Betreff
SGB II - Entwicklungen und Tendenzen
Vorlage
133/12
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht SGB II - Entwicklung und Tendenzen zur Kenntnis

 


Begründung:

 

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses über die Entwicklung und die Tendenzen im SGB II zu informieren. Insbesondere soll informiert werden über die Entwicklung seit kreisweiter Neuorganisation ab 01.01.2011 sowie über Erkenntnisse im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes. Desweiteren soll über Tendenzen hinsichtlich noch einzuführender Schulsozialarbeit berichtet werden.

 

 

Sachdarstellung:

 

1. Neuorganisation SGB II

 

Seit Einführung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zum 01.01.2005 wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses fortlaufend über die Umsetzung des SGB II im Kreis Steinfurt berichtet.

 

Mit Wirkung ab 01.01.2011 hat der Kreis Steinfurt eine neue Organisation des SGB II vorgegeben. Das seitdem praktizierte sogenannte 2-Sphärenmodell fand bereits im Rahmen der Vorbereitungen nicht die Zustimmung aller kreisangehörigen Kommunen. Die Stadt Rheine hatte bekanntlich diesem Organisationsmodell, wie auch die Städte Ibbenbüren und Emsdetten, nicht zugestimmt.

 

In diesem 2-Sphärenmodell sind sämtliche aktive Leistungen (Integration in Arbeit, Maßnahmebesetzung, Arbeitsgelegenheiten) in die Zuständigkeit der GAB AöR gelangt und die Kommunen sind für die passiven Leistungen (reines Leistungsrecht) zuständig.

 

Umfangreiche Änderungen in den Prozessabläufen waren erforderlich. Diese Änderungen wurden von STARK vorgegeben.

 

Letztendlich wurde von STARK eine Überprüfung der vorgegebenen Prozessabläufe nach einem Jahr in Aussicht gestellt.

 

Die Verwaltung geht davon aus, dass diese Prüfungsabsichten weiterhin Bestand haben und dass die Gespräche mit Beteiligung der im SGB II-Arbeitskreis vertretenen Kommunen im 1. Halbjahr 2012 stattfinden.

 

Nachfolgende Tabelle gibt einen Ãœberblick zu Entwicklungen im Jahr 2011:

 

 

Dezember 2010

Dezember 2011

Differenz

absolut

Differenz

in Prozent

Bedarfsgemeinschaften (BG)

2881

2782

- 99

- 3,4

Erwerbsfähige Leistungsberechtigten insgesamt

4035

3831

- 204

- 5,1

Erwerbsfähige Leistungsberechtigten unter 25 Jahre

  885

  865

- 20

- 2,3

Nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte

1721

1664

- 57

- 3,3

Arbeitslose

1674

1673

- 1

unverändert

Arbeitsgelegen-heiten

1261

  954

- 307

- 24,3

Integrationen in Arbeit

  836*

1189

+ 353

+ 41,9

 

Jan. bis Sept. 2010

Jan. bis Sept. 2011

Differenz

absolut

Differenz

in Prozent

Zugänge BG**

1124

1005

- 119

- 10,5

Abgänge BG**

1099

1074

- 25

- 2,2

Kosten Regelbedarf(Bund) **

7.658.708 €

7.434.241 €

- 224.467

- 2,9

Kosten KDU (Kommunen)**

7.990.000 €

8.305.000 €

+ 315.000 €

+ 4,0

Anmerkung:

Aufgrund bundesweiter Anwendung der sogenannten T-3 Auswertung bilden die Kennzahlen den Stand im September des gleichen Jahres ab. Kursiv dargestellte Zahlen sind nicht dem Kennzahlenset des Kreises Steinfurt entnommen; Quellen siehe nachfolgend

*        Quelle: Kreisauswertung „Arbeitsmarktdaten Kommunal“

**      Quelle: Statistik Bundesagentur für Arbeit (jeweils Januar bis September)

 

