Betreff
Die neue HOAI 2009 Neuerungen / Änderungen für die Vergütung von Architekten- und Ingenieuleistungen
Vorlage
385/10
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

I.    Der Bauausschuss nimmt die Änderungen in der neuen HOAI zur Kenntnis.

 

II.   Der Bauausschuss bestätigt den in der Vorlage vorgeschlagenen Verfahrensweg zur Umsetzung der neuen HOAI 2009

 


Begründung:

 

 

Die HOAI ist eine Verordnung des Bundes über die Vergütung für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorar-Ordnung für Architekten und Ingenieure). Sie dient als Grundlage für die Berechnung der Honorare der am Bau beteiligten Planer und Fachplaner.

 

Im August 2009 trat die 6. HOAI – Novelle in Kraft. Damit wurde die HOAI dem europäischen Recht angeglichen.

 

Die Änderungen der HOAI sind teilweise einschneidend. Einiges hat sich aber auch nicht geändert:

 

  • Die Mindest- und Höchstsätze sind erhalten geblieben

 

  • Die Honorarzonen gibt es weiterhin

 

  • Die Leistungsphasen bleiben unverändert

 

  • Bewertung nach Prozentsätzen (bisher „Vom-100-Satz“)

 

 

Die Systematik wurde grundsätzlich beibehalten. Die Ermächtigungsgrundlage beruht auf dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen, einem Bestandteil des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen. Dieses Gesetz bestimmt den Rahmen, in dem sich die HOAI bewegen darf und wurde 1971 in Kraft gesetzt.

 

 

Grundstruktur der neuen HOAI

 

Die neue HOAI setzt sich aus 2 Bereichen zusammen: aus einem

 

  • verbindlichen Teil und

 

  • 14 Anlagen, die ergänzende Festsetzungen und Empfehlungen enthalten, wobei die Anlagen 1 bis 2 (Beratungsleistungen, Besondere Leistungen) preisrechtlich unverbindlich, die Anlagen 3 bis 14 allerdings verbindlich sind.

 

 

Der verbindliche Teil der HOAI ist in 5 Teile gegliedert:

 

  • Teil 1 enthält in §§ 1-16 gewissermaßen vor die Klammer gezogene Allgemeine Vorschriften, die grundsätzlich für alle Planungsleistungen in Teil 2 bis Teil 4 gelten.

 

  • Teil 2 regelt die Flächenplanung untergliedert in Abschnitt 1 und 2 für die Bauleitplanung und die Landschaftsplanung

 

  • Teil 3 regelt die Objektplanung untergliedert in Abschnitt 1 bis 4 für Gebäude und Raumbildende Ausbauten, Freianlagen, Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen

 

  • Teil 4 regelt die Fachplanung untergliedert in Abschnitt 1 und 2 für die Tragwerksplanung und die technische Ausrüstung

 

  • Teil 5 enthält die Überleitungs- und Schlussvorschriften.

 

 

Erklärtes Ziel des Verordnungsgebers ist eine vereinfachte und transparentere Ausgestaltung der HOAI. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die allgemeinen Regelungen ausgeweitet, die Regelungen zur Flächen-, Objekt- und Fachplanung eng begrenzt und eine Vielzahl bisheriger Regelungen in insgesamt 14 Anlagen ausgegliedert.

 

Fachleute merken inzwischen kritisch an, dass die neue HOAI nicht transparenter, sondern unübersichtlicher geworden sei. Durch die vor die Klammer gezogenen, allgemeinen Vorschriften, die verkürzten gebietsbezogenen Honorarbestimmungen sowie die dortigen Verweisungen auf verbindliche/unverbindliche Anlagen werde die Arbeit mit der neuen HOAI deutlich erschwert.

