Betreff
Städtebaulicher Rahmenplan Innenstadt
Vorlage
526/10
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

 

Die Verwaltung wird beauftragt, das Verfahren für die Aufstellung eines städtebaulichen Rahmenplans Innenstadt vorzubereiten. Inhalte, Planungsverfahren, Zeitplanung sowie die Auftragsvergabe an ein externes Büro sollen frühzeitig mit dem Stadtentwicklungsausschuss abgestimmt werden.

 


Begründung:

 

 

Die Weichen für die Zukunft der Rheiner Innenstadt werden gerade neu gestellt. Auf der einen Seite haben sich das Stadtbild und die Nutzungsstrukturen seit geraumer Zeit nur wenig verändert, die Zentren anderer Städte der Region erweitern dagegen dynamisch ihr Angebot; zum anderen stehen große private Investitionen kurz vor der Realisierungsphase, die einen erheblichen Einfluss auf die Attraktivität der Innenstadt haben werden.

 

Da eine Innenstadt quasi als Synonym für die gesamte Stadt wahrgenommen wird, spiegelt sich in ihren wahrnehmbaren Veränderungen auch die Dynamik einer ganzen Stadt wider. Vor allem der Einzelhandel – die markanteste zentrenstabilisierende Nutzungsart – definiert sich durch Wandel und Veränderung. Da auch größere innerstädtische Umbauprojekte auf die mittelfristige Perspektive verschoben wurden (Neugestaltung des Marktplatzes, Umbau der Poststraße), leidet das Image der zentralen Handelslage unter einem öffentlich gefühlten Stillstand. Dies wird verstärkt durch den mahnenden Leerstand des ehemaligen Kaufhauses, ebenso wie durch den schleichenden Funktionsverlust der Geschäftslagen Thie und östliche Emsstraße. Hinzu kommt die eher geringe private Investitionsneigung der letzten Jahre.

 

Gleichzeitig stehen der Innenstadt mit einem neuen Großprojekt erhebliche Herausforderungen bevor. Die Quartiersentwicklung „Im Coesfeld“ wird die zentrale Handelslage Emsstraße um neue Geschäfte, neue Sortimente und Quadratmeter Verkaufsflächen ergänzen. Dies wird die regionale Ausstrahlungskraft des Hauptzentrums von Rheine erheblich verstärken, aber auch das innere Gefüge verändern. Somit stellt ein neues innerstädtisches Einkaufszentrum gleichzeitig eine Chance und eine Gefahr dar.

 

Die Stadt ist in der glücklichen Situation, dass ein privater Projektentwickler die Umsetzung der Quartiersentwicklung als gemeinsame Aufgabe und als Dialog mit der Stadt versteht. Die Ausformulierung einer verträglichen Einzelhandels- und Nutzungsmischung, eine optimale Einbindung in das Bau- und Raumgefüge der Innenstadt, die Bereicherung des Stadtbildes um architektonische Qualität oder eine verkehrliche günstige Anbindung sind nur einige der Themen, die in nächster Zukunft intensive Abstimmungsgespräche erfordern. Mit dem erprobten Projektbeirat steht ein Instrument zur Steuerung bereit; zudem wurden in vergangenen Sitzungen des Stadtentwicklungsausschusses bereits grundsätzliche Anforderungen an die Quartiersentwicklung politisch definiert (vgl. Vorlage 516/07).

 

 

Städtebaulicher Rahmenplan Innenstadt

 

Doch es wäre ein viel zu eingeschränkter Blickpunkt, nur die städtebaulich-funktionalen Auswirkungen des kommenden Einkaufszentrums zu betrachten. Es ist jetzt dringend erforderlich, das Projekt „Im Coesfeld“ nur als ein Baustein einer innerstädtischen Qualitätsoffensive zu betrachten. Verschiebungen und Verlagerungen werden Folge einer so umfassenden quantitativen Erweiterung der innerstädtischen Verkaufsfläche sein. Die Stadtentwicklung sollte diesen Veränderungen jedoch nicht mit späteren Reparaturversuchen hinterherlaufen, sondern bereits im Vorfeld aktiv neue Ziele und Chancen für die gesamte Innenstadt aufzeigen, stadtweit und regional kommunizieren und dadurch weitere (private) Investitionen anregen!

