Betreff
Nachhaltige Finanzierung der Pensionsverpflichtungen der Stadt Rheine
Vorlage
083/12
Aktenzeichen
VVK-4202-löc
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine beschließt auf Empfehlung des Haupt- und Finanzausschusses, dass

 

1.  zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung zukünftiger Pensionslasten für die aktiven Beamtinnen und Beamten der Stadt Rheine ab Jahrgang 1957 und alle später geborenen sowie für sämtliche nachrückenden Beamtinnen und Beamten (Neueintritte) die hierfür notwendigen Finanzmittel beginnend mit dem 01.01.2012 in einer Renten-/ Lebensversicherung angelegt werden.

 

2.  der bisher zu diesem Zweck aufgelegte Versorgungsfonds nicht weiter aufgefüllt wird und zur Abdeckung auftretender Spitzen bei Versorgungsaufwendungen für Beamtinnen und Beamte älterer Jahrgänge erhalten bleibt. Künftige Erträge sollen bis auf weiteres thesauriert werden.

 

Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Bürgermeisterin auf Empfehlung des Haupt- und Finanzausschusses, entsprechend der vergaberechtlichen Vorschriften eine europaweite Ausschreibung vorzubereiten und durchzuführen.


Begründung:

 

1.      Ausgangslage

 

In Folge des demografischen Wandels werden auf die gesetzliche Rentenversicherung erhebliche Belastungen zukommen. Das ist heute unbestritten. Dagegen führt die verfassungsrechtlich garantierte Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten in der öffentlichen Wahrnehmung bisher eher ein Schattendasein.

 

Doch auch im öffentlichen – und hier vor allem im kommunalen – Bereich wird die demografische Entwicklung erhebliche Auswirkungen haben. Es werden nicht nur immer mehr Beamtinnen und Beamte in den Ruhestand eintreten, sondern dieser Personenkreis wird zudem immer älter. Wer nicht frühzeitig mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegensteuert, reduziert seine künftigen Handlungsspielräume erheblich. Steigende Pensionslasten können sich somit zu einer ernsthaften Bedrohung für die Handlungsfähigkeit der Stadt Rheine entwickeln. Es besteht bereits jetzt gesteigerter Handlungsbedarf, frühzeitig finanzielle Vorsorge für die Zukunft zu treffen.

 

Für die tariflich Beschäftigten muss die Stadt Rheine seit jeher Arbeitgeberanteile für Rentenversicherung, die Zusatzversorgungskasse und ein sogenanntes „Sanierungsgeld“ zahlen. Ähnlich wie bei den tariflichen Beschäftigten, handelt es sich auch bei den Aufwendungen zur Finanzierung der Pensionen um kommunale Pflichtaufgaben.

 

Die Stadt Rheine hat diese Problematik bereits vor mehr als 10 Jahren erkannt und seit 1999 Mittel in den Versorgungsfonds der Westfälischen Versorgungskasse eingezahlt. Aktuell liegt das Fondsvermögen bei rund 575.000 €. Dieses reicht jedoch nicht aus, um die künftigen Zahlungsverpflichtungen für die Beamtenversorgung nachhaltig abzusichern.

 

Durch die Umstellung auf das NKF im Jahr 2006 war es erstmals zwingend erforderlich, die Verpflichtungen aus der verfassungsrechtlich garantierten Beamtenversorgung in Form von Pensionsrückstellungen auszuweisen, sowohl für die aktiven Beamtinnen und Beamten als auch für die Pensionärinnen und Pensionäre. Auch für die Stadt Rheine wurde ein neues versicherungsmathematisches Gutachten zur Erfassung und Bewertung der Pensionsansprüche erstellt.

