Betreff
Vorstellung der städtischen Einrichtungen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (Kremer-Haus, Wohngruppe für junge Erwachsene und Treff 100)
Vorlage
391/10
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss der Stadt Rheine nimmt die Ausführungen zu den städtischen Einrichtungen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (Kremer-Haus, Wohngruppe für junge Erwachsene und Treff 100) zur Kenntnis.


Begründung:

 

Die Stadt Rheine hat drei Einrichtungen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten. Zum einen sind das die zwei teilstationären Einrichtungen Kremer-Haus und Wohngruppe für junge Erwachsene. Ergänzend zu den zwei teilstationären Einrichtungen gibt es die städtische Anlauf-, Kontakt- und Beratungsstelle Treff 100 für alle Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Erwachsenen in Rheine.

 

Letztmalig berichteten die drei Einrichtungen im September 2008 im Sozialausschuss über ihre tägliche Arbeit. Der zwischenzeitlich stattgefundene Personalwechsel in den einzelnen Einrichtungen und auch die neue Zusammensetzung des Sozialausschuss sind Anlass, erneut eine Berichterstattung abzugeben.

 

Entstehung der Häuser:

 

Das Kremer-Haus an der Humboldtstraße wurde im Jahre 1986 offiziell eröffnet, zu dieser Zeit sah die Konzeption 2 Plätze für das längerfristige Wohnen und 10 Plätze für Durchwanderer vor. Im Februar 1994 wurde das Kremer-Haus um ein angemietetes Haus im Kugeltimpen erweitert, um den Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten längerfristige Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten bis zu 1,5 Jahren zu gewähren. Durch die Erweiterung erhöhte sich die Platzzahl des Kremer-Hauses auf 17 Betten, davon dienten 9 Plätze als langfristige Unterbringungsmöglichkeit und 8 Plätze für Durchwanderer (Anlage 1: Flyer Kremer-Haus).

 

In den Anfängen wurde schnell deutlich, dass das Betreuungsangebot des Kremer- Hauses insbesondere für junge Erwachsene nicht greift. Da aber gerade die Gruppe der jungen Erwachsenen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten große Präsenz in Rheine zeigte, wurde im Januar 1990 die Wohngruppe für junge Erwachsene mit dem engen Betreuungsschlüssel 1 : 4 konzipiert (Anlage 2: Flyer Wohngruppe für junge Erwachsene).

 

Als dritte städtische soziale Einrichtung wurde im November 1995 der Treff 100 als Anlauf-, Kontakt- und Beratungsstelle für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte junge Erwachsene mit besonderen sozialen Schwierigkeiten eröffnet und ergänzt seitdem das bestehende Angebot der städtischen sozialen Einrichtungen. Der Treff 100 dient als Anlauf-, Kontakt- und Beratungsstelle, er bietet im Erdgeschoss einen Beratungsbereich und einen offenen Treff. Die Hilfesuchenden haben die Möglichkeit, in einer schützenden Umgebung Beratungs-, Betreuungs- und Wohnangebote für sich zu klären und in Anspruch zu nehmen (Anlage 3: Flyer Treff 100).

 

Neuausrichtung der städtischen sozialen Einrichtungen

 

In den letzten 3 Jahren erfolgten in allen drei Einrichtungen konzeptionelle und räumlich notwendige Neuausrichtungen, die nicht zuletzt auch aufgrund der in den politischen Gremien diskutierten notwendigen Haushaltskonsolidierung bei der Stadt Rheine notwendig wurden.

 

Ø  Neuausrichtung Wohngruppe für junge Erwachsene und Treff 100

 

Die Wohngruppe für junge Erwachsene reduzierte im Jahre 2007 die Platzzahl von 8 auf 6 Plätze und gab das Haus an der Hemelter Straße auf, um die 2 oberen Etagen des Treffs 100 am Kardinal-Galen-Ring 100 zu nutzen.

 

Gleichzeitig musste der Treff 100 seine Wohnangebote von 9 auf 2 Notplätze reduzieren.