Bereits heute werden eine Vielzahl privater Planungsideen, privaten Engagements und Investitionen diskutiert. Vieles hiervon ist auch schon eine Reaktion auf das kommende Großprojekt. Doch die Stadtentwicklung kann nicht allein auf privaten Initiativen basieren. Die Innenstadt ist deutlich mehr als nur das Handelszentrum der Stadt und der Region – hier konzentrieren sich überörtliche Verwaltungs- und Büronutzungen, repräsentative Dienstleistungen, Einrichtungen des Gesundheitswesens, attraktive Wohnlagen, der Schwerpunkt der Gastronomie, öffentliche Verwaltung und schließlich bedeutende Kultureinrichtungen. Nicht zu letzt an der Vielzahl historischer Bauten und prägender öffentlicher Räume kann die allgemeine Bedeutung des Zentrums als „Herz der Stadt“ abgelesen werden.

 

Dies erfordert eine städtebauliche und funktionale Zukunftsperspektive, die federführend durch die Stadt initiiert werden muss. Das Instrument eines städtebaulichen Rahmenplans ist hierfür geeignet, die Vielzahl an funktionalen, baulichen, strukturellen Aspekten in einem anschaulichen Planwerk zu vereinen. Die Stärke zeitgemäßer Rahmenpläne liegt nämlich in ihrer Funktion als Prozess. Wenn intensiv die Öffentlichkeit beteiligt und einbezogen wird, die vielen Innenstadtakteure um Ideen gefordert werden und laufend Fortschritte auch publik gemacht werden führen dies zu Transparenz und Motivation. Und dies wiederum ist die Basis für eine breite Akzeptanz der Ergebnisse.

Ferner ist keine bloße Neuauflage des (rein architektonischen) Masterplans Innenstadt aus dem Jahre 1994 erforderlich. Die Verbesserung des Stadtbildes ist ein Teil der Qualitätsoffensive Innenstadt. Auch die gemeinsame Erarbeitung der künftigen funktionalen Verteilung von Nutzungen prägt Planungssicherheit für Eigentümer und alle (öffentlichen und privaten) Handelnden der Innenstadt. In einen Rahmenplan können viele Blickwinkel integriert werden – von Handel, Gewerbe, Kultur, Tourismus, Freizeit, Landschaft, Architektur, Städtebau bis hin zu sozialen und kirchlichen Belangen. Durch diesen integrierten Ansatz bietet sich so auch eine Grundlage für eine spätere Mittelakquisition öffentlicher (Stadterneuerungs-) Förderprogramme, wie z.B. „Stärkung der Innenstädte und Ortsteilzentren“, „Ab in die Mitte“ oder auch „Stadtumbau West“.

 

Was können mögliche Fragen sein, die ein städtebaulicher Rahmenplan beantworten kann? Eine endgültige Liste ergibt sich erst aus dem Rahmenplanungsprozess, aber eine erste Auflistung ergäbe sicher:

 

  Welche Quartiere sind oder sollen als Einheit – mit welchen Mitteln – langfristig ablesbar werden? Welche Funktionen können sie in Zukunft ausüben (z.B. Emsstraße westlich und östlich, Marktplatz, Humboldtplatz, Thie-Bereich, Staelscher Hof, Poststraße)?

  Mit welchen gestalterischen und strukturellen Mitteln kann einem Auseinanderdriften der Einkaufsbereiche entgegen getreten werden? Sind besondere Organisationsprozesse oder Förderung durch öffentliche Mittel notwendig?

  Welche öffentlichen Räume, Plätze, Straßenzüge bedürfen einer verbesserten Gestaltung? Welchen Charakter sollen sie erhalten, wie kann die Aufenthaltsqualität verbessert werden, welchen Funktionen sollen sie gerecht werden?

