Betreff
Übertragung der Trägerschaft der Berufskollegs der Stadt Rheine
Vorlage
481/10
Aktenzeichen
VV K
Art
Nachtragsvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.        Der Rat der Stadt Rheine hebt seine Beschlüsse vom 18. Mai 2010 und 13. Juli 2010 auf.

 

2.        Er beschließt - unter Berücksichtigung des Nachstehenden - die Verwaltung zu beauftragen, mit dem Kreis Steinfurt und der Bezirksregierung Münster Gespräche zur endgültigen Übertragung der Trägerschaft für die städtischen Berufskollegs zu führen.

 

3.        Die Verwaltung wird weiter beauftragt, die notwendigen Schritte zur Umsetzung der Übertragung der Trägerschaft mit Wirkung zum 15.10.2010 einzuleiten. Die Grundstücke und Gebäude sollen unter Berücksichtigung der Sonderposten mindestens zum Bilanzwert verkauft werden.


Begründung:

 

Der Rat der Stadt hat auf der Grundlage einer umfangreichen Sachdarstellung (Vorlage Nr. 246/10) am 18. Mai 2010 mehrheitlich folgenden Beschluss gefasst:

 

„Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung, ein Gespräch mit der Bezirksregierung Münster über einen vorübergehenden Wechsel der Trägerschaft der städtischen Berufskollegs zum Kreis Steinfurt zu führen, mit dem Ziel, die Trägerschaft wieder bei der Stadt Rheine anzusiedeln, sobald sich die finanziellen Umstände wiederum zugunsten der Stadt Rheine geändert haben (Umsetzung Ifo-Gutachten).“

 

Das Gespräch mit der Bezirksregierung hat am 14. Juni 2010 stattgefunden. Über das Ergebnis wurde der Rat der Stadt Rheine in seiner Sitzung am 13. Juli 2010 (Vorlage Nr. 367/10) informiert und fasste daraufhin folgenden Beschluss:

 

„Das faktische Vertragsverhältnis zwischen der Stadt Rheine und dem Kreis Steinfurt zur Schulträgerschaft der Rheiner Berufskollegs wird zum 30. September 2010 aufgelöst. Die Trägerschaft geht entsprechend § 78 Abs. 2 Schulgesetz zum 01. Oktober 2010 auf den Kreis Steinfurt über.

Die Rückübertragung der Schulträgerschaft richtet sich nach einer separat zu verhandelnden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung.

Der Beschluss insgesamt steht unter dem Vorbehalt einer positiven Erklärung der Bezirksregierung Münster – Regierungspräsident – zum Schreiben der Stadt Rheine vom 23. Juni 2010.“

 

Am 23. Juli 2010 erteilte der Regierungspräsident die geforderte Unbedenklichkeitsbescheinigung, die am 30. Juli 2010 per Fax bei der Stadt Rheine einging.

 

Seit der Ratsentscheidung vom 18. Mai 2010 hat die gemeinsam durch den Kreis und die Stadt gebildete Arbeitsgruppe zielgerichtet die notwendigen Schritte und Inhalte zur Übertragung der Trägerschaft einschließlich der erforderlichen Vertragswerke erarbeitet. Die Ergebnisse wurden der Lenkungsgruppe vorgelegt, in der insbesondere die weitere Abstimmung der Vertragswerke vorgenommen wurde.

 

Die „Öffentlich-rechtliche Vereinbarung zur Auflösung des Vertragsverhältnisses über die Trägerschaft der Berufskollegs in Rheine“ wurde am 08. September 2010 endgültig mit der Bezirksregierung Münster abgestimmt. § 3 enthält folgende Regelung:

 

„Der Kreis Steinfurt verpflichtet sich, die Aufgabe der Schulträgerschaft an den beiden in § 1 genannten Schulen vom Kreis Steinfurt auf die Stadt Rheine gem. § 78 SchulG NRW durch einen neuen öffentlich-rechtlichen Vertrag zurückzuübertragen, wenn sich die Zuschusssituation insbesondere nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz zu Gunsten der Stadt Rheine wesentlich ändert.“

 

Auch der Mietvertrag ist mit einer wesentlichen Ausnahme zwischen den Beteiligten abgestimmt. Keine Einigung konnte bisher zur Höhe des Mietzinses und dessen Zusammensetzung erreicht werden.

 

Die Stadt Rheine hat den Mietzins wie folgt ermittelt:

 

 

Zum Vergleich:

 

 

Nach § 90 Abs. 3 GO darf die Gemeinde Vermögensgegenstände nur zu ihrem vollen Wert veräußern. Für die Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstandes gilt dies sinngemäß (§ 90 Abs. 4 GO). Als voller Wert gilt dabei das erzielbare marktübliche Entgelt.

 

Im Rahmen der Regelungen zur Ersatzschulfinanzierung hat der Gesetzgeber in § 109 Abs. 2 SchulG NRW festgelegt, dass eine Miete grundsätzlich angemessen ist, wenn sie die ortsübliche gewerbliche Nettokaltmiete bei Büronutzung mit mittlerem Nutzungswert nicht überschreitet. Nach dem Grundstücksmarktbericht 2010 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt Rheine liegt dieser bei mtl. 6,50 €/m².