 

 

Wesentliche Teile aus dem Hauptteil der HOAI wurden als Anlagen an die HOAI gehängt:

 

  • Anlage 1: Beratungsleistungen

 

  • Anlage 2: (nunmehr unverbindliche) Besonderen Leistungen

 

  • Anlage 3: Objektlisten

 

  • Anlage 4: Leistungsbild Flächennutzungsplan

 

  • Anlage 5: Leistungsbild Bebauungsplan

 

  • Anlage 6: Leistungsbild Landschaftsplan

 

  • Anlage 7: Leistungsbild Grünordnungsplan

 

  • Anlage 8: Leistungsbild Landschaftsrahmenplan

 

  • Anlage 9: Leistungsbild Landschaftspflegerischer Begleitplan

 

  • Anlage 10: Leistungsbild Pflege- und Entwicklungsplan

 

  • Anlage 11: Leistungsbilder Gebäude, Raumbildende Ausbauten

                     und Freianlagen

 

  • Anlage 12: Leistungsbilder Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen

 

  • Anlage 13: Leistungsbild der Tragwerksplanung

 

  • Anlage 14: Leistungsbild der Technischen Ausrüstung

 

 

Wichtigste Änderungen:

 

Die HOAI unterscheidet nicht mehr nach „Grundleistungen“ und „Besonderen Leistungen“. Die HOAI nennt die früheren Grundleistungen jetzt „Leistungen“. Die Besonderen Leistungen sind in die Anlage 2 verschoben worden.

 

Nach § 1 HOAI gilt die HOAI nunmehr nur noch für Architekten/Ingenieure mit Sitz im Inland und regelt nur noch die Berechnung der Entgelte für Leistungen der Architekten und Ingenieure mit Sitz im Inland, soweit Leistungen durch die Verordnung erfasst und vom Inland aus erbracht werden. Ob die damit verbundene „Inländerdiskriminierung“ verfassungsrechtlich statthaft ist, lässt sich laut Fachleuten nicht abschließend einschätzen.

 

Nach § 3 Abs. 1 gibt es staatliche Preisvorgaben in Form von Mindest- und Höchstsätzen nur noch für Planungsleistungen.

  • Flächenplanung (Bauleitplanung; Landschaftsplanung)
  • Objektplanung (Gebäude und Raumbildende Ausbauten; Freianlagen; Ingenieurbauwerke; Verkehrsanlagen)
  • Fachplanung (Tragwerksplanung; Technische Ausrüstung)

 

Beratungsleistungen fallen nicht mehr unter das zwingende Preisrecht der HOAI. Hierzu zählen Beratungsleistungen für

  • Umweltverträglichkeitsstudie
  • Leistungen für Thermische Bauphysik
  • Leistungen für Schallschutz und Raumakustik
  • Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau
  • Vermessungstechnische Leistungen
  • Besondere Leistungen

 

 

Honorarermittlung:

 

Auch weiterhin wird die Berechnung des Honorars durch die folgenden bekannten Faktoren bestimmt:

 

  • anrechenbare Kosten des Objekts
  • Leistungsbild
  • Honorarzone
  • Honorartafel
  • Zuschläge (für Leistungen im Bestand und für Instandsetzungen und

            Instandhaltungen)

 

 

Als bedeutendste Änderung im Rahmen der Novellierung der HOAI gilt das nunmehr durchgängige Regelprinzip des sog. Kostenberechnungsmodells nach § 6 Abs. 1, mit dem von dem bisherigen dreigliedrigen Baukosten- und damit Honorarermittlungssystem der alten HOAI abgewichen wurde.

 

Erklärtes Ziel der HOAI ist es, das Honorar von den tatsächlichen Baukosten abzukoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, bestimmt die HOAI, dass sich die anrechenbaren Kosten –und damit das Honorar der Architekten und Ingenieure- nur noch nach einer Kostenermittlung, nämlich der Kostenberechnung richten.

 

Nach der alten HOAI wurden die Leistungsphasen je nach Projektstand auf der Basis von drei verschiedenen Kostenermittlungsarten abgerechnet:

 

  • Kostenschätzung auf der Grundlage der Vorplanung
  • Kostenberechnung auf der Grundlage der Entwurfsplanung
  • Kostenfeststellung zum Nachweis der entstandenen Kosten

 

So führten spätere Kostenerhöhungen in den weiteren Kostenermittlungsarten zu höheren anrechenbaren Kosten und somit zu höheren Honoraren.