 

Die Eröffnungsbilanz weist zum 01.01.2006 für die 215 aktiven und 104 pensionierten Beamtinnen und Beamte hierzu einen Betrag von 56.434.079 € aus (ohne Beihilfe-Rückstellung). Der entsprechende Wert an Pensionsrückstellungen zum 31.12.2010 beträgt 60.905.154 € und wird mit steigenden Pensionsansprüchen weiter anwachsen. Allein die Besoldungsanpassungen in 2011 (1,5 %) und 2012 (1,9 %) werden sich spürbar bemerkbar machen.

 

Erstmals sind nach den Vorschriften des NKF auch Zuführungen zu der Pensionsrückstellung für aktive Beamtinnen und Beamte und Rückstellungsauflösungen für Pensionärinnen und Pensionäre einzuplanen. Dargestellt werden die zum jeweiligen Bilanzstichtag erreichten „Teilwerte“, also die bis dahin jeweils erreichten Ansprüche aus Anwartschaften (Aktive) und Pensionen (Pensionäre). Die Höhe der Pensionsrückstellungen verändert sich entsprechend. Für die Aktiven erhöht sich der Wert um die Zuführung der neu „erdienten“ Teilwerte, bei den Pensionären vermindert sich der Anteil um den jeweiligen Auflösungsbetrag.

 

Auf Grundlage des gem. § 36 Abs. 1 GemHVO NRW vorgegebenen Teilwertverfahrens ist für die Ermittlung der Pensionsrückstellungen ein Rechnungszinsfaktor von 5% vorgegeben. Danach wird die Pensionsrückstellung unter Berücksichtigung eines konstanten Personalbestandes bei den verbeamteten Mitarbeitern der Stadt Rheine bis zum Jahr 2020 eine Größenordung von voraussichtlich rund 80 Mio. € erreicht haben, bis 2030 ca. 98 Mio. €. Künftige Kostenentwicklungen, wie z.B. für Besoldungs- oder Pensionsanpassungen sind dabei nicht berücksichtigt. Auch der vorgegebene Zinssatz erscheint fragwürdig.

 

Wie sich die Pensionsrückstellungen voraussichtlich künftig entwickeln werden, ist in nachfolgender Grafik dargestellt (blaue Linie):

 

Abb. 1: voraussichtliche Entwicklung der Pensionsrückstellungen

 

Die Bildung von bilanziellen Pensionsrückstellungen an sich löst jedoch nicht das Problem der Finanzierung der künftigen Auszahlungen der Versorgungsbezüge. Hinzu kommt, dass die Pensionslasten vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung weiter ansteigen.

 

Derzeit belaufen sich die jährlichen Aufwendungen nur für die Versorgungsleistungen (Pensionen und Beihilfen) der Pensionäre insgesamt auf rund 3,2 Mio. €. Anwartschaften der aktiven Beamtinnen und Beamten sind hier nicht berücksichtigt.

 

Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der künftigen Versorgungslasten, wenn diese weiterhin aus dem laufenden Haushalt gezahlt werden (Status Quo):

 

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Abb. 2: Entwicklung der Pensionsverpflichtungen der Stadt Rheine / Zahlung aus dem laufenden Haushalt

 

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Pensionsbelastungen von derzeit (2011) rd. 2,93 Mio. innerhalb von 20 Jahren auf rd. 6,5 Mio. € ansteigen und bis 2040 rund 8,8 Mio. € erreichen werden.

 

Ein Blick auf die Entwicklung der Pensionseintritte der derzeit aktiven Beamtinnen und Beamten verdeutlicht diese Situation:

 

Abb. 3: Pensionseintritte Beamte Stadt Rheine

 

Steigende Pensionsverpflichtungen können künftig zu einer ernsthaften Bedrohung für die Handlungsfähigkeit der Gemeinde werden. Von daher gilt es, frühzeitig Vorsorge zu treffen.

 

Für jede einzelne Kommunalverwaltung stellt sich daher die Frage nach der Finanzierung der künftigen Versorgungsleistungen, d.h. der Herkunft der finanziellen Mittel.