 

Ø  Platzreduzierung im Kremer-Haus

 

Insbesondere die bauliche Situation im Stammhaus an der Humboldtstraße mit 2 Einzelzimmern, 3 Zweibettzimmern und einem Vierbettzimmer und die sinkende Fallzahl im Durchwandererbereich führte Mitte 2008 unter Beibehaltung der bisherigen Fachpersonalausstattung zu einer Platzreduzierung von 17 auf 14 Plätze.

 

Über die vorgenannten Veränderungen wurde bereits in der Sozialausschusssitzung am 9. September 2008 berichtet.

 

Ø  Neues Angebot im Treff 100 „Eltern–Kind–Sprech- und Spielstunde“

 

Der Bedarf für das Projekt „Eltern-Kind-Sprech- und Spielgruppe“ ergab sich aus den gestiegenen Geburten- und Schwangerschaftszahlen der den Treff 100 aufsuchenden jungen Frauen. Da diese von anderen Hilfesystemen bereits enttäuscht wurden bzw. sich nicht vorstellen können, abermals ihre gesamte Lebensgeschichte weiteren Hilfeeinrichtungen offenzulegen, ist zu erkennen, dass die Hilfesuchenden eher bereit sind, die ihnen vertrauten Mitarbeiter des Treffs 100 bei Problemen aufzusuchen. Zumeist ist hier eine jahrelange professionelle Beziehung entstanden, die die erforderliche Hilfe konkret, zeitnah und effizient umsetzbar macht.

 

Im offenen Bereich des Treffs 100 sind aus konzeptionellen Gründen Minderjährige nicht geduldet, sodass es den Eltern mit ihren Kindern nicht möglich ist, die Einrichtung Treff 100 während der Öffnungszeiten aufzusuchen. Das bedeutete für viele eine Ausgrenzung in einer Situation, wo sie dringend Hilfe benötigen. Diese unbefriedigende Situation führte zur Konzeption der Eltern-Kind-Sprech- und Spielstunde (siehe beiliegende Konzeptvorlage - Anlage 4). Das Projekt läuft seit Mitte März 2010, der Leiter des Treffs 100, Herr Jörg Jäger, wird hierüber in der Sitzung berichten.

 

 

Finanzielle Darstellung

 

Die teilstationären Einrichtungen Kremer-Haus und Wohngruppe für junge Erwachsene sind kostenrechnende Einrichtungen. Im Jahre 1997 führte der LWL pauschale Pflegesätze ein, durch diese Deckelung der Pflegesätze konnte ein 100-%-De­ckungsgrad nicht durchgängig erreicht werden. Im Kremer-Haus lag der Kostendeckungsgrad in den letzten 10 Jahren bei 93,84 % und in der Wohngruppe für junge Erwachsene bei 85,78 %.

 

Für 2009 stellt sich die Situation wie folgt dar:

 

Die Wohngruppe für junge Erwachsene konnte im Jahre 2009 lediglich einen Kostendeckungsgrad von 72,55 % erreichen. Hintergrund für diese gesunkene Auslastung ist die Veränderung beim Altersdurchschnitt bei den Aufnahmeanfragen. Das Alter der Bewerber für die Wohngruppe ist in den letzten 10 Jahren um ca. zwei Jahre gesunken. Die Aufnahmeverfahren bei unter 21-Jährigen gestaltet sich um einiges aufwendiger als bei über 21-Jährigen, sodass viele der jungen Bewerber dieses Verfahren abbrechen und vorzeitig aufgeben.

 

Das Kremer-Haus konnte in 2009 aufgrund der Platzreduzierung einen Kostendeckungsgrad von 95,11 % erreichen.

