Betreff
Neufassung der Vergnügungssteuersatzung
Vorlage
315/12
Aktenzeichen
K/4.40-mh
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine beschließt die als Anlage 1 beigefügte Neufassung der Satzung über die Erhebung der Vergnügungssteuer in der Stadt Rheine (Vergnügungssteuersatzung).

 


Begründung:

 

Die aktuelle Vergnügungssteuersatzung ist aus dem Jahre 2002. Für Apparate mit Gewinnmöglichkeit (Geldspielgeräte) ist in § 8 die Besteuerung nach der Anzahl der Geräte vorgesehen (Stückzahlmaßstab).

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 13.04.2005 die Zulässigkeit des Stückzahlmaßstabes bei Spielapparaten mit Gewinnmöglichkeit stark eingeschränkt. Der Stückzahlmaßstab war nach den Urteilen nicht grundsätzlich unzulässig sondern nur dann, wenn die Abweichungen der Einspielergebnisse von dem Durchschnitt innerhalb einer Gemeinde zu einer Schwankungsbreite von mehr als 50 % führen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat der Anwendbarkeit des Stückzahlmaßstabes in einem Beschluss vom 04.02.2009 den Boden entzogen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 09.06.2010 nachvollzogen und klargestellt, dass der Stückzahlmaßstab das Gebot steuerlicher Belastungsgleichheit generell verletzt, ohne dass es auf die Schwankungsbreiten der Einspielergebnisse der Automaten im Satzungsgebiet ankommt.

 

Bisher gab und gibt es bezüglich des Stückzahlmaßstabes in der Stadt Rheine keinerlei Probleme mit den Automatenaufstellern, da eine Änderung des Maßstabes nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die Automatenaufsteller mit erheblichem Mehraufwand verbunden ist. Der Mehraufwand für die Verwaltung ergibt sich aus folgenden gravierenden Änderungen:

 

Bisher wird für jeden Aufstellort (Spielhalle bzw. Gaststätte) im Januar ein Bescheid für die aufgestellten Geräte erstellt, der für das ganze Jahr gültig ist. Diese Bescheiderstellung erfolgt ohne manuelle Datenerfassung, soweit sich gegenüber dem Vorjahr keine Änderung ergeben hat. Ein weiterer Bescheid ist nur erforderlich, wenn sich die Geräteanzahl im Laufe des Jahres ändert.

 

Bei dem neuen Maßstab sind vierteljährlich alle mitgeteilten Einspielergebnisse nach den ebenfalls vorzulegenden Zählwerksausdrucken der Automaten zu prüfen. Für jedes Geldspielgerät sind die Daten manuell zu erfassen und es ist je Gerät und Quartal ein Bescheid zu erstellen.

 

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist trotz des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes eine Umstellung des Maßstabes empfehlenswert.

 

Die erforderlichen Änderungen wurden in die neue Satzung eingearbeitet. Weiterhin wurden auch andere Änderungen der Mustersatzung übernommen. Die einzelnen Unterschiede ergeben sich aus der als Anlage 2 beigefügten Gegenüberstellung der alten und neuen Satzung.

 

Bei der neuen Satzung soll die Besteuerung der Apparate mit Gewinnmöglichkeit nach dem Einspielergebnis erfolgen. Nach Informationen des Städte- und Gemeindebundes NRW beträgt der durchschnittliche Steuersatz derzeit 12 %; bei einem Steuersatz zwischen 8 und 10 % des Einspielergebnisses kann davon ausgegangen werden, dass das bisherige Steueraufkommen gehalten werden kann.