 

Um den nach § 90 Abs. 3 und 4 GO festgelegten Grundsätzen annähernd gerecht zu werden, sind durch die Miete zumindest die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelten Kosten für die Überlassung des Schulgebäudes zu decken (kostenbasierte Kaltmiete). Dazu gehören auch die kalkulatorischen Kosten, die sich aus Abschreibungen auf die um Zuweisungen, Zuschüsse und ähnliche Entgelte bereinigten Anschaffungs- und Herstellungskosten und aus einer angemessenen Verzinsung des Anlagekapitals zusammensetzen. Der aktuell für die Gebührenbedarfsberechnungen in Rheine angesetzte Zinssatz zur Verzinsung des Anlagekapitals beträgt 6 %.

 

Der Kreis Steinfurt ist nicht bereit, die von der Stadt Rheine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen errechnete Kostenmiete zu zahlen. Er vertritt den Standpunkt, dass der bei einer Trägerschaft des Kreises im Finanzausgleich eintretende finanzielle Vorteil von geschätzt rd. 850 T€ zwischen Stadt und dem Kreis hälftig geteilt werden sollte. Nach Wegfall der bisherigen 1/3-Kostenbeteiligung der Stadt (315 T€) könne der Stadt nur eine Miete in Höhe von 110 T€ gezahlt werden. Im Verlauf der auf Verwaltungsebene geführten Gespräche hat der Kreis Steinfurt sein „Angebot“ dann auf 159 T€ erhöht. Damit seien die Abschreibung sowie die Kosten der Gebäudewirtschaft abgedeckt. Ein adäquater Ersatz für das durch die Stadt eingesetzte Vermögen wurde nachdrücklich abgelehnt.

 

Am 06. September 2010 hat die Verwaltung die Fraktionen des Rates der Stadt über die unterschiedlichen Positionen des Kreises und der Stadt informiert. Auf Anregung der Fraktionen hat die Verwaltung kurzfristig für den 09. September 2010 ein Moderationsgespräch durch die Bezirksregierung Münster vereinbaren können, zu dem am 07. September 2010 der Landrat eingeladen wurde. Der Landrat hat daraufhin am 08. September 2010 mitgeteilt, dass er eine „Schiedsgerichtsentscheidung“ durch die Bezirksregierung nicht für zielführend halte und hat die Wahrnehmung des Termins durch den Kreis abgesagt. Stattdessen sollten sich die Verwaltungsspitzen der Stadt Rheine und des Kreises Steinfurt intensiv zusammensetzen. Der Termin für ein solches Spitzengespräch wurde zwischen dem Landrat und der Bürgermeisterin für den 23. September 2010 im Kreishaus vereinbart.

 

Am 06. September 2010 hat der Fraktionsvorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Herr Niehues, sich zu dieser Thematik mit dem Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion, Herrn Grunendahl, in Verbindung gesetzt. Daraufhin hat ein erstes Gespräch zwischen Vertretern der beiden Fraktionen am 10. September 2010 im Kreishaus stattgefunden. Die Verwaltungen waren daran nicht beteiligt.

 

Da ein Verhandlungsergebnis zwischen Kreis und Stadt bis dahin nicht erzielt werden konnte, hat der Landrat am 13. September 2010 im Einvernehmen mit den im Kreistag vertretenen Fraktionen und Gruppen die für den 14. September 2010 vorgesehene Sondersitzung des Kreistages abgesagt.

 

Das Gespräch zwischen den CDU-Fraktionsvorständen der Stadt und dem Kreis wurde am 14. September 2010 unter Beteiligung der Verwaltungen im Rathaus der Stadt Rheine fortgesetzt. Für die Stadtverwaltung haben daran Herr Kuhlmann, Frau Ehrenberg und Herr Lütkemeier teilgenommen. Für die Kreisverwaltung nahmen daran Herr Dr. Ballke, Herr Dr. Sommer und Frau Thape teil. In diesem Gespräch wurden verwaltungsseitig die monetären Auswirkungen der Trägerschaft durch die Stadt und durch den Kreis auf der Basis der Ergebniszahlen 2008 dargestellt. Insbesondere wurde die rein betriebswirtschaftlich orientierte Ermittlung der Miete (siehe oben) ausführlich erläutert. Dabei wurde insbesondere auch auf die Schulpauschale eingegangen, die der Kreis bei einem Trägerwechsel neben den erhöhten Schlüsselzuweisungen aus dem Schüleransatz (rd. 850 T€ netto) erhält. Diese betrug 2008 knapp 1,1 Mio. €. Die Schulpauschale kann ausdrücklich auch für die Zahlung von Mietaufwendungen eingesetzt werden. Herr Niehues hat als Kompromisslösung zwischen den unterschiedlichen und sehr weit auseinanderliegenden Standpunkten der Verhandlungsparteien vorgeschlagen, zusätzlich zu den bereits vom Kreis angebotenen 159 T€ weitere 200 T€ als Mietzahlung aus der Schulpauschale zu finanzieren. Seitens der Vertreter der Kreisverwaltung wurde der Kompromissvorschlag bereits im Gespräch abgelehnt.

