Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der HFA beschließt,
sich nicht an einer Klage gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG)
2011 zu beteiligen. Gegen den Zuwendungsbescheid vom 8. Juni 2011 soll zunächst
fristwahrend Klage beim Verwaltungsgericht in Münster eingelegt werden.
Begründung:
Mit Schreiben vom
24.05.2011 beantragten die Fraktionen von CDU und FDP im Rat der Stadt Rheine
gemeinsam, die Prüfung einer Klage gegen das GFG 2011 (siehe Anlage 1).
Die beiden Fraktionen beantragten zur Vorbereitung einer Klage deren
Erfolgsaussichten und die damit verbundenen Kosten zu überprüfen bzw. überprüfen
zu lassen. Sie begründeten ihren Antrag damit, dass das GFG 2011 zu Lasten der
kreisangehörigen Gemeinden eine massive Umverteilung des kommunalen Finanzausgleichs
in Höhe von rund 130 Mio. Euro in den kreisfreien Raum vorsehe. Grund für
diese Umverteilung sei die von der Landesregierung vorgenommene neue Gewichtung
des Sozialkostenansatzes im Jahr 2011 und eine weitere Steigerung im Jahr 2012.
Die beiden Fraktionen rechnen mit einer Mindereinnahme für die Stadt Rheine im
Jahr 2011 in Höhe von ca. 1,8 Mio. € und mit 3,2 Mio. € im Jahr 2012.
Aus diesem Grund
sollte das GFG 2011 nicht nur politisch, sondern auch juristisch überprüft
werden. Eine entsprechende Klage werde vor dem Verfassungsgerichtshof des
Landes NRW bereits von Städten und Gemeinden des Kreises Coesfeld vorbereitet.
Hier bestände die Möglichkeit, sich der Klage anzuschließen.
Daneben sollten auch
die Erfolgsaussichten und Kosten einer Klage gegen den zu erwartenden
Zuwendungsbescheid über die Schlüsselzuweisungen untersucht werden, um die
Bestandskraft zu hemmen und die Verjährung zu unterbrechen.
A) Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011
Das GFG 2011 ist
zusammen mit dem Landeshaushalt vom Landtag des Landes NRW am 18. Mai 2011
verabschiedet worden. Bzgl. der Erfolgsaussichten einer solchen
Verfassungsbeschwerde haben sich bislang der Städte- und Gemeindebund NRW mit
Schnellbrief vom 27. Mai 2011 und die Anwaltssozietät Wolter Hoppenberg, die
die Gemeinden vertreten, die sich zu einer Verfassungsbeschwerde schon entschlossen
haben, geäußert.
Der Städte- und
Gemeindebund NRW verweist auf die Komplexität einer solchen
Verfassungsbeschwerde und hält fest, „dass es auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Münster zu den kommunalen Finanzausgleichsgesetzen
nicht möglich sei, eine eindeutige Empfehlung auszusprechen“. Der o.g.
Schnellbrief ist in der Anlage 2 beigefügt.
Die Rechtsanwaltssozietät
Wolter Hoppenberg legt die Schwerpunkte der Argumentation auf die
Verletzung der Garantie der angemessenen Finanzausstattung und auf die
Verletzung des Gebotes der interkommunalen Gleichbehandlung. Die Verfahrensdauer
wird mit ca. 3 Jahren angegeben.
Das Schreiben der
Rechtsanwaltssozietät ist als Anlage 3 beigefügt.
Angesichts der
Komplexität der Materie sieht sich die Verwaltung außerstande, eine endgültige
Bewertung zu den Aussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde abzugeben. Dies
ist letztlich auch nicht der renommierten Anwaltskanzlei möglich, da diese
hierzu auf ein noch zu fertigendes Gutachten von Prof. Dr. Deubel angewiesen
ist.
Die Kosten stellen sich wie folgt
dar: Die Rechtsanwaltskanzlei Wolter Hoppenberg rechnet mit Kosten von
85.000,00 € für ihr Büro und 60.000,00 € für Prof. Dr. Deubel,
insgesamt 145.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer.
Jede beteiligte
Kommune schließt dazu einen Mandatsvertrag ab, der einen auf 10.000,00 € zzgl.
Mehrwertsteuer gedeckelten Honorarhöchstbetrag enthält. Je nach Anzahl der
beteiligten Kommunen kann dieser Betrag auch noch sinken.