Belastbare Begründungen für die Entwicklung der verschiedenen Kennzahlen sind insgesamt kaum anzuführen; die Zusammenhänge bei der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften (-3,4%) bezogen auf die Entwicklung der Leistungsberechtigten (-5,1% bzw. -3,3%) sind ableitbar. Die Entwicklung der Anzahl der Arbeitslosen ist jedoch unverändert. Arbeitslos im Sinne der Definition sind nur die Leistungsberechtigten, die unterhalb 15 Stunden erwerbstätig sind oder nicht in Maßnahmen bzw. Arbeitsgelegenheiten vermittelt wurden. Diesbezüglich stehen sich Integrationen in Arbeit (+ 353) und Besetzung von Arbeitsgelegenheiten (-307) gegenüber; die höhere Anzahl an Integrationen in Arbeit (Differenz + 46) geht tendenziell einher mit der Verringerung der Bedarfsgemeinschaften.

 

In diesem Kontext ist die Entwicklung der Ausgaben und hier insbesondere die Entwicklung der kommunalen Aufwendungen absolut nicht zufriedenstellend. Während die Abnahme der Bundesanteile (ALG II-Regelleistung) durchaus im Zusammenhang mit der Abnahme der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften einhergeht, gibt es im Bereich der (kommunalen) Kosten der Unterkunft eine gegensätzliche Entwicklung. Die Kosten stiegen in den ersten 9 Monaten des Jahres 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 315.000 €.

 

Für diese Entwicklung könnte es verschiedene Gründe geben. Beispielsweise könnte der Lohn der in Arbeit vermittelten Leistungsberechtigten nicht ausreichend sein, um den Lebensunterhalt für die Bedarfsgemeinschaft vollends sicherzustellen. Die Aufstockungsleistungen sind dann größtenteils den Kosten der Unterkunft zuzuordnen. Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass die zuletzt vom Bund beschlossenen Leistungssteigerungen für Regelbedarf und Warmwasserkosten letztlich die kommunalen Aufstockungsleistungen erhöhen.

 

Nennenswerte Veränderungen in der Größe der Bedarfsgemeinschaften und damit verbundene höhere Kosten der Unterkunft konnten nicht festgestellt werden.

 

Konkrete Daten auf Kreisebene sind dem beigefügten Jahresbericht 2011 des Kreises Steinfurt zu entnehmen.

 

 

2. Bildungs- und Teilhabepaket

 

Ein besonderer und neuer Schwerpunkt ist seit dem 01.04.2011 das Bildungs- und Teilhabepaket, dass mit seinen Leistungen in den §§ 28 und § 29 SGB II verankert ist. Anspruchsberechtigt sind hiernach Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, Wohngeld, Kinderzuschlag sowie analogen Leistungen gem. § 2 Asylbewerberleistungsgesetz.

 

Folgende Bedarfe können bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung (Schülerinnen und Schüler) erhalten, grundsätzlich berücksichtigt werden:

 

          ● Schulausflüge und Klassenfahrten

          ● Schulbedarf

          ● Schülerbeförderungskosten

          ● Lernförderung für Schülerinnen und Schüler

          ● Mittagsverpflegung

          ● Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben

 

Konkrete Einzelheiten zu den unterschiedlichen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes sollen im Rahmen einer Präsentation während der Sitzung dargestellt werden.

 

Der Einstieg in das neue Leistungspaket war mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden; zum Einen bedingt durch das erwartungsgemäß hohe Erstantragsaufkommen und zum Anderen durch die zuvor nicht kalkulierbare Beratungs- und Bearbeitungszeit. Der Kreis Steinfurt hat den Kommunen für diesen zusätzlichen Aufgabenbereich in 2011 kein Personal zur Verfügung gestellt. Eine Berücksichtigung des diesbezüglichen Verwaltungsaufwandes hat allerdings zum Jahresende durch Weiterleitung von aufgabenbezogenen Bundesmitteln an die Kommunen stattgefunden.

