Betreff
Beauftragung einer hochauflösenden Befliegung zur Erstellung von digitalen Color-Orthofotos und Luftbildschrägaufnahmen
Vorlage
257/10
Aktenzeichen
5.72-ke
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.     Der Bauausschuss befürwortet die Notwendigkeit einer Beauftragung einer hochauflösenden Luftbildbefliegung im Frühjahr 2011 zur Erstellung von aktuellen Color-Orthofotos und Luftbildschrägaufnahmen für das gesamte Stadtgebiet.

 

2.     Die aufgrund von Angeboten geschätzten Kosten in Höhe von ca. 50.000 € sollen zu einem Drittel von den städtischen Gesellschaften Technische Betriebe Rheine AöR, Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH und der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH und zu zwei Drittel durch Umschichtungen im Budget des Fachbereiches 5, soweit möglich, getragen werden.

 


Begründung:

 

Die Beauftragung einer hochauflösenden Befliegung wurde bereits im vergangenen Jahr im BauA unter der Vorlagen Nr. 396/09 thematisiert. Aufgrund der vom Kämmerer erlassenen Haushaltssperre wurde die Beauftragung einer Befliegung aber für das Jahr 2010 ausgesetzt.

 

Die Erfahrungen der letzen Monate haben aber gezeigt, dass die Daten aus der Befliegung im Jahre 2005 nicht mehr verwendet werden können. Gerade zu den großen Planungsgebieten in Rheine, wie z.B. Gewerbepark RheineR, Innovationsquartier Rheine Bahnhof-West, Stadthalle, liegen keine aktuellen hochauflösende Luftbilder vor, so dass bei Präsentationen, Besprechungen oder Planentwürfen auf diese Datenbestände nicht mehr zurück gegriffen werden können.

 

Daher wird es aus fachlicher Sicht erforderlich, eine neue hochauflösende Befliegung zur Erstellung von aktuellen Luftbildern zu beauftragen.

 

Die Luftbildvermessung und insbesondere die Auswertung dieser Daten hat sich in den letzten Jahren stetig verbessert. So können neue Datenbestände aus einer neuen Befliegung generiert werden. Durch die Ausstattung der Flugzeuge mit zusätzlichen Kamerasystemen sind heute in einem Bildflug sowohl Senkrechtaufnahmen und Schrägaufnahmen möglich. Durch neue Auswertungsverfahren dieser Luftbilderzeugnisse bei einer ausreichenden Überdeckung der Bildpaare können heute ausschließlich auf der Grundlage dieser Luftbilder digitale 3-D-Stadtmodelle entwickelt werden. Diese Erzeugnisse der modernen Luftbildvermessung sollen hier nochmals explizit vorgestellt werden:

 

1.    Digitale Color-Orthofotos

 

Seit dem Jahre 2006 werden ausschließlich bei der Luftbildvermessung digitale Kamerasysteme eingesetzt. Bedingt durch diese Kamerasysteme sind heutzutage Luftbilder auch bei geschlossener Wolkendecke möglich. Da die Stadt Rheine beabsichtigt, den Bildflug im Winter durchführen zu lassen, d. h. im unbelaubten Zustand, sind natürlich aufgrund der Qualität der Bilder, insbesondere bei Wegfall von Schattenwirkungen, diese optimal auswertbar. Bei der Auswertung der Daten werden Genauigkeiten von 5 bis 10 cm erreicht. Die Senkrechtaufnahmen werden entzerrt, d. h. auf das digitale Geländemodell angepasst, und werden im Blattschnitt von 500 m x 500 m über das gesamte Stadtgebiet gekachelt. Somit ergibt sich ein Luftbildkatalog, der blattschnittfrei ausgedruckt werden kann. Diese digitalen Orthofotos dienen insbesondere der Fortführung der digitalen Datenbestände, wie z. B. zum Straßenkataster und zum Grünflächenkataster. Zusätzliche, aufwendige und kostenträchtige Vermessungen können somit vermieden werden. Weitere Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich z. B. aus der Überprüfung der versiegelten Flächen zur Berechnung der gesplitteten Abwassergebühr.