 

Nach der neuen HOAI bleiben spätere Kostenerhöhungen grundsätzlich außer Betracht. Damit wird das Architektenhonorar/Ingenieurhonorar von der tatsächlichen Entwicklung der Baukosten abgekoppelt. Künftig ist für alle Leistungen ausschließlich die Kostenberechnung maßgeblich. Die Kostenberechnung wird auch in der neuen HOAI als „Ermittlung der Kosten auf der Grundlage der Entwurfsplanung“ definiert.

 

Wie in der alten HOAI bislang auch nach § 4a möglich, kann für die anrechenbaren Kosten auch nach neuer HOAI ausnahmsweise die Kostenschätzung (auf der Grundlage der Vorplanung) zugrunde gelegt werden.

 

Das bedeutet: zukünftig wird das gesamte Honorar grundsätzlich nach Kostenberechnung und ausnahmsweise nach Kostenschätzung zu ermitteln sein.

 

Wenn zum Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, kann die Honorarermittlung nach der ausdrücklichen Vorgabe in § 6 Abs. 2 Satz 1 auf der Grundlage einer Baukostenvereinbarung erfolgen. Dabei werden „nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festgelegt“.

 

Inwieweit sich dieses Verfahren in der Praxis als durchführbar erweist, wird sich zeigen. Solange in einem Projekt noch nicht klar ist, in welchem Umfang gebaut werden soll, wird es schwierig sein, „nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festzulegen“, quasi im Vorfeld der Vorplanung. Denn die Baukostenvereinbarung darf nur in diesem Vorfeld des Projektplanung erfolgen. Die Kosten sind anhand vergleichbarer Referenzobjekte oder einer Bedarfsplanung zu ermitteln, damit keine unrealistischen Baukosten und hieraus resultierende Honorare fixiert werden.

 

Theoretisch wäre im Hochbau bei beiden Kostenmodellen die Durchführung eines Wettbewerbs oder einer Ausschreibung zur Auswahl des Architekten denkbar mit dem vermeintlichen Vorteil der Kostensicherheit. Praktisch würde das aber bedeuten, dass eine Auswahl des Architekten über die Kostenermittlung zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem noch keine genauere Planung vorliegen und demzufolge auch keine genauere und vor allem nachprüfbare Kostenermittlung erfolgen kann. Da ein Wettbewerb oder eine Ausschreibung nur über die Kosten ohne Planungs- oder Standardfestlegung erfolgen würde, ist vorgesehen, von einer Vergabe der Leistungen im Wettbewerb abzusehen.

 

Im Unterschied zum Hochbau wäre im Tiefbau im Prinzip ein Wettbewerb möglich, da hier relativ früh prüfbare Kostenberechnungen erstellt werden können. Dies gilt aber nicht grundsätzlich für alle Maßnahmen.

Daher sollen diese Leistungen ab Honorarzone III und größer im Wettbewerb vergeben werden. Nur im begründeten Ausnahmefall kann davon in Abstimmung mit der Örtlichen Rechnungsprüfung abgewichen werden.

 

Fachleute in Sachen Honorar sehen zurzeit noch viele offene Fragen zu dieser Thematik.

 

Eine Honoraranpassung ist aber auch nach der neuen HOAI in § 7 Abs. 5 möglich:

 

„Ändert sich der beauftragte Leistungsumfang auf Veranlassung des Auftraggebers während der Laufzeit des Vertrages mit der Folge von Änderungen der anrechenbaren Kosten, Werten oder Verrechnungseinheiten, ist die dem Honorar zugrunde liegende Vereinbarung durch schriftliche Vereinbarung anzupassen.“

 

Dabei wird zu diskutieren sein, wann und auf wessen Veranlassung sich der beauftragte Leistungsumfang ändert.

