Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Rat der Stadt Rheine beschließt auf Empfehlung des Verwaltungsrats der TBR Technischen Betriebe Rheine AöR das Abwasserbeseitigungskonzept ABK. Die Einzelmaßnahmen werden im Zuge des TBR-Freigabeverfahren vor Beginn durch den Verwaltungsrat der TBR frei gegeben. Die Investitionssummen des ABK der Jahre ab 2012 werden den Ergebnissen der gutachterlichen Stellungnahme des ´IWEB-Institut für Wasser & Energie Bochum GmbH´ zum Substanz- und Werterhalt der Entwässerungsanlagen angepasst.
Begründung:
1.
Prolog
Per Satzung
ist der Verwaltungsrat der TBR Technischen Betriebe Rheine AöR ermächtigt Beschlüsse
zur Abwasserbeseitigung in Rheine zu beschließen. Durch die Vorlagenbeschlüsse
werden die Planungen und strategischen Ausrichtungen in der Entwässerung
Bestandteil der Arbeits- und Projektplanung der TBR. Eine Einschränkung
besteht: Gemäß § 2 Abs. 3 der Satzung ist der TBR die „Erarbeitung des Abwasserbeseitigungskonzeptes
für die Stadt Rheine zur Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Rheine“
übertragen worden. Diese Regelung ist durch § 53 Abs. 1 Nr. 7 LWG NRW, § 53 b
Satz 2 LWG NRW begründet, wonach ein Abwasserbeseitigungskonzept von der
Gemeinde aufzustellen ist. Es ist daher eine Beschlussfassung durch den Rat der
Stadt Rheine notwendig, um der Bezirksregierung ein verbindliches Abwasserbeseitigungskonzept
vorlegen zu können.
In der TBR-VerwR-Sitzung am 21.12.2010 wurde folgender Beschluss
gefasst: „Der Verwaltungsrat stimmt dem
Vorschlag des Vorstandes zu, die Maßnahmen des Abwasserbeseitigungskonzeptes
mit den Investitionssummen i. H. von 5.633 T€ für 2011 zu beschließen. Die
Investitionssummen der Folgejahre ab 2012 werden entsprechend der Ergebnisse
aus dem Auftrag an IWEB angeglichen. Die Umsetzung dieses
Verwaltungsratsbeschlusses gilt vorbehaltlich einer Beschlussfassung des
Abwasserbeseitigungskonzeptes in der vorgelegten Form durch den Rat der Stadt
Rheine.“
Mit dieser Vorlage soll nun der Ratsbeschluss herbeigeführt werden.
2. Grundsätzliches zum ABK
Mit dem
Abwasserbeseitigungskonzept ABK legen die Gemeinden der Oberen Wasserbehörde
OWB (Bezirksregierung) eine Übersicht über den Stand der öffentlichen
Abwasserbeseitigung sowie über die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten
der erforderlichen Maßnahmen vor.
Das ABK ist nach § 53 Abs. 1 Nr. 7 Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen
(LWG NRW) zu erstellen. Bei der Aufstellung ist der Runderlass des Ministeriums
für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) „Verwaltungsvorschrift
über die Aufstellung von Abwasserbeseitigungskonzepten“ bindend. Die Bezirksregierung
ist in den Abstimmungsprozess einzubinden und kann Ergänzungen fordern. Die
Prüfung seitens der Bezirksregierung erstreckt sich auf die Vollständigkeit der
noch notwendigen Baumaßnahmen und deren Durchführung in angemessenen Zeiträumen.
Inhalt des ABK sind u. a. die notwendigen Maßnahmen aus den hydraulischen
Berechnungsnachweisen des Zentral-Abwasser-Plans ZAP für Rheine, die Maßnahmen
des Fremdwasserkonzepts, des Niederschlagswasserbeseitigungskonzept und der
BWK-M-3-Betrachtung. Weiterer Inhalt ist der Sanierungsstand schadhafter
Kanäle. Die Abarbeitung erfolgt auf Basis eines Kanalinstandhaltungskonzepts.
Das ABK für den Zeitraum 2010 - 2015 ist der Oberen Wasserbehörde
schriftlich vorzulegen und muss zudem digital internetbasiert aufgestellt werden.
Änderungen im ABK, auch hinsichtlich der Prioritäten, sind der Behörde anzuzeigen.
