Betreff
Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch und Straßenbaubeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz
Vorlage
083/10
Aktenzeichen
5.8-go
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Bauausschuss nimmt die Informationen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen und Straßenbaubeiträgen zur Kenntnis.


Begründung:

 

Erschließungsbeiträge

 

 

·                Warum werden Erschließungsbeiträge erhoben und welche Rechtsgrundlagen sind anzuwenden?

 

Das Erschließungsbeitragsrecht ist in den §§ 123 bis 135 des Baugesetzbuches geregelt. Nach dieser Vorschrift ist die Erschließung Aufgabe der Gemeinde. Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs hergestellt werden. Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht jedoch nicht.

 

Aus dem Wortlaut des Baugesetzbuches ergibt sich, dass die Städte und Gemeinden verpflichtet sind, zur Deckung ihres Aufwandes Erschließungsbeiträge zu erheben. Hierfür hat die Stadt Rheine die Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen erlassen. Der durch die Herstellung der Erschließungsanlagen ausgelöste Erschließungsvorteil beruht auf der Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Anlagen. Als Ausgleich dafür ist von den Grundstückseigentümern bzw. Erbbauberechtigten eine finanzielle Gegenleistung in Form des Erschließungsbeitrages zu erbringen.

 

 

·                Wofür werden Erschließungsbeiträge erhoben?

 

Erschließungsbeiträge sind für die erstmalige endgültige Herstellung von beitragsfähigen Erschließungsanlagen zu zahlen. Zu den beitragsfähigen Erschließungsanlagen gehören insbesondere die zum Anbau bestimmten öffentlichen Straßen, Wege und Plätze. Die Herstellung von Erschließungsanlagen setzt in der Regel einen Bebauungsplan voraus. Fehlt ein Bebauungsplan, dürfen Erschließungsanlagen unter Beachtung der Anforderungen der Bauleitplanungsgrundsätze hergestellt werden.

Abweichungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes beeinträchtigen nicht die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen, wenn sie hinter den Festsetzungen des Bebauungsplanes zurückbleiben und durch die Abweichung keine höhere Belastung der Beitragspflichtigen ausgelöst wird.

 

 

·                Welche Kosten sind beitragsfähig, und wie werden sie ermittelt?

 

Der beitragsfähige Erschließungsaufwand wird nach den für die abzurechnende Maßnahme tatsächlich entstandenen Kosten ermittelt. Er umfasst ausschließlich die Kosten, die zur Herstellung der Erschließungsanlage und ihrer bestimmungsgemäßen Benutzbarkeit erforderlich sind. Dazu gehören u. a.:

 

ð     die Kosten für den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungslagen einschließlich aller Kosten, die die Gemeinde aufwenden muss, um das Eigentum an der Erschließungsanlage zu erwerben (z. B. Kosten für die katasteramtliche Vermessung, für die notarielle Beurkundung oder sonstige Entschädigungen).

 

ð     die Kosten für die Planung sowie die technische Herstellung der Erschließungsanlagen einschließlich aller Bestandteile wie Entwässerung, Beleuchtung und Begrünung.

 

ð     die Kosten für die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen

 

Nicht beitragsfähig sind die Kosten für die Herstellung oder Beseitigung provisorischer Übergangslösungen. Ferner umfasst der Erschließungsaufwand nicht die Kosten für die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, Landesstraßen sowie Kreisstraßen.

 

 

·                Wie werden die beitragsfähigen Kosten verteilt?

 

Von dem nach tatsächlichen Kosten ermittelten beitragsfähigen Erschließungsaufwand verbleibt ein Anteil von 10 % als sog. „Gemeindeanteil“ bei der Stadt. 90 % der beitragsfähigen Kosten werden als umlagefähiger Erschließungsaufwand auf die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes verteilt.

 

 

·                Welche Grundstücke unterliegen der Beitragspflicht?

 

Beitragspflichtig sind alle baulich, gewerblich oder vergleichbar nutzbaren Grundstücke, die von der maßgeblichen Erschließungsanlage erschlossen werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Grundstücke bebaut oder unbebaut sind.

Das Erschlossensein eines Grundstückes hängt ausschlaggebend von den Anforderungen ab, die das Bebauungsrecht an die verkehrsmäßige Erschließung eines Grundstückes stellt. Eine verkehrliche Erschließung erfordert im Grundsatz, dass ein Grundstück über eine öffentliche Straße mit Kraftfahrzeugen erreichbar ist. In Wohngebieten ist ein Grundstück im Allgemeinen erschlossen, wenn die Straße die Möglichkeit eröffnet, mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen an das Grundstück heranzufahren und es von da ab zu betreten (Bei Hinterliegergrundstücken ggf. unter Inanspruchnahme eines vermittelnden Zuweges oder des angrenzenden Grundstückes); bei Grundstücken in Gewerbegebieten ist in der Regel das Herauffahrenkönnen erforderlich.

 

 

·                Wie wird der umlagefähige Erschließungsaufwand verteilt?

 

Der umlagefähige Erschließungsaufwand wird auf die einzelnen erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes entsprechend ihrer Grundstücksgröße verteilt.