 

Da die Finanzierung aus laufenden Haushalten bzw. über rein umlagefinanzierte Versorgungskassen vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung in Frage zu stellen ist und ein Rückgriff auf das kommunale Vermögen in aller Regel mangels Verwertbarkeit ausscheidet, muss für die Finanzierung der künftigen Pensionszahlungen folglich mit dem Aufbau einer kapitalgedeckten Finanzierung begonnen werden. Insofern wird ersichtlich, dass bereits jetzt Handlungsbedarf besteht, über langfristig tragfähige und wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeiten zur Finanzierung der künftigen Pensionslasten nachzudenken sowie geeignete Versorgungsmodelle auszuwählen, um damit eine nachhaltige Finanzierung der Versorgungsleistungen sicherzustellen. In Betracht kommen hier insbesondere kapitalbildende Finanzierungsmodelle, also klassische Fonds oder Versicherungslösungen.

 

Die Stadt Rheine hat sich aufgrund ihrer Erfahrungen mit der Entwicklung des bereits bestehenden Versorgungsfonds intensiv mit dieser Thematik befasst und in ihre Entscheidungsfindung die Ergebnisse einer im Jahr 2010 landesweit durchgeführten Projektstudie „Beamtenversorgung in NRW – Alternative Strategien für eine nachhaltige Finanzierung von Pensionsverpflichtungen im öffentlichen Sektor“ einbezogen. Daran waren neben vier kreisangehörigen Städte und einer kreisangehörigen Gemeinde auch zwei Kreisverwaltungen als Piloten beteiligt, um anschließend wirtschaftlich sinnvolle und realisierbare Ausfinanzierungswege zu analysieren. Hierbei galt es, unter Berücksichtigung der individuellen Situation vor Ort ein maßgeschneidertes Konzept zu entwickeln, das den Anforderungen des Innenministeriums genügt. Zugleich sollten Strategien abgeleitet werden, die aus der Beamtenversorgung zu erwartenden steigenden finanziellen Belastungen für den städtischen Haushalt in Zukunft möglichst gering zu halten.

 

Im Ergebnis hat sich herausgestellt, dass Rückdeckungsversicherungen unter ökonomischen Gesichtspunkten als Lösungsmodell für die Ausfinanzierung der Beamtenversorgung infolge des Zusammenspiels von garantierter Mindestverzinsung und geringem Anlagerisiko bei gleichzeitiger Beteiligung an rentablen Erträgen (z.B. Überschussbeteiligungen) als besonders vorteilhaft zu beurteilen sind. Auch wenn der Garantiezins ab 2012 auf 1,75 % p.a. gesenkt wurde, bleibt diese Aussage bestehen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die garantierte lebenslange Versorgungsleistung sowie die Anpassungsfähigkeit an die zukünftige Personalentwicklung. Zudem können sie in Abhängigkeit des Versicherungsumfangs eine umfassende Absicherung der biometrischen Risiken von Beginn an gewährleisten. Vor dem Hintergrund der Vorgaben an die Sicherheit einer Finanzanlage mit angemessenem Ertrag, erfüllen Rückdeckungsversicherungen die haushaltsrechtlichen Anforderungen gemäß GO NRW. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Sicherheit der Kapitalanlage ein wesentliches Kriterium. Ein Verlust des eingesetzten Kapitals ist aufgrund der besonderen, an Versicherungen gestellten Anforderungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) nahezu ausgeschlossen. Aufgrund der geringen Volatilität besteht die Möglichkeit einer zuverlässigen Liquiditätsplanung.

 

Klassische Fondslösungen zeichnen sich auch durch Flexibilität aus, sowohl hinsichtlich ihrer Dotierung als auch in Bezug auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune. Allerdings steht der Chance auf eine Wertsteigerung der Anteile das Risiko von nicht unwesentlichen Wertverlusten gegenüber. Das Anlagerisiko kann durch Wertsicherungsfonds bzw. Garantiefonds begrenzt werden, was jedoch zu einer Einschränkung der Flexibilität führt. Dies gilt auch für einen von der Versorgungskasse angebotenen „Garantiefonds“ bzw. „Wertsicherungsfonds“.