 

Eine manuelle Zählung für die Stadt Rheine hat für 2011 nachfolgende Ergebnisse erbracht:

 

Jahreswerte 2011 Anträge

 

Schulausflüge,
mehrtägige
Klassenfahrten

Persönlicher
Schulbedarf

(nur Wohngeld / KIZ)*

Schüler-
beförderungs-
kosten

Lernförderung

Gemeinsch.
Mittags-
verpflegung

Teilhabe am
sozialen und
kulturellen Leben

Summe

Gesamt

729

418

45

92

1994

1525

4803

 

Inzwischen ist davon auszugehen, dass die antragsbereiten Berechtigten im Rahmen der Bewilligungszeiträume laufende Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalten. Insgesamt wurden für Leistungsberechtigte in Rheine ca. 16.500 Gutscheine ausgestellt. Trotz allen Informations- und Beratungsaufwandes muss allerdings festgestellt werden, dass nicht alle Antragsberechtigten gewillt sind diese Leistungen in Anspruch zu nehmen. Als Hauptgründe für die Nichtanspruchnahme sind hier Stigmatisierung, formelle Gutscheinabwicklung anstelle von Barleistungen sowie Antragsträgheit zu nennen.

 

Insgesamt begrüßt die Verwaltung die gegenwärtige Abwicklung der Leistungen über Gutscheine, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Leistungen auch bei den Kindern ankommen. Die diesbezügliche zukünftige Entwicklung bleibt abzuwarten. Erste Bemühungen zu verwaltungsvereinfachenden Verfahren sind anhängig; beispielsweise gibt es bereits Überlegungen zur Nutzung von Chipkarten für die Inanspruchnahme der BuT-Leistungen.


 

Nachfolgend eine kreisweite Auswertung durch den Kreis Steinfurt:

 

Jahreswerte 2011 Transferaufwendungen in Euro

 

Schulausflüge,
mehrtägige
Klassenfahrten

Persönlicher
Schulbedarf

(alle)

Schüler-
beförderungs-
kosten

Lernförderung

Gemeinsch.
Mittags-
verpflegung

Teilhabe am
sozialen und
kulturellen Leben

Summe

SGB II

135.740

308.429

4.148

33.307

130.870

51.151

663.645

WG

124.991

242.035

5.630

30.311

122.203

70.117

595.286

KIZ

15.749

26.180

140

3.615

7.750

5.136

58.571

SGB XII

8.640

4.690

0

188

4.877

1.111

19.506

Asyl

1.605

8.120

0

0

1.774

228

11.727

Gesamt

286.726

589.453

9.918

67.421

267.474

127.743

1.348.735

Jahreswerte 2011 eingegangene Anträge / Gutscheine

 

Schulausflüge,
mehrtägige
Klassenfahrten

Persönlicher
Schulbedarf*

(nur Wohngeld / KIZ)

Schüler-
beförderungs-
kosten

Lernförderung

Gemeinsch.
Mittags-
verpflegung

(Gutscheine)

Teilhabe am
sozialen und
kulturellen Leben

(Gutscheine)

Summe

Gesamt

3.318

4.396

124

394

13.606

4.385

26.223

 

Eine schlüssige Gegenüberstellung der bei der Stadt Rheine manuell erstellten Übersicht und den Auswertungen des Kreises Steinfurt kann nicht erfolgen. Eine gemeindescharfe Auswertung ist für 2011 nicht verfügbar. Beispielsweise wurden bei der Stadt Rheine grundsätzlich Anträge erfasst; der Kreis hat aber über die Abrechnungssoftware teilweise Gutscheine erfasst. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, wenn Auswertungen des Kreises Steinfurt auch gemeindescharf abgebildet werden. Die Verwaltung hat beim Kreis Steinfurt angeregt, zukünftig Standards für die Auswertung des BuT unter Berücksichtigung der kommunalen Anteile festzulegen.

 

Desweiteren können keine Aussagen darüber getroffen werden, in welchem Umfang anspruchsberechtigte Kinder und Jugendliche Leistungen des BuT in Anspruch genommen haben. Die Auswertungen beziehen sich auf einen Zeitraum von 9 Monaten (April bis Dezember 2011), eine Auswertung kann im Grunde nur stichtagsbezogen erfolgen. Darüberhinaus ist die konkrete Zahl von grundsätzlich anspruchsberechtigten Kindern und Jugendlichen mit Anspruch auf Wohngeld und / oder Kinderzuschlag nicht bekannt.