 

Liegt ein Grundstück im Bereich eines Bebauungsplanes, ist in der Regel die gesamte Fläche des Grundstückes beitragspflichtig. Ausnahmsweise ist von einer geringeren Grundstücksfläche auszugehen, wenn zum Beispiel sich die Erschließungswirkung nur auf einen Teil des Grundstückes erstreckt.

 

Bei Grundstücken, die nicht von einem Bebauungsplan erfasst werden, wird die Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 35 m einbezogen. Reicht die bauliche oder gewerbliche Nutzung über diese Begrenzung hinaus, wird die Grundstückstiefe durch die hintere Grenze der Bebauung oder gewerblichen Nutzung bestimmt.

 

Neben der Größe der Grundstücke ist auch die unterschiedliche Nutzung der Grundstücke nach Maß und Art zu berücksichtigen.

 

Das Maß der Nutzung ergibt sich aus der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse, die dem Bebauungsplan zu entnehmen ist. Bei Grundstücken, die nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen, richtet sich die Zahl der Vollgeschosse nach der tatsächlichen Bebauung. Bei unbebauten Grundstücken gilt die auf den anderen Grundstücken des Abrechnungsgebietes überwiegend vorhandene Zahl der Vollgeschosse. Was ein Vollgeschoss ist, bestimmt sich nach der Landesbauordnung.

 

Entsprechend der Ausnutzbarkeit wird die Grundstücksfläche mit einem Prozentsatz vervielfacht. Dieser beträgt bei 1-geschossiger Bebaubarkeit 100 %, bei 2-geschossiger Bebaubarkeit 130 %, bei 3-geschossiger Bebaubarkeit 150 %.

 

Die Art der Nutzung unterscheidet zwischen einer Wohnnutzung und einer gewerblichen Nutzung. Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten erhalten einen sog. Artzuschlag von 30 %. Ebenso Grundstücke, die nicht in einem der vg. Gebiete liegen, aber überwiegend gewerblich genutzt werden. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke einen deutlich höheren Vorteil von einer Erschließungsanlage haben und daher auch höher zu belasten sind.

 

Die Summe aller so berechneten Flächen der beitragspflichtigen Grundstücke stellt die Abrechnungsfläche des Abrechnungsgebietes dar. Der umlagefähige Erschließungsaufwand wird durch die Abrechnungsfläche des Abrechnungsgebietes geteilt und so der Beitragssatz in Euro/m² Abrechnungsfläche ermittelt. Durch Anwendung dieses Beitragssatzes auf die zuvor einzeln berechneten Grundstücksflächen (Abrechnungsflächen) errechnet sich der Beitrag, der auf jedes einzelne Grundstück entfällt.

 

 

·                Wie werden Grundstücke behandelt, die mehrfach erschlossen sind?

 

Grundstücke, die von mehreren gleichartigen Erschließungsanlagen (Straßen) erschlossen werden, sind zu jeder Erschließungsanlage beitragspflichtig. Es kann sich hier um Eckgrundstücke oder Grundstücke zwischen 2 Erschließungsanlagen handeln.

Mehrfach erschlossenen Wohngrundstücke erhalten bei der Beitragsberechnung für jede Erschließungsanlage eine Ermäßigung von 50 %. Das geschieht in der Form, dass bei der Berechnung der Abrechnungsfläche die Grundstücksgröße nur mit 50 % berücksichtigt wird.

Gewerbegrundstücke erhalten keine Ermäßigung.

 

 

·                Wann entsteht die Beitragspflicht?

 

Es ist zu unterscheiden zwischen der sachlichen und der persönlichen Beitragspflicht. Die sachliche Beitragspflicht entsteht nach den Vorschriften des Baugesetzbuches in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt Rheine, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

 

ð     Die Erschließungsanlage muss entsprechend den Herstellungsmerkmalen der Erschließungsbeitragssatzung oder einer davon abweichenden sog. Abweichungssatzung ausgebaut sein.

 

ð     Die Stadt muss Eigentümerin aller durch die Erschließungsanlagen in Anspruch genommenen Flächen sein.

 

ð     Die Erschließungsanlage muss dem öffentlichen Verkehr gewidmet sein.

 

ð     Die hergestellte Erschließungsanlage muss den Festsetzungen eines Bebauungsplanes oder eines von der Stadt beschlossenen Ausbauplanes entsprechen.

 

Das Baugesetzbuch in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung gestattet, vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht Vorausleistungen bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Beitrages zu erheben. Die Stadt Rheine erhebt aufgrund eines Beschlusses des Bauausschusses mit Beginn der Straßenbauarbeiten für die endgültige Herstellung 90 % des zu erwartenden Erschließungsbeitrages als Vorausleistung. Die Höhe der Vorausleistung wird ermittelt anhand der schon geleisteten und geschätzten Kosten. Der Vorausleistungsbetrag wird auf den späteren Erschließungsbeitrag angerechnet.

 

 

·                Wer ist beitragspflichtig?