Bei der Aufstellung des ABK sind viele Einflüsse und Abhängigkeiten zu
berücksichtigen, auch solche, welche von der TBR nicht beeinflussbar sind.
(Siehe Anlage 1: Fließschema der Abhängigkeiten in der Entwässerung Rheine.)
Zum ZAP:
Maßnahmen aus dem ZAP sind grundsätzlich bindend, da diese
Mängel im Entwässerungsnetz aufzeigen, z. B. Überstau im Netz. Weiterhin sind
die gesetzlichen Verpflichtungen entsprechend der Selbstüberwachung für die
Kanäle und die Kläranlage zu beachten. Werden die Ergebnisse und Vorgaben nicht
beachtet, dann wird das Entwässerungssystem gem. Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
und Landeswassergesetz LWG) nicht entsprechend dem Stand der Technik betrieben.
Rechtliche, auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. Sanktioniert wird durch
zusätzlich Abwasserabgaben.
Zum Fremdwasserkonzept:
Ein erheblicher Anteil der Abwassermengen besteht aus
sogenanntem Fremdwasser. Das ist Grundwasser, das durch undichte Kanäle, aber
auch durch private Anschlussleitungen eindringt und die tatsächliche
Abwassermenge, je nach Schadhaftigkeit des Netzes, erhöht.
Zukünftig bestimmt der Fremdwassereinfluss zunehmend die zu
zahlende Abwasserabgabe.
Die Bewertung der gegenwärtigen Situation erfolgte durch
das Ing.-Büro PFI, Hannover, in Verbindung mit der Institut IKT, Gelsenkirchen.
Die konzeptionelle Umsetzung wird derzeit erarbeitet. Sie
hat erhebliche Auswirkungen auf die privaten und gewerblichen Anschlussnehmer,
die die Anschlussleitungen sanieren müssen. Die Ergebnisse werden auch im Zuge
des § 61a LWG „Dichtheitsprüfung von Abwasserhausanschlüssen“ umgesetzt.
Zum Niederschlagswasserbeseitigungskonzept:
Die Gemeinden müssen im Rahmen des
Abwasserbeseitigungskonzeptes nach § 53 Abs. 1b des LWG NRW auch Aussagen über
die zukünftige Niederschlagswasserbeseitigung unter Beachtung des § 51a des LWG
NRW und der städtebaulichen Entwicklung machen. Somit ist ein Niederschlagswasserbeseitigungskonzept
(NBK) ein integraler Bestandteil des ABK.
Dabei sollen auch Auswirkungen auf die
bestehende Entwässerungssituation, das Grundwasser und oberirdische Gewässer
dargestellt werden. Es beinhaltet u.a. eine Auflistung der Einleitungen,
Anlagen und Maßnahmen inkl. Kosten, die das Niederschlagswasser betreffen. Die
NBK-Maßnahmen stellen einen Teil der ABK-Maßnahmen dar.
Zur BWK-M3-Betrachtung:
Es besteht ein Merkblatt 3 vom Bund der Ingenieure für
Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK) e.V. Titel: “Ableitung
von immissionsorientierten Anforderungen an Misch- und Niederschlagswassereinleitung
unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse“. Es stellt eine Handlungsempfehlung
zur Beurteilung der Wirkung von Abwassereinleitungen aus Kanalisationsnetzen
des Misch- und Trennsystems auf oberirdische Gewässer dar. Per Erlass wurde das
Merkblatt für Gemeinden verbindlich. Die Gewässer im Stadtgebiet Rheine sind im
Hinblick auf deren ökologischen und hydrologischen Leistungsfähigkeit
betrachtet worden. Die Bewertung erfolgte mit den
zuständigen Wasserbehörden. Notwendige Maßnahmen sind Bestandteil des ABK.
Zur Kanalinstandhaltungsplanung:
U. a. aufgrund von Kamerabefahrungen wird der Kanalzustand
ermittelt. Die Schäden werden erfasst,
bewertet und priorisiert. Die wirtschaftlichste Instandsetzungsalternative wird
ermittelt mit dem Ziel, den Netzzustand und somit den Wert zu erhalten.