 

Zum Jahresende hat der Kreis Steinfurt bei Bemessung des Personals für die Leistungsabteilung der Stadt Rheine ein Verhältnis von 36% SGB II - Berechtigte zu 64 % Nicht-SGB II-Berechtigte (Wohngeld, Kinderzuschlag, SGB XII, Asyl) zugrunde gelegt.

 

Weitere Daten auf Kreisebene sind dem beigefügten Jahresbericht 2011 des Kreises Steinfurt zu entnehmen.


 

3. Schulsozialarbeit

 

Im Jahr 2012 soll die Forderung der Bundesregierung nach verstärkter Nutzung der Leistungen zur Bildung und Teilhabe mit der Einführung der Schulsozialarbeit nach dem SGB II auch im Kreis Steinfurt umgesetzt werden.

 

Entsprechend dem Beschluss des Kreistages vom 19.12.2011 werden die Mittel an die 24 Städte und Gemeinden verteilt. Für die Steuerungsaufgaben wird ein Anteil von 0,5 Stellen beim Kreis Steinfurt verbleiben.

 

Insgesamt sind kreisweit 15 Stellen für die Wahrnehmung der Schulsozialarbeit  vorgesehen. Für die Stadt Rheine wurde ein Anteil von 3,09 Stellen ermittelt.

 

Folgende Kernpunkte der Schulsozialarbeit lassen sich ableiten:

 

          ● Schulsozialarbeit soll die späteren Chancen der Betroffenen        auf Integration in den Arbeitsmarkt erhöhen

 

          ● Schulsozialarbeit soll zielgruppenorientiert für die

          bildungs- und teilhabeberechtigten Kinder und Jugendlichen

          erfolgen

 

          ● Schulsozialarbeit soll zusätzliche Angebote finanzieren

 

          ● Eine enge Vernetzung der bestehenden Strukturen mit der

          neuen Aufgabe ist erforderlich.

 

Die Schulsozialarbeit soll spätestens mit Beginn des neuen Schuljahres zum 01.08.2012 starten. Die verbleibende Zeit soll für eine sorgfältige Planung und Vernetzung der betroffenen Akteure (Schulen, Jugendämter, Träger der örtlichen Jugendarbeit) genutzt werden. In der Stadt Rheine haben bislang mehrere Träger der Jugend- und Sozialhilfe ihr Interesse für die Durchführung der Schulsozialarbeit geäußert. Wenn seitens des Kreises Steinfurt die konkreten Rahmenbedingungen für die Schulsozialarbeit mitgeteilt worden sind, wird die Verwaltung einen Umsetzungsvorschlag dem Ausschuss vorlegen

 


 

4. Finanzierungsregelungen

 

Die Kostenbeteiligung der Städte und Kommunen beträgt gemäß Delegationssatzung ab dem Jahr 2011 50 %, nachdem zuvor ab 2008 eine jährliche stufenweise Anhebung erfolgte (33%, 40%, 40%).

 

Auch für das Jahr 2012 gilt somit noch die Kostenbeteiligung in Höhe von 50%.

Ursächlich für die gegenüber 2011 unveränderte Kostenbeteiligung ist ein Mehrheitsvotum einer außerordentlichen HVB-Konferenz am 08.12.2010, die Kostenbeteiligung unverändert zu lassen. Ursprünglich hatte der Kreis Steinfurt mit Sitzungsvorlage B 96/2010 vorgeschlagen, ab 2012 im Benehmen mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden eine Kostenbeteiligung von 33,33% herbeizuführen. Diesen Vorschlag hat der Kreis Steinfurt letztlich nicht mehr aufrechterhalten.

 

Der Kreis Steinfurt hat seinerzeit angekündigt, über die Kostenbeteiligung im 4. Quartal 2012 nach Evaluation zu entscheiden, ob Änderungsbedarf besteht.

Die Verwaltung wird die Angelegenheit beim Kreis Steinfurt erneut thematisieren.

 


Anlagen:

 

Jahresbericht 2011 SGB II des Kreis Steinfurt