 

Um Vergleichszahlen für das Gebiet der Stadt Rheine zu erhalten, wurden alle Automatenaufsteller gebeten, freiwillig die Einspielergebnisse für einen Zeitraum von 12 Monaten mitzuteilen. Dieser Bitte sind auch fast alle Aufsteller nachgekommen. Bei der Auswertung der Daten ist zu unterscheiden zwischen Geldspielgeräten in Gaststätten und Spielhallen:

 

In Gaststätten wird bisher eine Vergnügungssteuer von 50 € je Gerät und Monat erhoben. Um diese Steuer auch nach dem Einspielergebnis zu erhalten, wäre ein durchschnittlicher Steuersatz von rund 31 % erforderlich. Je nach Automatenaufsteller schwankt der erforderliche Steuersatz jedoch zwischen 4,24 % und über 141 %. Bei dem vorgeschlagenen Steuersatz von 19 % würde nach dem vorliegenden Zahlenmaterial die Steuer je Gerät schwanken zwischen 6,73 € und 224 â‚¬.

 

In Spielhallen beträgt die Vergnügungsteuer je Gerät und Monat derzeit 150 â‚¬. Um diese Steuer auch weiterhin zu erzielen, ist nach den vorliegenden Zahlen ein durchschnittlicher Steuersatz von 8,63 % erforderlich (die Schwankungen liegen zwischen 5,61 % und 13,11 % je Gerät). Bei einem Steuersatz von 19 % ist von einer durchschnittlichen Steuer von rd. 330 € je Gerät auszugehen (Schwankungen je Gerät zwischen 217 und 508 €).

 

Eine Prognose der Änderungen bei der Vergnügungssteuer unter Berücksichtigung verschiedener Steuersätze ergibt sich aus den folgenden Tabellen. Durch Veränderung der Einspielergebnisse im Erhebungszeitraum gegenüber dem Befragungszeitraum können und werden die tatsächlichen Beträge voraussichtlich abweichen. Weiterhin können sich erhebliche Auswirkungen ergeben, wenn aufgrund der Steuerhöhe Geräte abgebaut (evtl. Spielhallen geschlossen) werden und somit für diese Geldspielgeräte keine Steuer mehr erhoben werden kann.

 

Auswirkungen bei Spielhallen

 

 

aktuell

14 %

15 %

16 %

17 %

18 %

19 %

20 %

Steuer
je Gerät

150 €

243 €

261 €

278 €

295 €

313 €

330 €

348 €

Erhöhung

 

93 €

111 €

128 €

145 €

163 €

180 €

198 €

Steuer
gesamt

385.200 €

624.024

670.248

713.904

757.560

803.784

847.440

893.664

Erhöhung

 

238.824

285.048

328.704

372.360

418.584

462.240

508.464

 


Auswirkungen bei Gaststätten

 

 

aktuell

14%

15%

16%

17%

18%

19%

20%

Steuer
je Gerät

50 €

23 €

24 €

26 €

28 €

29 €

31 €

32 €

Änderung

 

-27 €

-26 €

-24 €

-22 €

-21 €

-19 €

-18 €

Steuer
gesamt

32.400 €

14.904

15.552

16.848

18.144

18.792

20.088

20.736

Änderung

 

-17.496

-16.848

-15.552

-14.256

-13.608

-12.312

-11.664

 

 

Bei der Festlegung des Steuersatzes ist neben dem Zweck der Einnahmeerzielung und einer eventuellen Lenkungswirkung auch das Verbot der erdrosselnden Wirkung zu beachten. Von einer erdrosselnden Wirkung ist dann auszugehen, wenn die Steuer eine Höhe erreicht, die dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.

 

Bei einem Steuersatz bis 13 % des Einspielergebnisses sind keine rechtlichen Probleme, wie z. B. Klageverfahren, zu erwarten. Bei dem vorgeschlagenen Steuersatz von 19 % ist nach den Erfahrungen anderer Gemeinden mit Klagen gegen die Vergnügungssteuerbescheide zu rechnen. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Steuersatz vom Gericht nicht beanstandet wird.

 


Anlagen:

 

  1. Neufassung der Vergnügungssteuersatzung
  2. Synopse der bisherigen und der neuen Satzung