 

Aufgrund der Volatilität in der Wertentwicklung kann eine angemessene Liquiditätsplanung erheblich erschwert werden. Diese Abhängigkeit vom Kapitalmarkt hat sich zuletzt im Rahmen der Finanzmarktkrise eindrucksvoll gezeigt. Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung des Versorgungsfonds wider, in den die Stadt Rheine seit 1999 Mittel eingezahlt hat:

 

Abb. 4: Wertentwicklung Versorgungsfonds für Rheine

 

Biometrische Risiken lassen sich durch eine Fondslösung jedoch nicht ausreichend abdecken. Hierdurch entstehende Finanzlücken gehen zu Lasten der Gemeinde.

 

Insofern stellt sich eine Fondslösung insgesamt als weniger vorteilhaft dar für eine nachhaltige Ausfinanzierung der Beamtenversorgungspflichten. Deshalb sollte die Einzahlung in den Fonds nicht weiter fortgeführt werden, jedoch zur Abdeckung auftretenden Spitzen bei Versorgungsaufwendungen für Beamte älterer Jahrgänge erhalten bleiben. Künftige Erträge werden bis auf weiteres thesauriert.

 

Die Verwaltung hat sich deshalb entschlossen, nach kritischer Würdigung des bestehenden Fondsmodells in Zusammenarbeit mit dem Büro für Kommunalberatung – Mechthild A. Stock - aus Ratingen nunmehr alternative Lösungsansätze zur nachhaltigen Finanzierung der Pensionsverpflichtungen zu prüfen und beispielhafte Vergleichs- und Simulationsberechnungen auf Basis von hierzu geeigneten Rückdeckungsversicherungen erstellen zu lassen.

 

Die beispielhaften Probeberechnungen sollen einen Anhaltspunkt für den finanziellen Rahmen einer möglichen Versicherungslösung geben. Naturgemäß können sie das Ergebnis einer Ausschreibung von Versicherungslösungen im Wettbewerb nicht vorwegnehmen. Hier sind vor dem Hintergrund der vergaberechtlichen Vorschriften europaweite Ausschreibungen durchzuführen.

 

2.      Ergebnisse der Probeberechnungen

Die beispielhaften Simulationsberechnungen für eine Versicherungslösung sollen in einer spezifischen Projektionsdarstellung aufzeigen, wie sich die finanzielle Belastung der Stadt Rheine im Hinblick auf die nachhaltige Absicherung ihrer Versorgungsverpflichtungen für die derzeit 229 aktiven Beamtinnen und Beamten und 111 Pensionärinnen und Pensionäre entwickeln würde.

 

Der Finanzbedarf für eine umfassende Versicherungslösung für alle derzeit aktiven Beamtinnen und Beamten (Modell 1) schließt sowohl die laufenden Versorgungszahlungen an die Pensionäre als auch die gleichzeitig anfallenden Beiträge für eine Rückdeckungsversicherung bezogen auf die aktiven Beamten ein. Grundlage hierfür ist jeweils die nachhaltige und lebenslange Ausfinanzierung der gesamten Versorgungsverpflichtungen. Dabei wurde in den beispielhaften Berechnungen unterstellt, dass alle aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Beamtinnen und Beamten durch neue ersetzt werden. Neben der gesetzlich garantierten Mindestverzinsung (ab 2012 beträgt sie 1,75 % p. a.) wurden die gesetzlich von Seiten der Versicherer zu leistenden und somit zu erwartenden Beteiligungen an Überschüssen und an der Deckungsreserve (Gesamtüberschüsse) in die Berechnung einbezogen.

