Betreff
Behindertengerechtes und barrierefreies Bauen - Aufhebung Sperrvermerk Mittel 2011
Vorlage
335/11
Aktenzeichen
II-50-hf
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss beschließt vorbehaltlich der Bekanntgabe der Haushaltssatzung den Sperrvermerk für das Projekt

 

  • Pflasterung – Bodenindikatoren und akustische Signalanlage für sehbeeinträchtigte Menschen im Kreuzungsbereich Osnabrücker
    Straße/Windmühlenstraße/Aloysiusstraße
    (Haushaltsmittel 2011)

    Kostenschätzung Vorplanung FB 5                                  70.000,00 €

 

aufzuheben.

 

 


Begründung:

 

Der Sozialausschuss hat in seiner Sitzung am 02.02.11 (Vorlage 055/11) vorbehaltlich zur Verfügung stehender Haushaltsmittel beschlossen, die Haushaltsmittel für das Jahr 2011 u. a. für
 

Ø      die Pflasterung - Bodenindikatoren und akustische Signalanlage für sehbeeinträchtigte Menschen im Kreuzungsbereich Osnabrücker Straße/Wind-mühlenstraße/Aloysiusstraße in Höhe von 70.000 € einzusetzen.

 

Dieser Ansatz wurde aufgrund des Beschlusses des Sozialausschusses mit einem Sperrvermerk versehen, um bei evtl. notwendigen Haushaltskonsolidierungen Einsparmöglichkeiten zu haben.

 

In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss vom 15.03.2011 (Vorlage 106/11) wurde seitens des Kämmerers, Herrn Lütkemeier, angemerkt:

„dass die Maßnahme ‹Pflasterung - Bodenindikatoren und akustische Signalanlage für sehbeeinträchtigte Menschen im Kreuzungsbereich Osnabrücker Straße/Windmühlenstraße/Aloysiusstraße› mit einem Ansatz von 70.000 € mit einem Sperrvermerk versehen werde, der vom Sozialausschuss aufgehoben werden könne.“

 

 

Die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist der Aufsichtsbehörde angezeigt worden, so dass davon auszugehen ist, dass soweit keine Einwendungen von dort eingehen, die Haushaltssatzung in naher Zukunft bekanntgemacht und erlassen wird. Aus diesem Grunde schlägt die Verwaltung vor, den Sperrvermerk durch den Sozialausschuss vorbehaltlich der Bekanntgabe der Haushaltssatzung aufheben zu lassen.

 

Der barrierefreie Ausbau des Kreuzungsbereiches Osnabrücker Straße/Wind-mühlenstraße/Aloysiusstraße, der täglich aufgrund des dort befindlichen Gesundheitshauses und des dort befindlichen Einkaufszentrums von vielen Menschen mit Behinderungen und sonstigen Beeinträchtigungen frequentiert wird, wird als notwendig angesehen. Gehäufte Anrufe und schriftliche Hinweise der v. g. Betroffenen und auch von dort wohnenden Seniorinnen und Senioren weisen auf die Dringlichkeit hin, diesen stark benutzten Kreuzungsbereich barrierefrei mit akustischen und taktilen Orientierungs- und Aufmerksamkeitsindikatoren auszugestalten (DIN-Norm 18040 – Zwei-Sinnesystem).

 

 

Um die Unerlässlichkeit des behinderten- und barrierefreien Ausbaus von stark frequentierten Straßen- und Plätzen deutlich zu machen, werden nachfolgend bestehende Rechts- und Arbeitsgrundlagen im Bereich Behindertengleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Verkehrsraum zur weiteren Erläuterung aufgeführt:

 

Im Behindertengleichstellungsgesetz NRW (BGG NRW) vom 16.12.2003 wird das Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmetes Lebensführung zu ermöglichen (§ 1), ausdrücklich auch auf die Mobilität des genannten Personenkreises und den öffentlichen Verkehrsraum bezogen. Dabei haben die Verantwortlichen (u.a. Landesorganisationen, Gemeinden, etc) aktiv auf das Erreichen des Ziels hinzuwirken. Dies gilt nach § 7 BGG NRW vor allem im Rahmen der Errichtung oder Änderung von Verkehrsanlagen auf Grundlage der bauordnungsrechtlichen Vorschriften.

 

Die gesetzlichen Vorgaben zur Schaffung barrierefreier Verkehrsanlagenbedeuten, dass Planer schon beim Entwurf diese Belange berücksichtigen müssen. Es gibt dennoch große Bereiche, die vor dieser Gesetzgebung geplant und gebaut worden sind und seinerzeit wurden die Belange der behinderten Menschen nicht berücksichtigt. Das Diskriminierungsverbot basiert auf Artikel 3 des Grundgesetzes, nach dem alle Menschen „vor dem Gesetz gleich“ sind. Mit der Ergänzung des Grundgesetzes von 1994

“Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ ist das Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behinderung dort ausdrücklich verankert worden.

