Betreff
Novellierung des Abwasserbeseitigungskonzeptes (ABK) in der Stadtentwässerung Rheine
Vorlage
066/11
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine beschließt auf Empfehlung des Verwaltungsrats der TBR Technischen Betriebe Rheine AöR das Abwasserbeseitigungskonzept ABK. Die Einzelmaßnahmen werden im Zuge des TBR-Freigabeverfahren vor Beginn durch den Verwaltungsrat der TBR frei gegeben. Die Investitionssummen des ABK der Jahre ab 2012 werden den Ergebnissen der gutachterlichen Stellungnahme des ´IWEB-Institut für Wasser & Energie Bochum GmbH´ zum Substanz- und Werterhalt der Entwässerungsanlagen angepasst.


Begründung:

 

1.      Prolog

 

Per Satzung ist der Verwaltungsrat der TBR Technischen Betriebe Rheine AöR ermächtigt Beschlüsse zur Abwasserbeseitigung in Rheine zu beschließen. Durch die Vorlagenbeschlüsse werden die Planungen und strategischen Ausrichtungen in der Entwässerung Bestandteil der Arbeits- und Projektplanung der TBR. Eine Einschränkung besteht: Gemäß § 2 Abs. 3 der Satzung ist der TBR die „Erarbeitung des Abwasserbeseitigungskonzeptes für die Stadt Rheine zur Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Rheine“ übertragen worden. Diese Regelung ist durch § 53 Abs. 1 Nr. 7 LWG NRW, § 53 b Satz 2 LWG NRW begründet, wonach ein Abwasserbeseitigungskonzept von der Gemeinde aufzustellen ist. Es ist daher eine Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Rheine notwendig, um der Bezirksregierung ein verbindliches Abwasserbeseitigungskonzept vorlegen zu können.

 

In der TBR-VerwR-Sitzung am 21.12.2010 wurde folgender Beschluss gefasst: „Der Verwaltungsrat stimmt dem Vorschlag des Vorstandes zu, die Maßnahmen des Abwasserbeseitigungskonzeptes mit den Investitionssummen i. H. von 5.633 T€ für 2011 zu beschließen. Die Investitionssummen der Folgejahre ab 2012 werden entsprechend der Ergebnisse aus dem Auftrag an IWEB angeglichen. Die Umsetzung dieses Verwaltungsratsbeschlusses gilt vorbehaltlich einer Beschlussfassung des Abwasserbeseitigungskonzeptes in der vorgelegten Form durch den Rat der Stadt Rheine.

 

Mit dieser Vorlage soll nun der Ratsbeschluss herbeigeführt werden.

 

2.      Grundsätzliches zum ABK

Mit dem Abwasserbeseitigungskonzept ABK legen die Gemeinden der Oberen Wasserbehörde OWB (Bezirksregierung) eine Übersicht über den Stand der öffentlichen Abwasserbeseitigung sowie über die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten der erforderlichen Maßnahmen vor.

Das ABK ist nach § 53 Abs. 1 Nr. 7 Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) zu erstellen. Bei der Aufstellung ist der Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) „Verwaltungsvorschrift über die Aufstellung von Abwasserbeseitigungskonzepten“ bindend. Die Bezirksregierung ist in den Abstimmungsprozess einzubinden und kann Ergänzungen fordern. Die Prüfung seitens der Bezirksregierung erstreckt sich auf die Vollständigkeit der noch notwendigen Baumaßnahmen und deren Durchführung in angemessenen Zeiträumen. Inhalt des ABK sind u. a. die notwendigen Maßnahmen aus den hydraulischen Berechnungsnachweisen des Zentral-Abwasser-Plans ZAP für Rheine, die Maßnahmen des Fremdwasserkonzepts, des Niederschlagswasserbeseitigungskonzept und der BWK-M-3-Betrachtung. Weiterer Inhalt ist der Sanierungsstand schadhafter Kanäle. Die Abarbeitung erfolgt auf Basis eines Kanalinstandhaltungskonzepts.

Das ABK für den Zeitraum 2010 - 2015 ist der Oberen Wasserbehörde schriftlich vorzulegen und muss zudem digital internetbasiert aufgestellt werden. Änderungen im ABK, auch hinsichtlich der Prioritäten, sind der Behörde anzuzeigen.