 

Beispiel: Orthophoto vom Marktplatz Rheine

 

Zusammenfassung der Vorteile:

 

a)  Aktualität

Die letzte hochauflösende Befliegung wurde im März 2005 durchgeführt und ist nunmehr fast 5 Jahre alt. Dieser Datenbestand ist überaltert, insbesondere fehlen hier die neuen Baugebiete, neu angelegte Grünanlagen und viele neue Bauvorhaben. Da die Fortführung von Fachdatenbestände mit mittleren Genauigkeitsansprüchen, wie z.B. das Grünflächenkataster, ausschließlich auf der Basis der Luftbilder generiert wird und aufwändige Vermessungen zur Datenpflege nicht durchgeführt werden sollen, ist eine Neubefliegung zur Erstellung von hochauflösenden digitalen Color-Orthofotos aus fachlicher Sicht notwendig. Weitere Anwendungsbeispiele:

 

·         Präsentationen/Darstellungen für Rat und Bürger

·         Fortführung von Fachdatenbestände mittlerer Genauigkeitsansprüche

·         Kontrolle der Selbstauskunft zu Angaben von versiegelten Flächen

·         Nutzung der Daten durch viele Fachdienste wie: Stadtplanung, Bauordnung, Hochbauabteilung, Liegenschaften, Vermessung und Bodenordnung, untere Denkmalbehörde sowie die städtischen Gesellschaften EWG, EWR, TBR

 

b)  Aufhellung von Schattenwirkungen

Textfeld:

Bei der Befliegung aus dem Jahr 2005 wurden noch analoge Luftbilder erzeugt. Aufgrund des niedrigen Sonnenstandes zum Zeitpunkt der Befliegung treten insbesondere bei hohen Gebäuden große Schattenwirkungen auf, die eine Auswertung im Schattenbereich nahezu unmöglich machen. Heute werden die Luftbilder digital erzeugt. Mit Hilfe der digitalen Bildbearbeitung ist es möglich, solche Schattenbereiche aufzuhellen und somit die Daten auch in Schatten-Bereichen auswertbar zu machen.

 

c)   Vermeidung von Kippeffekte von Gebäude

 

Bei der Befliegung im Jahre 2005 wurden die Luftbilder mit einer Längsüberdeckung von 60% und einer Querüberdeckung von 30% erstellt. Aufgrund von ungünstigen Kamerapositionen traten insbesondere bei höheren Gebäuden sogenannte Kippeffekte auf. Im Beispiel wird der Bereich des Rathauses gezeigt, wo aufgrund dieser Effekte die Grünanlagen zur Klosterstraße nicht sichtbar sind. Die Erfassung dieser Textfeld:  verdeckten Bereiche ist somit nur vor Ort durch aufwendige Vermessungen möglich. Bei der neu geplanten Befliegung sollen die Luftbilder mit einer Längsüberdeckung von 80% und einer Querüberdeckung von 60% erstellt werden. Somit liegen von den einzelnen Gebäuden mehrere Bilder von unterschiedlichen Kamerapositionen vor. Über rechnergestützte Verfahren werden die Bilder optimal ausgewertet, die Gebäude werden wieder „aufgerichtet“ und die Bereiche nah am Gebäude werden wieder auswertbar. Aufwendigen Vor-Ort-Erfassungen lassen sich somit vermeiden.

 

2.    Luftbildschrägaufnahmen

 

Durch die Ausrüstung der Flugzeuge mit neuen Kamerasystemen sind heutzutage auch Schrägaufnahmen aus allen vier Himmelsrichtungen in einem Bildflug möglich. Hierzu werden jeweils im Flugzeug vier zusätzliche Kamerasysteme installiert, die es ermöglichen, Schrägaufnahmen in Flugrichtung und gegen die Flugrichtung sowie links und rechts zu machen. Auch diese Bilder werden entzerrt und georeferenziert, sodass sie in gängigen Geographischen Informationssystemen eingeblendet werden können. Aufgrund ihrer perspektivischen Darstellung sind diese Bilder aber nur bedingt auswertbar, so können z. B. sowohl Längen und Breiten als auch Höhen von entsprechenden Gebäuden mit einer Genauigkeit von < 3 dm ausgemessen werden. Aufgrund der bedingten Auswertbarkeit dieser Bilder beschränkt sich die Nutzung ausschließlich für Präsentationen. Insbesondere Grundstücks- und Gebäudeexpertisen können hier erheblich aufgewertet werden. Seitens der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH besteht ein reges Interesse an diesen Datenbeständen.