Eine Nachfrage bei
der Sozietät Wolter Hoppenberg ergab, dass keine Gerichtskosten anfallen, da
verfassungsrechtliche Streitigkeiten grds. gerichtskostenfrei seien.
B) Klage gegen den Zuwendungsbescheid
Die Gemeinden und
Gemeindeverbände erhalten vom Land Nordrhein-Westfalen im Wege des
Finanzausgleichs nach den Regelungen der jährlich neu erlassenen Gemeindefinanzierungsgesetze
allgemeine und zweckgebundene Zuweisungen, die zur Ergänzung ihrer eigenen
Einnahmen bestimmt sind.
Mit Schreiben vom 8.
Juni 2011, hier eingegangen am 10. Juni 2011, hat die Bezirksregierung Münster
die Zuweisungen und Pauschalen für die Stadt Rheine für das Jahr 2011 gem. dem
GFG 2011 festgesetzt und mitgeteilt.
Dieser Bescheid
endet mit einem Auszahlungsbetrag von 30.116.057,75 € für das Haushaltsjahr
2011.
Gegen diesen
Bescheid kann die Stadt Rheine innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage
zum Verwaltungsgericht Münster erheben. Die Klageschrift müsste also spätestens
am 10. Juli 2011 in Münster eingelegt werden.
Der Erfolg dieser
Klage steht und fällt mit dem Erfolg der Verfassungsbeschwerde gegen das GFG
2011.
Hat die
Verfassungsbeschwerde Erfolg, ist das GFG 2011 verfassungswidrig und damit auch
der Zuwendungsbescheid, solange er noch nicht bestandskräftig ist. Um die
Bestandskraft des Zuwendungsbescheides zu verhindern, ist es erforderlich, ein
Rechtsmittel gegen den Zuwendungsbescheid einzulegen. Das einschlägige Rechtsmittel
im vorliegenden Fall wäre die (Verpflichtungs-)Klage vor dem Verwaltungsgericht
in Münster.
Wird die
Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, ist das GFG 2011 also verfassungskonform,
ist kein Grund mehr ersichtlich, warum der vorliegende Bescheid rechtswidrig
sein sollte. In diesem Fall ist eine Klage nicht erforderlich und auch nicht
erfolgreich.
Will man also an dem
eventuellen Erfolg der Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011 teilhaben, ist
es erforderlich, gegen den Zuwendungsbescheid innerhalb der o.g. Frist zu
klagen, da er ansonsten bestandskräftig wird.
Die Kosten eines solchen Verfahrens
richten sich nach dem Streitwert.
Die
Rechtsanwaltskanzlei Wolter Hoppenberg legt in ihrem Papier dar, dass eine
Gegenstandswertbegrenzung auf 5.000,00 € in Betracht komme, bei der dann ein
Gerichtskostenvorschuss von ca. 400,00 € anfallen werde. Die Gerichtskosten
selbst würden sich auf insgesamt ca. 500,00 € pro Instanz belaufen.
Eine Nachfrage beim
Verwaltungsgericht in Münster bestätigte diese Meinung. Man geht seitens des
Gerichts ebenfalls von einem Streitwert von 5.000,00 € gem. § 52 Abs. 2 GKG
aus, da man keine Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwertes habe.
Da die Klage aus
Fristwahrungsgründen eingelegt und gleichzeitig das Gericht gebeten werden
soll, das Verfahren bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen
das GFG 2011 ruhend zu stellen, ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltsbüros
für diese Klage nicht erforderlich. Dadurch fallen keine außergerichtlichen
Kosten auf Seiten der Stadt an. Da auch die Bezirksregierung sich durch eigene
Juristen selbst vertritt, fallen auch keine Rechtsanwaltsgebühren auf Seiten
der Beklagten an. Es fallen damit lediglich die o.g. Gerichtskosten an.
Fazit: es ist erforderlich, die Bestandskraft des Zuwendungsbescheides durch
Einlegung einer Verpflichtungsklage zu verhindern, um bei einem evtl. Erfolg
der Verfassungsbeschwerde sich die Möglichkeit zu bewahren, eine höhere
Zuweisung zu erhalten.
Eine Beteiligung an
der Verfassungsbeschwerde ist dafür nicht erforderlich.
Anlagen:
Anlage 1: Schreiben der CDU und FDP Fraktion
Anlage 2: Schreiben des Städte- und Gemeindebundes
Anlage 3: Schreiben der RAe Wolter Hoppenberg