3. Das vorangegangene ABK der Jahre 2005 - 2009
Das ABK der Stadt Rheine der Jahr 2005 bis 2009 wurde im Stadtrat am
08.11.2005 einstimmig beschlossen. Es enthielt alle Maßnahmen der Entwässerung,
welche in zeitlicher Abfolge gelistet waren. Der Umsetzungsstatus sieht wie
folgt aus:
Konkrete
ABK-Maßnahmen 2005 - 2009 |
Allgem.
ABK-Maßnahmen 2005 - 2009 |
|||
Anzahl |
davon umgesetzt |
davon verschoben |
davon im Bau |
|
80 |
58 |
21 |
1 |
31 |
Das ABK 2005 sah für den Zeitraum von 2005 bis 2009 insgesamt 80
konkrete Einzelmaßnahmen und 31 Allgemeine Maßnahmen (z. B. jährlich
wiederkehrende Arbeiten wie Inlinersanierung,
Kanal-TV-Inspektionen) vor. Von den 80 konkreten Maßnahmen
(Kanalsanierungen/-Erneuerungen, Neuerschließungen) wurden 58 Maßnahmen
umgesetzt, eine Maßnahme befindet sich im Bau. Das ergibt einen hohen Umsetzungsgrad
von ca. 73 %. Die restlichen 21 Maßnahmen wurden aus verschiedenen Gründen
(z.B. Straßenbau folgt nicht, Erschließungsgebiete wurden nicht weitergeplant)
verschoben oder sind nicht notwendig.
Besonderes Augenmerk wird den Sanierungsmaßnahmen für den Schmutz- und
Mischwasserkanal gewidmet: Bis heute sind die meisten Haltungen, welche seit Beginn
der Kanalinspektionen vor ca. 10 Jahren in die Schadensklasse 1 eingestuft
wurden saniert. Das bei der Kanalsanierungsplanung definierte Ziel der Beseitigung
der Schadensklasse 1 bis zum Jahr 2010 ist erreicht worden – siehe Bild 1 und
2. Nunmehr gilt es vornehmlich die Kanäle der damaligen Schadensklasse 2 zu
sanieren, die teilweise bereits die Schadensklasse 1 erreicht haben.
Bild 1: Sanierungsziel Betonkanäle (vornehmlich Mischwasser)
Bild 2: Sanierungsziel Steinzeugkanäle (vornehmlich Schmutzwasser)
4. Das
ABK 2011+
Die Bearbeitung des ABK ist abgeschlossen. Es muss der Bez.-Reg. MS
vorgelegt werden. Vorab muss es vom Rat der Stadt Rheine beschlossen werden.
Das ABK wurde auf Basis weiterer neuer Verwaltungsvorschriften erarbeitet. So
ist zum Beispiel das ABK der Bez.-Reg. auch elektronisch zu Verfügung zu
stellen. Das DV-Verfahren dient dazu, den elektronischen Datenfluss für
landesweite Auswertung von Abwasserbeseitigungskonzepten zu ermöglichen. Das
ABK ist auch zukünftig jährlich anzupassen.
Das ABK 2011+ beinhaltet Maßnahmen, die
§ seit 2005 durchgeführt wurden,
§ im Bau befindlich sind,
§ zeitlich verschoben realisiert werden,
§ begründet nicht mehr durchgeführt werden,
§ neu aufgenommen werden.
Ziel war ein ABK, das folgendes
berücksichtigt:
§
Anwendung des Prinzips der Nachhaltigkeit.
§ Langfristige
Erhaltung der Vermögenswerte der Stadtentwässerung.
§ Dauerhafte
Funktionstüchtigkeit des Kanalnetzes.
§ Unterschreitung
der durchschnittlichen Abwassergebühr von Nordrhein- Westfalen.
§ Keine Verschiebung
der Sanierungskosten zu Lasten künftiger Generationen.
§ Systematische
Kanalsanierung – das Kanalnetz wird nicht zum „Flickenteppich“.
§ Verringerung des
Reparaturaufwands zu Gunsten vermögenswirksamer Investiti onen.
Die abschließende Aufgabe bestand darin, die
Maßnahmen unter dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit und eines Mindeststandards
zu beurteilen.