  Wo sind architektonische Aufwertungen nötig, damit das Stadtbild aufgewertet wird? Wo sind „Highlights“ möglich und sinnvoll?

  Wie können die Ablesbarkeit und Orientierung der regional bedeutenden kulturellen Einrichtungen, wie z.B. der Falkenhof, verbessert werden?

  Wie wirken die „Eingangstore“ in die Innenstadt, wo und wie muss der Einladungscharakter verbessert werden (z.B. Bahnhofsvorplatz, Poststraße oder auch das Emsufer in seiner Funktion als „Willkommensort“ der touristischen Radwege)?

  Wie lässt sich das Charakteristikum der Rheiner Innenstadt - die Ems - und mit welcher Funktion im Stadtbild erkennbar machen?

  Wo fehlt Freizeitwert in der Innenstadt? Warum ist der neue Spielplatz am Falkenhof unbelebt? Welche Zielgruppe der Besucher benötigt welche Infrastruktur? Muss es einen „Seniorenspielplatz“ geben?

  Fehlen grüne Erholungsräume? Warum kann man am grünen Emsufer nicht sitzen, warum nutzen die Rheinenser das Ufer kaum, warum ist der schöne Friedhof Salzbergener Straße eine so wenig frequentierte Grünfläche?

  Wie und wo lässt sich am besten die Wohnfunktion erhalten, stärken, ausbauen? Welche Wohnformen sind wo am günstigsten untergebracht?

  Welche Maßnahmen sollten mit hoher Priorität umgesetzt werden, welche Leuchtturmprojekte können weitere Maßnahmen nach sich ziehen? Wie lässt sich was am besten umsetzen?

 

Um einen erfolgreichen und effektiven Planungsablauf nicht zu gefährden, können sicher nicht alle denkbaren Aspekte und Fragen beantwortet werden. Es ist erkennbar, dass sich ein komplexer Prozess ergibt, der professionell und vor allem objektiv und mit hoher Fachlichkeit geleitet werden muss. Mit Hilfe eines externen Büros ließe sich ein Rahmenplanverfahren anstrengen, der vor allem ein Ergebnis erzielen kann: die Stadt zeigt Initiative, kümmert sich um die Innenstadt, gibt Möglichkeit der Mitwirkung der Innenstadtakteure und zeigt ein prägnantes Bild einer florierenden Zukunft einer regional bedeutenden Innenstadt!

 

 

Ausblick

 

Noch in diesem Jahr sollte das Planungsverfahren zum städtebaulichen Rahmenplan Innenstadt vorbereitet und möglichst begonnen werden. Nach ersten Schätzungen werden 50.000 € als Kosten für eine externe Begleitung des Prozesses benötigt; die Mittel hierfür sind durch das Projektkonto „Im Coesfeld“ bereits gesichert. Die Verwaltung wird bei einem positiven Votum des Ausschusses das Planungsverfahren (Ablauf, Methoden, Organisation, Beteiligungsformen) und mögliche Inhalte eines Rahmenplans (Geltungsbereich, Auftragsformulierung) genauer ausarbeiten. Mit einem weiteren Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses könnte spätestens Anfang nächsten Jahres die Beauftragung eines qualifizierten Büros und quasi der Aufstellungsbeschluss erfolgen.

Die Erarbeitung des Rahmenplans wird ungefähr ein Jahr Zeit in Anspruch nehmen. Es soll darauf geachtet werden, dass die (Zwischen-) Ergebnisse der inhaltlich verknüpften Verfahren (Gestaltungssatzung, Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts, Stadtmarketing) laufend in den Planungsansatz eingebettet werden. Gleiches gilt für die konkret schon vorhandenen Konzepte privater Seite (z.B. Entwicklungsplanung der ISG Emsquartier).

 


Anlagen:

 

Karte „Rahmenplan Innenstadt, Untersuchungsgebiet“