„Barrierefreiheit ist die Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen. Der Zugang und die Nutzung müssen für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein.“

Zu den gestalteten Lebensbereichen gehören insbesondere bauliche und sonstige Anlagen, die Verkehrsinfrastruktur, Beförderungsmittel im Personennahverkehr… (§ 4 BGG NRW)

 

Auf Bundesebene

Der Bund hat auf Grundlage des § 8 BGG (Bund) die Berücksichtigung der Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen in das Bundesfernstraßengesetz (FSTrG) eingeführt.

 

Normungen und Richtlinien

Die wesentlichen Normungen und Richtlinien, die sich mit der Barrierefreiheit beschäftigen, sind ab Oktober 2010 die DIN 18040 (Planungsgrundlagen u.a., Straßen, Plätze, Wege, öffentliche Verkehrs- und Grünanlagen sowie Spielplätze), die DIN 32981 (befasst sich mit Zusatzeinrichtungen für blinde und sehbehinderte Personen an Straßenverkehrsanlagen) und die DIN 32984 (beschreibt detailliert Merkmale und Vorgaben für Bodenindikatoren).

Richtlinien und Empfehlungen für Planung und Bau von Straßen und deren Ausstattung sind ebenfalls in den gültigen Fassungen im Rahmen einer barrierefreien Planung zu berücksichtigen.

 

 

Straßen NRW

Veranlassung

Nach § 7 BGG ist die Errichtung oder die Änderung baulicher Anlagen entsprechend den bauordnungsrechtlichen Vorschriften barrierefrei zu gestalten. Vergleichbares kann dem BGG des Bundes (Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes) entnommen werden.

 

Elemente des barrierefreien Bauens

Grundsätzlich sollte die barrierefreie Planung folgenden Prinzipien Rechnung tragen:

-         So viel wie nötig, so wenig wie möglich

-         Zwei-Sinne-Prinzip

-         Fuß-Rad-Prinzip

 

Sehbehinderte und blinde Menschen benötigen zur Orientierung drei Grundinformationen: Gehe, Achtung, Stopp

Ø      Gehe - Dazu braucht die sinnesbehinderte Person taktil erfassbare und kontrastreiche Bodenbeläge, an besonders schwierigen Stellen sollten diese Informationen durch besondere gestaltete Bodenindikatoren übernommen werden, dazu gehören auch sog. Leitstreifen, die zur Führung eingebaut werden.

Ø      Achtung - kann ein Hinweis, eine Verzweigung, aber auch Warnung bedeuten. Für diese Informationen sind Aufmerksamkeitsfelder/-streifen aus Noppenplatten und/oder Auffangstreifen aus Rippenplatten am besten geeignet.

Ø      Stopp - wird grundsätzlich durch eine Bordsteinkante, Stufe oder von vorgelegten Aufmerksamkeitsplatten angezeigt.

 

 

Umsetzung der v.g. Rechts- und Arbeitsgrundlagen auf die Kreuzungsanlage Osnabrücker Straße\Windmühlenstraße\Aloysiusstraße:

 

Die derzeitige Kreuzungsanlage Osnabrücker Straße\Windmühlenstraße\Aloysius-straße ist nicht barrierefrei.

 

Ein barrierefreier Ausbau bedeutet: Einbau von Leitstreifen zur Orientierung, zu den Ampelmasten führen sogenannte Leitstreifen/Begleitstreifen, das sind 8 längere und 10 kleinere Leitstreifen (Strecken mit besonderen Bodenindikatoren/Elemente mit einem hohen taktilen, akustischen und - manchmal auch mit einem optischen - Kontrast).

Zusätzlich erhält jeder Übergang vom Gehweg zur Straße einen Aufmerksamkeitsstreifen und ein sog. Rollboard, so dass Menschen, die sehbehindert sind, Mobilitätsbeeinträchtigte, Rollstuhlfahrer, Personen mit Kinderwagen oder Rollator und auch Radfahrer diese Stellen barrierefrei nutzen können.

 

Ferner müssen zusätzlich an den Ampelmasten sog. akustische Signalgeber und Anforderungstaster angebracht werden.

Der akustische Signalgeber dient einerseits durch das Orientierungssignals dem Auffinden des Signalgebermastes und der Fußgängerfurt. Andererseits wird über ihn das Freigabesignal zur akustischen Anzeige der Fußgängerfreigabezeit erzeugt (Anpassung an die Umgebungsgeräusche). Bei sehbehinderten Menschen ist das Sehen gemindert oder fällt gänzlich aus, daher wird ein zusätzlicher Sinn, der Hörsinn zum taktilen Sinn in Anspruch genommen –Zwei-Sinne-Prinzip. Eine barrierefreie Ausgestaltung einer Verkehrkreuzung ist nicht nur für Menschen mit Behinderung notwendig, sondern erleichtert weiteren Personen/Nutzern die gefahrlose Querung des Verkehrsraumes.