Bei der Aufstellung des ABK sind viele Einflüsse und Abhängigkeiten zu berücksichtigen, auch solche, welche von der TBR nicht beeinflussbar sind. (Siehe Anlage 1: Fließschema der Abhängigkeiten in der Entwässerung Rheine.)

Zum ZAP:

Maßnahmen aus dem ZAP sind grundsätzlich bindend, da diese Mängel im Entwässerungsnetz aufzeigen, z. B. Überstau im Netz. Weiterhin sind die gesetzlichen Verpflichtungen entsprechend der Selbstüberwachung für die Kanäle und die Kläranlage zu beachten. Werden die Ergebnisse und Vorgaben nicht beachtet, dann wird das Entwässerungssystem gem. Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und Landeswassergesetz LWG) nicht entsprechend dem Stand der Technik betrieben. Rechtliche, auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. Sanktioniert wird durch zusätzlich Abwasserabgaben.

                  

Zum Fremdwasserkonzept:

Ein erheblicher Anteil der Abwassermengen besteht aus sogenanntem Fremdwasser. Das ist Grundwasser, das durch undichte Kanäle, aber auch durch private Anschlussleitungen eindringt und die tatsächliche Abwassermenge, je nach Schadhaftigkeit des Netzes, erhöht.

Zukünftig bestimmt der Fremdwassereinfluss zunehmend die zu zahlende Abwasserabgabe.

Die Bewertung der gegenwärtigen Situation erfolgte durch das Ing.-Büro PFI, Hannover, in Verbindung mit der Institut IKT, Gelsenkirchen.

Die konzeptionelle Umsetzung wird derzeit erarbeitet. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die privaten und gewerblichen Anschlussnehmer, die die Anschlussleitungen sanieren müssen. Die Ergebnisse werden auch im Zuge des § 61a LWG „Dichtheitsprüfung von Abwasserhausanschlüssen“ umgesetzt.

             

Zum Niederschlagswasserbeseitigungskonzept:

Die Gemeinden müssen im Rahmen des Abwasserbeseitigungskonzeptes nach § 53 Abs. 1b des LWG NRW auch Aussagen über die zukünftige Niederschlagswasserbeseitigung unter Beachtung des § 51a des LWG NRW und der städtebaulichen Entwicklung machen. Somit ist ein Niederschlagswasserbeseitigungskonzept (NBK) ein integraler Bestandteil des ABK.

Dabei sollen auch Auswirkungen auf die bestehende Entwässerungssituation, das Grundwasser und oberirdische Gewässer dargestellt werden. Es beinhaltet u.a. eine Auflistung der Einleitungen, Anlagen und Maßnahmen inkl. Kosten, die das Niederschlagswasser betreffen. Die NBK-Maßnahmen stellen einen Teil der ABK-Maßnahmen dar.

 

Zur BWK-M3-Betrachtung:

Es besteht ein Merkblatt 3 vom Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK) e.V. Titel: “Ableitung von immissionsorientierten Anforderungen an Misch- und Niederschlagswassereinleitung unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse“. Es stellt eine Handlungsempfehlung zur Beurteilung der Wirkung von Abwassereinleitungen aus Kanalisationsnetzen des Misch- und Trennsystems auf oberirdische Gewässer dar. Per Erlass wurde das Merkblatt für Gemeinden verbindlich. Die Gewässer im Stadtgebiet Rheine sind im Hinblick auf deren ökologischen und hydrologischen Leistungsfähigkeit betrachtet worden. Die Bewertung erfolgte mit den zuständigen Wasserbehörden. Notwendige Maßnahmen sind Bestandteil des ABK.

Zur Kanalinstandhaltungsplanung:

U. a. aufgrund von Kamerabefahrungen wird der Kanalzustand ermittelt. Die  Schäden werden erfasst, bewertet und priorisiert. Die wirtschaftlichste Instandsetzungsalternative wird ermittelt mit dem Ziel, den Netzzustand und somit den Wert zu erhalten.

