Betreff
Prüfung einer Klage gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz Antrag der CDU-Fraktion und FDP-Fraktion vom 24.05.2011
Vorlage
267/11
Aktenzeichen
VV K 4.2 Za
Art
Nachtragsvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der HFA beschließt, sich nicht an einer Klage gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2011 zu beteiligen. Gegen den Zuwendungsbescheid vom 8. Juni 2011 soll zunächst fristwahrend Klage beim Verwaltungsgericht in Münster eingelegt werden.


Begründung:

 

Mit Schreiben vom 24.05.2011 beantragten die Fraktionen von CDU und FDP im Rat der Stadt Rheine gemeinsam, die Prüfung einer Klage gegen das GFG 2011 (siehe Anlage 1). Die beiden Fraktionen beantragten zur Vorbereitung einer Klage deren Erfolgsaussichten und die damit verbundenen Kosten zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen. Sie begründeten ihren Antrag damit, dass das GFG 2011 zu Lasten der kreisangehörigen Gemeinden eine massive Umverteilung des kommunalen Finanzausgleichs in Höhe von rund 130 Mio. Euro in den kreisfreien Raum vorsehe. Grund für diese Umverteilung sei die von der Landesregierung vorgenommene neue Gewichtung des Sozialkostenansatzes im Jahr 2011 und eine weitere Steigerung im Jahr 2012. Die beiden Fraktionen rechnen mit einer Mindereinnahme für die Stadt Rheine im Jahr 2011 in Höhe von ca. 1,8 Mio. € und mit 3,2 Mio. € im Jahr 2012.

 

Aus diesem Grund sollte das GFG 2011 nicht nur politisch, sondern auch juristisch überprüft werden. Eine entsprechende Klage werde vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes NRW bereits von Städten und Gemeinden des Kreises Coesfeld vorbereitet. Hier bestände die Möglichkeit, sich der Klage anzuschließen.

 

Daneben sollten auch die Erfolgsaussichten und Kosten einer Klage gegen den zu erwartenden Zuwendungsbescheid über die Schlüsselzuweisungen untersucht werden, um die Bestandskraft zu hemmen und die Verjährung zu unterbrechen.

 

 

A) Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011

 

Das GFG 2011 ist zusammen mit dem Landeshaushalt vom Landtag des Landes NRW am 18. Mai 2011 verabschiedet worden. Bzgl. der Erfolgsaussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde haben sich bislang der Städte- und Gemeindebund NRW mit Schnellbrief vom 27. Mai 2011 und die Anwaltssozietät Wolter Hoppenberg, die die Gemeinden vertreten, die sich zu einer Verfassungsbeschwerde schon entschlossen haben, geäußert.

 

Der Städte- und Gemeindebund NRW verweist auf die Komplexität einer solchen Verfassungsbeschwerde und hält fest, „dass es auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Münster zu den kommunalen Finanzausgleichsgesetzen nicht möglich sei, eine eindeutige Empfehlung auszusprechen“. Der o.g. Schnellbrief ist in der Anlage 2 beigefügt.

 

Die Rechtsanwaltssozietät Wolter Hoppenberg legt die Schwerpunkte der Argumentation auf die Verletzung der Garantie der angemessenen Finanzausstattung und auf die Verletzung des Gebotes der interkommunalen Gleichbehandlung. Die Verfahrensdauer wird mit ca. 3 Jahren angegeben.

Das Schreiben der Rechtsanwaltssozietät ist als Anlage 3 beigefügt.

 

Angesichts der Komplexität der Materie sieht sich die Verwaltung außerstande, eine endgültige Bewertung zu den Aussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde abzugeben. Dies ist letztlich auch nicht der renommierten Anwaltskanzlei möglich, da diese hierzu auf ein noch zu fertigendes Gutachten von Prof. Dr. Deubel angewiesen ist.

 

Die Kosten stellen sich wie folgt dar: Die Rechtsanwaltskanzlei Wolter Hoppenberg rechnet mit Kosten von 85.000,00 € für ihr Büro und 60.000,00 € für Prof. Dr. Deubel, insgesamt 145.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer.

Jede beteiligte Kommune schließt dazu einen Mandatsvertrag ab, der einen auf 10.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer gedeckelten Honorarhöchstbetrag enthält. Je nach Anzahl der beteiligten Kommunen kann dieser Betrag auch noch sinken.