 

Am 15. September 2010 hat Herr Dr. Ballke telefonisch der Stadt ein neues Angebot unterbreitet, über das die Kreistagsfraktionen vorher informiert worden waren. Es handelte sich um ein sogen. Alternativangebot. In der ersten Alternative bot der Kreis der Stadt statt der bisher zugesagten Mietzahlung von 159 T€ eine Mietzahlung von 200 T€ (= Erhöhung von 41 T€) an. Für das sogen. Übergangsjahr 2011 (die Wirkungen im Finanzausgleich können wegen der Stichtagsregelung für die maßgebenden Schülerzahlen erst 2012 eintreten) sollte in diesem Falle die Abrechnung weiter nach der derzeit (noch) geltenden Vereinbarung (1/3 Stadt, 2/3 Kreis) erfolgen. Als zweite – neue - Alternative hat der Kreis der Stadt den Ankauf der Grundstücke und Gebäude zum Buchwert angeboten; diese Alternative wäre allerdings mit einer endgültigen Übertragung der Schulträgerschaft für die Berufskollegs verbunden. Schon im Übergangsjahr würde der Kreis die volle Kostentragung für die Berufskollegs übernehmen, erwarte aber von der Stadt die Erstattung des auf die Berufskollegs bezogenen Schüleransatzes nach Abzug der darauf entfallenden Kreisumlage sowie die anteilige Schulpauschale.

 

Am 23. September 2010 fand im Kreishaus das oben bereits genannte Spitzengespräch zwischen dem Landrat und der Bürgermeisterin statt. An diesem Gespräch haben außerdem Herr Dr. Ballke für den Kreis und Herr Lütkemeier für die Stadt teilgenommen. Städtischerseits wurden eingangs noch einmal die bisher deutlich gemachten Argumente zur Mietzinsberechnung ins Feld geführt. Außerdem wurde deutlich gemacht, dass seitens der Stadt Rheine eine Einigung auf der Basis des zwischen den CDU-Fraktionen des Kreises und der Stadt erörterten Kompromisses von 159 T€ zuzüglich 200 T€ Miete aus der Schulpauschale zu erreichen sei. Dabei wurden ausführlich die finanziellen Auswirkungen für beide Verhandlungsparteien erörtert. Gleichwohl waren die Vertreter des Kreises nicht bereit, dem Vorschlag der Stadt zuzustimmen. Das Mietmodell ist damit als endgültig gescheitert anzustehen. Stattdessen unterbreiteten die Vertreter des Kreises das bereits telefonisch gemachte Angebot zum endgültigen Ankauf der Grundstücke und Gebäude. Die Bürgermeisterin machte die städtischerseits bestehende Beschlusslage deutlich, die der Verwaltung keinen Spielraum für einen Verkauf eröffne, der mit einer endgültigen Übertragung der Schulträgerschaft für die Berufskollegs verbunden sei. Nach eingehender Erörterung wurde seitens des Kreises ein politisch noch nicht abgestimmter Spielraum zur Aufrundung des endgültigen Kaufpreises angedeutet.

 

Angesichts der beim Mietmodell weit auseinanderliegenden bzw. beim Verkaufsmodell gegensätzlichen Verhandlungspositionen wird es auf der Basis der auf Seiten der Stadt bestehenden Beschlusslage keine Einigungsmöglichkeit geben. Hier hilft auch § 4 der derzeit noch gültigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nicht weiter. Diese Regelung hat folgenden Wortlaut:

 

„Alle Fragen der Durchführung dieser Vereinbarung sind möglichst einverständlich zu regeln. Über Streitigkeiten entscheidet die Bezirksregierung in Münster endgültig.“

 

Nach der vorliegenden rechtlichen Stellungnahme ist diese Regelung für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig, da diese Regelung nur für die Durchführung der Vereinbarung aus dem Jahre 2006 gilt. Für die derzeit noch in der Verhandlung stehende öffentlich-rechtliche Vereinbarung und der damit im Zusammenhang stehenden weiteren Verhandlungen gilt diese Regelung nicht.

 

Auf der Grundlage der umfangreichen Sachdarstellung in der Vorlage 246/10 und in Anbetracht des einstimmigen Empfehlungsbeschlusses des Haupt- und Finanzausschusses vom 21. September 2010 zur unabdingbar notwendigen Haushaltskonsolidierung wiederholt die Verwaltung ihren schon für die Sitzung des Rates am 18. Mai 2010 gemachten Beschlussvorschlag – modifiziert auf den derzeitigen Verhandlungsstand.

 

Begründung der Dringlichkeit für die Erweiterung der Tagesordnung:

Der Vertrag zum Übergang der Berufskollegs von der Stadt an den Kreis muss am 01. Oktober 2010 bei der Bezirksregierung Münster vorliegen. Nur dann können 850 T€ höhere Schlüsselzuweisungen aus dem Schüleransatz erreicht werden.