 


 

Tabellenwerte

Die Tabellenwerte in der neuen HOAI wurden durchgängig um 10% angehoben.

 

Beratungsleistungen - Honorarvereinbarungen

Honorare für Beratungsleistungen und für Besondere Leistungen können nach HOAI frei vereinbart werden. Grundsätzlich ist hier ein Wettbewerb anzustreben. Es wird aber Einzelfälle geben, in denen ein Wettbewerb nicht sinnvoll sein wird. Diese Vergaben sind dann als Einzelentscheidung mit der Örtlichen Rechnungsprüfung abzustimmen.

 

Bonus-Malus-Regelung (§ 7)

Weitgehend neu ist die Bonus-Malus-Regelung (bisher gab es die Möglichkeit eines Erfolgshonorars): bei Unterschreitung der anrechenbaren Kosten Bonus von max. 20% des Honorars; bei Überschreitung der anrechenbaren Kosten Malus von max. 5% des Honorars.

Diese Möglichkeit sollte nicht in den Verträgen wahrgenommen werden, da die Gründe für Kostenüber/-unterschreitungen oft von den Planern nicht beeinflussbar sind (z.B. Ausschreibungsergebnisse aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage).

 

Mehrere Objekte (§ 11)

Besteht ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang von mehreren Objekten (z.B. Gebäude und Außenanlagen), so müssen die Honorare nicht getrennt ermittelt werden.

 

Nebenkosten (§ 14)

Die Regelung der Nebenkosten entspricht der bisherigen HOAI. Es sollte daher die bisherige Regelung beibehalten werden, dass Nebenkosten bis maximal 5% erstattet werden.

 

Leistungen im Bestand (§ 35)

Die Anrechnung von Kosten der mitverarbeiteten Bausubstanz wird in der neuen HOAI ersatzlos gestrichen. Die Kompensation soll durch die Anhebung des Zuschlages bei Umbauten und Modernisierungen von 20 % auf bis zu 80 % erfolgen. Ein Verfahren zur Berechnung wird noch mit der Örtlichen Rechnungsprüfung abgestimmt werden.

 

Instandhaltungen und Instandsetzungen (§ 36)

Die neue HOAI ermöglicht, für Leistungen bei Instandhaltungen und Instandsetzungen den Prozentsatz für die Bauüberwachung um bis zu 50 % zu erhöhen. Diese Vereinbarung sollte ausgeschlossen werden. Nur im Einzelfall soll diese über eine Berechnung in Abstimmung mit der Örtlichen Rechnungsprüfung vereinbart werden.

 

Bauüberwachung Ingenieurbauwerke

Die Überwachung bei Ingenieurbauwerken ist nicht an die HOAI gebunden, sondern kann frei verhandelt werden. Diese muss dann als Besondere Leistung zusätzlich beauftragt werden. Künftig sollen grundsätzlich die Leistungen für die Überwachung bei Ingenieurbauwerken im Wettbewerb vergeben werden. Nur im begründeten Ausnahmefall kann davon in Abstimmung mit der Örtlichen Rechnungsprüfung abgewichen werden.

 

Stundensätze

Zeithonorare sind in der neuen HOAI zwar nicht mehr aufgeführt. Diese sollten aber dennoch vertraglich vereinbart werden für evtl. anfallende Stundenlohnarbeiten, welche nur auf besonderen Auftrag auszuführen sind.

 

 

 

Zusammenfassung und Bewertung:

 

Der nach der neuen HOAI mögliche Wettbewerb im Bereich der Architekten- und Ingenieurleistungen wird in der Praxis nur teilweise umsetzbar sein.

Die Honorare für Beratungs- und Gutachterleistungen werden nach der neuen HOAI jedoch frei vereinbar.

Zurzeit liegen noch keine Erfahrungen hierzu vor. Daher wird in ca. 1 Jahr erneut über die bis dahin gemachten Erfahrungen zu diesem Punkt berichtet werden.

 

Die oben beschriebene Verfahrensweise wurde mit der Örtlichen Rechnungsprüfung abgestimmt.