 

Eine Nachfrage bei der Sozietät Wolter Hoppenberg ergab, dass keine Gerichtskosten anfallen, da verfassungsrechtliche Streitigkeiten grds. gerichtskostenfrei seien.

 

 

B) Klage gegen den Zuwendungsbescheid

 

Die Gemeinden und Gemeindeverbände erhalten vom Land Nordrhein-Westfalen im Wege des Finanzausgleichs nach den Regelungen der jährlich neu erlassenen Gemeindefinanzierungsgesetze allgemeine und zweckgebundene Zuweisungen, die zur Ergänzung ihrer eigenen Einnahmen bestimmt sind.

 

Mit Schreiben vom 8. Juni 2011, hier eingegangen am 10. Juni 2011, hat die Bezirksregierung Münster die Zuweisungen und Pauschalen für die Stadt Rheine für das Jahr 2011 gem. dem GFG 2011 festgesetzt und mitgeteilt.

Dieser Bescheid endet mit einem Auszahlungsbetrag von 30.116.057,75 € für das Haushaltsjahr 2011.

 

Gegen diesen Bescheid kann die Stadt Rheine innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage zum Verwaltungsgericht Münster erheben. Die Klageschrift müsste also spätestens am 10. Juli 2011 in Münster eingelegt werden.

 

Der Erfolg dieser Klage steht und fällt mit dem Erfolg der Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011.

Hat die Verfassungsbeschwerde Erfolg, ist das GFG 2011 verfassungswidrig und damit auch der Zuwendungsbescheid, solange er noch nicht bestandskräftig ist. Um die Bestandskraft des Zuwendungsbescheides zu verhindern, ist es erforderlich, ein Rechtsmittel gegen den Zuwendungsbescheid einzulegen. Das einschlägige Rechtsmittel im vorliegenden Fall wäre die (Verpflichtungs-)Klage vor dem Verwaltungsgericht in Münster.

 

Wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, ist das GFG 2011 also verfassungskonform, ist kein Grund mehr ersichtlich, warum der vorliegende Bescheid rechtswidrig sein sollte. In diesem Fall ist eine Klage nicht erforderlich und auch nicht erfolgreich.

 

Will man also an dem eventuellen Erfolg der Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011 teilhaben, ist es erforderlich, gegen den Zuwendungsbescheid innerhalb der o.g. Frist zu klagen, da er ansonsten bestandskräftig wird.

 

Die Kosten eines solchen Verfahrens richten sich nach dem Streitwert.

Die Rechtsanwaltskanzlei Wolter Hoppenberg legt in ihrem Papier dar, dass eine Gegenstandswertbegrenzung auf 5.000,00 € in Betracht komme, bei der dann ein Gerichtskostenvorschuss von ca. 400,00 € anfallen werde. Die Gerichtskosten selbst würden sich auf insgesamt ca. 500,00 € pro Instanz belaufen.

Eine Nachfrage beim Verwaltungsgericht in Münster bestätigte diese Meinung. Man geht seitens des Gerichts ebenfalls von einem Streitwert von 5.000,00 € gem. § 52 Abs. 2 GKG aus, da man keine Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwertes habe.

 

Da die Klage aus Fristwahrungsgründen eingelegt und gleichzeitig das Gericht gebeten werden soll, das Verfahren bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011 ruhend zu stellen, ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltsbüros für diese Klage nicht erforderlich. Dadurch fallen keine außergerichtlichen Kosten auf Seiten der Stadt an. Da auch die Bezirksregierung sich durch eigene Juristen selbst vertritt, fallen auch keine Rechtsanwaltsgebühren auf Seiten der Beklagten an. Es fallen damit lediglich die o.g. Gerichtskosten an.

 

Fazit: es ist erforderlich, die Bestandskraft des Zuwendungsbescheides durch Einlegung einer Verpflichtungsklage zu verhindern, um bei einem evtl. Erfolg der Verfassungsbeschwerde sich die Möglichkeit zu bewahren, eine höhere Zuweisung zu erhalten.

Eine Beteiligung an der Verfassungsbeschwerde ist dafür nicht erforderlich.


Anlagen:

 

Anlage 1: Schreiben der CDU und FDP Fraktion

Anlage 2: Schreiben des Städte- und Gemeindebundes

Anlage 3: Schreiben der RAe Wolter Hoppenberg