 

Das biometrische Risiko „Dienstunfähigkeit“ wurde in der Simulationsberechnung nicht gesondert berücksichtigt. Auf die Einbeziehung eventuell bestehender Versorgungsansprüche von Hinterbliebenen wurde ebenso verzichtet. Die Versicherung sollte die zum jeweiligen Pensionierungszeitpunkt erwarteten Pensionen, lebenslang und jeweils vorschüssig, berücksichtigen. Bei Tod vor Pensionsbeginn soll eine Erstattung der geleisteten Beiträge einschließlich der bis zum maßgeblichen Zeitpunkt erwirtschafteten Überschüsse erfolgen. Bei Tod nach Pensionsbeginn erfolgt die Auszahlung des Gesamtkapitals abzüglich bereits gezahlter Pensionsleistungen. Die Kapitalauszahlung bei Tod kann für eine etwaige Hinterbliebenenversorgung genutzt werden und entspricht somit ebenfalls den Anforderungen an größtmögliche Flexibilität.

 

Gegenübergestellt werden in nachfolgender Grafik jeweils die Entwicklung vor dem Hintergrund der Beibehaltung der bisherigen Finanzierung aus dem laufenden Haushalt („Status Quo“ – rote Linie) und diejenige bei Umstellung der Finanzierung auf eine Versicherungslösung für alle Aktiven (blaue Linie: Gesamtzahlungsstrom = Pensionszahlungen + Jahresbeiträge für die Rückdeckungsversicherungen - Leistungen aus den Rückdeckungsversicherungen (Renten-/Pensionsleistungen):

 

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Abb. 5: Darstellung Versicherungslösung für alle Aktiven Stadt Rheine (Modell 1)

 

Daraus ist erkennbar, das zwar in den ersten Jahren der Finanzbedarf aufgrund der notwendigen Berücksichtigung der Vorsorge aus Anwartschaften der aktiven Beamtinnen und Beamten gegenüber der bisherigen Finanzierungsform steigen würde. Der Wendepunkt wäre aber bereits nach rund 17 Jahren erreicht und der gesamte Finanzbedarf würde sich nachhaltig stabilisieren. Dann könnten sowohl die laufenden Pensionszahlungen als auch die Vorsorgebeiträge für die Aktiven über eine Rückdeckungsversicherung sinnvoll finanziert werden. Dies würde der Stadt Rheine eine nachhaltige Absicherung für Handlungsspielräume in der Zukunft verschaffen.

 

Die umfassende Ausfinanzierung der Versorgungsverpflichtungen für alle aktiven Beamtinnen und Beamten der Stadt Rheine beinhaltet jedoch auch die nachgehende Finanzierung der in der Vergangenheit erworbenen Pensions-Ansprüche. Dadurch kommt es insbesondere bei den aktiven Beamtinnen und Beamten der älteren Jahrgänge zu einem höheren Finanzbedarf und damit zu einer höheren Belastung der Liquidität. Insofern sollte geprüft werden, wie durch eine Begrenzung der einzusetzenden Liquidität dennoch eine akzeptable Ausfinanzierung erreicht werden kann.

 

Hier wurden neben der Gesamt-Ausfinanzierungslösung weitere alternative Varianten in Betracht gezogen, wobei der Variante 2 (= Modell 2) der Vorzug gegeben wird:

Abb. 6: Alternativen für eine Teilausfinanzierung

 

Mit rund 3,8 Mio. € jährlichem Beitrag im ersten Jahr könnten die Beamtinnen und Beamten ab dem Jahrgang 1957 und später geborenen sowie alle Neueintritte nachhaltig über eine Rückdeckungsversicherung ausfinanziert werden.

 

Diese Variante 2 wurde als Grundlage für eine Projektionsberechnung im Hinblick auf die modellhafte Projektionsberechnung einer entsprechenden Teil-Ausfinanzierung vorgegeben (Modell 2).