 

3.      Das vorangegangene ABK der Jahre 2005 - 2009

Das ABK der Stadt Rheine der Jahr 2005 bis 2009 wurde im Stadtrat am 08.11.2005 einstimmig beschlossen. Es enthielt alle Maßnahmen der Entwässerung, welche in zeitlicher Abfolge gelistet waren. Der Umsetzungsstatus sieht wie folgt aus:

 

Konkrete ABK-Maßnahmen 2005 - 2009

Allgem. ABK-Maßnahmen

2005 - 2009

Anzahl

davon umgesetzt

davon verschoben

davon im Bau

80

58

21

1

31

 

Das ABK 2005 sah für den Zeitraum von 2005 bis 2009 insgesamt 80 konkrete Einzelmaßnahmen und 31 Allgemeine Maßnahmen (z. B. jährlich wiederkehrende Arbeiten wie  Inlinersanierung, Kanal-TV-Inspektionen) vor. Von den 80 konkreten Maßnahmen (Kanalsanierungen/-Erneuerungen, Neuerschließungen) wurden 58 Maßnahmen umgesetzt, eine Maßnahme befindet sich im Bau. Das ergibt einen hohen Umsetzungsgrad von ca. 73 %. Die restlichen 21 Maßnahmen wurden aus verschiedenen Gründen (z.B. Straßenbau folgt nicht, Erschließungsgebiete wurden nicht weitergeplant) verschoben oder sind nicht notwendig.

Besonderes Augenmerk wird den Sanierungsmaßnahmen für den Schmutz- und Mischwasserkanal gewidmet: Bis heute sind die meisten Haltungen, welche seit Beginn der Kanalinspektionen vor ca. 10 Jahren in die Schadensklasse 1 eingestuft wurden saniert. Das bei der Kanalsanierungsplanung definierte Ziel der Beseitigung der Schadensklasse 1 bis zum Jahr 2010 ist erreicht worden – siehe Bild 1 und 2. Nunmehr gilt es vornehmlich die Kanäle der damaligen Schadensklasse 2 zu sanieren, die teilweise bereits die Schadensklasse 1 erreicht haben.

 


Bild 1: Sanierungsziel Betonkanäle (vornehmlich Mischwasser)


Bild 2: Sanierungsziel Steinzeugkanäle (vornehmlich Schmutzwasser)

 

 

4.      Das ABK 2011+

Die Bearbeitung des ABK ist abgeschlossen. Es muss der Bez.-Reg. MS vorgelegt werden. Vorab muss es vom Rat der Stadt Rheine beschlossen werden. Das ABK wurde auf Basis weiterer neuer Verwaltungsvorschriften erarbeitet. So ist zum Beispiel das ABK der Bez.-Reg. auch elektronisch zu Verfügung zu stellen. Das DV-Verfahren dient dazu, den elektronischen Datenfluss für landesweite Auswertung von Abwasserbeseitigungskonzepten zu ermöglichen. Das ABK ist auch zukünftig jährlich anzupassen.

Das ABK 2011+ beinhaltet Maßnahmen, die

§  seit 2005 durchgeführt wurden,

§  im Bau befindlich sind,

§  zeitlich verschoben realisiert werden,

§  begründet nicht mehr durchgeführt werden,

§  neu aufgenommen werden.

 

Ziel war ein ABK, das folgendes berücksichtigt:

 

§  Anwendung des Prinzips der Nachhaltigkeit.         

§  Langfristige Erhaltung der Vermögenswerte der Stadtentwässerung.

§  Dauerhafte Funktionstüchtigkeit des Kanalnetzes.

§  Unterschreitung der durchschnittlichen Abwassergebühr von Nordrhein-               Westfalen.

§  Keine Verschiebung der Sanierungskosten zu Lasten künftiger Generationen.

§  Systematische Kanalsanierung – das Kanalnetz wird nicht zum „Flickenteppich“.

§  Verringerung des Reparaturaufwands zu Gunsten vermögenswirksamer Investiti onen.

 

Die abschließende Aufgabe bestand darin, die Maßnahmen unter dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit und eines Mindeststandards zu beurteilen. 

 

Weitere Prämissen für das Aufstellen des ABK 2011+ sind:

 

a)  Einhaltung einer angemessenen Erneuerungsrate zur Substanzerhaltung: Nach erfolgter Beurteilung des baulichen Zustandes wurde die Kanalinstandsetzung auf Basis der Instandsetzungsplanung durchgeführt. Die Entscheidung der Instandsetzungsmethode –Erneuerung oder Sanierung– wurde nach erfolgter Kostenbarwertberechnung festgelegt. Die Abwassergebührenabwicklung ist berücksichtigt worden, indem ein Kanalalterungsprognosemodell entwickelt wurde. Daraus errechnete sich bisher der jährliche Erneuerungsaufwand i. H. von ca. 2,5 Mio. €.

