Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Bauausschuss nimmt den Sachstandsbericht zur Signalisierung der Fußgänger und Radfahrer zur Kenntnis.
Begründung:
In einer Stadt bestimmt die Lichtsignalsteuerung maßgeblich die Verkehrsabwicklung im gesamten Straßennetz. Sie ist damit ein wichtiges Instrument im Rahmen eines übergeordneten Verkehrskonzeptes, bei dem Maßnahmen zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), zur sicheren Führung des Fußgänger- und Radverkehrs und zur Bündelung der Kraftfahrzeugströme ineinandergreifen. Eine Änderung im Gefüge dieser Systeme ist sorgfältig abzuwägen, um eine gute Verkehrsqualität für alle Verkehrsteilnehmer gewährleisten zu können.
Im Folgenden wird auf Grund eines Antrags der Fraktion Bündnis 90 Die Grünen
ein Sachstandsbericht zur Signalisierung der Fußgänger und Radfahrer (Stichwort: „Abbau der Anforderungsdrücker“) vorgelegt.
Die Definitionen zu den fachlichen Erläuterungen stützen sich auf die RiLSA (Richtlinien für Lichtsignalanlagen) und den HSRa (Hinweise zur Signalisierung des Radverkehrs) und der STVO.
1. Derzeitige Situation
1.1 Grundsätzliches zu den bestehenden Anlagen
Im Stadtgebiet Rheine
befinden sich 66 Lichtsignalanlagen, die von den Technischen Betrieben Rheine
unterhalten werden. Von diesen 66 Anlagen sind 24 Fußgänger-Signalanlagen, die
Fußgängern und Radfahrern ein sicheres
Überqueren der Fahrbahn außerhalb von Knotenpunkten ermöglichen.
Jede Anlage wird mit
einem individuellen Signalprogramm betrieben, welches sich auf die sog.
Zwischenzeitmatrix stützt, die sich aus den Räumzeiten, den Einfahrzeiten und
den Überfahrzeiten zwischen den unverträglichen Verkehrsströmen ergibt. Hier
wird festgelegt, welche Zeitdauer zwischen dem Ende der Freigabezeit eines
Verkehrsstroms und dem Beginn der Freigabezeit eines anschließend kreuzenden
oder einmündenden Verkehrsstroms mindestens eingehalten werden muss, damit
diese nicht kollidieren.
Da im Verlauf eines Tages
die Verkehrsstärken der einzelnen Verkehrsteilnehmer sehr unterschiedlich sind,
und sich die maßgeblichen Grünzeiten verändern, werden für einige Anlagen
Signalprogramme mit bis zu 4 unterschiedlich langen Umlaufzeiten (25s – 100s)
betrieben. So gibt es Morgen-, Tages-, Abend- und Nachtprogramme.
Sind die Signalprogramme
fest, d.h. ohne Änderung der Phasenfolge (Phase = Zeitraum in welchem
festgelegte Verkehrsströme gleichzeitig Grün haben) aufgrund einer Anforderung,
entspricht die Umlaufzeit der Zeitdauer eines einmaligen Ablaufs eines
Signalprogrammes. Hier weiß ich als ortskundiger Verkehrsteilnehmer genau,
welcher Verkehrsstrom wann grün bekommt, unabhängig vom anzutreffenden Verkehr.
Bei einer verkehrsabhängigen
Signalsteuerung, wie sie z.B. auf dem inneren Ring in Rheine und an den meisten
Signalanlagen vorzufinden ist, werden über Detektoren, Anforderungsdrücker oder
Infrarotkameras die Verkehrsströme in den Knotenpunkten erfasst - d.h. sie
senden an das Signalprogramm eine Anforderung – und die einzelnen Phasen laufen
im Signalprogramm in entsprechender Reihenfolge ab. Hier ist die Phasenfolge
nicht immer die gleiche.