 

Unter Berücksichtigung von nachrückenden jungen Beamten (Neueintritte) stellt sich die Projektionsberechnung im Modell 2 wie folgt dar:

 

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Abb.7: Modell 2 - Darstellung Versicherungslösung f. aktive Beamte ab Jg.1957 u. jünger inkl. Neueintritte;

rote Linie: Entwicklung der Pensionszahlungen bei Finanzierung aus laufendem Haushalt;

blaue Linie: Gesamtzahlungsstrom = Pensionszahlungen + Beiträge für Rückdeckungsversicherung – Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung

 

In diesem Teil-Ausfinanzierungs-Modell würde sich auch bei Begrenzung der Rückdeckung auf die Jahrgänge ab 1957 und jünger einschließlich der Neueintritte bei gleichzeitiger Fortführung der bisherigen Finanzierungsform für die älteren Jahrgänge mittel- und langfristig eine klare Entlastung und Stabilisierung ergeben. Im Vergleich zu Modell 1 (Ausfinanzierung aller Aktiven) verschiebt sich der Wendepunkt dann um rund 6 Jahre nach hinten.

 

Insgesamt wird dennoch das wichtige Ziel erreicht, im Sinne der sogenannten „Periodengerechtigkeit“ die in der Gegenwart aktuell entstehenden Pensionsanwartschaften zum Zeitpunkt der Zahlungswirksamkeit in der Zukunft durch Umstellung auf ein Vorsorgekonzept (Versicherungslösung) bereits jetzt nachhaltig zu finanzieren.

 

So kann der Stadt Rheine eine nachhaltige Absicherung für Handlungsspielräume in der Zukunft verschafft werden.

 

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, dieses Modell 2 zu favorisieren und umzusetzen.

 

3.                Konkrete Lösungsmodelle für eine Rückdeckungsversicherung

 

Wie bereits oben dargestellt, wurden verschiedene Varianten zur Ausfinanzierung der Versorgungsverpflichtungen für die Beamtinnen und Beamten der Stadt Rheine auf Basis von Rückdeckungsversicherungen geprüft und beispielhaft berechnet.

 

Für die von der Verwaltung auf Basis der möglichen Liquidität favorisierten Variante (Modell 2) könnten derzeit mit einem Jahresbeitrag von rund 3,8 Mio. € alle aktiven Beamtinnen und Beamten (ab dem Jahrgang 1957 und jünger) über eine Rückdeckungsversicherung nachhaltig ausfinanziert werden. Die Anzahl der versicherbaren aktiven Beamtinnen und Beamten der Stadt würde derzeit voraussichtlich bei rund 183 Personen (von insgesamt 229 Aktiven) liegen.

 

Aus nachfolgender Tabelle ist in der beispielhaften Tendenzberechnung zu ersehen, wie sich der Jahresbeitrag für die Rückdeckungsversicherung vor dem Hintergrund der in Pension eintretenden Beamtinnen und Beamten auf Basis des aktuellen Personalbestandes unter Berücksichtigung der jeweils vorgegebenen aktuellen Versorgungsverpflichtung insgesamt in den nächsten 40 Jahren entwickeln würde (Abb. 8):

 

 

Der anfängliche Beitrag von rund 3,8 Mio. € würde bereits nach 10 Jahren auf rund 3,4 Mio. €, nach 15 Jahren auf rund 2,5 Mio. € und nach 20 Jahren auf rd. 1,5 Mio. € absinken. Dies ist darauf zurückzuführen, dass mit jedem Eintritt in die Pension die laufende Beitragszahlung für die jeweilige Person entfällt.

 

Hierbei muss der guten Ordnung halber darauf hingewiesen werden, dass in dieser beispielhaften Übersicht (statische Betrachtung) nachrückende Beamte nicht berücksichtigt werden konnten. Der Finanzbedarf für hierfür erforderliche Versicherungsbeiträge liegt jedoch aufgrund der langen Aufschub-Dauer relativ niedrig (siehe beispielhaft die Angaben zu den Geburtsjahrgängen ab 1980).

