der Verwaltung der Auftrag erteilt werden, die anderen genannten Alternativen (Verbundlösung von Haupt- und Realschule und Schulversuch zur Durchlässigkeit im bestehenden 3-gliedrigen Schulsystem) mit den Schulaufsichtsbehörden zu verhandeln.

4) Die Wirkung der umgesetzten Beschlüsse auf das Anmeldeverhalten der Eltern wird dem Schulausschuss/Rat nach Ablauf von zwei Jahren berichtet.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Ergänzende Expertise zur Schulentwicklungsplanung aus 2006/2007

              (Stand August 2008)