Weitere Prämissen für das Aufstellen des ABK
2011+ sind:
a) Einhaltung einer angemessenen Erneuerungsrate
zur Substanzerhaltung: Nach erfolgter Beurteilung des baulichen Zustandes wurde
die Kanalinstandsetzung auf Basis der Instandsetzungsplanung durchgeführt. Die
Entscheidung der Instandsetzungsmethode –Erneuerung oder Sanierung– wurde nach
erfolgter Kostenbarwertberechnung festgelegt. Die Abwassergebührenabwicklung
ist berücksichtigt worden, indem ein Kanalalterungsprognosemodell entwickelt
wurde. Daraus errechnete sich bisher der jährliche Erneuerungsaufwand i. H. von
ca. 2,5 Mio. €.
Das damalige Konzept ist neuen Anforderungen
und Erkenntnissen anzupassen:
Dazu wurde am 13.10.2010 eine gutachterliche
Stellungnahme zum Substanz- und Werterhalt bei geplanten Investitionen an das
IWEB-Institut f. Wasser & Energie Bochum GmbH (s. Beschluss 07.03.2010 des
Verwaltungsrates) erteilt. Das Ergebnis ist erst in 2011 zu erwarten.
Außerdem wurde am 02.12.2010 ein Antrag auf
Förderung des Projektes „Siedlungswasserwirtschaftliche und
betriebswirtschaftliche Entscheidungshilfe zur Bestandsaufnahme, Bewertung und
des optimierten technischen, betriebswirtschaftlichen
und baulichen Erhaltes eines kommunalen Entwässerungsnetzes unter der
Zielsetzung des Erhalts und der Finanzierung der Infrastruktur“ an das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt,
Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW, Düsseldorf,
gestellt. Die Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre.
b)
Ergänzung
der Zustandsbeurteilung durch eine Ereignisorientierung: Die Annahmen für die
netztechnischen Verbesserungen (Durchmessererweiterungen, zusätzliche
Speichervolumen) wurden in 2005 festgelegt. Die Optimierung soll wie folgt unterstützt
werden:
§ Überprüfung der Annahmen und Voraussetzungen
im Hinblick auf die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Die ist auch Bestandteil
des Auftrages an IWEB.
§ Korrelation der
ingenieurtechnischen Ergebnisse mit Ereignissen/Schadensfällen bei Starkregen.
c)
Abgrenzung zur Verantwortung der Anlieger: Die
abwassertechnischen Einrichtungen sind auf gesetzliche Vorgaben und auf die
vorgesehenen Schutzziele ausgelegt. Weitere Verbesserungen würden erheblichen
zusätzlichen Aufwand erfordern. Insofern ist eine Abgrenzung zur privaten
Verantwortung der Anlieger zu definieren und mit diesen zu diskutieren.
d) Zukünftige Entwicklungen wie z. B. die
Klimaänderungen sind zu berücksichtigen. Eine entsprechende Argumentation ist
mit IWEB zu erarbeiten.
4.1. Inhalt des ABK 2011+
Die Investitionen beinhalten folgende für das
Jahr 2011 Maßnahmen:
|
2011 |
Gesamtmaßnahme |
Gesamtinvestition |
5.633 |
|
davon: |
|
|
1. Folgemaßnahmen städt.
Erschließung |
2.272 |
|
für Innovations-Quartier |
150 |
von 450 |
Triebwagenhalle |
40 |
von 40 |
Rheine-R |
1.422 |
von 2.400 |
Holsterfeld |
300 |
von 2.630 |
Schmalestraße |
110 |
von 110 |
GVZ / Meitnerstraße |
45 |
von 45 |
Humboldtplatz |
45 |
von 45 |
Hauenhorst-West; Eurode |
70 |
von 70 |
Hermannsweg |
90 |
von 90 |
2. Kanalsanierung |
2.121 |
|
3. Überflutungsschutz Kläranlage |
255 |
|
4. Fuzzy-Abwassersysteme |
210 |
von 550 |
5. Umbau Staustufen Hemelter
Bach |
50 |
von 75 |
6. Instandhaltung: Kläranlage |
470 255 |
|
Die Planwerte ab 2012 werden nach Vorliegen
der Ergebnisse des Auftrags vom 13.10.2010 an IWEB im Laufe des Jahres 2011
ggf. überarbeitet, der Wirtschaftsplan der TBR entsprechend angeglichen.
Änderungen werden im Zuge der jährlichen Berichtspflicht mit der Aufsichtbehörde
kommuniziert und in das bestehende ABK eingearbeitet.
Anlagen:
Anlage 1: Fließschema der Abhängigkeiten in der Stadtentwässerung Rheine