 

Beispiel: Luftbildschrägaufnahme vom Marktplatz Rheine

 

Zusammenfassung der Vorteile:

 

a)  Aufwertung von Präsentationen und Ausschussvorlagen – „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ -

Textfeld:  Bei der geplanten Neubefliegung sollen neben Senkrechtaufnahmen zur Erstellung von Orthofotos auch Luftbildschrägaufnahmen erstellt werden. Gerade diese Aufnahmen vermitteln einen optimalen räumlichen Eindruck eines Planungsraumes und werten insbesondere Grundstücks- und Gebäudeexposes, Forderung der EWG, erheblich auf. Bei der Erstellung eines 3D-Stadtmodelles werden diese Aufnahmen für die Gebäudetexturierung verwendet, um fotorealistische Darstellungen zu ermöglichen.

 

 

b)  Nutzung von Synergieeffekte

Die Parameter der geplanten Neubefliegung, ausreichende Überdeckung der Luftbilder und Schrägaufnahmen, sind so gewählt, dass ausschließlich auf der Grundlage dieser Daten, zusätzlich ein digitales 3D-Stadtmodell erstellt werden könnte. Auf der Grundlage eines solches Modells wären folgende Anwendungen möglich

 

  • Ermittlung von Solarpotentialen 
  • Hochwassersimulationen
  • Emissions- oder Telekommunikationssimulationen
  • Integration von Planungsvorhaben in ein 3D-Stadtmodell zur Simulation von Sonnenständen, Verschattungen etc.

 

3.    Digitale 3-D-Stadtmodelle

 

Aufgrund neuer Auswertungsmethodiken von Luftbildaufnahmen ist es heutzutage möglich, ausschließlich auf der Basis diese Datenbestände digitale 3-D-Stadtmodelle zu generieren. Bei einer entsprechenden Überdeckung der Bildpaare, > 60 %, können die Höhenangaben der Gebäude aus den Senkrechtaufnahmen gewonnen werden. Die 3-D-Stadtmodelle werden entsprechend ihrer Detaillierung in vier Gruppen, LoD (Level of detail) 1 bis 4, eingeteilt. Im Detaillierungsgrad LoD 1 spricht man von einem reinen Klötzchenmodell. Hier werden die Höhen der Gebäude senkrecht entsprechend ihrem Grundriss hochgezogen. Bei dem Detaillierungsgrad LoD 2 werden die entsprechenden Dachformen, wie z. B. Satteldächer, Walmdächer, Flächdächer, Dachgauben, ausgewiesen. Die Erstellung eines 3-D-Stadtmodells im Detaillierungsgrad LoD 2 ist durch entsprechende DV-gestützte Prozesse ausschließlich auf der Basis der modernen Luftbildbefliegung möglich. Im Detaillierungsgrad LoD 3 werden die Ansichten der Gebäude texturiert dargestellt. Diese Ansichten gewinnt man aus den georeferenzierten Schrägaufnahmen. Hier spricht man schon von einem Architekturmodell. Im Detaillierungsgrad LoD 4 können die Gebäude virtuell begangen werden, die Möblierung der Geschosse wird hier detailliert dargestellt.