Auf dem inneren Ring und
an einigen Anlagen an den Hauptverkehrsstraßen, werden die Anlagen nicht nur
verkehrsabhängig gesteuert, sondern die einzelnen Anlagen werden untereinander
koordiniert.
Für den Ring ist der
Taktgeber (sog. Dirigent) an der LSA Hansaallee/Osnabrücker Straße. Von dieser
Anlage erhalten die übrigen einen Impuls an ihr Signalprogramm, so dass ein
durchgängiges Abfließen des Verkehrs über den Ring ermöglicht werden kann
(„Grüne Welle“).
Unvermeidliche
Störfaktoren bei der Koordinierung der
Hauptrichtung sind die kurzen und unterschiedlichen Abstände zwischen den
Knotenpunkten, die zufließenden Nebenströme und der Eingriff des ÖPNV auf die
Signalprogramme.
1.2 Berücksichtigung der einzelnen Verkehrsteilnehmer
1.2.1 Kraftfahrzeuge
Für die Bemessung der
maßgeblichen Grünzeiten für die KFZ werden die Verkehrsstärken der verschiedenen
Verkehrsströme erfasst und im Programm berücksichtigt. Die Fahrzeuge werden bei
der verkehrsabhängigen Steuerung über Detektoren in den einzelnen
Knotenpunktarmen erfasst, so dass eine Anforderung an das Programm gesendet
wird.
1.2.2 ÖPNV
Zur Beschleunigung des
ÖPNV ist auf den Busrouten ein Sender-Empfänger-System an den Signalanlagen und
in den Bussen eingerichtet. Über einen Sender, der sich im Bus befindet, wird
ein Signal an die nächste vor dem Bus liegende Signalanlage gesendet. Die Anlage
greift das Signal auf und passt den Phasenablauf im Signalprogramm so an, dass
der Bus bei Ankunft möglichst ohne Wartezeit grün bekommt. Beim Verlassen der
Kreuzung meldet sich der Bus automatisch wieder ab und eine Anmeldung an der nächsten
Signalanlage kann erfolgen.
1.2.3 Radfahrer/Fußgänger
Die Bemessung der
maßgeblichen Grünzeiten für die Radfahrer und Fußgänger ergeben sich aus den
Stärken dieser Verkehrsteilnehmer und der mindest erforderlichen Zeit, die für
das Überqueren der Fahrbahn notwendig ist.
Sind an allen
Signalanlagen die Radfahrer und Fußgänger gemeinsam signalisiert, orientiert
sich auch die Zwischenzeit an dem langsamsten Verkehrsteilnehmer, dem
Fußgänger. Dies bedeutet, dass im Signalprogramm die Grünzeit der Fußgänger-/Radfahrerfurt
so bemessen ist, dass bei Grünende der Fußgänger mit einer durchschnittlichen
Geschwindigkeit noch die andere Straßenseite erreicht, ehe dort der querende
KFZ grün bekommt und losfährt.
Aufgrund der größeren
Geschwindigkeit von Radfahrern könnten diese theoretisch länger Grün bekommen,
was aber durch die gemeinsame Signalisierung nicht möglich ist.
An den Signalanlagen, an
denen der Radfahrer nicht auf Radwegen zur Kreuzung geführt wird, sondern die
Fahrbahn benutzt, hat er die Signale der KFZ zu beachten. Im Zuge der Umsetzung
der neuen STVO sind im Stadtgebiet einige benutzungspflichtige Radwege
aufgehoben worden, so dass hier der Radfahrer die Fahrbahn zu nutzen hat. Die
Signalgeber in den Furten werden allerdings noch zum Teil mit dem gemeinsamen
Symbol für Radfahrer und Fußgänger betrieben. Diese Signalblenden werden im
Zuge der Wartungsarbeiten stetig ausgetauscht, so dass hier künftig nur noch
das Fußgängersymbol erscheint.