 

Die seit 1995 bestehende Anlauf-, Kontakt- und Beratungsstelle Treff 100 ist keine kostendeckende Einrichtung, sondern eine freiwillige Leistung der Stadt Rheine. Der Treff 100 zeichnet sich durch eine breite Angebotspalette aus, der zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten materieller Art sowie sozialarbeiterischer Beratung und Betreuung umfasst. Die tägliche Besucherfrequenz von ca. 40 bis 60 Personen zeigt deutlich, dass sich der Treff 100 wegen seiner niedrigschwelligen Angebotsstruktur als „Schonraum“ und alternativer Aufenthaltsort etabliert hat und ein notwendiges Standbein für die Hilfe an Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten darstellt.

 

 

Ziel und Zielgruppe der drei städtischen Einrichtungen

 

Die drei städtischen Einrichtungen verfolgen gemeinsam ein Ziel, und zwar bei dem betreuten Personenkreis die besonderen sozialen Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.

Um deutlich zu machen, um welche sozialen Schwierigkeiten es sich bei unserem Klientel handeln kann, erfolgt eine beispielhafte Auswahl von möglichen besonderen sozialen Schwierigkeiten unserer Klientel:

(Auflistung stellt keine Wertung der Schwierigkeiten dar)

 

  • wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht, mal hier mal dort bei „Kumpels“ übernachten
  • aus dem Obdachlosenmilieu kommend
  • nicht fähig, einen eigenen Haushalt zu führen (Ordnung, Sauberkeit, Kochen, Budgetverwaltung etc.)
  • aus einer geschlossenen Anstalt entlassen (JVA)
  • langjährige „Jugendhilfekarrieren“
  • mit erheblichen Problemen im Elternhaus (zu Hause „rausgeflogen“)
  • Probleme mit Suchtmitteln (Alkohol, illegale Drogen)
  • Vereinsamungstendenzen
  • mangelnde soziale Reife und (z. T. erhebliche) Entwicklungsverzögerungen
  • arbeits- und beschäftigungslos/häufig abgebrochene Maßnahmen oder Ausbildungen
  • Ver- und Überschuldung (Handyrechnungen, EC-Kartenmissbrauch, Bücherclub, Kaufen auf Kredit etc.)
  • gesundheitliche Probleme, physische Verwahrlosung (Zähne, einseitige oder schlechte Ernährung, Fast Food, keine Inanspruchnahme medizinischer Hilfen)
  • mangelndes Selbstwertgefühl
  • psychische Einschränkungen
  • gewaltgeprägte Lebensumstände (klassisches Beispiel: Drückerkolonne)
  • ungesicherte oder fehlende wirtschaftliche Lebenslage
  • fehlende oder unzureichende Tagesstruktur/Wochenstruktur usw. (fehlender Tag-/Nachtrhythmus, Schwierigkeiten mit dem morgendlichen Aufstehen)
  • eingeschränkte oder nicht vorhandene Übernahme von Eigenverantwortung
  • nicht fähig, soziale Beziehungen herzustellen oder zu unterhalten, kein Vertrauen in andere Menschen
  • strafrechtliche Vorbelastungen, schlecht oder nicht ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein, „auf Bewährung“
  • Freizeitverhalten fragwürdig (aus wessen Sicht?), abchillen oder Computerzocken
  • Probleme im Umgang mit Konfliktsituationen, unangemessene Problemlösungsstrategien, Einsatz von körperlicher Gewalt, „Aussitzen“ und Ausweichen von Schwierigkeiten
  • Schwierigkeiten und Abwehrmechanismen im Umgang mit Ämtern und Behörden, Schwellenängste
  • Eingeschränkte Möglichkeiten bei der Einschätzung der eigenen Probleme und Ressourcen
  • kein oder schlechter Schulabschluss
  • illusionäre und verzerrte Realitätssicht

 

Weitere Erläuterungen erfolgen in der Sitzung durch die Mitarbeiter der drei städtischen Einrichtungen.


Anlagen:

 

Anlage 1 - Kurzporträt Kremer-Haus

Anlage 2 - Flyer Wohngruppe für junge Erwachsene

Anlage 3 - Flyer Treff 100

Anlage 4 - Konzeptvorlage Treff 100