 

Die Kosten für die Erstellung von solchen 3-D-Stadtmodellen im Detaillierungsgrad LoD 2 sind in den vergangenen Jahren auch aufgrund ihrer computergestützten Erstellung erheblich gesunken. Die Preise belaufen sich derzeit je nach Herstellerfirma zwischen 200,00 und 300,00 € pro qkm. Neuere Auswertungsverfahren für digitale 3-D-Stadtmodelle LoD 2 ermöglichen sogar rechnergestützt, Solarpotenziale zu ermitteln. Hierbei werden die Gebäude aus dem 3-D-Stadtmodell hinsichtlich ihrer Höhe, ihrer Dachneigung und Himmelsrichtung klassifiziert im Hinblick auf Photovoltaikstandorte. Weiter ist es möglich, Planungsvorhaben, wie z. B. Bebauung Im Coesfeld oder Hochwasserschutzmauer, in einem 3-D-Stadtmodell zu integrieren, um Beurteilungen hinsichtlich Nachbarschaftswirkung, Beschattungen vorzunehmen oder Hochwassersimulationen zu ermöglichen.

 

 

 

 

 

 

 

Beispiel: 3D-Stadtmodell von Berlin, Quelle Google Earth

 

Finanzierung

 

Durch entsprechende Preisanfragen bei mehreren Anbietern muss man mit Kosten von ca. 50.000 € rechnen. Die Parameter der Befliegung sind so gesetzt, dass auf der Basis der Senkrecht- und Schrägaufnahmen auch die Erstellung eines digitalen 3-D-Stadtmodells möglich ist. Hier sollen noch einmal die wichtigsten Parameter genannt werden:

 

·         Bildflug, unbelaubt, möglichst bei geschlossener Wolkendecke im Zeitraum bis max. 31. März 2011

·         Bildüberdeckung 80 % Längsüberdeckung, 60 % Querüberdeckung

·         Erstellung eines Orthofotomosaiks mit Bodenauflösung 8 cm

·         Erstellung entzerrter Schrägbildaufnahmen mit einer Genauigkeit von 15 cm im Nadir

 

Die Finanzierung in Höhe von ca. 50.000,00 € soll zu zwei Drittel durch Umschichtungen im Budget des Fachbereiches 5 als außerplanmäßige Aufwendung ermöglicht werden. Ein Drittel der Kosten sollen von der TBR AöR, der EWG und der EWR getragen, die ebenfalls ein reges Interesse an diese Datenbestände haben. Gemäß den Besprechungen im vergangenen Jahr beteiligen sich die städtischen Gesellschaften mit folgenden Anteilen:

 

        6.250 €           Beteiligung Technische Betriebe Rheine AöR

        2.500 €           Beteiligung EWR

        6.250 €           Beteiligung Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH

        35.000 €         soweit möglich durch Umschichtungen im Budget des FB 5

 

Der verbleibende städtische Anteil in Höhe von 35.000 € ist derzeit noch nicht gesichert, durch evtl. zurückfließende Haushaltmittel oder durch Umschichtungen im Budget des Fachbereiches 5 soll dieser Betrag soweit möglich bereit gestellt werden. In diesem ersten Schritt soll aber schon die Notwendigkeit einer neuen Befliegung festgelegt werden.

       

Die Auswahl des Auftragnehmers soll entsprechend den Ausschreibungsrichtlinien in einem beschränkten Ausschreibungsverfahren ermittelt werden. Hierzu sollen 5 bis 8 Firmen beteiligt werden. Ggf. ergeben sich aufgrund dieses beschränkten Ausschreibungsverfahrens noch günstigere Preise.

 

Refinanzierung

 

Den Bürgern der Stadt Rheine soll die Möglichkeit geboten werden, Ausdrücke der Senkrecht- und Schrägaufnahmen gegen die Zahlung eines noch festzusetzenden Entgelts zu erwerben. Andere Kommunen wie z. B. die Stadt Münster bieten diesen Service, der auch stark von der Bürgerschaft abgefragt wird.

 

Damit die Daten weiter vermarktet werden können, müssen alle Lizenzrechte an den Daten (Color-Orthofotos und Luftbildschrägaufnahmen) der Stadt Rheine obliegen. Dieses ist im Leistungsverzeichnis zur beschränkten Ausschreibung explizit zu nennen.