 

Abb. 9: Darstellung der möglichen Entwicklung von Versicherungsbeiträgen für die Stadt am Beispiel Modell 2

 

4.                Auswirkungen auf den Haushalt und den kommunalen Jahresabschluss

Zu den Auswirkungen des Abschlusses einer Beamtenpensionsversicherung (im Sinne einer Rückdeckungsversicherung) auf den doppischen Kommunalhaushalt hat sich das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (IMK-NRW) bereits mit Schreiben vom 18.2.2005 geäußert (Az.: 34 - 48.01.25.30 - 2102/05). Hiernach besteht auch dann eine Verpflichtung zur Rückstellungsbildung, wenn die Gemeinde Beiträge oder Prämien zur Sicherung ihrer Versorgungsleistungen an Dritte zahlt, z.B. für Beamtenpensionsversicherungen bzw. Rückdeckungsversicherungen. Ursächlich hierfür ist, dass die Versorgungsanwartschaften der Beamten nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen nicht auf Dritte, z.B. Versicherungsgesellschaften, übergehen können. Daraus folgt, dass die Kommune als Versicherungsnehmerin einerseits die Beiträge für Rückdeckungsverpflichtungen entrichtet, andererseits die daraus entstehenden Leistungen aus dem Rückdeckungsanspruch empfängt.

 

Des Weiteren widmet sich das IMK-NRW in der 4. Auflage der Handreichung für Kommunen zum Neuen Kommunalen Finanzmanagement (Sept. 2010) insbesondere in seinen Ausführungen zu § 36 GemHVO-NRW, ausführlich dieser Thematik.

 

Mit dem Abschluss einer Kapitalversicherung (Rückdeckungsversicherung) zur Ausfinanzierung der Beamtenversorgungsverpflichtungen erwirbt die Stadt gegenüber einem Versicherer Rückdeckungsansprüche entsprechend seinen jährlichen Beitragsleistungen. In der Ergebnisrechnung stellen die auf ein Haushaltsjahr entfallenden Versicherungsprämien einen laufenden Aufwand dar. Die von der Stadt geleisteten Versicherungsprämien sind in der Finanzrechnung unter den Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit zu erfassen.

 

Rückdeckungsansprüche aus Lebens- bzw. Rentenversicherungen stellen von Anfang an einen Vermögenswert für die Stadt dar und sind entsprechend aktivierungspflichtige Vermögensgegenstände. Diese können in Höhe der Anschaffungskosten unter dem Bilanzposten „Finanzanlagen“ in der Bilanz angesetzt werden. Anschaffungskosten stellen dabei die bis zum jeweiligen Abschlussstichtag von der Gemeinde aufgewendeten Sparanteile der Versicherungsprämien zzgl. Zinsansprüche sowie Guthaben aus Überschussbeteiligungen dar. Hierfür ist nach Maßgabe des IMK-NRW – auch nach Handelsrecht – das vom Versicherer jeweils nachgewiesene Deckungskapital (Deckungsrückstellung) sowohl die Bewertungsgrundlage als auch der Bewertungsmaßstab. Somit ist der aktuelle Rückdeckungsanspruch als aktivierbarer Vermögenswert (Aktivwert) in der Bilanz anzusetzen, der wirtschaftlich durch die Beitragsleistungen erworben wurde.

 

Die Aktivierung der Rückdeckungsansprüche führt in der Ergebnisrechnung zu einem entsprechenden sonstigen Ertrag. Per Saldo wird somit lediglich der Differenzbetrag ergebniswirksam. Auch aus den für die Stadt erstellten Simulationsberechnungen ist erkennbar, dass der Ergebnishaushalt aufgrund einer weitgehenden Kongruenz von Beiträgen und Aktivwert durch den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung nicht belastet wird.