Die Anforderung der
Fußgänger und Radfahrer erfolgt in der Regel über die Anforderungstaster an den
Signalmasten.
An vielen Signalanlagen
im Stadtgebiet erhält in Hauptrichtung des KFZ die parallel geführte
Fußgängerfurt bereits ohne Betätigung des Tasters gleichzeitig grün.
In den Nebenströmen
hingegen ist überwiegend ein Betätigen des Tasters erforderlich. (siehe Anlage
2)
So besteht bei
Nicht-Anforderung durch den Fußgänger die Möglichkeit, die sonst für den
Fußgänger eingeplante Grünzeit im Signalprogramm anderen Phasen zuzuschlagen.
Dieser Puffer ist besonders in Hauptverkehrszeiten und bei ÖPNV-Beschleunigung
von großem Vorteil, um auch zu diesen Zeiten einen flüssigen Verkehrsablauf
ermöglichen zu können.
Die Anforderung über
einen Taster kann allerdings besonders an den Signalanlagen für den Fußgänger
zu sehr langen Wartezeiten führen, an denen durch Bevorrechtigung der Busse die
Grünzeit des Fußgängers unterdrückt wird, um erst später eine Grünzeit zu
erhalten. Dies tritt besonders an der Kreuzung K-G-R/Busausfahrt Mathiasstraße
zu Tage, da dort ein stetiger Abfluss der Buskolonne gewährleistet werden soll.
2. Abbau der Anforderungdrücker für Fußgänger
und Radfahrer?
Grundsätzlich
sollten die vorh. Anforderungstaster nicht demontiert werden. Denn hier ist die
z.T. die Blindenakustik, Taster für die vorgesehene Laufrichtung und ein
Hinweis „Signal kommt“ untergebracht.
Die Überlegungen
sollten dahingehend geführt werden, ob das Betätigen des Anforderungstasters
für Fußgänger und Radfahrer entfallen kann und somit die Fußgänger und
Radfahrer automatisch grün bekommen.
In der Anlage 2 zu dieser
Vorlage ist dargestellt, an welchen ausgewählten Knotenpunkten im Tagesprogramm
eine Anforderung der Fußgänger und Radfahrer erforderlich ist.
Eine pauschale Änderung
aller Signalanlagen dahingehend, dass alle Fußgängerfurten ohne Anforderung
Grün bekommen, kann im Hinblick auf den gesamten Verkehrsablauf aller
Verkehrsteilnehmer nicht das Ziel eines übergeordneten Verkehrskonzeptes sein.
Hier ist abzuwägen, an
welchen Standorten derart große und regelmäßige Verkehrsströme im Bereich
Fußgänger und Radfahrer vorliegen, damit eine Umstellung des Signalprogramms
zielführend ist.
Denn bei jeder Grünphase
für den Fußgänger, die nicht genutzt wird, entfallen wichtige Sekunden für
einen reibungslosen Verkehrsablauf der KFZ-Ströme und der ÖPNV-Beschleunigung.
Derzeit wird das Konzept
für die Busbeschleunigung von der VSR durch ein beauftragtes Ingenieurbüro auf
Schwachstellen hin überprüft, und es werden Optimierungen angestrebt. Da sich
ein Entfall der Anforderung durch Fußgänger und Radfahrer auch besonders auf
den ÖPNV auswirken wird, ist hier eine Abstimmung unumgänglich.
Es ist vorgesehen im
Frühjahr 2011 eine gemeinsame Vorgehensweise zwischen Stadt/VSR/TBR
abzustimmen, die in den entsprechenden Gremien (u.a Bauausschuss) dann beraten
werden kann.
Hier werden dann konkrete
Vorschläge vorgebracht, an welchen Knotenpunkten das Betätigen des
Anforderungstasters für Fußgänger und Radfahrer entfallen sollte.
Anlagen:
1) LSA Übersichtsplan
2) LSA Lageplan Automatisch Fußgängergrün