Das damalige Konzept ist neuen Anforderungen und Erkenntnissen anzupassen:

Dazu wurde am 13.10.2010 eine gutachterliche Stellungnahme zum Substanz- und Werterhalt bei geplanten Investitionen an das IWEB-Institut f. Wasser & Energie Bochum GmbH (s. Beschluss 07.03.2010 des Verwaltungsrates) erteilt. Das Ergebnis ist erst in 2011 zu erwarten.

Außerdem wurde am 02.12.2010 ein Antrag auf Förderung des Projektes „Siedlungswasserwirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Entscheidungshilfe zur Bestandsaufnahme, Bewertung und des optimierten  technischen, betriebswirtschaftlichen und baulichen Erhaltes eines kommunalen Entwässerungsnetzes unter der Zielsetzung des Erhalts und der Finanzierung der Infrastruktur“  an das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW, Düsseldorf, gestellt. Die Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre.

b)   Ergänzung der Zustandsbeurteilung durch eine Ereignisorientierung: Die Annahmen für die netztechnischen Verbesserungen (Durchmessererweiterungen, zusätzliche Speichervolumen) wurden in 2005 festgelegt. Die Optimierung soll wie folgt unterstützt werden:

§  Überprüfung der Annahmen und Voraussetzungen im Hinblick auf die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Die ist auch Bestandteil des Auftrages an IWEB.

§  Korrelation der ingenieurtechnischen Ergebnisse mit Ereignissen/Schadensfällen bei Starkregen.

c)   Abgrenzung zur Verantwortung der Anlieger: Die abwassertechnischen Einrichtungen sind auf gesetzliche Vorgaben und auf die vorgesehenen Schutzziele ausgelegt. Weitere Verbesserungen würden erheblichen zusätzlichen Aufwand erfordern. Insofern ist eine Abgrenzung zur privaten Verantwortung der Anlieger zu definieren und mit diesen zu diskutieren.

d)  Zukünftige Entwicklungen wie z. B. die Klimaänderungen sind zu berücksichtigen. Eine entsprechende Argumentation ist mit IWEB zu erarbeiten.

 

4.1.   Inhalt des ABK 2011+

Die Investitionen beinhalten folgende für das Jahr 2011 Maßnahmen:

 

 

2011
(in T€)

Gesamtmaßnahme
(in T€)

Gesamtinvestition

5.633

 

davon:

 

 

1.    Folgemaßnahmen städt. Erschließung

2.272

 

für  Innovations-Quartier

150

von          450

      Triebwagenhalle

40

von            40

      Rheine-R

1.422

von       2.400

      Holsterfeld

300

von       2.630

      Schmalestraße

110

von          110

      GVZ / Meitnerstraße

45

von            45

      Humboldtplatz

45

von            45

      Hauenhorst-West; Eurode

70

von            70

      Hermannsweg

90

von            90

2.    Kanalsanierung
(bisheriger Durchschnittswert: 2,5  T€/a)
im Zuge Straßenerneuerung
ohne Straßenbaumaßnahmen

2.121

1.067
1.054

 

3.    Überflutungsschutz Kläranlage

255

 

4.    Fuzzy-Abwassersysteme
(Refinanzierung über Förderung ca. 75%)

210

von          550

5.    Umbau Staustufen Hemelter Bach

50

von            75

6.    Instandhaltung:             Kläranlage
                                                 Pumpwerke

470

255

 

 

Die Planwerte ab 2012 werden nach Vorliegen der Ergebnisse des Auftrags vom 13.10.2010 an IWEB im Laufe des Jahres 2011 ggf. überarbeitet, der Wirtschaftsplan der TBR entsprechend angeglichen. Änderungen werden im Zuge der jährlichen Berichtspflicht mit der Aufsichtbehörde kommuniziert und in das bestehende ABK eingearbeitet.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Fließschema der Abhängigkeiten in der Stadtentwässerung Rheine