 

Im ersten Jahr ergibt sich im vorgeschlagenen Modell 2 eine geringfügige Differenz von rund 13.000 €, die jedoch aufgrund der progressiv positiven Entwicklung des Aktivwertes in den Folgejahren ausgeglichen wird. Die Auswirkungen auf den Ergebnishaushalt 2012 sind wie folgt darstellen:

 

Abb. 10: Darstellung mögliche Auswirkungen auf Ergebnishaushalt 2012

 

Für den Fall, dass in den entsprechenden Jahren keine ausreichende Liquidität zur Verfügung steht, entstehen für die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung zusätzliche Zinsaufwendungen.

 

Im Finanzhaushalt der Gemeinde wären die laufenden Beiträge als Auszahlung zu verbuchen, so dass sich die Auswirkungen bezogen auf die beispielhaften Berechnungen zu Modell 2 wie folgt darstellen würden:

 

 

Abb. 11: Darstellung mögliche Auswirkungen auf Finanzhaushalt 2012

 

Mittel- und langfristig ergeben sich durch die Versicherungslösung deutliche Entlastungseffekte. Dieser Effekt ist darauf zurückzuführen, dass der Aktivwert der Versicherung sich jährlich durch die Berücksichtigung der aufgelaufenen Zinsansprüche sowie Guthaben aus Überschussbeteiligungen und Anteilen an der Deckungsreserve erhöht. Hieraus ergeben sich weitere Erträge, die nachhaltig zur Senkung der Pensionslasten beitragen.

 

Fazit:

 

Mit dem vorgeschlagenen Weg, zukünftige Pensionslasten durch Versicherungsleistung zu steuern, kann das originäre Ziel, die Finanzierung der zukünftigen Pensionslasten der Stadt schon jetzt nachhaltig zu sichern, erreicht werden. Mittel- und langfristig ergeben sich durch die Versicherungslösung nachhaltig und dauerhaft spürbare Entlastungseffekte. Die künftige Handlungsfähigkeit der Stadt kann dadurch erhalten bleiben.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, alle Maßnahmen zur Umsetzung dieser Lösungsvariante auf Basis von Modell 2 einzuleiten und die notwendige EU-weite Ausschreibung vorzubereiten und durchzuführen. Gleichzeitig soll auf eine weitere Befüllung des Versorgungsfonds verzichtet und die künftigen Erträge thesauriert werden.

 

5.                Vergaberechtliche Aspekte

Kommunen und Kommunalverbände sind öffentliche Auftraggeber und es besteht gemäß § 98 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) die Pflicht, grundsätzlich für alle Finanzierungsformen eine Ausschreibungspflicht zu prüfen.

Versicherungsleistungen fallen unter die Rubrik „Finanzdienstleistungen“ und sind grundsätzlich ausschreibungspflichtig. Für Lieferungen und Dienstleistungen (auch Finanzdienstleistungen) ist der EU-Schwellenwert (derzeit 200.000 €) zu beachten.

Ein sorgfältig geplantes und strukturiertes Vergabeverfahren schafft Rechtssicherheit und begünstigt ein wirtschaftliches Ergebnis.

 

Die Ausschreibung erfolgt ohne Vermittler und damit „courtagefrei“, was sich positiv zu Gunsten der Versicherten im Hinblick auf die Kalkulierung von Beiträgen auswirkt (keine externen Abschlusskosten bzw. Provisionen).

 

Die Durchführung des Vergabeverfahrens erfolgt unter Aufsicht und Begleitung der örtlichen Rechnungsprüfung, welche auch die Auswertung der Angebote und den Vergabevorschlag prüft.

 

Für die formelle Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens wird empfohlen, hier auf die Hilfe eines Vergaberechtsexperten zurückzugreifen. Für die inhaltliche Unterstützung und Begleitung im Vergabeverfahren und bei der Vertragsgestaltung sowie bei Implementierung in den Verwaltungsablauf steht weiterhin das Büro für Kommunalberatung - Mechthild A. Stock zur Verfügung.

 

6.                Finanzierung des Vergabeverfahrens

Die Durchführung des Vergabeverfahrens soll aus den veranschlagten Mittel (Beratungsleistungen) finanziert werden.