 

Erst nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht dürfen endgültige Beitragsbescheide erteilt werden und damit die Eigentümer/Erbbauberechtigten der beitragspflichtigen Grundstücke persönlich in Anspruch genommen werden (persönliche Beitragspflicht).

 

Beitragspflichtig ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Ist das Grundbuch mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte beitragspflichtig. Bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer entsprechend ihrer Miteigentumsanteile beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner.

 

 

·                Wann ist der Beitrag zu zahlen?

 

Nach den Bestimmungen des Baugesetzbuches ist der volle Beitrag innerhalb eines Monats zu zahlen. In besonderen Härtefällen kann auf Antrag der Beitrag gestundet bzw. in angemessenen Raten gegen Verzinsung gezahlt werden. Die Zinsen betragen nach der Abgabenordnung 0,5 % pro Monat.

 

 

Wie bereits oben erwähnt, ist der Erschließungsbeitrag ein einmaliger Beitrag für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen. Die Unterhaltung der Erschließungsanlagen ist Aufgabe der Gemeinde. Aufwendungen hierfür können nicht umgelegt werden.

Wenn nach bestimmungsgemäßer Benutzung eine Straße abgenutzt ist, und erneuert oder verbessert werden muss, ist zu prüfen, ob Straßenbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes NRW erhoben werden können.

 

Die wesentlichen Unterschiede zum Erschließungsbeitragsrecht sind nachstehend aufgeführt.

 

 

 

Straßenbaubeiträge

 

 

Allgemeines/Rechtsgrundlagen

 

Zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung von Anlagen im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze und als Gegenleistung für die dadurch den Eigentümern und Erbbauberechtigten der erschlossenen Grundstücke erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile erhebt die Stadt Straßenbaubeiträge. Rechtsgrundlage ist das Kommunalabgabengesetz NRW in Verbindung mit der Satzung der Stadt Rheine über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen.

 

Der Begriff der Erneuerung von Anlagen ist im Gesetz nicht angeführt. Die Erneuerung ist dennoch eine beitragsfähige Maßnahme. Die Rechtsprechung hat den Tatbestand der Erneuerung als „nochmalige Herstellung“ definiert.

 

Unter Erneuerung (nochmalige Herstellung) wird die Ersetzung einer abgenutzten, bereits erstmalig hergestellten Anlage durch eine neue Anlage von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigung verstanden.

Eine Erweiterung ist anzunehmen bei einer Verbreiterung einzelner Teileinrichtungen (Fahrbahn, Gehwege) oder einer Verbreiterung der Straße um eine weitere Teileinrichtung ( z.B. Radweg oder Parkspur). Bei einer Erweiterung handelt es sich regelmäßig um den Unterfall der Verbesserung. Ob eine Verbesserung vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Zustand der Anlage.

 

Voraussetzung für die Erhebung von Straßenbaubeiträgen ist das Vorhandensein eines Bauprogramms. Durch das Bauprogramm wird gleichzeitig die räumliche Längenbegrenzung der abzurechnenden Anlage bestimmt.

 

 

Anteil der Stadt und der Beitragspflichtigen am Aufwand

 

Die Stadt trägt den Teil des Aufwandes, der auf die Inanspruchnahme der Anlage durch die Allgemeinheit entfällt. Der Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand ist nach Straßentyp und Teileinrichtung unterschiedlich. Er beträgt:

 

 

 

Anliegerstr.

Haupter-schließungs-

str.

Haupever-

kehrsstr.

Fußgänger-

Geschäftsstr.

Verkehrsber.

Bereich

Fahrbahn

    70 %

    50 %

    30%

 

Radwege

    70 %

    50 %

    30%

 

Parkstreifen

    70 %

    70 %

    70 %

    70 %

Gehwege

    70 %

    70 %

    70 %

 

Beleuchtung/

Entwässerung

    70 %   

    50 %

    30%

 

Grünanlagen

    70 %

    60 %

    50%

 

 

Außerdem sieht die Satzung der Stadt unterschiedliche anrechenbare Breiten für die flächenmäßigen Teileinrichtungen vor. Die Satzung definiert, was Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen, Hauptverkehrsstraßen, Fußgänger-/Ge­schäftsstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche sind.

 

 

Keine Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke

 

Die Straßenbaubeitragssatzung sieht keine Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke vor. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass keine Eckgrundstücksvergünstigungen einzuräumen sind. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass jedem von der Anlage erschlossenen Grundstück die gleichen Gebrauchsvorteile geboten werden.

 

 

Grundstücksbegriff

 

Der Grundstücksbegriff ist ein anderer als im Erschließungsbeitragsrecht. Das Erschließungsbeitragsrecht geht vom Grundbuchgrundstück aus. Das Straßenbaubeitragsrecht stellt ab auf den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff, der sog. wirtschaftlichen Grundstückseinheit.

 

Die wirtschaftliche Einheit kann sowohl ein Teil eines Grundbuchgrundstückes sein als auch aus mehreren Grundbuchgrundstücken bestehen. In der Regel stimmen wirtschaftliche Einheit und Grundbuchgrundstück überein.